Politischer Zoff-Thread oder so

  • Die Griechenlandgeschichte kann man auch andersrum sehen. (Inwieweit deutsche Banken daran verdient haben, möchte ich nicht beurteilen, aber...:)


    Letztendlich wurde der griechische Arbeitnehmer Steuerzahler dafür in Haftung genommen, dass griechische Banken ihre Schulden bei deutschen Banken nicht mehr bedienen konnten, in einer weltweiten Finanzkrise.


    Als Kirsche oben drauf durfte er sich dann noch seine Volkswirtschaft 'reformieren' lassen.


    Das ist meine Kurzversion.

  • Ja, ich denke auch, dass es deutlich zu einfach wäre, Griechenland als den Betrüger der EU oder rein selbstverschuldeten Patienten darzustellen.

  • Nun, die Griechen haben sich seit dem Ende 80er Jahre einen Wohlstand auf Pump gegönnt, der dann zwangsläufig in den Staatsbankrott geführt hätte. Erst geht das Rating auf Ramschstatus, damit wird die Anschluß- aka. Neufinanzierung zur Bedienung der Altschulden und für neue Sünden immer teurer bzw. unmöglich. Zusätzlich haben die Griechen gegen nahezu alle Auflagen verstoßen, denen sie sich bei Eintritt in den Euroraum unterworfen haben.


    Am Ende müssen dann die Gläubiger herhalten. Griechenland wurde nicht gerettet, weil das so nette Leute und gute Gastgeber sind, sondern damit der Euro nicht kollabiert. Ein Sündenfall, ein solidarischer zwar, dennoch ist der nicht mehr zu korrigieren.



    prickelpit96

    Auch deutsche Banken haben griechische Staatsanleihen gekauft und dafür den seinerzeit marktüblichen Zins erhalten, das ist korrekt. Und das ein Gläubiger gerne das eingesetzte Kapital zurückhaben möchte ist auch noch nicht verwerflich.


    Wenn Du einem Kumpel ständig Geld leihst, der auf großem Fuß lebt und dann irgendwann ankommt und einen ordentlichen Haircut erwartet, was machst Du dann? Vorher hat er Dich aber noch jahrelang angelogen, wenn Du ihn auf seine Finanzen angesprochen hast....

  • locke:

    Das ist nicht der Punkt in meinen Augen. Es geht mir darum, dass Rettungsschirm und Co. immer als verheerend teuer für u.a. Deutschland dargestellt wurde. Und das nicht nur in dem albernen Boulevardschmierblatt mit den 4 Buchstaben.

  • Diese Vergleiche mit Staaten als Konsumenten funktionieren halt nicht wirklich.


    Das Spiel, welches im Euro vor der Krise gespielt wurde, war - entsprechend der "Mechanismen" - so lange in Ordnung und profitabel für alle, solange es funktionierte. Erst in dem Moment, wo so sehr Schrottprodukte im europäischen Finanzmarkt waren (was im Diskurs gerne "nach Amerika" verlagert wird), dass das System ein Problem hatte, ist das kollabiert. Und die Zeche wurde dann einseitig bezahlt.


    Ich will Griechenland nicht 100% in Schutz nehmen, also den griechischen Staat und die Banken, aber der griechische Arbeitnehmer hatte mit all dem nichts zu tun, außer, dass er hinterher die Rechnung zahlen durfte.

  • Hauptsache die Milliardenaufträge bei der deutschen Rüstungsindustrie wurden pflichtbewusst bezahlt. Allein das sagt alles über den Zustand dieses Systems.

  • locke:

    Das ist nicht der Punkt in meinen Augen. Es geht mir darum, dass Rettungsschirm und Co. immer als verheerend teuer für u.a. Deutschland dargestellt wurde. Und das nicht nur in dem albernen Boulevardschmierblatt mit den 4 Buchstaben.

