Politischer Zoff-Thread oder so

  • Dieses Narrativ suggeriert, dass sämtliche AfD-Wähler verführt seien (ebenso wie damals die NSDAP-Wähler; die histor. Forschung ist allerdings nach Adorno weitergegangen - es gab eben auch eine Reihe von überzeugten rechten Antidemokraten). Nach einer ZDF-Umfrage wählten 69 % in Thüringen (mit dem Spitzenkandidaten Höcke, der offen erklärt, er wolle den demokratischen Verfassungsstaat beseitigen) die AfD wegen ihrer politischen Forderungen, nur 29 % verstanden ihre Wahlentscheidung als Denkzettel. Interessant übrigens die Annahmen unter allen Wählern. Da vermuten 75 %, es handle sich vor allem um "Denkzettel"-Wähler, dem ist aber nicht so.


    https://www.zdf.de/nachrichten…-so-gewaehlt-hat-100.html

    "Sämtliche" und "eine Reihe von" ist aber auch schon ein Widerspruch in sich.


    Auf jeden Fall gab und gibt es auch viele "bewusst" ideologisch Handelnde, aber die Masse wirkt und wählt mehr nach von mir beschriebenen Gefühlen bzw. aufgrund der (sozial)psychologischen Momente (die mit "Denkzettel" nur unzureichend beschrieben sind).

  • Und wer schreit am lautesten gegen alle Maßnahmen zum Umweltschutz und zur Rettung der Welt? Die Wähler der AfD. Da soll mir keiner mehr damit kommen, dass man für die die Welt nur ein bisschen besser machen müsste, um sie wieder aus den Fängen der AfD zu holen.

    Ein Versuch wäre es jedenfalls wert, also die Welt einfach ein bißchen besser zu machen. Schaden würde es auch nicht. Fast jedes Mittel wäre mir recht, die Wähler aus den Fängen der AfD zu holen und die Vision "Welt ein bißchen besser machen" scheint mir nicht die schlechteste aller Optionen zu sein.


    Im übrigen ist es auch eine Sache des persönlichen Empfindens, was der einzelne unter "die Welt ein bißchen besser machen" versteht.


    Schöne Schlaglichter darauf haben hier Jeylords Vadder und andremd mit ihren persönlichen Erfahrungen und Erlebnissen geliefert. Danke für eure Beiträge !

  • Ich halte es unabhängig von den nicht mehr zu erreichenden Menschen für dringend an der Zeit, die Welt wieder sozialer, gerechter und ein bisschen besser zu machen. Ich habe nur durch die Entwicklung der letzten Jahre und Monate die Hoffnung verloren, dass man damit einen signifikanten Teil der 25% AfD-Wähler wieder erreicht. Da wird schon jetzt nicht sachlich agiert und da ist mit Fakten nichts mehr zu erreichen. Ich irre mich da gerne, aber habe jeden Glauben daran verloren.

  • 69 % wählen Höcke wegen seiner politischen Forderungen, das hat mit Gefühl wenig zu tun. Die Mehrheit handelt also bewusst ideologisch. Damit sollte man sich abfinden und diese empirisch erhobenen Daten ernst nehmen (ebenso wie die Tatsache, dass bei der Europawahl in Mecklenburg-Vorp., wo es den Menschen materiell schlechter geht als in Thüringen oder Sachsen, die AfD-Zustimmung mit 17 % deutlich niedriger war). Um einige zurückzuholen, sollte man eine intensive politische Aufklärungsarbeit betreiben, zumal die AfD unter den Erstwählern ebenfalls sehr stark vertreten ist.

    Dass die etablierten Parteien auch einiges an ihrer Performance und ihrer Politik ändern sollten, kommt selbstverständlich hinzu.

  • Das ist mir zu einfach bzw. ein Trugschluss.


    Die Menschen fühlen etwas, ich beziehe mich auf ihr Gefühlsleben, ihre Psyche...dass da psychologische Prozesse im Gange sind, die selbstverständlich nicht losgelöst sind von politischen (wie fremdenfeindlichen) Forderungen/Meinungen genauso wie von Personen (das gilt nicht nur für Höcke, sondern auch für Leute wie Ramelow, Kretschmann usw.), liegt auf der Hand.


