Politischer Zoff-Thread oder so

    • Offizieller Beitrag

    Ich halte das für einen Irrtum. Man kann da unten rauskommen. Klar. Aber das geht nicht einfach mit "Arsch zusammenkneifen und mehr machen".
    Das mag Leuten gelingen, die das können. Oder anders gesagt: Auch von den Schlaueren schaffen es nur die fleißigeren. Und auch von denen nicht alle. Und sowohl "schlau" als auch "fleißig" sind Attribute, die nicht jedem/r gegeben sind. "Kämpferisch" schon gar nicht.
    Und auch nicht jede/r hat die Möglichkeit, seinen/ihren Fleiß einzubringen. Weil die Umstände nicht sind. Familiär zum Beispiel. Im Umfeld. Etc.


    Während es aber bei den behüteteren Kindern auch die weniger schlauen und die weniger fleißigen schaffen können. Relativ problemlos. Einfach schon, weil sie sind.


    Und das IST ein Problem.

  • Man muss dafür sicherlich mehr tun und sich Dinge erkämpfen, die Andere geschenkt bekommen. Und man muss sicherlich das Glück haben, genau dafür auch die Vorbilder und die Unterstützung zu bekommen - man muss aber eben auch die Bereitschaft aufbringen.


    Du bringst es schön auf den Punkt. Vor allem dass Du das Glück auf Vorbilder und (für mich noch wichtiger) Unterstützer nicht verschweigst. Die kommen mir bei FDPlern die ich so kenne leider oft zu kurz. Es bleibt das Überhöhen der eigenen Fähigkeiten und des eigenen Engagements. Fragt man genau nach hatten aber viele, die aus einfacheren Verhältnissen kommen, eigentlich immer einen im erweiterten Familien oder Bekanntenkreis der Talente entdeckt und gefördert hat.

  • Ich weiß nicht, ich weiß nicht...


    Ich habe in meinem Leben bisher jedoch einige gesehen, die sich lieber 24/7 selbst bemitleidet haben, wie scheiße doch alles ist, anstatt diese Energie mal in was Positives zu investieren. Natürlich braucht es auch mal Erfolgserlebnisse, klar. Aber Veränderung beginnt IMMER erst bei einem selbst. Zudem ist wenig Geld haben keine Schande, das sollte man Kindern auch so vermitteln. Natürlich bleibt dadurch der ein oder andere Spruch nicht aus, jedoch sollte man Kinder dahingehend ganz klar stärken.


    Wenn ich lese "Ich hab bis ich 11 war nichts als Aldi Hausmarke gegessen"...ist das so fatal? :ahnungslos:

  • Das allein eher weniger. Aber wenn dann eine Aldi-Party steigt - "heute spielen wir mal ganz ganz arm, hihi" - dann hinterlässt das schon Spuren. Oder man sich ein Smartphone über Monate abspart, um dann Sozialschmarotzer genannt zu werden.

  • Nun, gerade da ist es in meinen Augen wichtig, Kinder entsprechend zu sensibilisieren und zu stärken. In einer idealen Welt natürlich BEIDE Seiten, denn die "reichen Kinder" sollten natürlich nie von oben herab blicken und/oder nach unten treten, doch es passiert leider.


    Solche Sachen sind scheiße, müssen thematisiert werden und gerne auch offen diskutiert werden, wie es dann ja jetzt auch wieder passiert. Jedoch wird es die perfekte Welt nie geben, soviel Realismus muss sein. Umso wichtiger finde ich daher den Part der Eltern, den Kindern aus den sozial schwachen Familien ein gutes Selbstbewusstsein mit auf den Weg zu geben für solche Situationen.

  • Zudem ist wenig Geld haben keine Schande, das sollte man Kindern auch so vermitteln.


    Umso wichtiger finde ich daher den Part der Eltern, den Kindern aus den sozial schwachen Familien ein gutes Selbstbewusstsein mit auf den Weg zu geben für solche Situationen.


    Leicht daher gesagt und klingt gut. Aber in der Realität scheitert es wohl oft. Erst recht, wenn die Eltern aus irgendwelchen Hintergründen in die Kategorie gefallen sind

    Zitat

    Ich habe in meinem Leben bisher jedoch einige gesehen, die sich lieber 24/7 selbst bemitleidet haben, wie scheiße doch alles ist, anstatt diese Energie mal in was Positives zu investieren.

  • Umso wichtiger finde ich daher den Part der Eltern, [...]


    Ist das nicht eines der entscheidenen Probleme? Das manche Eltern diesen Part erfüllen (können) und andere nicht?

  • "Leicht daher gesagt" ist es mit meinem persönlichen Background ganz sicher nicht. Kannst du natürlich nicht wissen, daher kein Thema.


