Politischer Zoff-Thread oder so

  • In Deutschland gibt es weder eine Masseneinwanderung, noch gibt es Chemtrails. Daher kann man sich um beides ungefähr gleichermaßen Gedanken machen.

  • In Deutschland gibt es weder eine Masseneinwanderung, noch gibt es Chemtrails. Daher kann man sich um beides ungefähr gleichermaßen Gedanken machen.


    War es 2015 "nur" München, ist es mittlerweile nur noch Hildesheim jährlich. :blume:

  • Wir haben solches Schüren von Ressentiments gegen Zuwanderer bei der AfD fast täglich - gestern sagte Gauland, er fände es nicht problematisch, wenn ein Parteikollege sagt, dass „Masseneinwanderung immer auch Messereinwanderung heißt“.

  • Ab welcher Menge ist denn Einwanderung 'Masseneinwanderung'?
    Welche Einwanderer sind damit angesprochen? Alle Flüchtlinge? Oder auch die hochgeschätzten Fachkräfte, die die Wirtschaft (und nebenbei auch die Pflege und das gesamte Gesundheitswesen) so händeringend herbeisehnen?
    Wovor konkret hat man dann als Betroffener (als Angsthabender) dabei Angst?


    Die Fragen zu beantworten wäre in meinen Augen wichtig, um die Ängste zu verstehen.

  • "Masseneinwanderung" ist für mich schon ein Kampfausdruck mit der klaren Intention, Ängste zu schüren. Eine Definition (Mengenangabe) würde daran nichts ändern.


    Davon ab halte ich es für befremdlich, Ängste der Bürger als Unsinn abzutun. Und deplatziert finde ich, die Ängste mit denen vor Chemtrails gleichzusetzen. Im wesentlichen weil das Thema "Flüchtlinge/Einwanderung" eine ganz andere Dimension hat als Chemtrails/Verschwörungstheorien. Das Thema Einwanderung/Migration und deren Folgen ist allgegenwärtig und täglich erlebbar. Um etwas über Chemtrails im Alltag oder in den üblichen Medien zu finden, muss man schon arg suchen. Zum anderen sollte man immer bedenken, dass es sich bei Ängsten um Gefühle handelt, also nicht um die Ratio. Das sind zwei unterschiedliche Ebenen und man redet fast automatisch aneinander vorbei, wenn der eine rationell und der andere auf der Gefühlsebene argumentiert. Das führt so nichts. Beide fühlen sich unverstanden.


    Hier die Top 10 Ängste der Deutschen:
    R+V Studie 2018 Ängste der Deutschen


    Platz 2-3 wird von der angesprochenen Problematik belegt, von Chemtrails oder Weltjudentum keine Spur.


    Du, @prickel, hast es richtig ausgedrückt: Es geht darum, Ängste zu verstehen. Auch wenn sie rational und tatsächlich unbegründet sind. Ignorieren und als "Unsinn" abtun führt nicht dazu, dass sie verschwinden. Sie bleiben vielleicht unter der Decke. Bis zu dem Zeitpunkt, bis diese Ängste nicht eine Sache von wenigen, sondern von vielen sind und diese merken, dass sie mit ihren Ängsten nicht alleine sind. Dann finden sich regelmäßig Scharlatane und Volksverführer, die ihren Profit daraus schlagen (wollen).


    Ich halte es für eine wesentliche Aufgabe der Politik, die Ursache der Ängste so zu bekämpfen, dass die große Mehrheit erkennt, dass sie vor der oder der Sache keine Angst zu haben braucht. Bei dem Thema Arbeitslosigkeit ist das gelungen ( war früher ganz vorne auf der Angst-Skala). Auch die Angst vor Altersarmut ist in den Hintergrund gerückt.


    Eine Konkretisierung von Gefühlen ( hier: Angst) ist immer schwierig. Oft können die Betroffenen (hier: Angsthaber) das gar nicht richtig beschreiben oder ausdrücken. Versuchen sie es dennoch, sind ihre Ausführungen so diffus, dass schnell der Gegenüber mit den Torschlagargumenten "Das ist doch Quatsch" oder "Da muss man doch keine Angst haben" kommt. Damit verschwinden die Ängste nicht, sondern es herrscht danach Ruhe Jeder denkt sich seinen Teil.


