Politischer Zoff-Thread oder so

  • Ich glaube nicht, dass irgendwer hier irgendwem irgendwelche Bekenntnisse schuldet. Die (einen und anderen) Zeiten, in denen man mit Argwohn beäugt wurde, wenn man seine Bekenntnis-Fahne nicht rechtzeitig aus dem Fenster gehängt hat, sind vorbei und sollten in keiner Hinsicht wiederkommen. Und, ganz ehrlich, wenn Du nach aller Zeit, die ich hier im Forum und im Thread schreibe, Zweifel an meiner demokratischen Grundhaltung hast, liegt es nicht an mir.

    Ich halte Dich nicht mal ansatzweise für einen Nazi, nicht mal für einen Relativierer.

    Ich halte Deinen Umgang mit der Problematik lediglich für blauäugig und halte Deine Toleranz für diejenigen, einen 'anderen Umgang mit der AfD für richtig halten' einfach für das Einfallstor für was ich zu '33 schrieb.

    Respekt anderen Meinungen gegenüber ist ein wichtiger Teil unserer offenen Gesellschaft. Respekt gegenüber Meinungen, die zum Ende oder zur Verwässerung dieser offenen Gesellschaft führen, halte ich dagegen für falsch und irreführend.


    Da wünsche ich mir von so wortgewaltigen Menschen wie Dir eben eine klare Kante.

    Musst Du aber auch nicht, wenn es Dir so schwer fällt.

  • Ja, die FDP ist insgesamt ein schwieriger Fall. Ein Sammelbecken für Individualisten, dem eigentlich jeder nur angehört, weil sei für ihn das kleinste Übel ist. Als ich vor gut 21 Jahren mal beigetreten bin, war die FDP gerade aus der Regierung geflogen und viele verstanden die Partei als wirtschaftspolitischen Wurmfortsatz der Union, was sie jedenfalls in den letzten ca. 6 Jahren Kohl-Regierung auch war. Da waren Leute wie Klaus Kinkel oder Wolfgang Gerhard am Werk - sie hölzern zu nennen wäre eine Beleidigung für jedes gute Möbelstück. Der FDP fehlt(e) eine ganze Generation Parteinachwuchs, die durch den Regierungswechsel 1982 verloren gegangen war. Es gab nur einen kleinen Haufen Bürgerrechtsbewegter um Baum, Hirsch und SLS, den Freiburger Kreis, dem ich damals auch angehörte.


    Die FDP ist keine linksliberale Partei. Es gibt Länder (wie Dänemark und Holland etwa), in denen sich zwei liberale Parteien etabliert haben. Für Linksliberale ist die FDP nicht der richtige Ort, das Spektrum innerhalb der Partei endet halt irgendwo bei Sozialliberalen, und selbst die sind (mindestens) seit Jahrzehnten in der Minderheit. Die FDP hat seit 1998 viele bemerkenswerte Bürgerrechtsentwicklungen durchgemacht (Ehe für alle, Aussetzung der Wehrpflicht, Cannabis-Legalisierung usw.). Sie wird damit "ganzheitlicher" liberal, aber im Grunde nicht linksliberal. Soll heißen: Da hat nichts "geruckt". Die FDP war z.B. schon immer für ein eher restriktives Zuwanderungsrecht. Und: wenn man nur noch im Twitter-Universum lebt und darauf wartet, dass jemand mit 128 Zeichen irgendwas sagt, das man als "rechts" verstehen kann, dann wird man sicherlich schnell 68 Gründe finden.


    Auch als Partei, deren Positionszeiger im Mittel schon noch eher im liberal-konservativen Bereich steht, gehört die FDP aber ins demokratische Spektrum. Warum soll man sich dafür entschuldigen oder rechtfertigen müssen? Da kann jeder sagen, dass ihm das nicht gefällt, aber innerhalb des demokratischen Spektrums einem politischen Gegner einen Vorwurf daraus zu drehen, dass er steht, wofür er steht, bringt ja auch nichts.

