Werder ist abgehakt – volle Kraft voraus mit Hannover 96
Jetzt arbeiten sie wieder in einem Verein – Frank Fahrenhorst trifft bei Hannover 96 auf seinen alten Trainer. Für Peter Neururer ist der Blondschopf „einer der besten deutschen Innenverteidiger“ und der „ideale Ersatz“ für den zu Werder Bremen gewechselten Per Mertesacker. Bereits in Bochum arbeiteten die beiden drei Jahre lang sehr erfolgreich zusammen. Fahrenhorst führte den VfL mit überragenden Abwehrleistungen und immerhin sieben Saisontreffern in sensationeller Art und Weise in den UEFA-Cup, wechselte anschließend nach Bremen.
Auch beim SV Werder überzeugte er zunächst, ehe ihn diverse Verletzungen zurückwarfen. Nur 16-mal kam er in der Bundesliga-Saison 2004/2005 zum Einsatz, lediglich sechs Einsätze kamen in der Hinrunde der vergangenen Spielzeit hinzu. Doch dann wurde aus dem vermeintlichen Fehleinkauf doch noch eine Verstärkung. Fahrenhorst erkämpfte sich einen Stammplatz und absolvierte alle 17 Rückrundenspiele. Das Manko: Seine alte Torgefährlichkeit war dahin, er erzielte nur einen Saisontreffer.
Am 5. August lief er zum letzten Mal für Werder auf, bot im Ligapokalfinale gegen den FC Bayern (2:0) eine starke Leistung. Fahrenhorst musste trotzdem gehen – nicht alle in Bremen freuen sich darüber. „Das Zusammenspiel mit Naldo war sehr gut. Schade, dass wir ihn verlieren“, sagt Frank Baumann. Der Werder-Kapitän beschreibt Fahrenhorst als „Kämpfer, der sich nie hängen lässt“, und er ist überzeugt davon, dass 96 viel Freude an dem neuen Innenverteidiger haben wird. „Er ist ein Führungsspieler, gibt Kommandos, dirigiert gut. Und er ist vom Typ her absolut top“, sagt Baumann.
Seit Mittwoch dieser Woche konnten sich 96-Fans auf dem Trainingsplatz ein erstes Bild vom mittlerweilen siebten Neuzugang der „Roten“ machen. Fahrenhorst selbst ist die Erleichterung anzumerken, dass der Wechsel endlich über die Bühne gegangen ist. „Ich bin froh, dass es wieder um Fußball geht“, sagt er. Mit guten Leistungen will er zeigen, dass 96 für ihn der richtige Verein ist – und jene eines Besseren überzeugen, die ihm noch skeptisch gegenüberstehen. Florian Krebs
Mit den besten Empfehlungen von Lothar Matthäus
Guter Einstand bei Hannover 96? Da antwortet Neuzugang Szabolcs Huszti kurz und knapp: „Harte Vorbereitung.“ Aber er verträgt die Härte gut. Der 23-jährige Ungar hat auf dem Trainingsplatz der „Roten“ von der ersten Übungseinheit an gezeigt, dass er nicht nur mitlaufen, sondern voll mitziehen will. Energisch im Antritt, kompromisslos im Einsatz, mit Druck nach vorn, aber nicht zu fein für die Arbeit nach hinten. Das wird bemerkt: Als die „Roten“ während des österreichischen Trainingslagers im Testspiel gegen SSC Neapel einen Strafstoß zugesprochen bekamen, legte Routinier Michael Tarnat für Neuling Huszti den Ball auf den Punkt. Der Ungar zuckte keinen Augenblick und schoss den Ball mit Millimeterpräzision unhaltbar ins Eck. Nur ein Beispiel für die Leistungen, mit denen Huszti als einer der ersten der Neuzugänge deutlich machen konnte, dass er kein Kandidat für die Bank, sondern für die Startelf von Trainer Peter Neururer ist.