    Und mit Blick auf die "historische Forschung nach Adorno" meine ich, dass keine davon näher an den Menschen und der Realität gewesen ist, als dessen (et al.) Studien zum autoritären Charakter. Und die sind meines Erachtens auch heute noch (oder wieder) hochaktuell. ZDF-Umfragen mögen einfache Erklärungen liefern, aber sollten schon weiter und in ihren individuellen und gesellschaftlichen Gesamtzusammenhängen bedacht und entsprechend eingeordnet werden.


    Politische Aufklärungsarbeit hilft bei jenen, die tatsächlich ideologisch verblendet sind, nichts (mehr) - präventiv ist sie aber enorm wichtig.

    Salopp gesagt helfen bei diesen Menschen entweder ein kräftiger Schlag in die Fresse oder aber intensive Einzelberatung bzw. eher Therapie. Sie müssen das eigene Leid (die geistige Verkümmertheit), sich selbst (wieder) spüren und in ihrer Entwicklungsgeschichte verstehen, damit die Möglichkeit für eine andere Sicht auf sich selbst und Welt mit ihrer Vielfalt besteht.

  • Schade. Du hattest so starke Beiträge oben, aber insbesondere mit diesem letzte Absatz hast Du Dich meiner Ansicht nach verlaufen.


    Es geht um Perspektiven bzw. Perspektivlosigkeit. Es geht darum, dass diese Gesellschaft immer reicher wird, aber von diesem Reichtum werden immer mehr ausgeschlossen, und alle (im öffentlichen Diskurs) finden das Töfte und fragen sich, warum sich nicht alle lieb haben. Es geht um die Entwertung von Identitäten, Qualifikationen, Leistungen, von bürgerlichen Werten. Um Abstiegsängste, aber auch bereits komplett normalisierte und weggeredete Abstiegserfahrungen. Darum, dass sich viele vom politischen Diskurs und den Medien nicht mehr repräsentiert sehen. Es geht darum, dass ein Sechstel der Bevölkerung ein Altersarmutsrisiko haben und dies weiter steigt.

  • Stimme dir in allen Punkten zu, habe ich in diesem Faden so oder so ähnlich ja auch schon mehrmals inhaltlich eingebracht.

    Inwieweit das aber dazu führt, dass ich mich verlaufen habe, erschließt sich mir nicht ganz (also gerne konkreter ausführen), vor allem mit Blick auf jene tatsächlich ideologisch Verblendeten/Gesinnten, die ich nicht in der Mehrzahl der AfD-Wähler/innen sehe. Mithin will/wollte ich (nur) die (richtige und wichtige) materielle Sicht ergänzen um ebenjene Aspekte, die aus meiner Sicht eben auch dazu gehören, um die Entwicklung zu verstehen.

  • Mit "verlaufen" meine ich: Das sind reale soziale Erfahrungen, die sich nicht wegtherapieren lassen. Da hilft auch keine "Aufklärungsarbeit" und da lässt sich nichts wegkuscheln.


    Ganz im Gegenteil: Eine solche Psychopathologisierung wird nur noch mehr als Versuch, die reale gesellschaftliche Spaltung klein zu reden, wegzureden, verstanden. Übrigens, meiner Meinung nach, völlig zu Recht.

  • Ich bin da bei JV.

    Lange hab ich auch zunächst die sozialpolitischen und wirtschaftlichen Fragen als Antwort auf die guten AfD-Ergebnisse gesehen. Aber das passt mittlerweile nicht mehr mit den Forschungsergebnissen der Soziologen zusammen.

    Ich glaube jetzt doch mehr und mehr, dass die meisten AfD-Wähler einfach mit den Positionen der AfD übereinstimmen.

    Den fehlt es an Empathie, die sehnen sich nach Autoritäten und die Angst vor Überfremdung scheint noch größer als die Angst vor sozialem Abstieg.

  • Ich glaube, dass das eine das andere nicht ausschließt, oder?


    Schließlich gehören viele AfD-Wähler eigentlich nicht zu denen, die von der Gesellschaft sozial oder wirtschaftlich benachteiligt werden. (Meine These ist, dass diese Menschen aus Resignation eher gar nicht wählen gehen.)


    Die Motivation, AfD zu wählen, dürfte sehr heterogen sein. Abstiegsangst und tatsächliche oder gefühlte politische Vernachlässigung ist das eine. Die Gruppe, die aus diesen Motiven AfD wählt, ist gewiss nicht klein. Das Gefühl, abgehängt zu sein, hat meistens legitime oder zumindest biografisch nachvollziehbare Ursachen. Auch so ein gewisses "Euch zeige ich es jetzt mal" spielt da bestimmt eine unheilvolle, aber nachvollziehbare Rolle.


