Politischer Zoff-Thread oder so

  • wir haben inzwischen die dritte Nacht mit Ausgangssperre und die Situation hat sich noch kein bisschen beruhigt. In den Straßen von Santiago schießt das Militär auf Zivilpersonen. In Talcahuano haben Soldaten einen 22-Jährigen überfahren. Die Ausschreitungen und Plünderungen halten an, aber die Regierung reagiert völlig unfähig. Sebastian Pinera sprach davon, dass das Land im Krieg sei. Gegen wen? Inzwischen wird in allen Städten des Landes demonstriert und keiner geht zur Arbeit.


    Ich war heute bei einer Demonstration, die sehr friedlich begann, bis die Polizei anfing mit Gummigeschossen und Tränengas rumzuballern. Dass dann Gegenwehr entstand, ist logisch, dennoch behielt die Mehrheit die Ruhe und verteidigte sich nur mit Protestrufen. Selbst die mögliche Plünderung eines Supermarktes wurde durch die Demonstranten selbst verhindert. Die Demo dauerte bis zur Ausgangssperre um 18 Uhr. In der Zeit habe ich soviel Tränengas eingeatmet, dass ich glaube, es macht mir nichts mehr aus.


    Abends brannte dann ein Baumarkt im Zentrum ab. Man wird die Vermutung nicht los, dass er vom Militär selbst angezündet wurde, denn aufgrund der Ausgangssperre war niemand sonst auf den Straßen. Solche Aktionen wurden schon häufiger von Polizei und Armee durchgeführt. Im Internet kursieren zahlreiche Videos, die zeigen, wie die Polizei Barrikaden baut und Busse entflammt.


    Später fiel auf einem der Strom aus und man hörte plötzlich Schüsse. Wir wissen aber nicht, was da passiert ist. Auch hier kann ich mir vorstellen, dass das Militär uns den Strom abgestellt hat.


    Wie dem auch sei: Uns geht es gut. Die Kinder haben natürlich Angst, aber wir versuchen möglichst normal mit ihnen den Tag zu gestalten. Sie haben schulfrei, weshalb wir in der Uni Fußball spielen oder Radfahren. Zu den Demos geht immer nur einer von uns.


    Ich habe jedenfalls eine riesige Wut gegen den Staat im Bauch. Wenn ich keine Kinder hätte, würde ich auch mit Steinen auf Polizei- und Militärfahrzeuge schmeißen. So halte ich mich aber zurück und rufe nur das, was alle rufen. Auf den Demos sind Leute jeglicher Art und keineswegs nur Krawallmacher.

  • Hier das 15-seitige Eröffnungsstatment:


    Opening statement of Ambassador William B. Taylor


    Derweil auf der Insel:


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  • Endlich wird auch mal über Meinungsfreiheit, Meinungsdiktatur, Meinungskorridor diskutiert.


    Maischberger - Die Woche


    Ich frag mich was nur passiert ist, früher habe ich das nicht so sehr erlebt. Klar ist, man darf sagen was man will aber dann bekommt man auch die entsprechende Antwort. Neu ist, dass wenn man Fakten erzählt, die nicht einer Ideologie entsprechen die momentan bei vielen in ist, man ziemlich runtergemacht und angefeindet wird. Teilweise kommen sehr harsche und unpassende Vergleiche, das kannte ich bisher so noch nicht. Auch dass es einige Gruppen gibt die der Allgemeinheit ihre Meinung mit verbaler Gewalt aufdrücken wollen. Liegt es am Internet und den vielen Seiten wo man kommentieren kann?

  • Neu ist, dass wenn man Fakten erzählt, die nicht einer Ideologie entsprechen die momentan bei vielen in ist, man ziemlich runtergemacht und angefeindet wird.

    Ich hoffe ja noch, dass ich dich falsch verstanden habe. Worauf willst du hinaus? Welche Fakten darf man nicht nennen? Wer macht wen dann runter? Werd mal konkret.

  • Ach, ich hab halt wieder ein Video gesehen wo ein krasser Text analysiert wurde, da schlägste die Hände vor den Kopf. Mir hat mal jemand erzählt dass nur 5% der Leute dieser Mist interessiert, den meisten ist das egal. Aber diese 5% leben halt in ihrer eigenen Welt. Komisch nur dass diese 5% den anderen das aufdrängen wollen.

  • Kann ich später noch nennen aber ich will nicht wieder wieder Chaos und Unruhe stiften.

