Politischer Zoff-Thread oder so

  • Ich hätte auch jedes andere Beispiel nehmen können wofür Menschen heutzutage auf die Straße gehen.

    Die alte Debatte will ich nicht wieder neu entfachen. Ein paar Dinge sind die Realität und die ist auch nicht weinerlich. Es gibt Fälle wo Frauen Nachteile haben und welche wo Männer das haben und die sind genauso unterschiedlich wie wir es auch sind.

    Es vertritt jemand die These es sollte in einem Unternehmen oder immer da wo Menschen beider Geschlechter vorhanden sind sowohl eine Männer als auch einen Frauenbeauftragten geben und wie man an meinem Präfix merkt, der Mann soll für die Frauen sprechen und die Frau für die Männer. Das ist ein guter Ansatz für mehr Verbundenheit und Verständnis untereinander. Ich bin auch nicht überrascht aus welcher Ecke oder Richtung dieser Vorschlag kommt.

    In einer anderen Online Diskussion hatte mal jemand ganz viele Links zu Gewalt gegen Frauen gepostet und wollte damit eine klare Aussage treffen. Die Antwort darauf war sachlich, fundiert und ebenfalls mit Quellen belegt, hat mich sehr beeindruckt. Kann ich euch zeigen.

    Wie sagte Merkel in den Jamaika Verhandlungen: "Ab jetzt müssen alle die Dinge mit den Augen des anderen sehen".

  • Jedem anderen würde ich vorwerfen, hier bewusst einen Nebenkriegsschauplatz aufzumachen, um davon abzulenken, dass seine verlinkte Quelle die AfD verharmlost und legitimiert und deren Wähler in der Gesamtheit von einer möglichen rechten Gesinnung freispricht.

    Bei dir nehme ich aber weiterhin an, dass du den Quatsch, dass man für die Rechte des (unterdrückten) Mannes kämpfen müsse, wirklich glaubst. Aber letztere Diskussion führe ich mit dir auch nicht, da ist Hopfen und Malz verloren.

  • Scotti, nemm mal bitte gleich deine Quellen, und lass dieses "zeig ich euch später", "wenn jemand sehen will worum es geht", ... - es kann doch keiner etwas dazu schreiben, ohne zu wissen um was es dir nun geht.


    Ich denke, du möchtest dich da nicht angreifbar machen, und hoffst, dass jemand blind los argumentiert, und dann ins Leere läuft. Das hilft aber leider weder dir, noch den Rest hier weiter.


    Mach also bitte mit Hand und Fuß, und schwurbel nicht so diffus rum.

  • Richtig musti, du hast es erfasst. Oft ist es so dass man dann alles einstellt oder aufgibt noch bevor man sich damit überhaupt beschäftigt.


    Ja sasa, mit der AfD hab ich nichts am Hut, bei mir ist es wirklich so wie du es danach sagst und das ist auch kein Quatsch. Ich bin halt unvoreingenommen an die Sache ran gegangen und daher ist sie für mich logisch. Während meiner Recherche bin ich dann auch auf die Gründe gestoßen warum das andere nicht so sehen und auch das klingt für mich nachvollziehbar.

  • Wenn man seit Mitte der 80er Jahre innerhalb einer Demokratie eine Politik der gnadenlosen Umverteilung von Unten (dort, wo viele Menschen sind) nach Oben (dort, wo wenige Gewinnler wie zB. Maddin und Dirk sind) betreibt und diese noch mit einer Ausblutung des Staates und der für die Mehrheit der Menschen unverzichtbaren Infrastruktur (Strom, Wasser, Strassen, Krankenhäuser, Schulen, Altenheime, Behörden, Justiz, Rente, Krankenversicherung etc. etc.) verbindet, dann muss man sich nicht wundern, wenn die sehr verletzliche Zustimmung zu dieser politischen Form abkühlt.


    Was wir brauchen, ist ein "New Deal", doch ich sehe keinerlei Anzeichen dafür, dass diejenigen, die diesen Staat gekapert haben, auch nur Ansätze des Verstehens zeigen, dass sie derzeit den Ast schon fast vollständig abgesägt haben, auf dem sie selbst sitzen (wenn auch ganz oben). Und diese wären es allerdings, die einen solchen "New Deal" anbieten müssten...