    Wer als Politiker Ängste ignoriert, spielt unbewusst den radikalen Kräften in die Hand. Die heißen heute AfD, früher PDS und davor KPD und NSDAP.

    • Offizieller Beitrag

    Zum anderen sollte man immer bedenken, dass es sich bei Ängsten um Gefühle handelt, also nicht um die Ratio


    Ja. Aber es sind doch nicht meine Gefühle.
    Warum muss ich mich als rational denkender Mensch ebenso mit dem Blödsinn auseinandersetzen wie die, die an den Blödsinn glauben? Dann könnte ich ja gleich selbst an den Blödsinn glauben.


    Was soll man den Besorgten denn erklären? "Guck mal - das sind irgendwie auch Menschen, diese Ausländer. Wir sind gar nichts besseres als die. Hautfarbe ist kein Qualitätsmerkmal. Krieg ist gefährlich, da sollte man auch wirklich abhauen!"

    Wer da nicht von selbst drauf kommt, dem kann man das auch nicht erklären.


    Die wiederholte Veröffentlichung der Kriminalitässtatistik ändert ja auch nichts an dem Glauben daran, dass die Flüchtlinge alles Verbrecher sind und "unsere weißen Frauen vergewaltigen".
    In meinem ganzen Leben hat das ernst nehmen und diskutieren mit den Typen nichts gebracht. "Die dreckigen faulen Griechen klauen unser Geld, der Mafia-Ittacker unsere Frauen, die dummen Polacken unsere Autos" und und und.
    Und jetzt ist es der Islam, der den sauberen ordentlichen Deutschen bedroht. Und die Millionen (!!11!!!) von Flüchtlingen.


    Fakten? Interessieren die doch nicht.


    Den radikalen Kräften spielt nicht in die Hand, wer Ängste ignoriert, sondern wer Ängste schürt.


    So Typen wie Julius Reichelt vom AfD-Kampfblatt "Bild" zum Beispiel.



    Vielleicht nimmt mal jemand meine Angst und Sorge ernst. Nämlich die, dass die "Besorgten" die Oberhand gewinnen. Weil die anderen vor lauter Verständnis und ernst nehmen vergessen, ihre eigene Position zu vertreten.

  • Keiner verlangt von dir, dass du dich mit denjenigen auseinander setzt, die Ängste haben. Kein Muss.
    Man kann die Ängste der anderen einfach ignorieren.


    Genauso verstehe ich deinen Ängste und Sorgen, dass die Besorgten "Oberhand" bekommen. Du bist da nicht alleine: Ängste vor "politischem Extremismus" stehen immerhin mit 57 % auf Platz 7 der Top 10.
    Ich denke, dass es ein guter Weg ist, die Ängste vor "Masseneinwanderung" durch Aufklärung, einem Einwanderungsgesetz und der konsequenten Einhaltung und Umsetzung des bestehenden Rechts abzubauen, da man dadurch auch gleichzeitig den "Besorgten" den Wind aus den Segeln nehmen kann. Mit "Masseneinwanderung = Chemtrails" Vergleichen klappt das m.E. nicht.


    Klarer Widerspruch zu deiner Aussage "Den radikalen Kräften spielt nicht in die Hand, wer Ängste ignoriert, sondern wer Ängste schürt." Ich bin nur soweit deiner Meinung, dass Ängste schüren natürlich den Radikalen nützt. Was die Folgen von Ignorieren von Ängsten und deren Folgen sind, konnte und kann man aktuell in den USA sehen. Aber nicht nur dort und nicht nur seit heute: Überall wo radikale Kräfte durch Wahlen an die Macht gekommen sind, spielten Ängste und der Umgang damit eine Rolle. Ängste sind der Nährboden für Radikale. Auch deshalb sollte man sie ernst nehmen.

  • Ich möchte kurz Stephan zustimmen, nur damit man nicht den Eindruck bekommt, er könnte mit dieser Meinung alleine dastehen.