    Sorry, aber ich frage nach Ross und Reiter und von dir kommt "Text", "krass", "jemand", "Leute"... Darauf habe ich keinen Bock.

  • Doch, doch - natürlich willst du das.

    Ne, ich will das ganz bestimmt nicht sondern eher das Gegenteil. Da wo Chaos herrscht Ruhe rein bringen, also wo sich Leute in einer Sache nicht sicher sind eine gute Lösung präsentieren mit der alle zufrieden sind.


    sasa Macht nichts, die Zeit kommt wieder.


    Käptn Frühstück Das kommt sicherlich noch dazu, also zusätzlich.

  • Das meine ich z.B..


    Zitat

    Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat angesichts der jüngsten Proteste gegen Vorträge von ehemaligen Politikern eine respektvolle Diskussionskultur angemahnt. "Aggressive Gesprächsverweigerung, Einschüchterung und Angriffe" würden nicht gebraucht, sagte er in einer Rede in Berlin.


    Das offene Ohr, das beherzte Wort, die schonungslos ehrliche, aber auch respektvolle Auseinandersetzung seien Tugenden, die das Land heute dringend brauche, sagteSteinmeier. "Andere zum Schweigen bringen zu wollen, nur weil sie das eigene Weltbild irritieren, ist nicht akzeptabel."

    Zitat

    Bundesbildungsministerin Anja Karliczek warnte im "Spiegel" vor Gefahren für die Meinungsfreiheit und einer Verengung des politisches Diskurses. Universitäten müssten die Ausübung der Freiheiten von Wissenschaft und Lehre garantieren, unterstrich sie. "Es geht nicht, dass sich Studentengruppen oder Aktivisten als Meinungszensoren aufspielen", sagte die CDU-Politikerin. Dies sei "eine Entwicklung, die den Kern der Freiheit von Wissenschaft und Lehre berührt".


    "Bis in die Mitte der Gesellschaft hinein gibt es heute das Gefühl, man dürfe nicht mehr alles sagen", sagte die Ministerin. Der politische Diskurs dürfe nicht so verengt werden, dass man einen Teil der Gesellschaft verliere. Zu viele Menschen säßen auf dem "moralischen Thron". Nur weil sich jemand nicht voll gendergerecht ausdrücke oder nicht umfassend politisch korrekt formuliere, dürfe er nicht gleich runtergemacht werden, erklärte die Ministerin.

    • Offizieller Beitrag

    Eben! Man wird ja wohl noch von Flüchtlingen als "Bodensatz" sprechen dürfen. Oder von "Entartung von Demokratie und Parlamentarismus". Beides ist von Lucke.*
    Na klar: Da braucht es die "respektvolle Auseinandersetzung" weil die "das eigene Weltbild irritieren". Da sitzen die Gegner auf "dem moralischen Thron" nur weil einer nicht "umfassend korrekt formuliert".*

    Von wegen! Erst mit rechtem Gedankengut eine rechtsextreme Partei aufbauen und dann rumjammern, wenn Teile der Öffentlichkeit deutlich machen, dass man rechtes Pack nicht in der Lehre (oder/und sonstwo) haben möchte.
    Und was Steinmeier und Karliczek da von sich geben ist entweder bewusst verharmlosend oder einfach nur doof.


    *Das meine ich jeweils ironisch. Das genau Gegenteil ist richtig. Man wird nicht so sprechen dürfen. Das ist nicht nur irritierend und das ist nicht der moralische Thron sondern berechtigte Empörung.

  • Das hab ich jetzt nicht explizit gemeint aber Lucke hat sich in der Maischberger Sendung erklärt auch wenn es trotzdem unglücklich klingt. Ich meine es eher allgemein und inkludiere damit sogar Ansichten die mir selber nicht gefallen. Ich meine nicht unbedingt die AfD damit, weder damals noch heute und weiß auch gar nicht mehr wie rechts die zu ihren Gründungszeiten waren.