  • Bei allem sozialen Schiefstand in diesem Land lasse ich diese Erklärung nicht mehr gelten. Ja, es gibt in Deutschland zu viele Menschen, die sozial benachteiligt werden. Ja, es gibt ausreichend Versäumnisse, derer sich die Politik annehmen muss. Aber wenn ich sehe, in welchen sozialen Situationen sich die Menschen zu einem Großteil befinden, von denen ich rechte Parolen höre oder lese, bei denen Fremdenfeindlichkeit auf der Agenda steht und die Angst um ihren (immer noch übermäßigen) Wohlstand haben, dann sind die tatsächlich "Abgehängten" schon lange nicht mehr unser Hauptproblem. Ich weigere mich zu glauben, dass es in Thüringen 25% der Wähler objektiv so schlecht geht, dass das auch nur ansatzweise rechtfertigt, braune Scheiße zu wählen. "Den Deutschen" geht es nicht schlecht. Das ist in der Breite eine Ausrede, aber kein faktischer Grund.

  • Ich sehe die Hauptursache wie sasa auch eher darin, dass bei vielen, denen es an sich gut geht, eine diffuse Sorge um ihren Wohlstand herrscht. Auch das hat teilweise damit zu tun, dass die Zahl der Menschen in prekären Verhältnissen wächst und gleichzeitig die reiche Oberschicht immer mehr hat und ein immer exklusiverer Kreis wird. Aber eben nur teilweise und ich glaube auch nicht in der Hauptsache.


    Und dazu kommt eine latente Fremden-, Minderheiten- und Frauenfeindlichkeit, die immer da war, deren offenes Ausleben aber eben lange geächtet war. Und die, um den Bogen zurück zu spannen, eben auch zu so abstrusen Thesen führt, dass Männer in der Gesellschaft benachteiligt würden -- nur weil man versucht, Frauen durch gezielte Unterstützung zumindest in die Nähe einer auch faktischen Gleichberechtigung zu bringen. Von der man aber noch ein gewaltiges Stück entfernt ist. (Übrigens genauso abstrus wie die These, Zuwanderer oder Muslime oder Juden würden bevorzugt.)

  • Wenn wir schon bei dem Thema "Ich weigere mich zu glauben" sind:

    Ich weigere mich, dass knapp 25 % der Wähler in Thüringen bewußt rechtsextrem gewählt haben, wie der verlinkte Kommentar von David Hugendick


    Ich bin davon überzeugt, dass die Wahrnehmung "Was stellt die AFD eigentlich dar?" sehr unterschiedlich ist: auf der einen Seite als "braune Scheiße" und auf der anderen Seite als eine Partei, die sich deutlich vom Einheitsbrei der etablierten Parteien abhebt und suggeriert, dass sie Probleme/Mißstände lösen könnte. Dabei geht es um nicht nur um reale, objektive Mißstände, sondern um die vielen die Dinge im Alltag, die nicht rund laufen und um die sich scheinbar keiner kümmert.


    Ansonsten das, was Mo sagt. Wobei Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus keine Themen sind, die neu wären oder auf Thüringen oder die "neuen" Bundesländer beschränkt sind. Nein, diese Probleme gab es zu jeder Zeit, in und außerhalb von Deutschland. Man schaue nur nach Ungarn, Polen, Frankreich, Österreich etc. Das macht die Sache selbstverständlich keinen Deut besser. Die Frage ist vielmehr, wie geht man (die Politik/die Gesellschaft) damit um. Da haben die etablierten Parteien schlicht versagt. Man hat immer noch kein Rezept, wobei ich allerdings davon ausgehe, dass man das nie komplett ausrotten kann, denn irgendwelche kranken Hirne wird es immer geben.


