Verkehrssituation in und um Hannover

  • Der ÖPNV im Status Quo ist doch aber auch noch nicht das, was nötig ist, wenn man die Innenstadt von Hannover komplett autofrei bekommen möchte. Dass gerade da Freitag Verbesserungen eingefordert werden, liegt doch auf der Hand.

    Im übrigen hat niemand behauptet, dass jeder aus Jux und Dollerei mit dem PKW in die Stadt fährt. Allerdings dürfte der Anteil derer, für die es schon heute unumgänglich ist, überschaubar gering sein.

  • SVElfe, danke für die Klarstellung.


    Ich sehe da keinen Sachverhalt, der alternativlos wäre, wenn man über andere Verkehrslösungen für die Innenstädte redet. Ob das dann unter ÖPNV fällt oder einen anderen Namen hat, ist eine andere Sache, aber eher Nebensache, finde ich.

  • Wenn ich z.B. meinen stark gehbehinderten Angehörigen zu seinem Arzttermin am Opernplatz bringen muss. Der Arzt ist ungefähr in der Mitte zwischen den Haltestellen Kröpcke und Aegi. und die Strecke kann nicht zu Fuss gegangen werden.


    Und ja, aufgrund der DEMO morgen musste ich einen dieser Arzttermine verschieben.


    Das ist nun mal so und ich kann es nicht ändern. Mit geht es eigentlich auch mehr darum, dass der ÖPVN eben nicht immer die Lösung ist und nicht jeder nur aus Jux und Dollerei mit dem PKW in die Stadt fährt.

    Ich kann dich beruhigen, die Demo ist Freitag, ihr könnt morgen so lange und oft ihr wollt zum Arzt fahren

  • Erst einmal: Hut ab an die ganzen Demonstranten.

    Stand vorher fest, dass es keine Möglichkeit gibt vom Goetheplatz per ÖPNV zum Hauptbahnhof zu gelangen? Finde es schade, dass der Streik auch den Nahverkehr beeinträchtigt hat. So wurden auch die Leute bestraft, die ihr Auto zuhause lassen.

  • Dabei kann es sich nur um eine temporäre Geschichte gehandelt haben. Der Lindener Finger hat sogar seine mini Blockaden so aufgelöst, dass die Bahnen immer passieren konnten. Ich glaube es gab einen Moment in dem es da zu einem Rückstau der Bahnen in der Ecke Schwarzer Bär gekommen ist, weil es einfach zu viele Menschen waren.


    Mir persönlich war das heute alles zu regelkonform. Ich hätte mir gewünscht das Chaos noch viel größer zu ziehen, zentrale Kreuzungen längerfristig zu blockieren und Hannover wirklich lahmzulegen.

  • Mir persönlich war das heute alles zu regelkonform. Ich hätte mir gewünscht das Chaos noch viel größer zu ziehen, zentrale Kreuzungen längerfristig zu blockieren und Hannover wirklich lahmzulegen.

    Genau das. Aber es wird ja wohl, gerade nach den heutigen Lächerlichkeiten des Klimakabaretts, nicht das letzte Mal gewesen sein.

  • thefireraven, Käptn Frühstück: N bissl asozial eure Einstellung, findet ihr nicht? Das Demonstrationsrecht ist nicht dazu da, euren Mitmenschen zu schaden. Mitmenschen, die Mittags an einem Wochentag ja zum größten Teil nicht aus Spaß Richtung Stadt unterwegs sind.

  • Unabhängig davon, dass die beiden sich nur gewünscht haben, dass etwas spürbarer protestiert wird (übrigens nicht, um jemandem zu schaden, sondern um die Situation mittelfristig für alle zu verbessern, von daher nicht asozial, sondern sogar höchst sozial), wage ich weiterhin zu bezweifeln, dass die Autofahrer zum größten Teil ohne Alternative zu der Zeit in der Stadt unterwegs waren.

  • Eine berufstätige Mutter, die zurück in die Vorstadt muss um die Kinder aus der Betreuungseirichtung zu holen, der fehlen vielleicht die 40-60 Minuten, die die Öffis länger brauchen. Die ist aber natürlich auch nicht der "größte Teil".

