Politischer Zoff-Thread oder so

  • Es ging mir darum, was Sonneborn selber denkt.


    Nun verfolge ich die Partei ja nicht eng genug, um das wirklich zu beurteilen, aber: Schaue ich mir die Klientel an, wäre die überwiegend dem früher als "hedonistisches Milieu", alternativ auch als "(links)-alternatives Milieu" zuzuordnen, sachichmal. Also definitiv eher auf der linken Seite des gesellschaftlich-politischen Spektrums. (Rechte haben ja bekanntlich keinen Humor. Wie das bei Linken aussieht, ist weiterhin unerforscht.)


    Wäre das so richtig, fäne ich auffällig, dass sich DIE PARTEI um jede explizite politische Positionierung drückt. Und das, obwohl deren Wählerschaft den Promille-Bereich ja deutlich hinter sich gelassen hat. Das finde ich interessant. Strukturell scheint mir die Ablehnung des politischen Betriebes, wie die Partei sie praktiziert, tatsächlich eher in Nähe zu rechts-konservativen Positionen zu stehen.


    Unter Umständen definiert sich Sonneborn als "post-politisch" oder irgendso einen Quark. Und ich könnte mir vorstellen, dass er Dir zustimmen würde, aber momentan ist das für mich Spekulation. In jedem Fall bekomme ich nicht mit, dass die Partei irgenwelche Diskussionen anstossen würde, die erhellend sind. (Nehmen wir das Beispiel des Tweets: Das ist pures, billiges Ressentiment. Wenn Sonneborn etwas gegen diese Strukturen machen will, wo war er dann bei den Panama- oder Paradise-Papers? Warum nutzt er seine Position in Europaparlament und der Medienlandschaft nicht, um Entgegenzuwirken, dass sowas kurz Schlagzeilen macht und dann aber unter 'ferner liefen' untergeht?)

  • In jedem Fall bekomme ich nicht mit, dass die Partei irgenwelche Diskussionen anstossen würde, die erhellend sind. (Nehmen wir das Beispiel des Tweets: Das ist pures, billiges Ressentiment. Wenn Sonneborn etwas gegen diese Strukturen machen will, wo war er dann bei den Panama- oder Paradise-Papers? Warum nutzt er seine Position in Europaparlament und der Medienlandschaft nicht, um Entgegenzuwirken, dass sowas kurz Schlagzeilen macht und dann aber unter 'ferner liefen' untergeht?)

    Das ist ungefähr das, worauf ich hinaus wollte. Da wird mit Tweets und Videos und Auftritten im Parlament immer mal drauf gezeigt, dass irgendwas eventuell nicht so ganz rund läuft, aber dann kommt nichts mehr. Keine Conclusio, keine eigene politische Agenda, nichts. Dabei gäbe es da aufgrund es mittlerweile durchaus vorhandenen Wählerpotenzials definitiv Luft für.

  • Was hat der arme Mann dir denn getan?


    Ganz konkret infiziert er Leute, die mir erzählen wollen, wie schlau sie sind und das System durchblicken und deswegen Partei gewählt haben. Hallo? Semmelbrot, oder wie er heißt, kommt in's Europaparlament und Varoufakis nicht? Spacken.


    Allgemeiner ist die Partei der institutionalisierte Ausdruck der Schizophrenie, die das Hauptproblem dieser Gesellschaft ist und deren Formel lautet: "Der Kapitalismus/das Parteiensystem ist Scheiße, ja, aber ich habe es erkannt und bin schlauer und kaufe Bio/wähle die Partei!". D.h. es erlaubt einem, die Gesamtscheiße de facto mitzutragen und sich trotzdem toll vorzukommen.

  • Mach dir keine Sorgen um DIE PARTEI.


    Die Generation Youtube wächst und wächst dermaßen, dass sich sowohl links, Mitte und rechts oder wer auch immer in 4-5 Jahren Gedanken machen müssen, ob Sie die 5 % knacken (Ok, vielleicht ein bisschen übertrieben).


    Da geht es dann eher nach Haarfarbe oder danach, wer die meisten Follower hat.

  • Was hat der arme Mann dir denn getan?