    Selbstverständlich müssen die Politiker "zuhören", selbst wenn so einer wie David Hugendick dies in seinem Kommentar der Lächerlichkeit preis gibt. Schließlich sollen die gewählten Politiker die Interessen der Bürger/Wähler umsetzen. Das ist deren Auftrag/Aufgabe. Das bedeutet: Nicht nur zuhören, sondern handeln. Konkret: die Bürger ernst nehmen, Probleme und Mißstände mindern oder beseitigen. Erfüllen sie diesen Auftrag nicht, wird ein anderer beauftragt, der vorgibt, diesen Auftrag besser zu erledigen. Dabei hilft es zu verstehen, dass es nicht um objektive Probleme/Mißstände geht. Um das zu verdeutlichen, was ich meine ein Beispiel ( mag vielleicht nicht zu 100 % passen, was besseres ist mir aber momentan nicht eingefallen):


    Bei meinem Auto funktioniert alles soweit gut. TÜV auch alles in Ordnung. Aber er klappert, scheppert und macht komische Geräusche. Das stört mich erheblich. Daher war ich schon mehrfach bei der Vertragswerkstatt und die haben mir versprochen, das sie es abstellen. Haben sie aber nicht geschafft. Als letzte Antwort kam: "Können wir auch nichts dran machen". Dann kam dieser neue KFZ-Typ vom Eck. Der hat mir versprochen, dass er es kann. Jetzt ist die Frage: Wende ich mich nun an den und gebe ihm den Auftrag zur Behebung der Geräuschprobleme, obwohl ich weiß, dass er ein Faschist ist ?

    Was ist mir in dieser konkreten Situation wichtiger: Ist mir der Umstand auf die Aussicht, dass mein Auto endlich wieder ohne Klappern und Geräusch fährt und ich mich also nicht mehr darüber ärgern muss wichtiger als die Unterstützung eines Faschisten ?

  • Sie wollen sich nicht mehr kontrollieren müssen, sie wollen sich nicht mehr verhalten müssen, sie wollen nicht Verantwortung tragen. Sie wollen, das alles easy für sie läuft und andere sollen all das für sie richten. Sie sind die, die nur wollen, ohne was zu können, ohne etwas können zu wollen.


    "Es hat keiner die Pflicht zu denken!" sagte ein Fan.


    Es sind "Idioten" und keine "Staatsbürger".

  • Ich würde differenzieren und nicht von scheinbar guten „sozialen Situationen“ der Menschen, sondern materiellen Situationen sprechen (mit einem größere werdenden Teil derjenigen, denen es materiell wieder schlechter geht im Zuge der Prekarisierung auf dem Arbeitsmarkt, der wachsenden Ungleichheit).


    Mit Blick auf Fremdenfeindlichkeit bin ich dann bei „einfacher“ Sozialpsychologie, mit Marx beim notwendig falschen Bewusstein. Wo überall und immer mehr auf Wettbewerb und Konkurrenz gesetzt wird, die sozialen (Abstiegs- und Status-)Ängste steigen (allzumal wenn der Status immer wichtiger wird, um so etwas wie Anerkennung zu ernten), da „braucht“ es andere, auf die man die aus Angst und Trauer resultierende Wut projezieren kann, da braucht es äußere Ideen (wie eine Glaubens- oder Volksgemeinschaft, (amerikanischen) Patriotismus), um so etwas wie Gemeinschaft, Verbundenheit zu verschaffen. Insbesondere dann, wenn - wie in den letzten Jahrzehnten geschehen - jene Institutionen, die Solidarität garantiert haben bzw. hatten, immer mehr dem Markt und dessen Mechanismen zugeführt worden sind, mithin privatisiert, individualisiert, abhängig seither zunehmend von den Voraussetzungen der/des Einzelnen (Startbedingungen, Möglichkeiten und Willen zur Anpassung an die Bedingungen des Marktes). Folgen davon sind u.a. kollektive Ich-Bezogenheit (Bedürfniserfüllung ohne Blick auf die Gemeinschaft, „lebe deine Freiheit“), Entsolidarisierung, Demokratieentleerung (Diskurs findet nicht mehr statt, stattdessen stumpfer Kampf um Meinungshoheit), Vereinzelung, Vereinsamung...Ängste, Traurigkeit, Wut...soweit meine kurze Zusammenfassung komplexer Wirklichkeit.