    Das ist natürlich korrekt. Ein Crash des Euro wäre dramatisch teurer und in seinen Auswirkungen, gerade in Südeuropa, katastrophaler ausgefallen. Es gab ja damals sehr wohl Berechnungen, wie ein Austritt von Griechenland ausgesehen hätte. Ich bin mir sogar sicher, dass, wenn es nur um Griechenland gegangen wäre das sogar durchgezogen worden wäre.


    Aber dann standen mit Spanien als Schwergewicht, Portugal und Irland noch mehr "Kandidaten" in der Tür, und das wäre dann der Super-GAU gewesen. Über Italien mag ich lieber nicht nachdenken, über Frankreich noch viel weniger.



    Diese Vergleiche mit Staaten als Konsumenten funktionieren halt nicht wirklich.


    Das Spiel, welches im Euro vor der Krise gespielt wurde, war - entsprechend der "Mechanismen" - so lange in Ordnung und profitabel für alle, solange es funktionierte. Erst in dem Moment, wo so sehr Schrottprodukte im europäischen Finanzmarkt waren (was im Diskurs gerne "nach Amerika" verlagert wird), dass das System ein Problem hatte, ist das kollabiert. Und die Zeche wurde dann einseitig bezahlt.


    Ich will Griechenland nicht 100% in Schutz nehmen, also den griechischen Staat und die Banken, aber der griechische Arbeitnehmer hatte mit all dem nichts zu tun, außer, dass er hinterher die Rechnung zahlen durfte.

    Der Anfang vom Ende lag aber tatsächlich in den USA, nämlich in der höchstrichterlichen Feststellung, dass einem Konsumenten kein Kredit verwehrt werden darf. Das wäre hier in diesem Umfang niemals möglich gewesen, trotz Schneider & Co.


    Die US Banken haben ihre faulen Kredite dann nett eingepackt, eine große Schleife drumgebunden und an die Börse gebracht. Dort wurden sie dann so oft hin und her getradet, bis es dann plötzlich Bumm gemacht hat.

  • Hauptsache die Milliardenaufträge bei der deutschen Rüstungsindustrie wurden pflichtbewusst bezahlt. Allein das sagt alles über den Zustand dieses Systems.

    Die haben wir praktisch selber bezahlt. Kannst Du als Subvention zum Arbeitsplatzerhalt ablegen.

  • Der Anfang vom Ende lag aber tatsächlich in den USA, nämlich in der höchstrichterlichen Feststellung, dass einem Konsumenten kein Kredit verwehrt werden darf. Das wäre hier in diesem Umfang niemals möglich gewesen, trotz Schneider & Co.


    Die US Banken haben ihre faulen Kredite dann nett eingepackt, eine große Schleife drumgebunden und an die Börse gebracht. Dort wurden sie dann so oft hin und her getradet, bis es dann plötzlich Bumm gemacht hat.


    Auch die Geschichte kann man anders erzählen.


    Diese Derivate wurden als finanzwirtschaftliche Innovation gefeiert bis zum geht-nicht-mehr. Und auch dieses Spiel hat super funktioniert und wurde nicht beanstandet, solange es lief. Und auch wir haben davon profitiert.


    Es ist in diesem so stabilen, uns mit Reichtum beschenkenden System immer nur eine kleine Änderung der Rahmenbedingungen, die dazu führt, dass plötzlich die heile Welt zusammenbricht und Schuldige gefunden werden müssen. Immerhin: Letzteres ist einfach, es sind immer die Verlierer.


    EDIT: Neue Managementmethoden in Form des "New Public Management" sind eher auf der Problem- denn auf der Lösungsseite zu sehen, würde ich sagen, bezogen auf Jones' Frage.

    Einmal editiert, zuletzt von ExilRoter ()

  • Wo locke aber definitiv einen Punkt hat, ist der Hinweis auf das schwachsinnige Urteil, dass einem Anfragenden ein Kredit praktisch nicht verweigert werden darf.

  • Auch das sehe ich komplett anders.