    Es gibt aber auch das andere: Leute, die sich eine diffuse "gute alte Zeit" zurückwünschen, in der man noch nach fast Herzenslust auf Frauen, Fremden/Einwanderern, Osteuropäern/Afrikanern/Asiaten/Arabern, Juden, Muslimen, Sinti/Roma, Homosexuellen, was weiß ich herumhacken und sich auf deren Kosten politisch, sozial, beruflich und privat profilieren konnte, ohne dafür (zu Recht!!) Gegenwind zu bekommen.


    Beiden liefern die AfD und ähnlich tickende politisch aktive Gruppen passende demagogische Angebote und Narrative -- und überzeugen damit, bis dahin, dass sie erfolgreich Hass schüren.

  • Schade. Du hattest so starke Beiträge oben, aber insbesondere mit diesem letzte Absatz hast Du Dich meiner Ansicht nach verlaufen.


    Es geht um Perspektiven bzw. Perspektivlosigkeit. Es geht darum, dass diese Gesellschaft immer reicher wird, aber von diesem Reichtum werden immer mehr ausgeschlossen, und alle (im öffentlichen Diskurs) finden das Töfte und fragen sich, warum sich nicht alle lieb haben. Es geht um die Entwertung von Identitäten, Qualifikationen, Leistungen, von bürgerlichen Werten. Um Abstiegsängste, aber auch bereits komplett normalisierte und weggeredete Abstiegserfahrungen. Darum, dass sich viele vom politischen Diskurs und den Medien nicht mehr repräsentiert sehen. Es geht darum, dass ein Sechstel der Bevölkerung ein Altersarmutsrisiko haben und dies weiter steigt.

    Das ist auch mein Ansatz: es gibt in jeder Gesellschaft einen gewissen Prozentsatz von Verblödeten, daran wird man wenig ändern. Aber in einer gesunden Zivilgesellschaft stellen sich die Anderen offensiv gegen diese Verblödeten und verteidigen die Zivilgesellschaft, weil sie sie nicht verlieren wollen. Und das ist derzeit eben nicht mehr so.

  • Soziale Benachteiligungen und besondere Biografien im Osten möchte ich auch nicht ausklammern als Wählermotive.

    Aber mittlerweile glaube ich nicht mehr, wie noch vor wenigen Jahren, dass diese Punkte die Hauptmotive sind.

    Die Gesellschaft ist doch doch rechtsoffener, als ich in meiner linksliberalen Blase für möglich gehalten hätte.

  • Mit "verlaufen" meine ich: Das sind reale soziale Erfahrungen, die sich nicht wegtherapieren lassen. Da hilft auch keine "Aufklärungsarbeit" und da lässt sich nichts wegkuscheln.


    Ganz im Gegenteil: Eine solche Psychopathologisierung wird nur noch mehr als Versuch, die reale gesellschaftliche Spaltung klein zu reden, wegzureden, verstanden. Übrigens, meiner Meinung nach, völlig zu Recht.

    Da bin ich voll bei dir!


    Damit kein falscher Eindruck entsteht: Mir ging und geht es nicht um eine Psychologisierung rechtspopulistischer Wähler/innen, die für sich genommen gewiss ins Leere laufen und die Realität verklären würde.


    Mit Blick auf den letzten Absatz (also das "wegtherapieren") habe ich mich allein auf die Radikalisierten (Rechten, Identitäten etc.) bezogen, die in ihrer Ideologie gefangen sind und damit die Gesellschaft (Institutionen usw.) unterwandern..."wegkuscheln" meine ich aber auch bei diesen nicht und so oder so ließen sich auch dann nur wenige von den Gemeinten wirklich erreichen.

  • Richtig, das eine schließt das andere nicht aus. Die umrissene Polarisierung zwischen "Positionen der AfD" und "sozialer Deklassifizierungserfahrung/-ängsten" sind keine sich gegenseitig ausschließende Alternativen. (Das mit den "Positionen der AfD" steht eher im Kontrast zum Modell der "Protestwähler". Demnach sei dem Protestwähler egal, was er konkret wählt, solange er damit jemand wählen kann, der _nicht_ zur herrschenden Politik gehört. Aber der klassische "Protestwähler"-Ansatz trifft schon lange nicht mehr zu, meine ich. Gerade die AfD war - im Gegensatz zu Republikaner etc. - nie in diesem Sinn eine "Protestwählerpartei", was man gerade an den Anfängen sieht.) Vielmehr wären die oben gegenübergestellten Erklärungsansätze Faktoren auf unterschiedlichen Ebenen der Erklärung, sozusagen.