    Auch den Vergleich zwischen Masseneinwanderungs- und Chemtrail-Paranoikern finde ich vollkommen passend. Mal abgesehen davon, dass es - nach meiner Erfahrung - ziemlich hohe Schnittmengen zwischen diesen beiden Gruppen gibt, ist der Vergleich insofern sinnvoll, als dass beide Gruppen eben nicht für Argumente und Fakten offen sind. Dem letzten Chemtrail-Freak, mit dem ich mich unterhalten habe (erschreckenderweise: ein Arzt), versuchte die Beweislast ebenso umzukehren, wie der letzte AfD-Wähler, mit dem ich es zu tun hatte: "Das musst du mir erstmal beweisen, dass die Regierung mit den Chemtrails nicht das Wetter steuert / uns nicht umvolken will!"


    Und nein: Solche Leute kann und will ich einfach nicht ernst nehmen. Das bestärkt die doch nur in ihren Ansichten.

  • Hier mal ein Stimmungsbild, wie einige (viele?) Amerikaner so ticken:


    Der Film ist 13:49 Minuten lang.

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  • Ich habe da mehr so auf die Amerikaner geachtet und deren Aussagen.
    Haben mich doch sehr nachdenklich gemacht.
    Den Weltspiegel schaue ich mir später an.

  • Das Thema Einwanderung/Migration und deren Folgen ist allgegenwärtig und täglich erlebbar.


    Hier die Top 10 Ängste der Deutschen:
    R+V Studie 2018 Ängste der Deutschen


    Platz 2-3 wird von der angesprochenen Problematik belegt, von Chemtrails oder Weltjudentum keine Spur.


    Die Fragen 2 und 3 sind allerdings so gestellt, dass sich dort jeweils auch Leute wiederfinden können, die Einwanderung begrüßen.
    Angat vor "Überforderung von Deutschen/Behörden durch Flüchtlinge": Überforderung durch Flüchtlinge kann nicht nur mit den Flüchtlingen zusammenhängen, sondern mit den Deutschen/Behörden selbst, v. a. wenn sie nicht oder nur wenig bereit sind, sich auf Migranten einzustellen.
    Genauso bei Angst vor "Spannungen durch Zuzug von Ausländern". Da kann man auch die Sorge davor äußern, dass es Menschen gibt, die (auch aufgrund des Schürens vor Ängsten durch die AfD) nicht oder wenig bereit sind, sich auf Migranten einzustellen.
    Dazu passt auch, dass nach einer Umfrage von infratest dimap vom August 2018 "nach Ansicht von knapp zwei Drittel (64 Prozent) der deutschen Bevölkerung [...] Rassismus ein sehr großes (17 Prozent) oder großes Problem (47 Prozent) in der Bundesrepublik" ist. "Jeder Dritte sieht darin ein kleines (30 Prozent) oder gar kein Problem (5 Prozent)."
    "In allen Bevölkerungsgruppen und in den Anhängerschaften aller Parteien, mit Ausnahme der AfD, besteht mehrheitlich Konsens, dass Rassismus hierzulande ein großes Problem ist. In den östlichen Bundesländern (71 Prozent) benennen mehr Bürger das Problem als im Westen der Republik (62 Prozent)."
    https://www.infratest-dimap.de…upload/dt1808_bericht.pdf
    Das bedeutet, dass sehr viel mehr bei den Ängsten von Stephan sind, jedenfalls wenn man mit in Betracht zieht, dass aufgrund der unklaren Formulierungen in Punkt 2 und 3 die dort erfragten Ängste nicht so eindeutig sind; es sind eben auch Ängste vor "Rassisten", die bewusst Konflikte inszenieren.

    Einmal editiert, zuletzt von Dahl ()

  • Ergänzend zu Kais Video und Bambis Link finde ich diesen Artikel im Deutschlandfunk ganz interessant: „White Anxiety“ – Die Angst der Weißen. Etwas länger, lohnt sich aber.