    Ausschlaggebend war die Entscheidung der - ich meine - FED unter Alan Greenspan, solche Produkte zuzulassen.


    Greenspan hat sich selber ausführlich dazu geäußert, hinterher, und diesen Fehler eingestanden. Er sei überrascht gewesen, dass die Selbstregulierung der Wirtschaft sie nicht davon abgehalten hätte, das auszunutzen.


    Er wird ja gerne als Finanzgenie gefeiert.

  • Das Problem mit diesen Fragen ist, dass die Debatte in Deutschland wirklich sehr eng geführt wird. So konnte z.B. Schäuble die Euro-Krise problemlos zur "Staatsschuldenkrise" umlabeln.


    Wenn man nur deutsche Medien liest, kommt man da kaum raus. Sogar die Financial Times, die ich in den Krisenjahren viel gelesen habe, hat das ganze sehr viel breiter aufgezogen und der Chefkommentator dort, Martin Wolf, hat den Wahnsinn klar benannt.


    Ich bin inzwischen leider raus aus der Materie, aber hier mal ein tiefergehener Artikel zur Entstehung der Subprime-Katastrophe.


    https://www.rollingstone.com/p…wreck-the-economy-231162/


    Auszug:

    Zitat

    Greenspan, based on his firm market principles, approved strongly of securitization and most derivative products as a way to spread risk— a view traditional market economists like Summers shared. But even when crisis struck in 2008, it was clear the Federal Reserve economists in Washington and New York did not understand how excessive and risky the borrowing now was. In particular, the relatively new collateralized debt obligations (CDOs), a way of packaging risky mortgages for investors willing to make only low- risk investments, was not understood or even investigated. Greenspan’s ultimately naive and dangerous faith in competitive markets showed itself nowhere as damagingly as in the Fed’s failure to be vigilant about the CDOs. Not only did his interest rate increases fail to dampen the financing, but they encouraged Wall Street to take more risks and mortgage brokers to write more bad loans because their profit margins had narrowed. They made up in quantity what was lacking in quality. The high dollar coupled with the trade deficit, which put even more dollars in foreign hands, which they in turn confidently invested in U.S. securities, provided ample funds. Between 2000 and 2005, according to Wellesley 246 age of greed economist Karl Case and Yale’s Robert Shiller, house prices rose faster than at any time in modern history, and the number of mortgages being written exploded.

  • Auch das sehe ich komplett anders.

    Deine Antwort passt doch nicht zu lockes und meinem Hinweis, dass es ein richterliches Urteil in den USA gab, dass die Banken de facto dazu verpflichtete, Kredite, z.B. für den Hauskauf, zu vergeben, auch wenn der Anfragende Sicherheiten in Höhe von 3,50 $ und keinen Job hatte.


    Nach meinem überaus überschaubaren Verständnis hat das u.a. zur Immobilienblase in den USA geführt?

    Die faulen Kredite am Börsenmarkt zu verkloppen ist dann erst Step 2.

  • Guardian: Greenspan - I was wrong about the economy. Sort of


    Zitat

    "I made a mistake in presuming that the self-interests of organisations, specifically banks and others, were such that they were best capable of protecting their own shareholders and their equity in the firms," said Greenspan



    EDIT: Sorry, habe das rausgesucht, bevor ich Deine Antwort gefunden habe.


    Wir sind hier anderer Meinung. Einig sind uns locke und ich offensichtlich, dass die spezifische Art der Finanzprodukte hier zur Krise geführt hat. (Volkstümlich bekannt als "Schrottanleihen", in denen Banken schlechte Kredite mit guten gemischt haben, um sie an den Markt zu bringen.)


    Mit einem Urteil hat das nichts zu tun. Die Banken haben diese Produkte nicht aufgelegt, weil sie dazu gezwungen waren, sondern weil sie damit Geld verdient haben. Das, per se, ist nicht verwerflich, es zeigt, dass das das System seine eigenen Krisen produziert. Nicht mehr, nicht weniger.