    Meine Eltern verloren nach der Wende beide ihre Jobs (mein Vater war bei 25 Jahre bei SKET...man kann nachlesen, von wem der Laden übernommen und ausgeschlachtet wurde, Vetternwirtschaft, das Geld floss nach Niedersachsen, die entlassenen Leute blieben allein im Regen stehen). Meine gut ausgebildete Mutter arbeitete nach Verlust ihres Jobs in einer Poliklinik mehrere Jahre fachfremd im Altenheim. Beide haben über 40 Jahre gearbeitet. Und doch nie etwas besessen (kein Eigentum). Sie mögen materiell dennoch gewonnen haben, sozial haben sie aber verloren (an Gemeinschaft, ob familiäre oder freundschaftliche Beziehungen, neben eigener Trennung). Und so geht es vielen „drüben“, die die Begründetheit der Entwicklungen ihrer Lebenswelten strukturell nicht/kaum einordnen können, aber eben doch die Verluste fühlen (jedenfalls die Ungerechtigkeit, die falschen Versprechungen von Chancengleichheit, die fehlende Zeit, die Brüchigkeit der Beziehungen). Das ist keine Entschuldigung, aber regt vielleicht andere zum Verstehen an. Meinen Eltern geht es verhältnismäßig noch gut - sie wählen auch nicht die AfD, aber andere Familienmitglieder schon, die ihren Ärger (über die Entwicklung und sich selbst) eben auch auf andere (Transferleistungsempängerinnen, Migranten) projezieren - aber das darf nicht über die sozialen Verluste, das verloren gegangene herzliche Miteinander und schließlich Vertrauen in andere (wie Politiker), die dann doch nur an sich selbst (ihre Karriere etc.) denken, hinwegtäuschen.


    Wenn jede(r) auf sich selbst verwiesen wird und mit Blick auf Bildungsversprechen (ohne Bildung im eigentlichen Sinne) und Chancengleichheit verarscht wird, sind wir eben beim Kampf aller gegen alle. In dem am Ende die die Oberhand behalten, die machtvoll die Zügel in der Hand halten (sprich das dafür notwendige soziale, kulturelle und finanzielle Kapital in die Wiege gelegt bekommen haben...im Osten finden sich davon auch prozentual weit weniger als im Westen...im globalen Süden weniger als im globalen Norden...). Dann braucht es andere Versprechungen/Verheißungen, an die der Mensch glauben kann (mögen diese noch so fatal sein).

  • Sie wollen sich nicht mehr kontrollieren müssen, sie wollen sich nicht mehr verhalten müssen, sie wollen nicht Verantwortung tragen. Sie wollen, das alles easy für sie läuft und andere sollen all das für sie richten. Sie sind die, die nur wollen, ohne was zu können, ohne etwas können zu wollen.


    "Es hat keiner die Pflicht zu denken!" sagte ein Fan.


    Es sind "Idioten" und keine "Staatsbürger".

    Wer denkt, ist nicht wütend. (frei nach Adorno)


    Was es braucht, sind Anregungen zum (Anders-)Denken, um Verantwortung (für sich und andere) übernehmen zu können (ein Gefühl zu bekommen, dass man nicht (nur) Objekt ist, mit dem etwas geschieht, nicht determiniert ist in bestehenden Verhältnissen), allen voran durch Bildung im eigentlichen Sinne. Leider scheint mir bei vielen das Kind schon in den Brunnen gefallen. Allein ist das kollektive individuelle Leid auch/noch Chance, neben allen Gefahren...

  • Ich führe ziemlich oft Selbstgespräche, ich diskutiere mit mir selber, denke also laut und greife auf was ich vorher mit anderen Leuten besprochen habe um halbwegs sowas wie einen Dialog zu simulieren.


    Gleich vorweg, mit Zuwanderern, Muslimen oder Juden hab ich mich noch nie beschäftigt, wahrscheinlich weil es so wenig davon gibt. Das als Teil Antwort auf Mr. Mo.