Für eine geschätzte Ablöse von rund 300 000 Euro ist Huszti vom französischen Erstliga-Absteiger FC Metz nach Hannover gekommen. Er folgte damit auch einer Empfehlung des jetzigen Salzburger Trainers Lothar Matthäus, der Huszti einst in die ungarische Nationalmannschaft berief. „Matthäus hat uns immer gesagt, dass wir versuchen müssen, uns in den Fußballligen Westeuropas durchzusetzen“, erklärt der Neue bei den „Roten“. Nach 17 Länderspieleinsätzen für Ungarn und fünf im Nationaldress erzielten Toren ist er jetzt heiß auf die Bundesliga, die nach seiner Einschätzung „eine der schwersten Ligen überhaupt“ ist.
Er will sich durchsetzen. Und darauf hoffen auch die 96-Mitspieler: Sturmpartner wie Vahid Hashemian loben seine Flanken, auf die sie angewiesen sind, um selbst in Aktion zu treten. Es sieht also ganz danach aus, dass der Linksfuß – sein Vorbild ist Alvaro Recoba aus Uruguay – sich mit seinen guten Standards und Flanken aus dem Spiel heraus sowie mit Zug in den Strafraum und der Stärke im Abschluss nicht nur bei Hannover 96 etabliert. Auch in der Bundesliga könnte Huszti ein Überraschungsspieler werden. Volker Wiedersheim
Der Chef in der Offensive
Er war bei Hannover 96 kaum angekommen, da wählten die „Roten“ Arnold Bruggink schon in ihren Mannschaftsrat. „Er ist erst wenige Tage beim Team, aber es ist so, als wäre er immer schon hier“, lobten Mitspieler den 29-jährigen Niederländer. So einer hatte ihnen gerade noch gefehlt: ein Spielmacher, ein „Zehner“, wie Fachleute sagen. Trainer Peter Neururer nannte den Rechtsfuß der Einfachheit halber gleich „den Chef“ oder „Arnie“ – in Anlehnung an Arnold Schwarzenegger, den früheren Action-Helden und heutigen Gouverneur im US-Staat Kalifornien.
Wie Schwarzenegger soll auch Bruggink (sprich „Brüching“ mit hartem ch) regieren und den einen oder anderen Volltreffer landen. „Es ist wichtig, eine Rolle auf dem Feld auszufüllen. Ich will für Ruhe und Kreativität sorgen“, sagt der Niederländer, der ablösefrei vom SC Heerenveen kam. In den Testspielen bewies er gleich Übersicht. Er fordert die Bälle, und er bekommt sie. Er hat ein Gefühl für den Raum und hat das Geschehen rund um sich herum ständig im Blick, ohne extra hingucken zu müssen.
Ein Instinktfußballer, der weiß, was wirklich zählt: In 303 Spielen der „Ehrendivision“ hat er 100 Tore geschossen. „Er ist der Offensivinitiator. Nicht alles, aber sehr viel soll über ihn laufen“, erklärt Trainer Neururer, der den zweifachen Nationalspieler schon vor Jahren nach Bochum locken wollte. „Er soll aber auch in die Spitze gehen und mit seiner Übersicht und Abschlussstärke für Torgefahr sorgen.“
Volker Wiedersheim
Nordländer mit Torinstinkt
Da ist einer ganz schön mutig. Mit Vahid Hashemian und Thomas Brdaric stehen bei Hannover 96 zwei Mittelstürmer unter Vertrag, die schon bewiesen haben, dass sie einen guten Job machen können. Und dann entschließt sich einer wie Gunnar Heidar Thorvaldsson, der ebenfalls Mittelstürmer ist, auch zu diesem Klub zu wechseln. Und das nicht mit der Absicht, seine Zeit ewig auf der Auswechselbank zu verbringen.