  • Ja, es gibt immer Situationen, in denen es keine Alternative gibt. Und davon gibt es heute noch viel zu viele. Genau darum geht es ja, dass diese Situationen minimiert werden. Das passiert aber nicht, wenn man einfach so weiter macht wie bisher. Und wenn dieser Freitag dazu beiträgt, dass die berufstätige Mutter diese Fahrt in drei oder fünf Jahren nicht mehr machen muss, wären 30 Minuten Zeitverlust durch Protest am Freitag gut investierte Zeit gewesen.

  • Das Demonstrationsrecht ist nicht dazu da, euren Mitmenschen zu schaden.

    Puh. Einer Bewegung, die darauf aufmerksam macht, dass unser aller Lebensstil dem Planeten und uns allen schadet, vorzuwerfen, ihren Mitmenschen zu schaden, weil sie an einem einzigen gottverschissenen Tag mal für ein paar Stunden den innerstädtischen Individualverkehr beeinträchtigt.


    Das muss man schon wollen. Was für ein Demokratie-Verständnis.

  • Daß die Distanzen zu hinterfragen sind, hatten wir schon.


    Daß der ÖPNV besser werden soll, hatten wir schon.


    Daß die Hälfte aller innerstädtischen Fahrten kürzer als 5 km sind und allein deswegen schon nicht in diesem Ausmaß mit dem Auto zurückgelegt werden müssen, hatten wir schon. Da kann jeder jetzt seine große individuelle Ausnahme aufzählen, aber die werden ja auch gar nicht in Frage gestellt. Es wird dennoch ein großer Anteil dieser kurzen Fahrten genauso gut auf anderem Wege zu bewältigen sein.


    Daß Freiheit nicht darin besteht, überall mit dem Auto hinfahren zu können. Sondern darin, nicht auf das Auto angewiesen zu sein. Hatten wir schon.


    Ich kann ja das Genervtsein verstehen. Aber die Städte werden sich ändern müssen, der Verkehr wird sich ändern müssen, jeder einzelne wird sich ändern müssen. Das ging ohne Demo nicht. Deswegen gibt es die Demo. Da sollte man nicht auf die Demo sauer sein. Falscher Sündenbock. Man sollte die Demo begrüßen, damit es besser wird.


    PS: Das sagt einer, der in dieser Woche seine neue Dreckschleuder abgeholt hat, weil die alte verreckt und der Pendlerweg zu lang für Fahrrad und ÖPNV ist (30 Min. Auto, 80 Min. ÖPNV, vermutlich 130 Min. Fahrrad für die einfache Fahrt). Clever wäre ein Umzug zum Arbeitsort. Das will ich (noch) nicht. Ergo warte ich wohl darauf, daß das Wasser im Kochtopf heiß genug für mich Frosch wird. Sprich darauf, daß die CO2-Abgabe scheiße teuer wird. Bis dahin sind für mich auch so 30-40 Minuten die Grenze. Ob ich in der Zeit 2 km oder 32 km zurücklege, ist mir wurscht. Ob ich Auto fahre oder zu Fuß gehe, ist mir wurscht. Ich möchte halt gerne noch weiter *in* einer Stadt wohnen. Nicht zwischen zwei Städten. Sobald die Pendelei zu teuer wird, werde ich umziehen (müssen) und mir gewiß machen, daß ich jeden Tag zur Arbeit will, aber nur relativ selten die städtische Infrastruktur in Anspruch nehme (Ärzte, diverse Läden (Klamotten, Musik, Elektronik, Baumarkt, Radwerkstatt, Autowerkstatt), Kino, Museum, Theater, Stadion, Bahnhof, ÖPNV, Flohmarkt, Friseur, 5 Supermärkte statt 2, usw...). In der Provinz brauchste die Karre heute, wenn du irgendwohin willst. Das muß mit ÖPNV, Carsharing, Fahrrädern, Pedelecs, Elektromofas, Radwegen und einer Entwicklung zurück zu den zusätzlichen kleinen Filialen geändert werden. Und teilweise mit dem Internet.


    Man sieht, ich predige Wasser und trinke Wein. Nicht alles, was ich mache, ist vernünftig. Aber es wird eben auch nicht dadurch vernünftig, daß ich es mache.

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  • Das Demonstrationsrecht ist nicht dazu da, euren Mitmenschen zu schaden.

    Puh. Einer Bewegung, die darauf aufmerksam macht, dass unser aller Lebensstil dem Planeten und uns allen schadet, vorzuwerfen, ihren Mitmenschen zu schaden, weil sie an einem einzigen gottverschissenen Tag mal für ein paar Stunden den innerstädtischen Individualverkehr beeinträchtigt.