    Ganz konkret infiziert er Leute, die mir erzählen wollen, wie schlau sie sind und das System durchblicken und deswegen Partei gewählt haben. Hallo? Semmelbrot, oder wie er heißt, kommt in's Europaparlament und Varoufakis nicht? Spacken.


    Allgemeiner ist die Partei der institutionalisierte Ausdruck der Schizophrenie, die das Hauptproblem dieser Gesellschaft ist und deren Formel lautet: "Der Kapitalismus/das Parteiensystem ist Scheiße, ja, aber ich habe es erkannt und bin schlauer und kaufe Bio/wähle die Partei!". D.h. es erlaubt einem, die Gesamtscheiße de facto mitzutragen und sich trotzdem toll vorzukommen.

    Ich meinte Hegel :ahnungslos:

  • P-King: Und genau dabei ist die Partei ja Vorreiter.


    Aber in einem stimme ich nicht zu: Rechts wird weiter wachsen. Rechtspopulismus heißt: Den Unmut wider das System für die Erhaltung des Systems nutzen. Trump ist das beste Beispiel. Das System ernährt sich von seiner eigenen Scheiße, quasi eine Magensonde, die direkt vom After gespeist wird.


    Meine These: Die Partei ist das entsprechende Gegenstück auf der linken Seite des politischen Spektrums. (Die Grünen wäre das äquivalent in der Mitte der Gesellschaft.)

    Fanta: Mich erleuchtet.

  • weckt das in mir ein kleines bisschen Neugier, ob die Frau (von der Leyen) [..] nicht auch in Europa ein bisschen für Unruhe sorgt.

    also die partei die partei ist beinahe rechtspopulistisch und nicht radikal genug, aber wir hoffen mal (ein kleines bisschen) darauf, dass von der leyen die eu demokratisiert?


    tipp: würde mit dem ausdruck schizophrenie (#39.999) etwas aufpassen.


    die partei hat dafür, dass sie vielerorts gar nicht oder nur schwach existiert, also eigentlich eine internetpartei ist, flächendeckend beachtliche ergebnisse erzielt. das ist neu (internetz) und für tapfere parteisoldaten sicher nicht leicht verdaulich. lt. partei hat sie übrigens deutschlandweit mehr erstwähler abgegriffen als die spd, vielleicht ist der generationenunterschied da dann auch schon zu groß, um das zu verstehen? ich bin mir sicher, dass sie grundsätzlich als aufklärerisch wahrgenommen wird, sich aber auch bewusst sind, dass sie verdammt klein sind.


    und natürlich hätte ich lieber varoufakis als sonneborn oder semsrott im parlament gesehen, aber hä? was willst du daran sonneborn vorwerfen? sollen sie zum sturm auf die bastille aufrufen? was kann die partei von von der leyen lernen?

  • Alter! Bewußt aus dem Kontext gerissene und verzerrende Zitate hätte ich von Dir jetzt nicht erwartet.


    Wenn das schon so losgeht, brauchen wir gar nicht diskutieren.


    EDIT: Aus unerfindlichen Gründen gerade mit Schneppe verwechselt. Vielleicht hätte ich weniger Medikamente schnüffeln sollen.

  • das war nicht meine absicht, deine vorsichtigen hoffnungen auf strukturelle verbesserungen an von der leyen zu verknüpfen hat mich aber ebenfalls überrascht :) und im gesamtbild scheint es wenig konsistent.


    ich denke, dass die partei die großen vorbehalte gegenüber linker politik als selbst inszenierte spaßpartei überwinden kann und deutlich größere aufmerksamkeit mit den selben inhalten schaffen kann. höchst fraglich ist ja auch, ob sie die sperrklausel (3%? 5%?) bei den kommenden eu-wahlen überspringen kann oder sie dann (noch) bedeutungslos(er) wird.


    schau dir gerne mal das abstimmungsverhalten an, ich vermute, dass es deinen vorstellungen nicht allzu weit entfernt sein wird. und da das eu-parlament nun wahrlich nicht die ausgeburt der demokratie ist, sehe ich das vielleicht auch nicht so bierernst wie die umstände es erfordern würden.

  • Eigentlich denke ich, alle Deine Fragen schon beantwortet zu haben, bevor Du gefragt hast.