    Jetzt weiß ich auch warum ich mich auch zu denen zugehörig fühle, bin ich doch auch eher ein Individualist und anders als die meisten. Aber mir wurde es quasi schon in die Wiege gelegt. Mein Vater war damals Ortsvorsitzender der FDP in meiner Geburtsstadt, weil den Job niemand machen wollte. Als selbstständiger Tierarzt gehört man auch zur Klientel. Mit den Jahrzehnten wurde ihm die Partei aber zu rechts und er hat sie nicht mehr gewählt. Er meinte zu mir mal er sei 51% FDP und 49% Grün, FDP wegen der Wirtschaftskompetenz und grün wegen dem sozialen.


    Dadurch dass er Vorsitzender war, haben wir alle beim Plakate aufstellen geholfen, standen auch in der Fußgängerzone an den Ständen und sind zu Veranstaltungen gefahren. Dort habe ich dann den damaligen Außenminister Klaus Kinkel getroffen und seitdem auch jeden Vorsitzenden (Lindner fehlt mir noch).


    Er hat für den niedersächsischen Landtag und fürs Europaparlament kandidiert, er stand auf dem Wahlzettel, auf Plakaten, wen sollte ich also wählen wenn nicht Papa. Das war Frühling 1998 und im Herbst war dann Bundestagswahl wo Schröder Kanzler wurde und wir hatten eine Arbeitslosenkrise. Hab damals wie heute die ganzen Polit Talkshows gesehen wo jeder andere Rezepte und Meinungen zur gegenwärtigen Lage hatte, aber die von uns erschienen mir am plausibelsten.


    Von denen gibt es eine Postkarte mit lauter bunten Fischen die alle in eine Richtung schwimmen, dann ein gelber Fisch der in die entgegen gesetzte Richtung schwimmt, darunter der Satz: "Einer muss es ja machen", das kam auch bei mir an. Und diese andere Richtung ist dann auch die richtige, jedenfalls aus deren oder unserer Sicht. Wie ihr schon gesagt habt, ein Nonkonformist.


    Das Ladenschlussgesetz haben sie auch gelockert, heute ist es normal am Samstag bis 20 Uhr shoppen zu gehen, da kommen auch die ganzen Promoter zum Einsatz, in meiner Kindheit war um 13 Uhr schon Schluss, heute undenkbar. Für mich waren sie damals wie eine CDU ohne deren Nachteile, wobei Merkel diese Nachteile etwas zurückgefahren hat. Daher hab ich mich gewundert warum die Leute eher CDU gewählt haben. Die Nachteile sind für mich die eher konservativen Wertvorstellungen im gesellschaftlichen Leben.


    Andere liberale Parteien? Was sind denn die Piraten? Auf jeden Fall sind sie leider in der Versenkung verschwunden.

    Lucke nennt seine Partei Liberal Konservative Reformer, ich denke mal die haben nur das Wort benutzt. Eine Splitter Partei vom AfD Gründer, sehr suspekt.

  • Von denen dürfte keins mehr gültig sein (Maximalschutzdauer 20 Jahre in - ich glaube - allen relevanten Industrieländern). Insofern wundert mich, dass die AfD sagt, sie habe auch Patente (und nicht nur aus früheren Patenten generiertes Vermögen) geerbt.

    Das stimmt. die Maximalschutzdauer eines Patents beträgt 20 Jahre. Ich habe mir mal die deutschen Patente des Herrn Strangfeld beim Patentamt angeschaut. Sie sind sämtlich nicht mehr anhängig, d.h. durch Zeitablauf erloschen. Einige wurden jedoch auch zurückgenommen. Die Schutzdauer von 20 Jahren gilt in allen Ländern.

    Die spinnen, die von der AfD.

  • Im Bundestagswahlkampf 2002 ("Projekt 18") probierte sich die FDP in Teilen, federführend Kanzlerkandidat Möllemann, rechtspopulistisch (mit antisemitischen Anklängen).


    Damals ging es doch sehr deutlich auf das FPÖ-Trittbrett (die ab Mitte der 1990er große Wahlerfolge in Österreich feiern durften).

    Aber schon während des Wahlkampfes gab es für einige Entgleisungen innerparteilichen Widerstand und nachdem "Projekt 18" krachend gescheitert war, ordnete sich die Partei wieder neu.

  • So milde empfand ich damals einige Aktionen und Äußerungen nicht unbedingt.


