Politischer Zoff-Thread oder so

  • Auf jeden Fall hatte es so nichts mit angeblich zu rechten Positionen in den Augen linker Moderatoren und Mitforisten zu tun.

    Das denke ich auch ganz sicher nicht.

    Eine solche Behauptung angesichts der Arbeit der Mods hat schon fast etwas von einer wenig freundlichen Unterstellung.

    Zumal - ich berichte aus eigener Erfahrung - davon auszugehen ist, dass es noch entsprechende Kommunikation zwischen einem Mod und den Beteiligten gegeben hat. Da wird auch vor einer Sperrung durchaus mal eine kleine Verwarnung mitgeteilt, was alle anderen schon gar nicht mitbekommen.


    Für den Vorwurf von Grobtechniker, das Liberale bei tM ginge der "linksunten Fraktion hier" zu weit, habe ich daher wenig Verständnis. Abgesehen davon, dass da schon eine gewisse Verächtlichkeit aus dieser Diktion spricht, die mir überhaupt nicht gefällt, mich aber leider auch nicht wundert.

  • Nuhr wurde auf der Website von der DFG gecancelt, dann aber wieder reingesetzt. Lisa Eckhart wurde auch gecancelt. Das gibt es also schon noch. Was das rechts vs. links betrifft, den Eindruck habe ich hin und wieder doch ein wenig hier. Ich weiß aber natürlich auch woran das liegt, hab mich ja damit beschäftigt. Hab mir sogar Shirts mit ein paar guten Aussagen machen lassen. Trage ich vielleicht bei einer Demo, gehe ja nie zu so was hin normalerweise.

  • Wenn sich mit der DFG ein Outlet (noch dazu mit vglw. geringer Öffentlichkeits-/Breitenwirkung) entscheidet, Nuhr nicht mehr zu featuren, kann man das wohl kaum als "canceln" bezeichnen. Bei der sogenannten "Cancel Culture" geht es ja um ein vermeintliches generelles "Mundtotmachen".

  • Hab mir jetzt erst den Podcast angehört, der bringt es auf den Punkt, kann ich nur jedem empfehlen sich anzuhören, mehr muss ich dazu gar nicht mehr sagen.

  • Klar, eine Mehrheit der hier aktiv vertretenen Mitglieder vertritt eher offene, denn geschlossen Positionen. Aus dem Stärkeren Gegenwind, den man hier für „rechte“ oder auch „liberale“ Positionen erntet zu schließen, das hier Menschen von der Diskussion ausgeschlossen werden sollen ist das Verhaltensmuster des bockigen Kindes, das nicht mehr weiter weiß.


    tM war exakt das nicht, hat nie aufgegeben oder sich benachteiligt gefühlt. Sich zu einem persönlichen beef einen öffentlichen Faden zu suchen, ist eine ganz andere Sache.

  • Lisa Eckhardt wurde vom Veranstalter nach "Drohungen aus der Nachbarschaft" gecancelt. Nur das es die wohl gar nicht gab, hat der "Nochtspeicher"(Veranstalter) selbst zugegeben. Das juckt später aber niemanden mehr, die Debatte ist losgetreten.


    Hab mir jetzt erst den Podcast angehört, der bringt es auf den Punkt

    Das man historische Figuren im Kontext sehen muss sehe ich genauso, die Hinweise an Denkmälern fände ich allgemein klasse, vllt lernt man nebenbei ja sogar etwas. Den Rest würde ich so nicht stehen lassen.

    Ich weiß aber natürlich auch woran das liegt, hab mich ja damit beschäftigt.

    Sehr gut, ich hoffe du lässt uns an deinem Wissen teilhaben.

  • Ich würde behaupten, daß hier die Mehrheit der User*innen eine liberale Grundhaltung vertritt. Die ist nicht zwingend an eine Parteimitgliedschaft bei der FDP gekoppelt.

  • Lisa Eckhardt wurde vom Veranstalter nach "Drohungen aus der Nachbarschaft" gecancelt. Nur das es die wohl gar nicht gab, hat der "Nochtspeicher"(Veranstalter) selbst zugegeben. Das juckt später aber niemanden mehr, die Debatte ist losgetreten.


    Naaaja, so ganz eindeutig ist das nicht. Es gab "Warnungen aus der Nachbarschaft", das kann jeder interpretieren wie man will. Aber deswegen jemanden ausladen ist ja auch ein einknicken vor diesen "Warnungen".