    Und ja, sicherlich gibt es viele Elternhäuser, die diesen Auftrag in den Sand setzen. Nur kann trotzdem jeder Mensch (wenn er dann das Kindesalter hinter sich gelassen hat) auch versuchen, an seiner Situation zu schrauben. Um eben diese zu verbessern. Unterstützung dabei ist toll und wünschenswert, das Prinzip Hilfe zur Selbsthilfe ist jedoch nicht zu unterschätzen.


    Da wird mich dann mein Tweet über das Aldi-Essen auch nicht voranbringen, ganz hart gesagt. Und natürlich habe ich einfach null Verständnis für Leute, die auf die Schwachen auf noch von oben herab blicken, statt ihnen die Hand zu reichen. Nur wie gesagt, diese Leute wird es immer geben. Man kann versuchen, den prozentualen Anteil zu verringern, aber ganz weg werden sie nie sein.

  • Unsere Regierung könnte zum Beispiel die Kritik der UN gegen Deutschland mal ernst nehmen.


    Ach ja, die deutschen Medien auch. Einzig bei RT-Deutschland wurde ich fündig.vAm 6.11., " Deutschland
    "Viele Kinder gehen hungrig zur Schule": Empörender UN-Bericht über soziale Lage in Deutschland".


    Verlinken tu ich nicht, damit ein Schneppe keinen Herzkasper kriegt.

    Link zum Download des vorläufigen Berichts




    Ich seh im Wohlstand in erster Linie Blender, die ihre eigene Blindheit nicht erfassen und in zweiter Linie Leid und Tod derer, die ihn bezahlen müssen.

  • Am Ende sammelt man damit auch vorwiegend die Geschichten, die man hören/lesen will, um das eigene Weltbild zu bestätigen, oder?


    Obwohl ich auch in Rich-Kids-Gesellschaft in der Schule war, kann ich mich da nicht beschweren. Irgendwie hängengeblieben ist eine Situation in der Grundschule, wo wir mein Zauberer-Kostüm aus dem Vorjahr als "Feiner-Herr-Kostüm" (mit Zylinder) im Folgejahr nochmal nehmen mussten. Aber so what? Geprägt hat mich die Erfahrung, dass man trotz bescheidenerer Voraussetzungen viel erreichen kann. Man muss dafür sicherlich mehr tun und sich Dinge erkämpfen, die Andere geschenkt bekommen. Und man muss sicherlich das Glück haben, genau dafür auch die Vorbilder und die Unterstützung zu bekommen - man muss aber eben auch die Bereitschaft aufbringen.


    Ja, nur eben diese "Bereitschaft" muss einem erstmal vermittelt werden. Das ist eine Frage der Sozialisation, nicht der Genetik. Das kommt eher selten von selbst.


    Trotzdem passiert es vielen, dass ...
    ... die Eltern es nicht tun,
    ... die Verwandten es nicht tun,
    ... die Lehrer/die Schule es nicht tun,
    ... die Freunde es nicht tun
    und dass man selbst vielleicht nicht die richtigen Informationen an die Hand bekommt und/oder nicht die Kraft aufbringt. Beispielsweise und mehr noch auch deshalb, weil das soziale Umfeld, von dem man abhängig ist, gegen einen Aufstieg ist. Was wieder etliche Gründe haben kann.


    Keine Frage, ich freue mich für Dich und würde mir wünschen, dass mehr Menschen diesen Aufstieg schaffen. Bereitschaft ist aber eben keine Selbstverständlichkeit. Wenn man obendrein noch die alltäglichen Diskriminierungen und die strukturellen Schikanen des Systems ALG II erfährt (z.B. im Jobcenter, wo eben nicht jeder seine Rechte kennt) und dazu das eigene "Abgehängtsein" spürt, wird Armut bei vielen zu einem echten Depressivum. Ich kann dazu auch gerne mal Episoden aus meinem eigenen Leben beisteuern. Manche schaffen es zu kämpfen, ja (und gut so), andere macht es aber fertig. Wenn einen die Sorgen um die finanzielle Lage selbst nachts nicht loslassen oder wenn man unter den besten Freunden immer der mit wenig ist (auch wenn das für sie keine Rolle spielt).


    Mich hat das auch ausgesprochen vorsichtig im Umgang mit dem Begriff "Bereitschaft" gemacht, weil er immer auch Faulheit bei den "nicht bereiten" suggeriert -- egal, was der individuelle Hintergrund ist. Wer zum Beispiel früh ein Kind bekommt, mag eigentlich "Bereitschaft" besitzen, ist aber nicht unbedingt in der Lage. Wer mitten im Leben Rückschläge erleidet, kann auch aus aussichtsreicher Position abstürzen und nicht wieder hochkommen. "Fähigkeit" im Sinne von "genügend Kraft" und "hinreichendem Wissen" hielte ich deshalb für angemessenere Voraussetzungen. Die Gründe für einen gar nicht erst angepackten oder gescheiterten Aufstiegsversuch sind nun mal sehr individuell, ebenso wie die Gründe für einen erfolgreichen Aufstieg oder einen Abstieg.