    Das muss man schon wollen. Was für ein Demokratie-Verständnis.

    Demonstrieren ist natürlich völlig ok, falls das falsch rübergekommen sein sollte. Dass dazu auf der Strecke der normale Verkehr gesperrt werden muss, auch. Dies sollte aber nicht das eigentliche Ziel einer Demo sein, sondern nur ein unvermeidbarer Begleitumstand.

  • Aber dann ist doch alles gut, denn es war nie das eigentliche Ziel dieser Demo, jemandem mutwillig zu schaden. Es war lediglich ein unvermeidbarer Begleitumstand, dass auf der Strecke der normale Verkehr gesperrt werden musste.


    Wobei ich mich mit dem Begriff "unvermeidbarer Begleitumstand" recht schwer tue. Denn der Begleitumstand war nicht unvermeidbar. Man hätte ihn vermeiden können, wenn die Leute nicht am Freitagmittag in der Innenstadt, sondern Dienstagabend in Marienwerder demonstriert hätten. Das fiese an Demonstrationen ist jedoch, dass ganz bewusst dort demonstriert wird, wo man sich für sein Anliegen die möglichst größte Aufmerksamkeit erhofft. Ansonsten könnte man nämlich das Demonstrieren gleich ganz sein lassen.


    Es erregt viel mehr Aufmerksamkeit, wenn man am verkehrsreichsten Tag der Woche mitten in einer Großstadt den Verkehr lahmlegt, zumal genau dieser Individualverkehr einer der Adressaten ist. So bekommt der oder die Autofahrerin einen Vorgeschmack auf das, was bei weiter zunehmendem Individualverkehr auch ganz ohne Demos droht.


    Es erregt viel mehr Aufmerksamkeit, wenn die Verdi während der CeBit statt in den Sommerferien der Üstra bestreikt, weil dann jeder (Einwohner, Politik, Firmen, Touristen) vor Augen geführt bekommt, wie wichtig Bahnfahrerinnen und Bahnfahrer für eine funktionierende großstädtische Infrastruktur sind.


    Es erregt viel mehr Aufmerksamkeit, wenn Amazon- und DHL-Bedienstete in der Vorweihnachtszeit streiken statt an einem Wochenende im Februar, weil dann der Konsument merkt, dass sein beschissener Prime-Konsum mit Wunsch-Lieferung und Versandkostenfreiheit auf den Rücken unterbezahlter und ausgebeuteter Knechte aufbaut.


    Es erregt viel mehr Aufmerksamkeit, wenn eine Fanszene im Fanblock die Fresse hält, statt weiter Stimmung zu machen und außerhalb der Spieltage vor einer Gehörgerätezentrale ein paar Plakate hochzuhalten, denn so bekommt der Stadiongänger eine Eindruck davon, was ohne Fans im Stadin los wäre.


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    Bei Demonstrationen wird es immer und muss es zwangsläufig vermeidbare Begleitumstände geben, sonst wirkt die Demonstration nicht. Das heißt nicht, da gebe ich dir recht, dass dies (das Nerven seiner Mitmenschen) das vorangige Ziel sein sollte. Es gehört eben einfach mit dazu. Von Bürgerinnen und Bürgern einer Demokratie erwarte ich, dass sie dies aushalten. Meinetwegen auch Zähne knirschend und motzend. Aber ich erwarte von einigermaßen gebildeten Menschen, dass sie es schaffen, die Wichtigkeit eines demokratischen Grundrechtes zu erkennen und vor allem anzuerkennen und dies über ihr eigenes Empfinden zu stellen.


    Vor allem wenn es darum geht, an einem (!) Tag für ein paar Stunden (!!) Verkehrsbehinderungen in einem sehr begrenzten (!!!) Ausmaße zu ertragen.

  • Das ist richtig, aber die Akzeptanz fällt natürlich wesentlich leichter, wenn man sich als Betroffener mit dem Inhalt identifizieren kann.

    Wenn Kalle Arsch mit seinen braunen Freunden eine Demo genehmigt bekommt, stehen die demokratischen Grundsätze bei mir dann doch recht schnell in Frage.

    (nur mal als überspitztes Beispiel, hier geht es ja um eine löblich Sache)