    Wo ich schneppe zustimme, ist, dass es natürlich immer einen - vormals verdeckten - rechten "Bodensatz" in Deutschland gegeben hat. (Auch, wenn auch anders als im Westen, in der DDR.) Nur ist das für mich an sich überhaupt keine Überraschung. Aber auch das ist wieder eine andere Kategorie, als die der strukturellen Verhältnisse, und nicht etwa ein Gegensatz.

  • Soziale Benachteiligungen und besondere Biografien im Osten möchte ich auch nicht ausklammern als Wählermotive.

    Aber mittlerweile glaube ich nicht mehr, wie noch vor wenigen Jahren, dass diese Punkte die Hauptmotive sind.

    Die Gesellschaft ist doch doch rechtsoffener, als ich in meiner linksliberalen Blase für möglich gehalten hätte.

    Eben. Was mir auch noch auffällt: Ein Hang dazu, sein Heil (pun intended) bei autoritären Führungsfiguren zu suchen und die liberale Demokratie und die pluralistische Gesellschaft für schwächlich zu halten. Die oft auch im privaten Umfeld wie der Familie an autoritäre Umgangsweisen glauben und Aushandlungsprozesse, Kompromisse, gegenseitige Wertschätzung, allseitigen Respekt, Lob, Dankbarkeit, Milde und Barmherzigkeit für Zeichen charakterlicher Schwäche halten.


    Wichtige Ergänzung auch zu den Gruppen, auf denen man ungestört rumhacken oder sie marginalisieren durfte: Missliebige Politiker, Journalisten, überhaupt Vertreter der Zivilgesellschaft. Menschen, die vermeintlich "niedere" Berufe ausüben wie Reinigungskräfte, Müllarbeiter, Supermarktpersonal. Generell: "Gutmenschen". Sich lustig machen oder abfällig äußern über diejenigen, die Empathie zeigen, gesellschaftlich Schwächeren oder Diskriminierten helfen wollen, Brücken bauen, sich für globale Anliegen wie Umweltschutz, interkulturelles Miteinander oder Menschenrechte einsetzen usw.


    Interessant finde ich in dem Zusammenhang auch immer den Narzissmus, dem ich begegne. Opferrollen. Und den Glauben, deshalb auf einer Mission zu sein, auf der der Zweck alle Mittel rechtfertigt. (Übrigens auch ein Grund, warum die AfD so resistent gegen Skandale und menschenfeindliche Äußerungen ihrer Vertreter ist.)


    Ich habe nur Vermutungen, wo das herkommt, aber es ist da. Bei erschreckend vielen Menschen. Nicht alle leiten daraus ab, dass sie AfD wählen müssen, aber vielen macht diese Partei das passende Angebot.

  • Das mit den "autoritären Vorstellungen" halte ich für eine intellektuelle Bankrotterklärung.


    Gesellschaftliche Konflikte in psychologischen Begriffen zu verstehen, gerade in der Opposition zu soziologischem Verstehen, hat noch nie funktioniert. Platt vereinfacht und verharmlost handelt es sich um einen Kategorienfehler.


    Die "Studie zum autoritären Charakter" war immer falsch. Eine haarsträubende Arbeit von Sozialphilosophen, die von Tuten und Blasen der empirischen Sozialforschung keine Ahnung hatten. (Ali Wacker hat die Studie mal nach Strich und Faden methodologisch auseinandergenommen.) Im Grunde ist das eine unterschwellige Dämonisierung des politischen Gegners durch kritische Theorie, und meinem Eindruck nach ist die These genau deswegen nicht totzukriegen, obwohl sie nie dazu beigetragen hat, irgendwas zu verstehen geschweige denn zu verbessern.

  • Das mit den "autoritären Vorstellungen" halte ich für eine intellektuelle Bankrotterklärung.


    Gesellschaftliche Konflikte in psychologischen Begriffen zu verstehen, gerade in der Opposition zu soziologischem Verstehen, hat noch nie funktioniert. Platt vereinfacht und verharmlost handelt es sich um einen Kategorienfehler.