    Und für den UN-Bericht mit Bezug auf Deutschland kannst Du übrigens auch taz oder Telepolis statt RT Deutschland verlinken, Blue Valentine:
    http://www.taz.de/!5543880/
    https://www.heise.de/tp/featur…che-Minijobs-4194330.html

  • Das ist eine Frage der Sozialisation, nicht der Genetik. Das kommt eher selten von selbst.


    Weiß ich nicht. Wie gesagt, es gibt natürlich viele externe Einflussfaktoren, und sicherlich müssen sich davon zumindest einige glücklich fügen.


    Da liegen wir gleich, denke ich.


    Zitat

    Die Kernfrage ist ja: Wo wollen wir eigentlich hin und was ist eine "gerechte" Gesellschaft? Eine Gesellschaft, die alles im Ergebnis nivelliert, wahrscheinlich nicht. Ich akzeptiere, dass es Menschen mit mehr und mit weniger "Glück" gibt (wozu letztlich wohl irgendwie auch Begabung, Mut und so gehören, also Faktoren im Menschen selbst), und eben Menschen auch bessere und schlechtere Entscheidungen treffen.


    Für mich ist wichtig, dass jeder faire Chancen am Anfang hat


    Vor allem beim letzten Satz bin ich ganz bei Dir. Beim Rest eigentlich auch, aber mit einer Erweiterung: Auch diejenigen, die weniger Glück haben oder Entscheidungen in Richtung Sicherheit/Risiko treffen, verdienen nämlich erstmal vor allem eines: Respekt. Achtung. Wären wir an dem Punkt, würden ungleiche Einkommen vermutlich viel weniger eine Rolle spielen. Für mich gilt das übrigens universell (weshalb ich mir auch ungern Eliten-Bashing vorwerfen lasse) und nur mit einer Einschränkung: Wer an der Spitze steht, sollte sich den Privilegien seiner Position besonders bewusst sein und verantwortungsvoll damit umgehen.


    Zitat

    Aber auch das heißt nicht unbedingt, dass es für alle genau gleiche Chancen sind. Freilich können wir beim Thema soziale Durchlässigkeit noch viel tun. Aber was soll ich denn jemandem übel nehmen, der vielleicht weniger drauf hat als ich, aber dank Nachhilfelehrer, Privatuni und/oder Einzelrepetitorium, elternfinanziertem Master und/oder Doktorstudium, vielleicht einem adeligen Namen (in meinem Beruf tatsächlich noch ein toller Türöffner; so ein ausländischer Name hingegen ein ziemliches Hindernis) und Papas Vitamin B woanders landet? Und vielleicht hätte ich das auch geschafft, wenn ich in meinem Leben noch etwas mehr Glück gehabt und/oder bessere Entscheidungen getroffen hätte.


    Siehe oben. Wenn ich mir bewusst bin, dass ich meine Position auch meinen Privilegien zu verdanken habe und mir und anderen nicht einrede, ich sei nur dank harter Arbeit etc. pp. oder Gottesgnadentum oben gelandet, sind wir schon ein gutes Stück weiter. Noch weiter sind wir, wenn ich mir bewusst bin, dass viele diese Privilegien nicht haben und bei individuell an sich gleicher oder sogar höherer Leistungsfähigkeit genau deshalb nicht in meine Position kommen. Ärgerlich werde ich aber dann, wenn sich diese Privilegierten dann über die vermeintlich "Niedrigeren" auslassen, die ihnen z.B. das Büro putzen. Oder umgekehrt pauschale Vorwürfe kommen, den Wohlstand könne man sich doch nur ergaunert oder beim Gang über Leichen bekommen haben. Darum geht es mir.


    Zitat

    Es mag einem theoretischen Ideal entsprechen, dass alle die gleichen Ausgangschancen haben. Im echten Leben gibt's das nicht. Egal, wie gut wir unsere Schulen, unser Gesundheitssystem und unsere sonstige öffentliche Versorgung machen: Es wird immer welche geben, die sich noch was obendrauf kaufen können. Und so lange Menschen Entscheidungen treffen, wird es für diejenigen, die schon "weiter oben" sind, leichter sein, dort jemanden mit Vitamin B zu erreichen. (1)


    Ideale zu haben steht ja nicht im Widerspruch zu der Erkenntnis, dass man sie nie vollständig erreichen kann. Sehe ich mir aber andere Länder an (z.B. in Skandinavien), spielt der Faktor "gesellschaftliche Position der Eltern" keine so gewichtige Rolle dabei, welche Chancen jemand hat. Ich habe auch das Gefühl, dass der gegenseitige Respekt nach unten wie oben dort größer ist; alles nicht perfekt, aber größer, und vielleicht genau wegen der ähnlicheren Chancen. Es fällt dort übrigens auch auf, dass Frauen stärker in vermeintlich "männlichen" Berufen vertreten sind und das keineswegs einen Schaden verursacht. Eher das Gegenteil. Offenbar hat das also auch etwas mit kollektiven Denkmustern zu tun.


