Politischer Zoff-Thread oder so

  • Der SPD sind ihre grandiosen Wahlerfolge im Saarland, SH und NRW zu Kopfe gestiegen. Anders ist ja nicht zu erklären, dass Herr Weil die Reichensteuer (die derzeit ab 250k Jahreseinkommen greift) auf die Mittelschicht ab 58k anwenden will.


    Naja, man kann Projekt 18 natürlich von 2 Seiten aus angehen. Aber die SPD gibt sich alle Mühe, dieses Ziel vor der FDP zu erreichen.


    Gehört man nicht ab 58.000€ schon zu den 10% der einkommensstärksten Deutschen?
    Ich war vor kurzem jedenfalls erstaunt, als ich bei einem Test merkte, dass die oberen 10%, deren höhere Besteuerung ich gut fand, bereits knapp über meinem Einkommen anfangen.

    • Offizieller Beitrag

    58k


    58.000,- € brutto im Jahr entsprechen ungefähr 2.750,00 € netto im Monat (Lohnstuerklasse I, keine Kinder, keine Kirche).
    Ich liege unterhalb. Und fühle mich deutlich nicht "unterschichtlich" bezahlt.
    Vielleicht habe ich ja auch den falschen Job oder zu geringe Ansprüche - aber das verorte ich - bauchgefühlt - schon doch klar oberhalb der Mittelschicht.

  • Damit nimmt man Menschen schon zu einem Teil (nämlich dem monetären) die Motivation, sich zu entwickeln, dazuzulernen und aufzusteigen.


    Ich bilde mich also in Zukunft nicht mehr fort, damit ich auf keinen Fall im Job aufsteige um auf keinen Fall jemals mehr als 58k zu verdienen? Hätte mir das nicht mal jemand vor 10 Jahren anschaulich erläutern können?

  • Ganz grob: Wie kommste auf 70%?


    Wenn man die Arbeitsplatzkosten(nicht den AN-Bruttolohn) als Ausgangspunkt nimmt,dann alle die kompletten !Sozialabgaben abzieht,dann die direkten Steuern,dann(sammel deine Einkaufszettel) die indirekten Steuern bleibt von dem Arbeitsplatzlohn ca eine Kaufkraft von 30-35%. Ändert sich erst ab oberem Mittelfeld der Einkommen,weil dann relativ immer mehr in Rücklagenbildung statt Komsum fliesst.

    • Offizieller Beitrag

    Negativbeispiel gestern: Jürgen Trittin bei Anne Will. Der hat mich mal wieder daran erinnert, wie politisch abstoßend ich ihn finde und warum. Da argumentiert er doch tatsächlich für eine Ampel in SH mit dem (alleinigen!) Argument, Grüne und FDP könnten die SPD billiger einkaufen als die CDU. Als hätte es keine Wahl gegeben. Als hätte diese Wahl keinen Sieger gehabt. Als hätte das Wahlergebnis nicht auch eine Bedeutung, und zwar eine eindeutige.


    Klar hat die Wahl einen Sieger, die CDU. Mit 33 Prozent. Die SPD hat 31,2 Prozent. Sieger hin oder her, das würde ich da nicht so hoch hängen, wenn die so nah beieinander liegen. "Eindeutig" ist für mich was anderes. Letztendlich haben somit auch 67 Prozent eben nicht die CDU gewählt, sodass es durch Koalitionen nicht zwingend auf den Wahlsieger hinauslaufen muss. Da kann ich - gerade bei so einem knappen Ergebnis - im Grundsatz nichts schlimmes dran finden.

  • Damit nimmt man Menschen schon zu einem Teil (nämlich dem monetären) die Motivation, sich zu entwickeln, dazuzulernen und aufzusteigen.


    Ich bilde mich also in Zukunft nicht mehr fort, damit ich auf keinen Fall im Job aufsteige um auf keinen Fall jemals mehr als 58k zu verdienen? Hätte mir das nicht mal jemand vor 10 Jahren anschaulich erläutern können?