    Ich versuche ja immer zu ergründen warum die Debatte so geführt wird wie sie geführt wird und warum das bei mir nicht so funktioniert. Ich gehe halt zwischenmenschliche Beziehungen viel zu logisch an, dabei ist es keine Mathematik. Doch manche Themen werden mehr idealistisch geführt, wenn ich also meine Logik ausschalte, dann kann ich die andere Seite eher verstehen. Mo redet von Frauenfeindlichkeit, die beginnt für manche halt schon dort wo man den natürlich ausgeprägten Frauenschutzinstinkt in Frage stellt oder ausblendet. Für mich beginnt Feindlichkeit halt erst viel später. Männerfeindlichkeit bemerke ich dagegen schon, z.B. die Men Are Trash oder Kill All Men Kultur, "I bathe in male tears" oder Artikel und Bücher in denen Männer in Umerziehungslager geschickt werden sollen. Why can't we hate men? Die ganzen abwertenden Begriffe die man eingeführt hat wie Mansplaining nur weil Männer was erklären wie das normale Lehrer oder Dozenten beider Geschlechter auch tun. Einige Frauen haben wollen nicht schwanger werden aus Angst dass es ein Junge wird, sie denken dann über ein Abtreibung nach, laut ihrer eigenen Aussage weil sie Männlichkeit hassen. Auch persönlich hab ich einiges erfahren müssen, einige werden sich erinnern.


    Terroristen sind scheiße aber dumm sind sie auch nicht, sie haben diesen Umstand auch längst erkannt. Nachdem Boko Haram Tausende von kleinen Jungs überfallen und getötet haben, sie aber keinerlei Medieninteresse erfahren haben, haben sie die Strategie gewechselt und stattdessen junge Mädchen überfallen und entführt. Da geriet dann die "Bring back our girls" Kampagne in Schwung. Die Jungs konnte man ja nicht mehr retten, sie waren schon längst tot.


    Vielleicht verwechseln einige Gleichberechtigung auch mit Gleichstellung, auf englisch: Equality of chances vs. equality of outcome. Beide haben die gleichen Chancen es zu wagen aber einer riskiert und wagt mehr. Wenn man unbedingt bei zwei verschiedenen Arten das gleiche Endergebnis haben will, ja dann muss man wohl öfter mal manipulieren.


    Hier gibt es ein interessantes Interview mit Dr. Helen Smith, einer forensischen Psychologin welche 20 Jahre lang mit Männern gearbeitet hat. In ihrem Interview betont sie auch das rationale Verhalten der Männer, eben jenes was ich auch an den Tag lege wenn es darum geht die bestmöglichste Lösung für Probleme zu finden.


    Das Buch werde ich mir auf jeden Fall besorgen. Gerade die allerletzte Gefahr ist für mich sehr allgegenwärtig.

    Einmal editiert, zuletzt von Dvdscot ()

  • Was es braucht, sind Anregungen zum (Anders-)Denken, um Verantwortung (für sich und andere) übernehmen zu können (ein Gefühl zu bekommen, dass man nicht (nur) Objekt ist, mit dem etwas geschieht, nicht determiniert ist in bestehenden Verhältnissen), allen voran durch Bildung im eigentlichen Sinne.

    Ein starker Satz dem ich voll zustimme. Einfach mal die Dinge auch mal aus einem anderen Blickwinkel sehen, Menschen als Subjekte wahrnehmen, nicht Objekte. Und ja, Bildung ist ein wichtiger Schlüssel.


    Kai Ist das mit dem Auto nur ein Beispiel oder gibt es das wirklich? Ist natürlich eine Zwickmühle, denn normalerweise gibt es keine Zauber Rezepte wie man etwas kaputtes wieder repariert egal welche Gesinnung ein Facharbeiter hat. Da wäre es vielleicht besser ihn gar nicht so genau zu kennen. Meinst du auch dass das Leute mitbekommen wenn du dich an ihn wendest? Geht es dir um deinen Ruf? Wenn man es genau nimmt, dann können eigentlich nur gleichgesinnte bei ihm Kunden sein und davon gibt es nicht so viele, also macht er pleite. Für ihn also auch dumm. Nur mal so rein hypothetisch gedacht.