    [...]

    Nur: Die Drohungen hat es gar nicht gegeben. Das schreibt der Nochtspeicher in einer Pressemitteilung auf der Homepage selbst: Es habe lediglich Warnungen aus der Nachbarschaft gegeben, aber eben keine Drohungen, von denen der Festivalleiter mit Bezug auf den Nochtspeicher sprach. [...]


    Ich glaube beide Extrempositionen: "Es gibt keine Cancel Culture" - "Alles wo jemanden wiedersprochen wird ist Cancel Culture", sind so nicht haltbar.


    Im akademischen Bereich gab es ja schon zur Mitte/Ende der 2000er in den USA Tendenzen in diese Richtung, wo Lehrkräfte mit kontroversen Ansichten "mundtot" gemacht wurden. Und in diesem Bereich ist das ein wirkliches Problem, da gerade in der Wissenschaft die kontroverse Diskussion zwingend notwendig ist.

    Einmal editiert, zuletzt von andremd ()

  • Wo siehst Du den Bezug zum Forum? An welchen Themen und Punkten machst Du das fest?

    Vorweg: Mir geht es hier überhaupt nicht um die "Causa the menance". Da unterschreibe ich fast jedes Wort, was du dazu gesagt hast und im übrigens wurde das schon im dafür richtigen Thread ausführlich diskutiert.


    Zur Rekapitulation: Der Titel des DLF-Beitrages lautet: "Cancel-Culture – Die Debatte um die Verengung der Diskussionskultur"


    Ich schrieb: "Nachdenkenswert. Auch im Bezug darauf , wie hier im Forum miteinander diskutiert wird." Daraus saollte eigentlich klar werden, dass ich meinen Schwerpunkt auf "Diskussionskultur" gelegt habe und nicht auf Cancel-Culture im Allgemeinen. Über die Diskussionskultur hier im Forum sollte m.E. immer mal wieder nachgedacht werden, wobei ich damit nicht sagen will, dass dies nicht geschieht. Also Frage 1 damit beantwortet.


    Frage 2, also du fragst nach den Themen. Da gibt es diverse Themen, auch schon ältere. Ich denke da an die Pyro-Diskussion, an Martin Kind, später dann an alles, was mit Klima zu tun hat, Elektrofahrzeuge und aktuell Corona.


    Das zu Beantwortung deiner Fragen.


    Eigentlich möchte ich mich nicht an der Diskussion um Cancel-Culture beteiligen, mache es jedoch dennoch. Denn in dem Beitrag vom DLF waren für mich besonders die Aussagen von Alexander Grau nachdenkenswert:


    "Die Cancel-Culture will verhindern, dass irgendwelche Sexismen, diskriminierende Ansichten oder irgendwelche Narrative durch eine prominente Person salonfähig gemacht wird. Es ist immer dieses Spielchen, dass gesagt wird "Eigentlich darfst du es ja sagen", aber im zweiten oder dritten Nachgang wird dann deutlich "Eigentlich kannst du es ja doch nicht sagen, wenn du jetzt nicht für alle Zukunft als Unmensch oder ganz rechts außen da stehen willst".


    und


    "Es geht zunächst um die Bewahrung einer liberalen Diskussionskultur und einer liberalen Gesellschaft. Ungefähr seit der Jahrtausendwende beobachten wir eine zunehmende Verengung der Diskussionslandschaft, einfach auch eine viel viel aggressivere Diskussionskultur."


    Die Aussage von JollyRoger:


    Cancel Culture ist ein netter Kampfbegriff mit dem man viel Kritik einfach zur Seite wischen kann. Kommt gerne von Leuten die dumpfe Aussagen raushauen und dann das Echo nicht vertragen können.

    ist ein schönes Beispiel, was ich nicht gut finde in einer Diskussion. Das fängt damit an, dass der Begriff "Cancel-Culture" als Kampfbegriff bezeichnet wird ( anstatt sich damit auseinander zu setzen) und geht dann weiter, dass suggeriert wird, dass Leute, die - auch im weiteren Sinne - von Cancel-Culture betroffen sind, Leute wäre, die dumpfe Aussagen raushauen und das Echo nicht vertragen könnten.


    musketeer54 : ich finde schon, dass die Löschung eines kritischen Beitrages auf einer Homepage unter Cancel-Cultur fällt, auch wenn sie danach wieder rückgängig gemacht wurde und sie sich "ausgesöhnt haben".