  • Ironiefrei, zum besseren Verständnis:


    Man darf immer alles sagen. Ich bin müde davon, das Gegenteil zu hören. Schon als Sarrazin sein Buch "Deutschland schafft sich ab" veröffentlicht hat, kam das Gequatsche auf. Er hat es doch veröffentlicht, oder? BILD, Spiegel und FAZ haben doch Teile daraus vorab veröffentlicht bzw. Exklusivinterviews mit ihm geführt, oder? Das ist zehn Jahre her. Damals gab es bereits Umfragen, die besagten: Würde Sarrazin mit solchen Inhalten eine Partei gründen, könnte sie 15% holen. Überall in Europa gab es bereits solche rechtspopulistischen Parteien. Nur in Deutschland nicht. Dumme Menschen glaubten, die Deutschen seien nach dem zweiten Weltkrieg davor gefeit. Aber niemand ist davor gefeit. Es gibt diese angeblichen Tabus nicht. Es wird die ganze Zeit über diese angeblichen Tabus gesprochen. Wenn es ein Tabu gäbe, würde darüber nicht gesprochen. Tabu heißt Verbot. Entweder ist es ein Tabu oder es ist Dauerthema.


    Ausländer sind hier seit Jahrzehnten Dauerthema. Als Gastarbeiter in den 60ern kamen, waren sie Thema. Als der Gastarbeiteranwerberstop 1973 kam, waren sie Thema. Kohl wollte den hier seßhaft gewordenen Geld für eine Rückkehr in die Hand drücken. So war es auch in den 80ern Thema. Anfang der 90er kamen Spätaussiedler und Bürgerkriegsflüchtlinge aus Jugoslawien. 1993 wurde das Asylrecht verschäft, es war schon wieder Thema. Roland Koch hat 1999 die Landtagswahl in Hessen mit diesem Thema gewonnen. Als die EU ihre Grenzen nach Osten geöffnet hat, 2004 oder so, war es Thema ("Arbeitnehmerentsendegesetz"). 2009 oder 2010 hat Sarrazin sein Buch veröffentlicht. 2013 wurde die AfD gegründet, spätestens seit 2015 ist diese nur noch monothematisch mit Ausländern unterwegs. Es war fortwährend und pausenlos immer ein Thema. Es ist kein Tabu. Es war niemals ein Tabu.


    Bernd Lucke hat die Büchse der Pandora geöffnet. Er hat eine Partei gegründet, die niemand gebraucht hat. Die AfD hat 2013-15 genau dieselben Inhalte vertreten wie CDU/CSU, FDP, SPD und Grüne. In einem einzigen Punkt hat sie sich von den anderen unterschieden: Sie war gegen die "Hilfskredite" für Griechenland (die Anführungsstriche sollen zeigen, daß die Gelder zwar Hilfskredite genannt wurden, aber keine waren). Das an sich ist noch nicht schlimm. Doch daraus ist, auch mit Mithilfe der BILD, eine Kampagne gegen die faulen Griechen und dann gegen alle südlichen Ausländer geworden. Die AfD wurde zum Sammelbecken der vielen Frustrierten. Lucke hat das immer bestritten. 2015 ist er dann von seiner eigenen Partei rausgewählt worden. Die Geister, die er rief, wurde er nicht mehr los. Die Geister wurden ihn stattdessen los. Dann hat eine neue Partei gegründet, die bis heute niemand kennt. LKR oder so ähnlich heißt sie. Nun hat er wieder an der Universität lehren wollen. Und er hat dabei Gegenwind erfahren.


    Man darf immer alles sagen. Wenn es sich jedoch nicht gehört, was man sagt, dann kriegt man Gegenwind. Zurecht. Es gibt kein Tabu, aber es gibt Gegenwind, wenn man etwas Unanständiges sagt.


    Man darf immer alles sagen. Was beklagt wird, ist der Gegenwind. Aber da mache ich nicht mit. Wenn sich was nicht gehört, dann gehört sich das nicht.


    "Politik" kommt aus dem Altgriechischen. "Polis" heißt Stadt oder Staat (damals gab es im alten Griechenland Stadtstaaten, da hat man nicht unterschieden zwischen Stadt und Staat). In der Politik wird diskutiert und entschieden, wie die Leute zusammenleben. Oder wenigstens friedlich nebeneinander her leben. In der Politik geht es um die Angelegenheiten in der Stadt, im Staat. Alles, was in irgendeiner Form menschenfeindlich ist, ist destruktiv. Gegen welche Menschengruppe es geht, ist unwichtig. Wichtig ist, wie wir alle unter einen Hut kriegen.


    Wer gegen eine Menschengruppe ist, kriegt deswegen den verdienten Gegenwind. Andernfalls ist die Gesellschaft reif für die Mülltonne. Denn andernfalls bekriegen sich Menschen. Krieg bringt nur Unglück.