    Ich finde es sinnvoll, sich darüber Gedanken zu machen, warum die Leute wählen, wie sie wählen. Vor allem, warum sie Leute bzw. Parteien wählen, von deren propagiertem Programm sie am wenigsten profitieren, wie bspw. die im Artikel angesprochenen armen US-Amerikaner, die Trump wählen, obwohl sie von den Demokraten mehr hätten. Gleiches kann man sich bezogen auf Deutschland auch fragen, weshalb gerade schlechter Situierte die AfD wählen, obwohl sie sich anschickt, massiv Sozialleistungen kürzen zu wollen. "Alle bescheuert" ist zwar auch meine reflektorische Antwort, allerdings wird sie dem Ganzen nicht gerecht und hilft nicht weiter, wenn man ernsthaft nach Antworten sucht. Dazu muss man - auch wenn es schwer fällt - tatsächlich den Leute zuhören, erfahren, was sie bewegt.

  • Bildung, Bildung, Bildung.
    Am deutlichsten konnte man das in Brasilien sehen, aber auch in den USA, die auf dem Land teilweise wie 3.Welt wirken, und beim uns in Deutschland.


    Natürlich trifft das nicht auf alle Wähler zu, überhaupt nicht, aber eben oft auf die, die eine Partei wählen, die ihnen letztlich schaden würde, zöge sie ihr Parteiprogramm durch.


    Zu den Midterms:
    Ich bin recht erleichtert, dass zumindest eine Kammer nun als Regulativ für Trumps Irrsinn fungieren kann. Dass der Senat weiterhin (und nun noch fester) in republikanischer Hand ist, kann man wohl verschmerzen, da sich ja nix geändert hat.
    Es wird zumindest schwieriger für den Irren, durchzuregieren.

  • Hmm, ich habe das dumpfe Gefühl, dass das Ergebnis Trump wunderbar in die Karten spielt. Blockiert das Rephaus Vorhaben, wird er sagen, dass die Demokraten das Land kaputt machen. Ein Präsident mit einer minimalen Moral und Empathie würde damit sehr gewissenhaft vorgehen, da der Typ aber völlig durchgepisst ist, könnte es noch ekliger werden als jetzt schon.

  • Mag sein, wird aber nix daran ändern, dass er eben nicht durchregieren kann.
    Seine Anhänger bleiben seine Anhänger, und seine Kritiker werden eher erleichtert sein und hoffentlich auf die von Dir angesprochene Masche nicht reinfallen.

    • Offizieller Beitrag

    "Alle bescheuert" ist zwar auch meine reflektorische Antwort, allerdings wird sie dem Ganzen nicht gerecht und hilft nicht weiter, wenn man ernsthaft nach Antworten sucht. Dazu muss man - auch wenn es schwer fällt - tatsächlich den Leute zuhören, erfahren, was sie bewegt.


    Das ist natürlich - genauso wie Kais Einwurf - vollkommen richtig.
    Nur ist es ja so, dass es überhaupt nichts nutzt, wenn ich dem Ganzen gerecht würde. Das ist natürlich die vernünftige, aufgeklärte, richtige Herangehensweise. Aber vollkommen nutzlos.
    Und aus diesem Grund stelle ich mich inzwischen hin und propagiere einfach nur: Idioten!


    Wenn ich die Chance sähe, dass ich die Leute "bekehren" könnte oder zum Nachdenken und Reflektieren, dann diskutierte ich weiter mit denen. Täte so, als nähme ich deren Sorgen ernst - nähme sie teilweise sogar ernst. Zeigte auf, was zumindest meiner Meinung nach zu tun und zu steuern wäre. Gäbe denen in einzelnen Unterpunkten vielleicht sogar recht. Appellierte an den gesunden Menschenverstand und die Menschlichkeit und machte deutlich, dass Menschenrechte unverhandelbar sind.


    Aber ach. Verschwendete Lebenszeit ist das.
    Das mag an den verbohrten Idioten liegen, kann aber natürlich auch an mir und meiner fehlenden Überzeugungskraft liegen.


    So oder so: Ich will mit diesen Idioten nicht mehr reden müssen. Beruflich bleibt mir ja oft nichst anderes übrig. Aber privat? Nein. Geht weg, lasst mich.

  • Vielleicht nimmt mal jemand meine Angst und Sorge ernst. Nämlich die, dass die "Besorgten" die Oberhand gewinnen. Weil die anderen vor lauter Verständnis und ernst nehmen vergessen, ihre eigene Position zu vertreten.


    Jetzt erst gelesen.


    +1896!!!