Unglaubliche Schlagzeilen

  • So viel kleiner war das Patrouillenboot wohl gar nicht (habe von 80 Metern gehört, die Resolute ist 123 Meter lang). Aber in tropischen Gewässern rechnet man vielleicht nicht unbedingt damit, einem Eisbrecher der höchsten Klasse zu begegnen. Auf Bildern sieht das auch aus wie ein ganz normales Kreuzfahrtschiff (für mein Laienauge jedenfalls).

  • Der Spiegel war zwar unfähig, auch nur die verlinkte Pressemitteilung richtig zu übersetzen, aber das Ganze bleibt bizarr, auch wenn man sich ein paar Quellen aus dem maritimen Bereich (Link zu „The War Zone“) anschaut. Mal sehen was da noch kommt.


    Das unter Portugiesischer Flagge fahrende Kreuzfahrtschiff (deutscher oder kanadischer Eigner, je nach Quelle), trieb entweder knapp in (so Venezuela) oder knapp außerhalb (lt PM der deutschen Zentrale) der 12 (maritimen) Meilen-Zone vor der venezuelischen Küste. Dort will man, nach der deutschen Stellungnahme (mit 35 Mann Besatzung, aber ohne Passagiere) Wartungsarbeiten an einem von zwei Antrieben durchgeführt haben.


    Nach Behauptung (oder Befürchtung) des Regimes in Caracas hat man jedoch Böses im Schilde geführt, irgendwas Richtung Spionage oder Terrorismus oder so.


    Wer auch immer nun wirklich an Bord war - mit welcher Nationalität, welcher Ausbildung und/oder welchem (Zusatz-)Auftrag im Einzelnen - wissen wir natürlich nicht, überwiegend sollen es wohl Deutsche gewesen sein. (Es gibt in der Geschichte aber auch noch eine „portugiesische Komponente“, siehe Link oben.)


    Abgesehen davon, dass sich Venezuela seit langem im Propagandakrieg mit fast allen anderen Staaten befindet, insbesondere mit den Vereinigten und deren Alliierten, weshalb man die Worte generell nicht auf die Goldwaage legen sollte, sind sie doch wichtig für das kommende Verfahren. Denn auch innerhalb der 12 Meilen darf man eigentlich Schiffe auf ihrem normalen Kurs nicht behelligen (Right of Innocent Passage).


    Was mögen die Motive gewesen sein?

    Überwiegend wird der Versuch einer Entführung vermutet, Shipnapping, das boomte ja ne Zeitlang an der afrikanischen Ostküste. Klassisch machen das gut bewaffnete und im Kapern erprobte Piraten. Hin und wieder versuchen das halt auch finanzschwache Regimes. Die Eigner werden schon zahlen. Das klappt natürlich nur erfolgreich, wenn das Entführungsopfer halbwegs wehrlos ist und sich auch entern lässt. Außerdem muss das gekaperte Schiff natürlich halbwegs ganz bleiben, um eine ordentliche Summe zu erzielen.


    Meine Vermutung ist, dass hier zusätzlich eine Mischung aus Größenwahn und Triebstau auf der Brücke des vergleichsweise (1,8 zu 8,5 BRT) kleinen Patrouillenboots zu dem grotesken Versuch geführt haben, das, als Eisbrecher der höchsten Schutzklasse (!) zertifizierte (was man sicher auch in Venezuela in Minuten hätte ermitteln können), Kreuzfahrtschiff zu rammen und auf Kurs Richtung Hafen zwingen zu wollen (selbst wenn man gehofft haben sollte, es sei aufgrund Maschinenschadens manövrierunfähig). (Das wäre auf der Straße der Versuch eines VW Polo einen gepanzerten 5-Tonner zu zwingen).


    OT: Kleiner „Fun“-Fact am Rande. Venezuela hatte sich ursprünglich eine kleine Flotte dieser spanischen Patrouillenboote zulegen wollen, um Drogenschmuggler zu kontrollieren. Sie hatten bisher ganze drei Stück dieser modernen Boote, Nr. 4 „Hugo Chávez“ wurde schon nicht mehr ausgeliefert. Nun sind es nur noch zwei. (Und die haben, zynischen Gerüchten zufolge, nicht mehr viel zu tun, seit die Drogen - auf noch schnelleren Booten - im Staatsauftrag transportiert werden.)

    Einmal editiert, zuletzt von 94-95-96 ()

  • Naja, es geht beim Kapern weniger um das Schiff, sondern um das Leben der Besatzung.

    Und ich halte eine Erpressung mit einem staatlichen Fahrzeug doch für recht abenteuerlich.


    Die Theorie scheint mir vergiftet (ohne da jetzt weiter was zu gelesen zu haben).

  • Hm, ich habe heute morgen eine etwas andere Darstellung dieses Vorfalls gelesen (in den letzten beiden Absätzen dieses Artikels):


    //www.jungewelt.de/artikel/375805.us-aggressionen-gegen-venezuela-zerst%C3%B6rer-vor-caracas.html

    Es ist m. E. sehr wichtig, in der deutschen Presselandschaft auch ein bewusst (einseitig) antikapitalistisches Organ zu finden. Und immer mal wieder haben sie erfrischende Berichte und Kommentare im Blatt (auch wenn die Kategorien bisweilen nicht gut zu trennen sind) - nicht zuletzt im Sport.

    Aber dann wieder klingt es, als seien sie immer noch ein „Zentralorgan“.