    So ist es. Ich hatte auch schon überlegt Karriere zu machen. Aber nachdem ich gelesen habe, dass ab einem zu versteuernden Einkommen von 254.447€ für Ledige diese Neidsteuer von 45% greift, habe ich meine Motivation dazu gänzlich verloren. Vorstandsposten mit 300.000€ p.a.? No way!

  • Wenn man die Arbeitsplatzkosten(nicht den AN-Bruttolohn) als Ausgangspunkt nimmt,dann alle die kompletten !Sozialabgaben abzieht,dann die direkten Steuern,dann(sammel deine Einkaufszettel) die indirekten Steuern bleibt von dem Arbeitsplatzlohn ca eine Kaufkraft von 30-35%. Ändert sich erst ab oberem Mittelfeld der Einkommen,weil dann relativ immer mehr in Rücklagenbildung statt Komsum fliesst.


    Die Rechnung geht aber auch nur auf, wenn man niemals irgendeine Sozialversicherung in Anspruch nimmt, denn bei Arbeitslosigkeit oder Rente strebt der Prozentsatz ja gegen unendlich. Die Leistungen für KV und PV noch nicht einbezogen.

  • Ich finde an dem Interview mit Weil übrigens die Loyalität am bemerkenswertesten. In den Antworten zu Schulz und Gabriel keinen mm Zweifel oder Zwiespalt aufkommen lassen.
    110% iger Parteisoldat,die Reihen fest geschlossen.

  • Tja. Scheisse ist es ja trotzdem...


    58k hat jeder Master nach ein paar Jahren...
    Außer diese, die irgendnen Käse studiert haben.


    Solche Aussagen liebe ich ja. Sind beispielhaft für die "Jeder ist seines eigenen Glückes Schmied"-Mär und die Bewertung/Anerkennung von Tätigkeiten über Geldeinkommen.


    Habe auch - ganz bewusst sogar - nochmal Käse studiert. Bisschen doof jetze (und oft sehr konfliktbehaftet)...naja, selbst Schuld...

  • Zitat

    Bei drei bis sechs Jahren Berufserfahrung liegen die Gehälter von Bachelor-Absolventen im Schnitt bei 44.800 Euro, Master-Absolventen verdienen dann zum Einstieg bereits 52.500 Euro jährlich. Mit mehr als sechs Jahren Berufserfahrung kommen Bachelorabsolventen nur auf 48.100 Euro.


    https://www.mba-master.de/mast…iede-bachelor-master.html


    Ist jetzt nicht so weit von 58 entfernt, oder?



    Man soll also direkt nach Studium Reichensteuer zahlen? Das ist doch nunmal kacke.


    Habe übrigens selbst bisher keine Studium abgeschlossen. Aktuell studieren doch aber nunmal viel mehr Leute.

    • Offizieller Beitrag

    (Ganz am Rande: Beim Vergleich mit Beamtenbesoldung bitte nicht vergessen, dass die arbeitende Bevölkerung Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge von ihrem Bruttogehalt zahlen muss).


    Ernst gemeinte Frage: Mache ich einen Denkfehler, wenn ich die 58.000,00 € Bruttojahresgehalt in Monatsnettoeinkommen umgerechnet und das dann mit meinem Monatsnetto verglichen habe?
    Nee oder?


    Ansonsten: Das mit der Bandbreite habe ich verstanden, ok. Und unabhängig von meinen Verständnisschwierigkeiten die Mittelschicht betreffend, denke ich, dass eine quasi Verdopplung des Steuersatzes in dem Bereich 58k + heftig wären. Und ich das so nicht unterstütze.
    Aber ich gebe zu, dass mir der Verdacht kommt, dass ich das möglicherweise anders sähe, bekäme ich 1.000,00 € weniger im Monat.

  • Zum Glück habe ich Käse studiert. Zum Glück aber keinen Harzer Roller!


    Vor allem hast du keinen Master und wirst auch nie einen haben!


