Politischer Zoff-Thread oder so

  • Wie Trump sich den zukünftigen Haushalt vorstellt:

    https://www.zeit.de/politik/au…ld-trump-sozialleistungen


    Dazu muss man ergänzen, dass Trumps Steuersenkungen (Ende 2017) für Unternehmen, Vermögende und (befristet bis 2025) auch für die Mittelschicht sich nicht selbst tragen. Der Effekt auf das BIP war (ist) da, aber fiel deutlich moderater aus, als von der Regierung prognostiziert.

    Zukünftig 3% Wachstum p.a. halte ich für völlig utopisch, wenn 2018 2,9% erreicht wurden und 2019 schon "nur" noch 2,1%.

    2019 war übrigens das zehnte Wachstumsjahr in Folge. Geht die trumpsche Prognose auf, wäre das in ein paar Jahren die längste Wachstumsphase in der Geschichte der USA. Dazu noch so ambitioniert mit 3% p.a. gerechnet. Sportlich, sportlich.

  • Das fängt mit der Vokabel "Gleichsetzung" an. Ich habe noch niemanden überhaupt gehört, der gemeint hätte, die Linkspartei sei das gleiche wie die AfD. Manche reden von "Äquidistanz", was einen gleichen Abstand bedeuten würde. Ein gleicher Abstand heißt aber nicht "gleich", und das muss auch kein Begriff sein, den man zentimetergenau versteht. Wer die Linkspartei "schlimm genug" findet, um nicht mit ihr zusammenzuarbeiten, sagt nicht, dass sie "genauso schlimm" ist, wie die AfD.


    Der zweite Punkt sind die Maßstäbe. Es ist keine Gleichsetzung, wenn man an Parteien die gleichen Maßstäbe anlegt. Das ist im Gegenteil die einzig redliche Weise, Parteien (oder sonstwas) zu bewerten. Wer schon das Anlegen der gleichen Maßstäbe als Gleichsetzung verurteilt, entzieht die Linkspartei sozusagen von vornherein einer fairen Bewertung.

    Die Bildungsministerin Schleswig-Holsteins, Frau Katrin Prien, ihres Zeichens Mitglied der CDU, widerspricht Deiner Einschätzung, indem sie den Abschied der Gleichsetzung von der Linken mit der AfD wünscht:


    Zitat von Katrin Prien (auf zeit.de)

    "Wir werden das so nicht durchhalten", sagte Prien. Sie sei überzeugte Antikommunistin, aber "einen respektablen Ministerpräsidenten wie Bodo Ramelow mit einem Herrn Höcke (Thüringens AfD-Chef Björn Höcke, Anm. d. Red.) gleichzusetzen, ist eine politische und historische Verzerrung", sagte Prien. "Diese Realität hätten wir viel früher zur Kenntnis nehmen müssen."


    Das wäre kaum nötig, wenn es diese Gleichsetzung nicht gäbe, die Du als 'Äquidistanz' verklausulierst, und die dann doch nix anderes als eben die komplette Gleichbehandlung (-> Gleichsetzung, siehe Zitat) der AfD und der Linken auf Seiten der CDU darstellt.

    Du findest diese Aussage auch auf sz.de, etc.


    Quelle

  • Blitzumfrage infratest-dimap: Linke 39%, AfD 24%, CDU 13%, SPD 10%, Grüne 5%, FDP 4%. Ein klares Zeichen für Ramelow und ein Totalschaden für schwarz gelb.

  • Joachim Gauck ist ebenfalls klarer Antikommunist, hat aber auch gesagt, dass von Ramelow, der die Thüringer Linke gut im Griff hat und zudem in einer Koalition regiert, überhaupt keine Gefahr für die Demokratie ausgeht. "Der Ministerpräsident dort ist nun nicht gerade aufgefallen als ein kommunistischer Akteur."


    https://www.zdf.de/nachrichten…it-joachim-gauck-100.html


    Es ist einfach lächerlich, hier mantraartig eine Äquidistanz herstellen zu wollen, die es nicht gibt, und diese auch noch mit unseriösen Fakten untermauern zu wollen. Fakt ist: Die Linke hat sich in die bundesdeutsche Demokratie integriert (wenn man im Forum nachliest: Bei der Bildung der Regierung Ramelow hatte ich noch Bedenken), die AfD diskreditiert sie (wie zuletzt in Erfurt mit Hilfe der Steigbügelhalter FDP und CDU) und will sie letztlich beseitigen.