    Es muss doch möglich sein, die andere Position stark zu machen, ohne die journalistische Professionalität auf den letzten Metern zu verlieren. Sie tragen kompetent alle Zitate zusammen, die die amerikanischen politischen und militärischen (im Jargon „imperialistischen“) Absichten verdeutlichen (sollen). Bei der Darstellung der Position des Volkshelden Maduro und seiner Leute aber sind alles scheinbar objektive Fakten, ja man trägt selber zur Legendenbildung bei.


    „(...) Der Staatschef äußerte sich auch zu einem Zwischenfall, bei dem ein unter portugiesischer Flagge fahrendes Kreuzfahrtschiff am Montag vor der Insel La Tortuga ein venezolanisches Marineschiff gerammt und versenkt hatte. Die »MS Resolute« der bereits im Januar in Konkurs gegangenen kanadischen Gesellschaft »One Ocean« hatte nach der Kollision den Hafen von Willemstad in Curaçao angelaufen, ohne die 44 Schiffbrüchigen von Bord des gesunkenen Marinebootes zu retten. (...)“


    Was bitte spricht dafür, dass der Kreuzfahrer das Patrouillenboot gerammt (und versenkt hat)?

    Abgesehen davon, dass das die lustig gemeinten ersten Meldungen aus der „navel world“ waren

    („Cruise ship sunk Venezuelan Navy ship after being fired at and rammed. Don’t mess with RESOLUTE.“)

    (Und ähnliche Meldungen. Ich will diese unseriösen Quellen hier bewusst nicht verlinken.)


    Und zu der Frage der Schiffbrüchigen gibt es ja nun auch ganz unterschiedliche Darstellungen. Zunächst hatte man in Venezuela behauptet, der Kreuzfahrer habe sich “kriminell“ und “feige“ verhalten, sei einfach weiter gefahren und habe sich nicht um die Schiffbrüchigen gekümmert. Nun lässt ließ sich relativ einfach belegen, dass die Resolute gar nicht fuhr, als sie gerammt wurde und eine Stunde dort verblieb, bevor sie, in Absprache mit der Rettungsstation auf Curaçao, dorthin weiterfuhr.


    Naheliegend wäre, dass die Mannschaft des Patrouillenboots, zumindest aber deren Kapitän (und sei es auf Befehl seines Kommandeurs), lieber von der eigenen Marine gerettet werden wollten, als ausgerechnet von dem Schiff, dass Sie zuvor gerammt und mutmaßlich zu entführen versucht hatten. Dort an Bord genommen, wären sie mutmaßlich nach Willemstad gebracht und eventuell auch verhaftet worden.

  • Ein venezolanisches Marineschiff hat ein deutsches Kreuzfahrtschiff in internationalen Gewässern gerammt und ist gesunken.

    Das wirklich Unglaubliche an der Schlagzeile ist doch, dass offenbar immer noch Schiffe der Marine Venedigs verkehren. Weniger unglaublich ist dann, dass dieses Schiff gesunken ist, muss ja schließlich schon ein paar Jahre alt sein.:ichmussweg:

  • Erster deutscher Sieg auf See seit xy Jahren und die N11-hater müssen natürlich daran herumkritteln. :mundzu:

    Überflüssiges Fußballwissen: Merkwürdigerweise ist Venezuela m.W. das einzige südamerikanische Land, gegen das die DFB-Auswahl noch nicht angetreten ist (die DDR allerdings schon).

  • Touché.


    Edit: Die DDR-Fußballer galten ja als "Weltmeister der Freundschaftsspiele" und haben viele, oft auch namhafte Teams weggehauen; nur in den Qualis, und zwar solange es noch um etwas ging, haben sie bis auf die zur WM 74 immer den kürzeren gezogen (Olympia mal außen vor). Selbst das Hamburger 1:0 gegen den späteren Weltmeister war ja ein besseres Freundschaftsspiel, da beide bekanntlich schon für die nächste Runde qualifiziert waren.

    2 Mal editiert, zuletzt von 4no1 ()

  • Touché.


    Edit: Die DDR-Fußballer galten ja als "Weltmeister der Freundschaftsspiele" und haben viele, oft auch namhafte Teams weggehauen; nur in den Qualis, und zwar solange es noch um etwas ging, haben sie bis auf die zur WM 74 immer den kürzeren gezogen (Olympia mal außen vor). Selbst das Hamburger 1:0 gegen den späteren Weltmeister war ja ein besseres Freundschaftsspiel, da beide bekanntlich schon für die nächste Runde qualifiziert waren.

    Apropos Schiffe versenken: Ist das Z...haus eigentlich jetzt dicht?

    (Aufgrund der aktuellen dynamischen Entwicklungen zum Coronavirus (COVID-19) sind zur effektiven Verlangsamung der Ausbreitung des Coronavirus in allen Bereichen weitere Maßnahmen erforderlich. Daher kann der Gerichtsbetrieb des Amtsgerichts XY bis auf Weiteres nur eingeschränkt gewährleistet werden.)

  • Selbst das Hamburger 1:0 gegen den späteren Weltmeister war ja ein besseres Freundschaftsspiel, da beide bekanntlich schon für die nächste Runde qualifiziert waren.

    das ist wirklich neu für mich

    Am Morgen noch nicht, aber beim Anpfiff schon, da Chile gegen die Aussies am Nachmittag nicht gewinnen konnte. In dieser Gruppe wurden die beiden letzten Kicks noch nicht zeitgleich gespielt. Eine solche generelle Regelung bei WM und EM folgte erst auf Gijon ´82.