  • Von mir nur eine kurze Anmerkung zu der Diskussion um Ostdeutschland, AfD und warum die da gewählt wird.


    Ich bin ja nun im Osten aufgewachsen und habe 28 Jahre dort gelebt und von dem was ich dort mitbekomen habe, geht es den Leuten materiell deutlich besser als zu DDR Zeiten und sie wissen das auch zu schätzen.

    Das ist aber auch gar nicht der Punkt, viel wichtiger für die Leute sind immaterielle Werte. Die Menschen im Osten fühlen sich immer noch als Menschen 2.Klasse in Deutschland, es gibt weiterhin Tarifabschlüsse Ost/West, Rente Ost/West und sie fragen sich halt warum das so ist. Zu recht.

    Dazu kommt, wie Jaylords Vadder schon schrieb, dass nach der Wende komplette Erwerbs/Lebens-biografien negiert wurden ("Alles was ihr bisher gemacht habt war falsch!"), Leute die (Wirtschafts-)Diplomingenieure waren, waren plötzlich nur noch dazu geeignet als Sachbearbeiter/in irgendwo zu arbeiten und mussten teils Jahrzehnte dafür kämpfen das ihre Abschlüsse anerkannt wurden.

    Das Abitur meiner Schwester (Abi98) wurde von einigen (west-)deutschen Bundesländern schlichtweg nicht anerkannt -> ist aus dem Osten, akzeptieren wir hier nicht, darf hier nicht studieren.


    Und diese kleinen Sachen haben sich bei den Leuten über die Jahrzehnte immer weiter angestaut und brechen sich jetzt Bahn. So lange man an die Ursachen nicht ran geht wird sich daran nix ändern. Die Frustration geben diese Eltern nämlich an die Kinder weiter und somit "vererbt" sich diese Einstellung quasi.

    Es würde vielen Menschen im Osten schon sehr gut tun zu hören: "Ihr habt zwar in einem anderen System als wir (in der BRD) gelebt, trotzdem war nicht alles falsch was ihr gemacht habt und wir erkennen eure Lebensleistung vollumfänglich an."


    Ansonsten schließe ich mich dem Post von Jeylords Vadder komplett an!

  • Das kann ich alles verstehen.

    Aber warum man dann eine offen fremdenfeindliche Partei (die ja nix besser machen würde und deren Arbeitsmarktpolitik entsetzlich wäre) wählt, das verstehe ich nicht.

  • Gegen die Theorie der AfD-Wahl aus sozialer Benachteiligung spricht, dass bei der Europawahl die AfD in Mecklenburg-Vorpommern mit 17,7 % deutlich schlechter abschnitt als in Sachsen mit 25,3 %, wo es den Menschen materiell besser geht. Entwertet fühlen dürften sich die Nordostdeutschen auch stärker, sie wählen aber dennoch in geringerem Maß die AfD als die Menschen in Sachsen (wo meines Wissens durch Leipzig und Dresden auch deutlich mehr Zugewanderte aus den westdeutschen Bundesländern leben als in MV).


    Man kann auch nicht alles auf die Zeit nach 1989 schieben. Bei Anne Will machte ein Politologe (aus dem Osten) ein noch stärker verbreitetes autoritärer strukturiertes politisches Denken mit verantwortlich für das Wahlverhalten. Ähnliche Tendenzen haben wir auch in den sogenannten Vysegrad-Staaten. Allerdings ist auch dafür die Kohl-Regierung insofern mitverantwortlich, als man den Ostdeutschen die gewünschte D-Mark gebracht hat, aber nicht viel aktiv getan wurde, um die Zivilgesellschaft zu stärken. Auch politische Bildungsarbeit, um zu erklären, wie Demokratie funktioniert (die Menschen bis Jahrgang 1973 haben in der Schule nicht das Grundgesetz durchgenommen), gab es nicht. Zum Beispiel ist vielen nicht deutlich, dass man um das Schließen von Kompromissen in der Regel nicht drumrum kommt.

