ZDF: Ralf Rangnick "Mein Verhältnis zu Ewald

  • "Mein Verhältnis zu Ewald
    Lienen ist sehr gut"
    S04-Trainer Ralf Rangnick
    im Gespräch mit ZDFonline
    Drei Tage nach dem Bundesliga-Duell zwischen Schalke und Hannover kommt es zum Wiedersehen der beiden Clubs im DFB-Pokal (ab 20.15 Uhr live im ZDF). Im Interview mit ZDFonline spricht Schalkes Trainer Ralf Rangnick über seinen Disput mit Kollege Lienen und angebliche finanzielle Probleme bei S04.
    von Markus Schmidt, 01.03.2005
    --------------------------------------------------------------------------------
    ZDFonline: Herr Rangnick, was unterscheidet den FC Schalke 04 von Hannover 96?
    Ralf Rangnick: Wir haben in der Bundesliga 15 Punkte mehr und haben in der Qualität des Kaders mehr Möglichkeiten als Hannover 96. Bei Schalke merkt man, dass der Verein schon lange Jahre in der Bundesliga spielt, was uns strukturell einen gewissen Vorsprung verschafft. Hannover war vor meiner Zeit 13 oder 14 Jahre nicht einmal in der ersten Liga, sondern über Jahre hinweg nur drittklassig.
    ZDFonline: Im Ligaspiel gegen 96 hat Schalke trotz des Sieges nicht recht überzeugt. Was muss sich ändern?
    Rangnick: Wir haben sehr unpräzise gespielt, alles eine Folge des Spiels vom Donnerstag gegen Donezk. Heute wird das ein ganz neues Spiel, mit ein paar frischen Spielern auf unserer wie auch auf Hannovers Seite. Vor allem für Hannover wird der Druck größer. Dort hat man die Bundesliga zwar nicht direkt abgehakt, aber doch gesagt, nach oben kommen wir eh nicht mehr, also konzentrieren wir uns auf den Pokal.
    ZDFonline: In der Pressekonferenz nach dem Spiel gegen 96 am Sonntag gab es einen kurzen Disput mit Hannovers Trainer Ewald Lienen. Wie ist Ihr Verhältnis zu Ewald Lienen?
    Rangnick: Sehr gut. Wir haben uns immer ausgetauscht. Auch als er mein Nachfolger wurde, haben wir das getan und uns eine Stunde lang sehr gut unterhalten. Das wird auch so bleiben. ZDFonline: Wie kam es dann zu der Meinungsverschiedenheit? Ewald Lienen trat als Nachfolger des beliebten Ralf Rangnick in Hannover ein schweres Erbe an Rangnick: Im Fernseh-Studio waren wir uns noch einig, dass die Situation mit Hannovers Stürmer Paunovic kein Elfmeter war. In der Pressekonferenz hat Ewald dann aber noch einmal vehement darauf hingewiesen, dass es ein ganz klarer Elfmeter war. Da habe ich mir erlaubt, darauf hinzuweisen, dass wir auch einen Elfmeter hätten bekommen müssen. ZDFonline: Kürzlich war von massiven finanziellen Schwierigkeiten bei S04 die Rede. Hat Sie das beunruhigt?
    Rangnick: Nein, aber wenn zwei Tage vor so einem wichtigen Spiel wie gegen Donezk so eine Diskussion losgetreten wird, ist das nie gut. Das hatte zwar nichts mit dem Ausgang des Spiels zu tun, aber man hat auch an Dortmund gesehen, wozu so etwas führen kann. Ich muss da im Nachhinein Dortmunds Trainer Bert van Marwijk ein großes Kompliment machen. Er hat das absolut professionell gemacht und sich nie darüber beklagt, sondern sich auf seinen Job konzentriert. Und das war beileibe nicht immer leicht.
    ZDFonline: Also hat so eine Diskussion schon Auswirkungen auf die Leistung?


    Rangnick: Eine Fußballmannschaft ist ein sensibles Gebilde. Es ist ohnehin schon schwer als Trainer, alles immer unter einen Hut zu bekommen: die verschiedenen Charaktere, Altersunterschiede, unterschiedliche Kulturkreise und Nationen, verschiedene Bildungsgrade. Es gibt keine Mannschaftssportart auf der Welt, in der so heterogene Charaktere zusammenspielen.
    ZDFonline: Dass riskantes Management zu großen Problemen führen kann, zeigte der sprichwörtliche Fall des BVB. Aber auch Schalke bekennt sich zu "Risiko"-Management. Muss man heutzutage wirtschaftlich auf der Rasierklinge tanzen, wenn man mit den Bayern mithalten will? Zitat
    Wenn man Spieler wie Bordon, Lincoln, Ailton, Kristajic und jetzt Fabian Ernst verpflichtet, dann holt man diese Spieler ja nicht, damit man am Ende Achter oder Neunter wird.
    Ralf RangnickRangnick: Das glaube ich nicht. Man muss vor allem aufpassen, dass man nicht zwei oder drei Schritte auf einmal macht. Das ist jetzt leicht gesagt, schließlich hatte Dortmund damals durch den Erfolg in der Champions League und durch die deutschen Meisterschaften Blut geleckt. Und die Kirch-Krise war in dieser Form auch nicht vorhersehbar. Dann kamen für den BVB die Schlüsselerlebnisse mit Cottbus, ein Jahr später mit Brügge, als man zwei Mal die Champions League verpasst hat. Wenn man gleichzeitig teure Spieler unter Vertrag hat und die weiter bezahlen muss, dann kommen sehr schnell Probleme auf. Wir sind uns in Schalke der Verantwortung bewusst, dass wir Schritt für Schritt vorgehen müssen. Lieber dauert es ein oder zwei Jahre länger, bevor wir uns da oben etablieren können. ZDFonline: Für Trainer und Spieler geht es ja immer darum, erfolgreich zu sein. Aber in Schalke scheint mittelfristig die ganze Existenz des Vereins davon abzuhängen... Rangnick: Das habe ich so von Vereinsseite noch nie gehört. Klar ist aber auch: Wenn man Spieler wie Bordon, Lincoln, Ailton, Kristajic und jetzt Fabian Ernst verpflichtet, dann holt man diese Spieler ja nicht, damit man am Ende Achter oder Neunter wird. Damit sind schon bestimmte Ziele und Erwartungen verbunden. Wenn die dann über einen längeren Zeitraum nicht erfüllt werden, muss man sich fragen, ob man die richtigen Leute geholt hat. Oder aber, ob der richtige Trainer an Bord ist.