    Weder meinte noch schrieb ich, dass ich irgendwelche Hoffnungen auf "strukturelle Verbesserungen" in vdL setze. Vielmehr hoffte ich, dass sie eher als alle anderen Diskutierten eventuell Eigensinnigkeit in's Getriebe einbringen kann.


    Ich verfolge Bundespolitik und vdL nicht so intensiv, ich kann mich da durchaus täuschen.


    Auch zur Partei habe ich - vielleicht zu knapp - begründet, was mich daran stört.


    Mich kotzt insbesondere genau an, wie Sonneborn und Semsroth das Parlament, in welchem sie sitzen, diskreditieren. Dabei ist völlig unerheblich, wie demokratisch dieses Parlament ist. (Entsprechend interessiert mich übrigens das Abstimmungsverhalten.) Es ist eine Bühne, die man nutzen könnte, für tatsächlich politische Inhalte. (S.o.) Gerade als jemand aus den Medien, wie die Partei. Und das nutzt sie ja auch, nur leider komplett reaktionär. Was die Partei macht, ist letztlich nichts anderes, als Ressentiment schüren.


    Gegenfragen:


    - Wußtest Du, dass Varoufakis für uns wählbar war?

    - Hast Du ihn gewählt?

  • es fällt mir schwer, mich ernsthaft mit personellen debatten aus der evp auseinanderzusetzen. vdl's tätigkeit als ministerin hat sich vor allem für pwc und mckinsey ausgezahlt. korrupt ist korrupt bleibt korrupt und muss auch so bennant und behandelt werden.


    Ich habe deinen vorwurf bezüglich mangelnder progressivität der partei gegenüber jetzt jedenfalls verstanden. hast da sicher auch recht mit. die aufklärung über die parallelgesellschaft brüssel vermittelt me dennoch, dass es anders sein müsste/ anders gehen könnte. zumindest hat sonneborn da einige missstände in eine breitere öffentlichkeit tragen können.


    will ja auch gar nicht dazu aufrufen, die partei zu unterstützen, nur deren daseinsberechtigung erläutern.


  • Nähme man Dich beim Wort und Sonneborn (zitierter Tweet) ernst, wären alle Kandidaten korrupt und wir müssten Guillotinen bauen.


    Dummerweise ist Sonneborn extrem wichtig, dass er nicht sooo ernst genommen wird.


    Ich komme mir langsam etwas komisch vor. Vielleicht schreibe ich so deutlich, dass da ein Widerstand einsetzt, das zu verstehen? Ich werfe der Partei nicht mangelnde Progressivität vor, ich werfe ihr vor, dass ihre bloße Existenz eine Perversität ist.


    Aufklärung wäre die Arbeit von Journalisten, und damit von Sonneborn. Tatsächlich gibt es überall und allenorts Berichte darüber, wie Europa funktioniert, über Verschränkungen mit der Wirtschaft, über Korruption und Schattenwirtschaft. Sonneborn trägt - z.b. mit seinem zitiertem Tweet - null komma nichts zur Aufklärung bei. Besser wäre es, er würde z.B. seriösen Journalismus darüber eine Bühne geben und verständlich darstellen, als Lagarde - die ich nicht verteidigen möchte - mittels eines Zerrbildes darzustellen, welches an antisemitische Zerrbilder erinnert.


    Dasselbe mit Semsroth, von dem mir einer dieser oberschlauen Parteikader erzählte, er würde ja aufdecken, dass das EU-Parlament eine Lachnummer sei. Wie wär's, wenn die Spitzenkandidaten der Partei mal anfangen, die Medien zu verfolgen? Dann würden sie feststellen, dass nichts davon neu ist. Es wird nur nicht diskutiert. Und die diskutieren das auch nicht, aus Angst, sich zu positionieren. Die schüren inhaltsleer Ressentiments. Das ist meine Meinung. Die Partei hat keine Daseinsberechtigung _außer_ für den Fortbestand dieses Systems. Exakt wie Trump.


    Du hast meine Fragen nicht beantwortet.


    - Wußtest Du, dass Varoufakis für uns wählbar war?

    - Hast Du ihn gewäht?

  • doch, siehe spoiler!


    habe nie guillotinen gefordert, würde aber arbeitsplätze schaffen...