    Einmal editiert, zuletzt von Dahl ()

  • Zitat

    Tatsächlich ist diese These von der Äquidistanz aber falsch. Sie geht von irrigen Voraussetzungen aus, und ihre Vertreter zeigen sich als blind gegenüber den politischen Entwicklungen der letzten 30 Jahre. Es ist eine westdeutsch geprägte, konservative CDU-Interpretation, die die Lebenserfahrungen der Menschen in der früheren DDR arrogant ausblendet.

    Die heutige Partei „Die Linke“ hat sich seit 1990 aus der ehemaligen SED und ihren Nachfolgern herausgebildet. Sie ist immer noch links, sozialistisch, lehnt die außenpolitische und militärische Bündnisbindung der Bundesrepublik in Teilen ab. Aber sie ist demokratisch.

    Dass sich die heutige Parteispitze nicht, wie die CDU fordert, bei den Opfern der SED-Diktatur entschuldigt, ist ein Zeichen mangelnden Selbstbewusstseins – aber diese Partei hat sich zu einer demokratischen Organisation entwickelt, die in den Regierungen mehrerer Bundesländer verlässlich mitarbeitet

    Zitat

    Dagegen hat die AfD in den letzten knapp zehn Jahren eine kontinuierliche Rückwärtsbewegung durchgemacht. Aus der einstigen Anti-Euro-Partei wurde auf dem Weg über genauso gerechtfertigte Proteste gegen die Hilfslosigkeit staatlicher Stellen angesichts einer unkontrollierter Zuwanderung eine zunehmend völkisch orientierte „Bewegung“, in der es breiten Raum für eine Revision der Geschichtsbetrachtung (Gaulands „Vogelschiss“) und eine Leugnung oder Banalisierung des Holocaust („Denkmal der Schande“) gibt.


    Man darf die heutige AfD faschistisch und rassistisch nennen. Es ist eine Partei, an der die Vorstellung Angst und Panik hervorruft, sie könne einmal maßgeblichen Einfluss auf die Politik dieses Landes haben.

    Zitat

    Wer also in der Gleichbewertung von AfD und Linke einen Bodo Ramelow mit Björn Höcke gleichsetzt, muss sich fragen lassen, ob er noch bei Verstand ist. Die CDU sollte sich von ihrem Äquidistanz-Dogma verabschieden, lieber heute als morgen.

    TAZ.de


    Dem ist auch und gerade in Bezug auf die sich immer weiter rechts verortende FDP nichts hinzuzufügen.

  • Zitat

    Dass sich die heutige Parteispitze nicht, wie die CDU fordert, bei den Opfern der SED-Diktatur entschuldigt, ist ein Zeichen mangelnden Selbstbewusstseins

    Wenn man Ramelow für Thüringen zur Parteispitze zählt, dann hat ja bei seiner ersten Antrittsrede die Bitte um Entschuldigung an die Opfer des SED-Regimes überbracht.

  • Ich glaube, man geht nicht falsch und tut der Linken kein Unrecht, wenn man sagt, dass sie in weiten Teilen immer noch ein Problem mit dem Umgang mit der SED-Zeit hat. An der Stelle gibt es aus meiner Sicht auch mehr als nur mangelndes Selbstbewusstsein. Da fehlt es an einigen Stellen schon an Einsicht und Bereitschaft zur Aufarbeitung (=Übernahme von Verantwortung).


    Hinzu kommt: Auch wenn Ramelows Bitte um Entschuldigung sehr hoch einzuschätzen ist -- er ist unter anderem nicht in der DDR aufgewachsen.


    Ansonsten habe ich meine Einschätzung zur Demokratiefähigkeit der Linken ja kundgetan und kann die verlinkten Zitate so unterschreiben. Sie mit der AfD zu vergleichen, ignoriert die Faktenlage.


    Was las ich heute so schön von einem CDU-Politiker oder einer CDU-Politikerin?

    "Die Linke ist unser politischer Gegner, die AfD ist unser politischer Feind."


    So nämlich.

  • Hinzu kommt: Auch wenn Ramelows Bitte um Entschuldigung sehr hoch einzuschätzen ist -- er ist unter anderem nicht in der DDR aufgewachsen.

    Willy Brandt hat während der NS-Diktatur nicht in Deutschland gelebt und hat dennoch als Bundeskanzler 1970 in Warschau vor dem Ghetto-Denkmal den symbolkräftigen Kniefall gemacht.

    Ramelow hat seine Bitte um Entschuldigung nicht individuell ausgesprochen, sondern als Vertreter seiner Partei; das hatte er zuvor mit den Gremien kommuniziert, die dem zugestimmt hatten.