    Zitat

    Deswegen finde ich Neiddiskussionen nicht nur unangebracht, sondern auch wenig zielführend. Das sind solche Diskussionen, die denen "da oben" etwas wegnehmen wollen. Richtig ist es, darüber zu sprechen, wie man denen "da unten" bessere Chancen eröffnet. Und da Mut und Motivation einen Teil der Geschichte ausmachen, sind Schwarzmalerei und "guckt mal, von ganz unten hat sowieso niemand eine Chance"-Rhetorik jedenfalls nicht hilfreich. Ebensowenig hilfreich ist Gleichmacherei z.B. im Bildungswesen, weil dadurch eben auch talentiertere Kinder aus schwierigen Verhältnissen ihres Chancenvorteils beraubt werden. Es ist zweifellos richtig, Schulen zu verhindern, die eine gewissen Sozialeliten-Attitüde entwickeln (KWR fällt wohl immer noch in diese Kategorie). Die Förderung von Begabungseliten indes hilft unabhängig von der sozialen Herkunft (und zwar selbst dann, wenn die tatsächliche Wahrnehmung solcher Angebote auch ein bisschen von den Eltern abhängt, das ist wohl nicht gänzlich zu verhindern).


    Von meiner Seite aus sehe ich keinen Neid. Fragwürdig finde ich lediglich die Sperrhaltung, mit der "die da oben" der Frage nach mehr Verantwortung häufig begegnen. Wie gesagt, wenn man sich seiner Privilegien bewusst ist, wird man auch anders mit der Frage nach seinem gesellschaftlichen Beitrag umgehen. Man wird nicht versuchen, jedes Steuerschlupfloch zu nutzen oder sein Geld in Monaco zu parken. Sondern sich vielleicht sagen: Hey, ich zahle zwar mehr Steuern, aber dafür sind die Bildungseinrichtungen/Krankenhäuser/... auch top ausgestattet. (Ist plakativ, aber ich hoffe, Du verstehst meinen Punkt.) Und umgekehrt erwarte ich dann Respekt gegenüber denjenigen, die sich ihres Privilegs bewusst sind und dieses Mehr einbringen. Ich finde das alles gar nicht so schwer, aber ich habe häufig das Gefühl, dass das Ständedenken in Deutschland immer noch sehr ausgeprägt ist.


    Und ansonsten, ja, ich würde mir auch oft wünschen, dass mehr Mut gemacht wird. Gleichzeitig muss man aber eben auch noch ein paar gläserne Decken zerstören. Sonst bringt es halt nicht viel / ist zu stark vom Zufall abhängig, Mut zu machen bzw. Mut auch belohnt zu bekommen.


    Ach ja, und wo die Grenzen der KI liegen, weshalb sie eben nicht unparteiisch agieren kann und weshalb es ohne Kontrolle durch Menschen wohl noch sehr lange nicht gehen wird, kannst Du in einschlägigen Fachzeitschriften nachlesen. ;)

    2 Mal editiert, zuletzt von Mr. Mo ()

  • Täuscht es mich oder haben die Briten in dem Austrittspapier bekommen, was sie sich die ganze Zeit gewünscht haben?


    Zitat

    Möglicherweise sind es die wichtigsten Sätze in dem Papier. Demnach soll das Vereinigte Königreich in der EU-Zollunion bleiben, bis seine zukünftige Beziehung zur EU geklärt ist - damit es zu keiner neuen harten Grenze mit Warenkontrollen zwischen Irland und Nordirland kommt.


    Britische Güter bekommen demnach freien Zugang zum EU-Markt. Um einen unfairen Wettbewerb zu vermeiden, gibt es Regeln zu Beihilfen und beispielsweise Umweltstandards.


    http://www.spiegel.de/politik/…te-schritt-a-1238501.html


    Wer soll diese Standards effektiv überwachen?

  • Im Prinzip ist das doch nur ein Übereinkommen über eine Verzögerung der endgültigen Festlegung und damit kein Durchbruch und keine Lösung.

  • Zum einen das ... es hat sich für mich aber so gelesen als hätten die Briten de facto in der Übergangsphase die Standards der EU nicht mehr erfüllen müssen und trotzdem über Nordirland noch den vollen Zugang zum Binnenmarkt.


    Aber whatever ... so wie es ausschaut zerlegt sich Mays Kabinett gerade eh selber.