    Es ist eben auch parteipolitisch nichts neues entstanden, in den Landtagen bildete sich seit 1990 mit Ausnahme der PDS das Parteiensystem der "alten BRD" ab (bereits den Wahlkampf im März 1989 hatten diese okkupiert). Diese Parteien werden eher als fremd wahrgenommen. Im Zuge der Runden Tische gab es einen Verfassungsentwurf, der erarbeitet wurde und letztlich im Papierkorb landete, weil das Grundgesetz übernommen wurde. Andererseits waren die Leute auch mit diesem Kurs der "Übernahme" einverstanden - die Kohl-Regierung hatte bei den BT-Wahlen 1990 im Osten (ausgenommen Berlin) eine deutlichere Mehrheit als im Westen.





  • Das kann ich alles verstehen.

    Aber warum man dann eine offen fremdenfeindliche Partei (die ja nix besser machen würde und deren Arbeitsmarktpolitik entsetzlich wäre) wählt, das verstehe ich nicht.

    Nun, du, mit deinem Bewusstsein, bist auch nicht einer jener Menschen, der Gefahr zu laufen droht, von der Massenpsychologie einer AfD eingefangen zu werden. Nicht Inhalte, schon gar nicht arbeitsmarktpolitische, stehen im Vordergrund, sondern schlicht psychologische Momente.


    Das soll kein 1:1-Vergleich sein, aber die Entwicklung ähnelt der faschistischen Propaganda in den 1930ern, durch die die Massen trotz der offenkundig drohenden Kriegsgefahr und obgleich die Zwecke des Faschismus den materiellen Interessen der Mehrzahl der Menschen widersprachen (wie eben die arbeitmarktpolitischen Zielsetzungen der AfD) der NSDAP und dem Führer (ein Höcke hat in Thüringen gewiss gezogen) massenweise in die Arme liefen.


    „Vielleicht liegt das Geheimnis der faschistischen Propaganda darin, daß sie einfach die Menschen als das nimmt, was sie sind: echte, ihrer Selbständigkeit…beraubte Kinder…[Sie] braucht nur die bestehende Seelenverfassung für ihre Zwecke zu reproduzieren, sie braucht keine Veränderung hervorzubringen…Sie verläßt sich…[auf den] autoritätsgebundenen Charakter, der selber das Produkt einer Verinnerlichung irrationaler Aspekte der modernen Gesellschaft ist. Unter den

    vorherrschenden Bedingungen wird die Irrationalität der faschistischen Propaganda triebökonomisch rational; denn bei einem versteinerten, als selbstverständlich angenommenen Status quo erfordert es eine viel größere Anstrengung, ihn zu durchschauen, als sich ihm anzupassen und wenigstens aus der Identifizierung mit dem Bestehenden – dem Brennpunkt der faschistischen Propaganda – einen dürftigen Lustgewinn zu ziehen.“ (Adorno, T. W. (1980): Die Freudsche Theorie und die Struktur der faschistischen Propaganda)