    Edit: Im Übrigen hat sich meines Wissens nach keiner der CDU-Ministerpräsidenten in Ostdeutschland für die Kooperation der Partei mit der SED entschuldigt. Bei dem sächs. Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich, der im ersten Quartal 1989 als lokaler CDU-Funktionär und Mitarbeiter im Rat des Kreises Kamenz an einem dreimonatigen Lehrgang der SED-Kaderschmiede "Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft" in Potsdam teilgenommen hatte (und danach zum stellv. Vorsitzenden des Rates des Kreises "befördert" wurde), sah man, als das publik wurde (er hatte diesen Sachverhalt in seinem im Internet präsentierten Lebenslauf verschwiegen), großzügig darüber hinweg. Die Gelegenheit, sich wenigstens zu diesem Zeitpunkt klar kritisch zu der Kooperation der Ost-CDU mit der SED zu erklären, ließ er verstreichen.

    Einmal editiert, zuletzt von Dahl ()

  • Ich will gerade nicht in den PolZoff-Thread... (Ich werde dort noch kurz kommentieren, was kommentiert werden muss, keine Sorge, aber es hat keine Eile.)


    Deswegen hier: Interview mit Ali Weiwei in der Berliner Zeitung. Bester Mann!


    Zitat

    Ich bin Ausländer hier. Sie mögen meine Kunst, sie mögen mich als Kämpfer gegen den Kommunismus, aber sie mögen es nicht, wenn ich über die Lage der Flüchtlinge in Deutschland spreche. Oder über den Kampf in Hongkong. Sie wollen nicht, dass ich über Volkswagen spreche, meine Rechte an meinem Bild. Ich habe Volkswagen verklagt und gewonnen. Die deutsche Presse hat darüber nicht berichtet.



    Und noch eins, weil's so schön ist.


    Zitat

    Deutschland ist zutiefst unehrlich. Sie wollen stolz sein, sie wollen das Richtige tun, dafür haben sie sich sehr angestrengt, weil sie eine so dunkle Vergangenheit haben. Aber funktioniert das wirklich, oder tun sie bloß so? Ich mag es nicht, wenn jemand nur so tut. Wenn es neue Nazis gibt, dann schätze ich das, weil sie echt sind. Ich mag die Liberalen nicht, die nur so tun, als seien sie liberal. Aber tief drinnen haben sie die Nazi-Kultur verinnerlicht.

  • Die Behauptung. dass alle Liberalen in Deutschland "tief drinnen die Nazi-Kultur verinnerlicht" haben, ist zu pauschal. Ist das Gleiche wie AfD- und Pegida-Leute, die nicht zwischen Muslimen und Islamisten differenzieren.

  • Das Interview mit Weiwei habe ich auch gelesen, zumal Berliner Freunde aus der Theaterszene um die Volksbühne beim Namen Dercon Schnappatmung bekommen...


    Somit solltest du auch diese Passage des Interviews bringen:


    Was meinen Sie damit?

    Ein Freund von mir, Belgier, wurde von der Berliner Regierung eingeladen, ein Theater zu leiten.

    Ah, Sie sprechen von Chris Dercon.

    Noch bevor er kam, wurde er hinterrücks überfallen. Die Linken sorgten dafür, dass Leute einen Brief gegen ihn unterschrieben, er wurde als Neoliberaler beschimpft, da hatte er noch gar nichts gemacht. Sie haben Scheiße an seine Tür geschmiert, Drohbriefe geschrieben. Daran kann man sehen, wie sehr sie es hassen, wenn Ausländer einbezogen werden. Und das waren alles Linke. Die Rechten sind einfach nur dumm, viel gefährlicher sind die Linken.



    Dercon hat mal eben nach der Übernahme der Volksbühne das Ensemble auf Null reduziert, Gastproduktionen statt Eigenproduktionen...

    Das man daraufhin Gegenwind von den Castorf Freunden erhält, kann man sich denken, Dercon wurde als Kommerzialisierer geschmäht. Sozusagen als Klassenfeind.


    Der gute Ai Weiwei macht sich das Leben aber auch wie es ihm gefällt...

  • Eigentlich ist es recht einfach.

    Merz wird Kanzler, und kurz darauf tauschen wir den dann durch stscherer aus. Merkt äußerlich kein Mensch.

    Oha, wollte Merz Anfang 2000 nicht das Renteneintrittsalter auf 70 erhöhen und den Kündigungsschutz abschaffen?

    Ob das heute gut ankommt?