    Aber mal Butter beie Fische: Was ist denn studierter Käse? Gefühlt verdient die Hälfte meiner bemasterten Bekanntschaft weniger als ich, die meisten davon sind Sozialarbeiter.

  • Man soll also direkt nach Studium Reichensteuer zahlen? Das ist doch nunmal kacke.


    Vielleicht ist es ja auch kacke, dass mancher - je nach Branche - abhängig vom Bildungstitel (der ja bestimmte Fähigkeiten suggeriert) schon ein bestimmtes Gehalt erhält, ohne sich bis dahin groß bewiesen zu haben. Aber hierzulande herrschen ja auch "Chancengleichheit" und "Leistungsgerechtigkeit"...also alles tutti. Arm dran, also die Reichen. Nun, aus der materiellen Diskussion bin ich hier raus - obgleich sie vielseitig diskutierbar ist. Ich bin persönlich auch für "möglichst wenig wegnehmen" (wobei der Bedeutungsgehalt des Wortes "wegnehmen" im großen Zusammenhang ziemlicher Käse ist), sondern vielmehr für die Aufklärung über die Mechanismen, die zur immer gravierenderen materiellen und Einkommensungleichheit beitragen (in der Hoffnung auf etwas Demut bei denen, denen scheinbar so viel genommen wird).

  • Das durchschnittliche Bruttoeinkommen aus unselbständiger Arbeit dürfte bei rund 2.600 Euro im Monat liegen. Da ich strunz seine Frage nicht beantworten kann (wenn ich raten müßte, würde ich auf das zu versteuernde Einkommen tippen), könnten Einkünfte aus Vermögen (400 Euro) und Transferzahlungen (1.000 Euro) noch dazukommen.


    Wobei Vermögen sehr viel ungleicher verteilt sind als die Einkommen, so daß man den Posten nicht als Argument für Klein- und Mittelverdiener herzunehmen braucht. Wo soll die Vermögensbildung auch herkommen im unteren Bereich. Das zur Verfügung stehende Einkommen ist kleiner, davon ist die Sparquote kleiner... der Rest ergibt sich.


    Wenn ich die Daten des Statistischen Bundesamtes (Quelle dieses Postings, eins und zwo) hernehme, dann gehören zu den öffentlichen Transferleistungen nicht nur Sozialhilfe, ALG I, Wohngeld und Kindergeld, sondern auch Renten und staatliche Pensionen.


    Und dann ist da noch der kleine, feine Unterschied zwischen dem arithmetischen Mittel und dem Median. Kurz: theMenace nennt beharrlich 58.000 Flocken im Jahr Mittelschicht, ich finde das sportlich. Wir haben nicht nur unterschiedliche Ansichten, wir nutzen auch Begriffe unterschiedlich. Ich werde meine Art der Begriffsverwendung so lange beibehalten, wie die offizielle statistische Einteilung lautet: Bis 2.000 Euro = Niedriglöhner (rund 16% der Vollzeitbeschäftigten), 2.000 bis 4.500 Euro = Mittelschicht (rund 65% der Vollzeitbeschäftigten) und über 4.500 Euro = Besserverdiener (rund 19% der Vollzeitbeschäftigten). Finde gerade leider keine bessere Quelle als dieses Interview.


    Sich nur eine Branche oder nur das produzierende Gewerbe anzuschauen, hilft leider nicht weiter. Sorry. Ist keine zufällige, sondern eine verzerrte Stichprobe. Damit kannste eine Branche oder das produzierende Gewerbe analysieren, nicht das ganze Land.


    Wenn ab 150.000 49% gelten sollten, würde man mit 58.000 keine Reichensteuer bezahlen. Sondern die mit 150.000. Und der Grenzsteuersatz ist immer noch nicht der Durchschnittsteuersatz. Der achtundfünfzigtausenste Euro würde zwar höher besteuert werden, aber der zwanzigtausenste Euro würde niedriger besteuert werden. Müßte man halt mal genau ausrechnen, was das für wen bedeutete.