    Westerwelle war 2002 im Wahlkampf die personifizierte Spasspartei und Jürgen Möllemann der personifizierte Rechtspopulist. Die Mischung aus in Richtung junge Wähler gehen und fischen am rechten Rand, sollte bis zu 18% bringen (mit deutlichem Abstand dritte Kraft werden).

    Möllemann hatte zuvor in NRW groß bei der LTW abgeräumt und gedachte bei der BTW noch einen drauf zu setzen.

    Vielleicht hat theMenace noch die Muße von damals zu berichten (ich war seinerzeit noch ein Teenager ;))


    An diese Titanic-Nummer muss ich immer denken:

    https://www.titanic-magazin.de…ssik/2002/juli/editorial/

  • Scheiß drauf!


    Edit: Nicht der erste mit dem Flachwitz.

  • ich kann mich vage erinnern,aber Westerwelle war auch dabei oder?...den assoziiere ich zumindest mit dem 18% Ziel

    Ich erinnere mich immer an seine Unverschämtheit mit der spätrömischen Dekadenz da das Bundesverfassungsgericht die Regelsätze für Arbeitslose als zu gering beurteilte.

    Mehr Abstand zu benachteiligten Teilen der Bevölkerung kann man gar nicht öffentlich beweisen.

  • Problematisch bei Möllemann war noch, dass er in NRW einen muslimischen Abgeordneten in seiner Fraktion aufgenommen hat (weiß aus der Erinnerung nicht mehr, ob der auch FDP-Mitglied wurde), der bei den Grünen aus Fraktion (und Partei?) wegen antisemitischen Äußerungen geflogen war.


    Edit: das Internet ist ja eh viel besser als mein Gedächtnis, warum also nicht nutzen?

    https://de.m.wikipedia.org/wiki/Jamal_Karsli

    Einmal editiert, zuletzt von Schneppe ()

  • Bei der AfD muss die strikte Ausgrenzung so weit gehen, dass es letztlich zu einem Parteiverbot kommt (was letztlich bereits das NPD-Urteil des Bundesverfassungsgerichts nahelegt). Nur dadurch kann verhindert werden, dass rechtes Denken immer weiter salon- und hoffähig wird. Das als Kommentar zu den obigen Ausführungen von theMenace. Meuthen ist zwar nicht Hitler, er stützt aber den Faschisten Höcke in der AfD und verleiht im dadurch ein größeres Maß an Reputation in der Partei.

  • Also man kann und sollte Möllemann natürlich für das Flugblatt und die Aufnahme von Karsli kritisieren, aber als hetzerischen Rechtspopulisten, so wie wir sie heute haben, würde ich ihn nicht bezeichnen. Dennoch hatte er natürlich genug Dreck am Stecken mit der Briefbogenaffäre und den schwarzen Kassen.

  • ...von Karsli kritisieren, aber als hetzerischen Rechtspopulisten, so wie wir sie heute haben, würde ich ihn nicht bezeichnen. Dennoch hatte er natürlich genug Dreck am Stecken mit der Briefbogenaffäre und den schwarzen Kassen.

    Die AFD besteht nicht ausschließlich Rechtspopulisten, sondern zu einem großen Teil aus Faschisten. Der Begriff „Rechtspopulist“ ist dabei verharmlosend.


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  • Ob man die Zustimmung zu AfD-Sachanträgen an sich für einen Skandal hält oder das vom Inhalt abhängig macht, muss jeder selbst wissen.

    stimmt, grundsätzlich sollte es imho keine rolle spielen wie mehrheiten für sachanträge zustande kommen. aber wenn's um sozialabbau, elitenpolitik und sonstige asoziale schweinereien geht, sind sich blaugelb nicht erst seit letzter woche sehr einig :lookaround:

  • Was ist eigentlich liberal?

    Welche Positionen müsste eine Partei vertreten um gemeinhin als Liberal zu gelten?


    ...nicht,dass wir aneinander vorbeireden ;)

    Wo wir dabei sind. Ich kann mir unter Konservativ mittlerweile(?) auch nur noch schwer etwas vorstellen ;)


    Und ich lasse das mal hier.

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    Gut gesprochen Herr Sonneborn.