    Tatsächlich gibt es überall und allenorts Berichte darüber, wie Europa funktioniert, über Verschränkungen mit der Wirtschaft, über Korruption und Schattenwirtschaft.


    [...]


    Wie wär's, wenn die Spitzenkandidaten der Partei mal anfangen, die Medien zu verfolgen? Dann würden sie feststellen, dass nichts davon neu ist.

    ja. tatsächlich haben aber bei der eu-wahl in deutschland über 80% so abgestimmt als würden sie davon nichts wissen. was soll man dazu sagen? scheint ja doch so zu sein, dass ein erheblicher gap zwischen vorhandener information und kollektivem bewusstsein besteht. und daran arbeiten verschiedene strömungen mit verschiedenen ansätzen. muss man nicht alle gut finden, zähle die partei aber- wie bereits erläutert- dazu. dass du das nicht so siehst, habe ich verstanden. verabschiede mich auch erstmal, die sonne lacht :blume:


    einen sehr vereinfachten, aber aufgrund der guten vergleichbarkeit trotzdem nützlichen positionsvergleich der parteien gibt es hier. es macht für abstimmungsergebnisse marginalen unterschied, ob du da leute von der partei, der linken oder diem25 drin sitzen hast. und ich würde die schnittmenge zwischen den potentiellen wählern der partei und varoufakis nicht überschätzen- der hat hier sehr wenig reichweite gehabt jedenfalls. ;)

  • Den Spoiler habe ich tatsächlich übersehen. Ich gebe der neuen Forensoftware die Schuld.


    ναί. ναί.

    gerade wenn einem im achsowissenschaftlichem studium die politik der wunderbaren ezb eingebläut wird, bleibt da nichts anderes übrig.


    An meinen Busen, Genosse!


    Aber: Informationsmangel ist keine Erklärung! (Und schon gar keine Entschuldigung für Hetze, das wäre dasselbe, was die Rechten machen.) Bekannt ist das, berichtet wird drüber, aber dann wird die Partei gewählt, damit man sich drüber amüsieren kann.


    Das ist die Berlusconisierung von Politik. Wie bei Trump.


    In Bezug EU hat Varoufakis himself deutlich bessere Arbeit geleistet, was Aufklärung angeht, als Sonneborn. (Gestünde man letzterem überhaupt was zu.)


    Wie wäre es, Sonneborn setzte seine Medienmacht ein, um z.B. im Vorfeld der Europaparlamentswahl ein "TV-Duell" oder ähnliches mit Varoufakis zu machen? Dann könnte er tatsächlich politische Inhalte vermitteln, gleichzeitig die EU kritisieren und dazu noch die Information unter's Volk bringen, dass es eine neue paneuropäische linke Wahloption gibt? Denn: Einer der parteiwählenden Fuzzies hat mir bei unserem Gespräch z.B. mitgeteilt, dass er nicht gewußt hätte, dass Varoufakis als _deutscher_ Spitzenkandidat von Diem25 angetreten ist und hätte er das gewußt, hätte er ihn gewählt.


    (Andere Parteiwähler haben mich auf die Frage, ob sie das gewußt hätten, nur stumpf angeguckt. Aber bevor ich den Unterschied zwischen Alexis Sorbas und Varoufakis erkläre, habe ich sie gleich abgeschrieben.)


    Dem Vergleich in deinem letzten Absatz verwehre ich mich entschieden. Aber begründen muss ich das nicht nochmal, denke ich.

  • Habe ich doch oben geschrieben?


    _Wenn_ er was nützliches hätte tun wollen, _hätte er_ in sein Politikspektakel sinnvolle, zielgruppengerechte Informationen einbauen können.


    _Statt_ darüber zu "informieren", wie kaputt die Instititution ist, in die er sich wählen lässt, _könnte er_ zielgruppengerechte Lösungsansätze von Leuten, denen das wirklich was ausmacht und die sich Gedanken dazu machen, an den Mann bringen.


    All das wird er aber nicht tun. Weil eben die Vermeidung politischer Positionierung zentraler Bestandteil der Partei ist, in dem Sinn, dass diese wohlige Gefühl entsteht, dass man achsoschlau den Wahnsinn durchschaut, noch dazu gemeinschaftlich mit anderen, aber das keine Konsequenzen hat.