    Die "Studie zum autoritären Charakter" war immer falsch. Eine haarsträubende Arbeit von Sozialphilosophen, die von Tuten und Blasen der empirischen Sozialforschung keine Ahnung hatten. (Ali Wacker hat die Studie mal nach Strich und Faden methodologisch auseinandergenommen.) Im Grunde ist das eine unterschwellige Dämonisierung des politischen Gegners durch kritische Theorie, und meinem Eindruck nach ist die These genau deswegen nicht totzukriegen, obwohl sie nie dazu beigetragen hat, irgendwas zu verstehen geschweige denn zu verbessern.

    Hm, schwierig, hierauf differenziert einzugehen, aber vielleicht ein paar Anmerkungen:


    Autoritäre Charaktereinstellungen begegnen mir regelmäßig, empfinde ich als allgegenwertig, insbesondere im beruflichen Alltag. Sei es beim Energiedienstleister (der Fall gewesen) oder in der kommunalen Jugenarbeit. Beispielsweise wenn Personalmangel nach "unten", also auf die Monteure, ausagiert wird, anstatt sie nach "oben", gegenüber dem Chef, zu kritisieren. Oder wenn der "einfache" Mitarbeiter eine Mail schreibt, die ohne Antwort bleibt, aber sobald der Abteilungsleiter dieselbe Anfrage stellt, von der angesprochenen Person umgehend Antwort kommt. Wenn sich bei der höher (ein)gestellten Person vorgestellt wird, beim "einfachen" Mitarbeiter aber nicht...usw. Dass sich entsprechende Denk- und Handlungsweisen (in verschiedenen Formen) auch in politischen Prozessen zeigen, steht für mich außer Frage (allzumal in einer von Macht-/Herrschaftsverhältnissen und Hierarchien (Status) geprägten Welt).


    Dann sehe ich die von dir genannte "Opposition" nicht wirklich. Ging es (der kritischen Theorie) doch um eine Verknüpfung von historischem Materialismus und Psychonanalyse, also um eine Sozialpsychologie als Gesellschaftstheorie, um zu verstehen, wie es zu den (damaligen) gesellschaftlichen Entwicklungen und menschlichen Dispositionen kommen konnte.

    Besagte Studien ließen das dann insofern vermissen, dass sie die gesellschaftstheoretische Komponente und damit Verknüpfung ausklammerten und es bei individualpsychologischen Untersuchungen und Erklärungen beließen. Sie sind damit nicht falsch (meines Erachtens), aber eben unvollständig. Das lag aber nicht an Adorno, der die Studie(n) noch auf den gesellschaftstheoretischen Punkte brachte.


    PS: Mir hat kritische Theorie jedenfalls sehr dabei geholfen, Gesellschaft, andere Menschen und nicht zuletzt mich selbst (besser) zu verstehen (allen voran Erich Fromm), aber natürlich nicht alleine, da gehör(t)en dann noch viele mehr dazu, insbesondere auch Vertreter*innen klassischer bzw. Politischer Ökonomie, von Soziologie/Sozialwissenschaft, (Foucaults) Diskursanalyse, die ja auch (der Soziologe) Lessenich, der inhaltlich ganz nah bei dir ist, immer wieder (sehr plausibel und verständlich) aufgreift...usw. ;)

  • In eine Diskussion über Kritische Theorie bzw. das Institut für Sozialforschung (insbesondere allgemein) abzugleiten, halte ich an dieser Stelle für kontraproduktiv.


    Mein Punkt war, dass der Topos der "autoritativen Persönlichkeit" wie dafür gemacht ist, von den gesellschaftlichen Verhältnissen zu abstrahieren, zu entkontextualisieren und somit eine Leerformel wird, die Verstehen verhindert. Sogar dann, wenn die Figur ausdrücklich _nicht_ dafür gemacht wurde, sondern von Anfang an eigentlich gerade auf die Bedeutung des gesellschaftlichen Kontextes pochte.


    (Dass dieser mein Punkt nicht deutlich wird, liegt auch daran, dass ich über das Ziel hinausgeschossen bin und eine Anmerkung zur Methodologie gemacht habe, die hier auch nichts zur Diskussion beiträgt. Aber die Studie _ist_ grottig. ;) )


    Zu welchen Schlußfolgerungen die Rede von autoritärer Orientierung führt, zeigt doch gerade Dein letzter Absatz im Beitrag oben, auf den ich mich schon bezogen habe. Weder Bildung noch Aufklärungsarbeit noch Therapie oder irgendwas anderes, was auf Erziehung zielt, werden dies "Problem" lösen, weil es ein Scheinproblem ist.