    Und mit Blick auf die heutige Entwicklung meine ich, das die begründeten Status- und Abstiegsängste sowie das Bewusstsein, von der Politik nicht mehr beachtet zu werden (schlimmer noch: missachtet und ungleichwertig behandelt worden zu sein), in vielen der "modernen" Gesellschaften zum Aufschwung des neuen Rechtspopulismus geführt haben. Nicht weil diese inhaltlich eine rationale (vernünftige) Alternative bieten (die Menschen zum Verstehen der strukturellen Bedingungen und Ursachen ihrer Situationen anregen), sondern weil sie ihnen auf psychologische Weise einen scheinbaren Ausweg bieten. Auf dem bzw. indem sich die durch AfD & Co. eingefangenen Menschen in eine überhöhte nationale Identität flüchten, um sich eben der Ohnmacht gegenüber den verselbständigten und unbegriffenen "Alternativlosigkeiten" neoliberaler Politik (und ihren sozialen Verwerfungen) zur Wehr zu setzen. Minderwertigkeitsgefühle, Scham und mangelnde Selbstachtung aufgrund der Abweichungen vom Ideal des (sich der Konkurrenz erwehrenden) Selbstunternehmers werden dabei unreflektiert durch das nationale Bewusstsein beseitigt, indem die Menschen in der Volksgemeinschaft wieder Bedeutsamkeit erlangen und Solidarität fühlen (wie andere in der Glaubensgemeinschaft). Die Empfindungen, nicht belohnt oder gebraucht zu werden, weichen der „Besinnung“ auf eine nationale Kultur, in der die Bedürfnisse nach Geborgenheit, Gemeinschaft, Sicherheit etc. erfüllbar scheinen. Sprich die narzisstische Besetzung des angepassten unternehmerischen Selbst führt geradewegs zu einer narzisstischen Besetzung des angepassten nationalen Selbst, um das geschädigte bzw. verlorene (oder nie vorhandene) Selbstwertgefühl zurückzuerlangen. Die fremdenfeindlichen Bewegungen/Parteien bedienen und wiederholen (um diesen Ausweg zu verwirklichen und dadurch die eigenen Ziele/Machtansprüche zu erlangen) Stereotype und bieten den Menschen damit eine Antwort für ihre Ohnmacht und schwierige Lage, indem sie eben Fremde und Andere als schuldhaft hinstellen. So erzeugen sie ein Wir-Gefühl und zugleich ein (Selbst-)Ideal, dem sich die Menschen bereitwillig unterwerfen. Zumal die Fremden/Anderen (bspw. die Geflüchteten, die Muslime, aber auch "Linke" oder die politische Elite) dabei eine (von Höcke & Co.) freigegebene Projektionsfläche für die eigene Wut, die eigenen Aggressionen bieten (und damit zunehmende Angriffe/Anschläge erklären). Nicht inhaltlich (bspw. mit einer gerechteren Arbeitsmarktpolitik, die am Markt selbst und nicht an den Menschen, die sich auf diesem verdingen sollen, ausgerichtet ist), psychologisch werden die Menschen eingefangen. So (m)eine Deutung.

  • Dieses Narrativ suggeriert, dass sämtliche AfD-Wähler verführt seien (ebenso wie damals die NSDAP-Wähler; die histor. Forschung ist allerdings nach Adorno weitergegangen - es gab eben auch eine Reihe von überzeugten rechten Antidemokraten). Nach einer ZDF-Umfrage wählten 69 % in Thüringen (mit dem Spitzenkandidaten Höcke, der offen erklärt, er wolle den demokratischen Verfassungsstaat beseitigen) die AfD wegen ihrer politischen Forderungen, nur 29 % verstanden ihre Wahlentscheidung als Denkzettel. Interessant übrigens die Annahmen unter allen Wählern. Da vermuten 75 %, es handle sich vor allem um "Denkzettel"-Wähler, dem ist aber nicht so.


    https://www.zdf.de/nachrichten…-so-gewaehlt-hat-100.html

  • Bei Allem Richtigen, was ich in den sehr langen Statements nach meinem provokanten Beitrag gelesen habe, muss ich zwei Punkte trotzdem anmerken:


    1. es ging nicht um die Wähler der AfD, sondern um diejenigen, die sich nicht dagegen positionieren, sondern still und leise zuschauen, wie unsere Demokratie erodiert.


    2. wer wie ich tagtäglich die Vergangenheit von Menschen aufarbeitet und einen Blick auf ihre (soziale) Zukunft wirft, der wird mir zustimmen, dass die Vergangenheit geprägt war vom Verbrauch der geschaffenen Werte, da die Ausgaben schon sehr lange die Einnahmen überschreiten - und von einer auf uns zulaufenden sozialen Katastrophe, die durch die massivsten Kosten für die zerstörte Infrastruktur und die angerichteten Umweltschäden noch einmal potenziert wird.

  • Und wer schreit am lautesten gegen alle Maßnahmen zum Umweltschutz und zur Rettung der Welt? Die Wähler der AfD. Da soll mir keiner mehr damit kommen, dass man für die die Welt nur ein bisschen besser machen müsste, um sie wieder aus den Fängen der AfD zu holen.