„Ich werde hart arbeiten, damit ich spiele“, so lautete die Ankündigung des 24 Jahre alten Isländers, als er ein paar Tage bei seinem neuen Verein reingeschnuppert hatte. Schon da war klar, dass er etwas länger Anlauf nehmen musste: Eine Verletzung gleich zum Trainingsstart hatte ihn gehandikapt. Es war nicht sein einziges Malheur in den vergangenen Wochen – zum Vorteil gereichte das dem blonden Nordländer nicht gerade. Und doch gibt es so manchen, der Thorvaldsson inzwischen spielen sehen hat, der einiges von ihm erwartet. Tore vor allem, wie es auch sein Name schon andeutet.
Dass er sich darauf versteht, das hat er bei seinem früheren Klub Halmstads BK gezeigt. Mit 16 Treffern war Thorvaldsson im vergangenen Jahr erfolgreichster Schütze in der 1. schwedischen Liga. Es folgten Angebote aus der englischen Premier League – den Zuschlag bekam aber Hannover 96. Er habe die Bundesliga deshalb vorgezogen, weil hier so viele Tore fallen, sagt der Isländer. „Hier wird offensiv gespielt. Das gefällt mir als Stürmer.“
Seine Vorstellung von seinem Beruf fällt entsprechend aus. Thorvaldsson sagt von sich, er sei ein klassischer Strafraumspieler. „Wenn ich den Ball habe, dann will ich ihn auch reinmachen.“ So wie in der vergangenen Saison nicht nur in der schwedischen Meisterschaft geschehen, sondern auch im UEFA-Cup, wo ihm bei fünf Einsätzen drei Tore gelangen. Stichwort UEFA-Cup: War da aus 96-Sicht nicht mal was? Thorvaldssons Vertrag jedenfalls gilt für drei Jahre … Norbert Fettback
Der geduldige Konkurrent
Sucht man bei Hannover 96 nach einem Paradebeispiel dafür, dass der Konkurrenzkampf im Team größer geworden ist, dann gibt es an Christoffer Andersson kein Vorbeikommen. Über Jahre hatte Steve Cherundolo auf der rechten Abwehrseite das uneingeschränkte Hoheitsrecht, jetzt ist mit dem 27-Jährigen ein Rivale zur Stelle, der auf dieser Position einen spannenden Zweikampf verspricht.
Noch ist alles beim Alten: Bei der Generalprobe vor dem Punktspielstart, dem 0:0 gegen Aston Villa, gehörte Cherundolo zu den 96-Spielern, die als Erste auf den Rasen durften – Andersson wurde in der 2. Halbzeit eingewechselt. Eine Rollenverteilung, mit der der Schwede (noch) leben kann. Für ihn ist es keine Frage, dass der Punkt noch nicht gekommen ist, um Ansprüche zu stellen. Dass er Nationalspieler ist, hat damit gar nichts zu tun. „Das erste Jahr wird sicher schwer für mich“, sagt der 27-Jährige. Die neue Mannschaft, das Umfeld, dazu das erste Engagement überhaupt außerhalb Skandinaviens, und das in der Bundesliga: Hannover ist für Andersson nicht nur eine Herausforderung, sondern auch ein kleines Abenteuer.
Die erste Etappe ist absolviert, für Andersson durchaus mit Höhen und Tiefen. Im 96-Trainingslager in Bad Pyrmont, als Kraft und Kondition auf der Tagesordnung standen, verblüffte er Peter Neururer mit Fitnesswerten, die der Fußballlehrer zu einem solchen Zeitpunkt der Saison noch nie erlebt hatte. In Velden am Wörthersee, wo sich die „Roten“ Ende Juli an den Feinschliff machten, wurde Andersson durch eine Hüftprellung kurzzeitig ausgebremst – beim Test gegen US Palermo (4:1), als er ebenfalls für Cherundolo eingewechselt wurde, – gehörte er wieder zu den auffälligsten Spielern. Trotzdem muss er in der Bundesliga zunächst wohl zuschauen; ein bisschen bitter ist das schon.
Andersherum: Es spricht auch für den Qualitätsgewinn im neuen 96-Team, wenn so ein guter Spieler wie der Schwede sich erst einmal hinten anstellt. Norbert Fettback