    Wenn es mal nur seine eigenen Krisen wären.

  • Was in der Post Lehman / Griechenland / Euro / Staatsschulden Debatte meiner Meinung nach unter den Tisch gekehrt wird:


    Die dt. (Export-)Wirtschaft und teilweise auch die Arbeitnehmer haben dort massiv vom Umstand profitiert, dass es einerseits günstige Kredite gab und auf der anderen Seite durch die Euro Abwertung unser Produkte auf dem Weltmarkt günstiger wurden. Deshalb sind "wir" gut durch die Krise gekommen. (Export Überschuss, Firmengewinne, geringe Arbeitslosigkeit).


    Außerdem darf man auch die Milliarden gesparten Zinskosten der diversen öffentlichen Haushalte bei der Rechnung nicht außer acht lassen.

  • Es ist doch ein Zusammenspiel beider Ereignisse, die zur Subprimekrise geführt haben. Ohne die durch Gerichte verursachte Kreditvergabepraxis / Subprime Mortgages hätte es die toxischen Derivate, die später alles zu Fall brachten, nicht gegeben. Die Verkäufer der Produkte, haben diese erfunden, um von ihren toxischen Risiken runterzukommen. Die Käufer haben diese Produkte nicht verstanden und geglaubt eine gute Bonität mit attraktiver Rendite einzukaufen.

    Hinzu kommt, dass in den USA die Kreditnehmer gegenüber den Banken nur mit der Immobilie haften. Entsprechend ist das System von Haus aus schon gegen fallende Hauspreise anfälliger und das Risiko für die Banken bei Marktpreisänderungen höher.

  • Auf einmal ist es nur noch das Zusammenspiel...


    Nein. Ich bin anderer Meinung. Nicht Regulierung, Deregulierung war die Ursache.

  • Mit einem Urteil hat das nichts zu tun.

    Wir reden aneinander vorbei.

    Ich bin der Meinung (und ich denke, locke meinte das auch), dass es vor Jahren ein richterliches Urteil in den USA gab, das es den Banken quasi verbot, einen Anfragenden abzulehnen, auch wenn dieser eigentlich nicht kreditwürdig war nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten.

  • Hauptsache die Milliardenaufträge bei der deutschen Rüstungsindustrie wurden pflichtbewusst bezahlt. Allein das sagt alles über den Zustand dieses Systems.

    Die haben wir praktisch selber bezahlt. Kannst Du als Subvention zum Arbeitsplatzerhalt ablegen.

    Natürlich. Das macht es aber nicht besser, sondern schlechter. "Wir" leisten Finanzhilfe und damit wird dann Kriegsgerät finanziert, während das Gesundheitswesen kollabiert, die Renten- und Sozialleistungen gekürzt werden und die Arbeitslosigkeit in der jungen Bevölkerung durch die Decke geht. Dafür fällt mir nur ein Wort ein! Widerwärtig!

  • Wir reden aneinander vorbei.

    Ich bin der Meinung (und ich denke, locke meinte das auch), dass es vor Jahren ein richterliches Urteil in den USA gab, das es den Banken quasi verbot, einen Anfragenden abzulehnen, auch wenn dieser eigentlich nicht kreditwürdig war nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten.


    Meine Antwort darauf ist ebenfalls: Nein.


    So ein Urteil wurde damals und in den Jahren ff. meiner Erinnerung nach überhaupt nicht diskutiert. Das riecht für mich nach einer Rechtfertigung, die nachher konstruiert wurde.


    Was diskutiert wurde, war die Rolle des Glass-Steagal-Acts. Auch sehr konträr, d.h. die Rolle wurde komplett unterschiedlich bewertet je nach Zugehörigkeit zu einem Volkswirtschaftlichen Lager.


    Zu dieser Gerichtsthese kann ich ohne Link nichts sagen. Außer, dass ich das solange unter "Schall und Rauch" abhefte.