    Erst gelöscht, nun wieder online: Dieter Nuhr versöhnt sich mit Forschungsgemeinschaft (Link zu focus).

    Es geht eben nicht nur um ein generelles Mundtot- machen. Auch hier gilt nach meiner Auffassung: Wehret den Anfängen.

  • Ich weiß aber natürlich auch woran das liegt, hab mich ja damit beschäftigt.

    Sehr gut, ich hoffe du lässt uns an deinem Wissen teilhaben.

    Das mit rechts/links. Ich ziehe meine Erfahrungen da ein bißchen so aus der Debatte mit meinem Lieblingsthema damals mit der Konsequenz dass ich nicht mehr drüber reden werde. Dazu kamen halt die Entwicklungen der letzten Tage und generell die Atmosphäre und Kultur. Es könnte ein bißchen auch hieran liegen. Links ist etwas emotionaler, rührender und rechts faktischer, kälter. Und wenn das zweite dann mal richtiger oder besser ist, dann fühlen sich viele Menschen emotional angegriffen. Man wurde quasi beim kuscheln gestört.

  • Links ist etwas emotionaler, rührender und rechts faktischer, kälter. Und wenn das zweite dann mal richtiger oder besser ist, dann fühlen sich viele Menschen emotional angegriffen. Man wurde quasi beim kuscheln gestört.


    hmmm liest sich irgendwie wie der Unterschied von katholisch und protestantisch.

    Da passen die Kriterien aber besser als bei links und rechts.

  • Selbstverständlich ist Cancel Culture ein Kampfbegriff. Wer benutzt ihn gegen wen? Er wird pauschal gegen "das Linke" bzw. "die Linken" verwendet. Er ist somit einseitig und nicht neutral. Er definiert von vornherein Täter und Opfer.

    Der Begriff Verengung der Diskussionskultur im Gegensatz dazu ist neutral,denn er verzichtet von vornherein auf eine Wertung.

    Damit sind wir auch schon am Kern des Problems.


    Ich zitiere mal aus dem link der fr:


    Cancel Culture (CC, „Absagekultur“) meint den systematischen Boykott einer Person, deren Aussagen als diskriminierend eingeordnet werden.


    In diesem Zusammenhang werden wiederholt Dieter Nuhr und Lisa Eckardt genannt. Beide werden nicht systematisch (!) boykottiert. Sie werden garnicht boykottiert. Es gab für jeden eine (!) Aktion, die diskutabel sind und auch diskutiert wurden.


    Es ist aber genau diese Übertreibung, die Stilisierung als Opfer, die eine offene Debatte nicht möglich macht und die ganz erheblich zur Verengung beiträgt. Gerade Dieter Nuhr ist dafür ein Paradebeispiel.

    Vorallem vor dem Hintergrund, daß es seit geraumer Zeit eine Zunahme von sprachlicher Gewalt gegen Journalist*innen, Politiker*innen gibt. Gewaltandrohungen sind für viele an der Tagesordnung und es bleibt - wie wir alle wissen - nicht nur bei der Androhung. Politisch engagierte Menschen, die dem linken Spektrum zugeordnet werden, sollen eingeschüchtert und mundtot gemacht werden. Diese Gefahr ist real und ich setze sie der Debatte um Cancel Culture gegenüber und stelle (für mich) fest, daß die Verhältnismäßigkeit nicht stimmt.


    Wenn ich also eine Verengung der Diskussionskultur feststelle (und ich tue das auch), dann ist für mich die vermeintliche Cancel Culture nicht der Ausgangspunkt. Für mich stellt sie ein Ablenkungsmanöver da.


    Alexander Grau verortet die Verengung der Diskussionskultur am Beginn des Jahrtausends. Welche Kriterien, welche Entwicklungen, welche Ereignisse lösten das aus?

    In Europa die Einführung des Euro und 9/11. Beides führte zum Erstarken der Rechten und zum (teilweisen) Abkehr liberaler Werte.


    Edit: Das Erstarken der Rechten hat zu einer Erweiterung des Sagbaren geführt. Die Auseinandersetzung damit und den Versuch von Grenzsetzung und die Debatte um bisher unverhandelbaren Werte und Inhalte in unserer Gesellschaft führte dann zu dem wertenden Begriff Cancel Culture.