Politischer Zoff-Thread oder so

  • Was wenig überraschend ist, weil ja auch niemand behauptet hat, dass plötzlich jeder tote Afroamerikaner durch strukturellen Rassismus stirbt. Aber struktureller Rassismus wird weder weniger noch weniger schlimm, nur weil Menschen auch aus anderen Gründen sterben.

  • Das ist mir schon klar ihr beiden. Es geht doch darum, dass die Empörung über Tote proportional größer ist, wenn es die richtigen Täter waren. Das ist ein Grundproblem linker Identitätspolitik und des intersektionalistischen Ansatzes, der Narrativ ist auf die Täter-Opfer Dualität ausgerichtet. So passiert es dann, dass schwarze Opfer die nicht ins Bild passen weniger interessant sind. Das Gleiche gilt für Palästinenser, für deren Tod man nicht Israelis verantwortlich machen kann. Das Interesse an den Toten in Yarmouk durch Assad oder die Ghetto-Haltung der Palästinenser in den meisten arabischen Staaten, inbesondere Israel, ist dann eben ungleich weniger. Das gleiche gilt für arabischen Sklavenhandel, schwarze Menschen in Mauretanien, Uiguren in Xinjiang und wahrscheinlich noch viele weitere.

    Die Ironie daran ist, dass der westliche Liberalismus, der sich wiederholt bis zur Selbstzerfleischung selbst kritisiert, gleichzeitig Hauptadressat der Kritik ist, einfach auch weil es möglich ist. Um das Böckenvörde Diktum umzukehren, stirbt hier der freiheitliche Verfassungstaat an den Voraussetzungen, die er selbst geschaffen hat.

  • Die Ironie daran ist, dass der westliche Liberalismus, der sich wiederholt bis zur Selbstzerfleischung selbst kritisiert, gleichzeitig Hauptadressat der Kritik ist, einfach auch weil es möglich ist.

    Das nennt sich gesellschaftliche Evolution.

    Ohne konstruktive Selbstkritik keine Entwicklung.

  • Richtig, das war und ist der große Vorteil westlicher Gesellschaften. Was aber nicht bedeutet, dass nicht interessierte Kräfte genau diesen Hang zur Selbstkritik auch zu nutzen wüssten. Letzendlich ist Identitätspolitik Kommunalismus in anderen Gewand und beherbergt implizite Kritik an individuellen Menschenrechte, ob gewollt oder nicht. Alain den Benoist hat sich diesen Gedanken schon Anfang der 90er zur Kritik am Westen bemächtigt und insbesondere China, aber mit Abstrichen auch Erdogans Türkei, wissen das für sich zu nutzen. Als Beispiel ist die perfide "türkisierung" und "Islamisierung" der Opfer von Hanau zu nennen. Es entmenschlicht die Opfer und letzendlich bietet die politische Linke das Einfallstor des Anti-Liberalismus, wenn plötzlich wieder Gruppeninteressen höher zu bewerten sind, als das Individuum und nichts anderes geschieht hier. Langfristig gefährdet das eben doch den Verfassungsstaat.

  • Es "entmenschlicht" Opfer, wenn man den rassistischen Hintergrund ihrer Morde benennt?

    Au contraire: es verharmlost die Taten des Mörders, wenn man es nicht tut.


    Alain de Benoist? Ernsthaft? Nachtigall.....

  • Es "entmenschlicht" Opfer, wenn man den rassistischen Hintergrund ihrer Morde benennt?

    Au contraire: es verharmlost die Taten des Mörders, wenn man es nicht tut.


    Alain de Benoist? Ernsthaft? Nachtigall.....

    Du willst mich wohl bewusst missverstehen. De Benoist' Kritik der Menschenrechte ist anti-westlich motiviert und strukturell ähnelt die Argumentation der Idenitätspolitil von links. Auf diese unselige Gemeinsamkeit hinzuweisen bedeutet jetzt genau was für dich?


    Die Entmenschlichung geschieht dadurch, dass die Opfer gekapert werden. Für Erdogan und türkische Interessenverbände in Deutschland war wichtig, dass es Türken und/oder Moslems waren. Dabei wissen wir nichts über ihre Glaubensausrichtung oder ob es vielleicht Kurden waren. Das spielt letzendlich auch keine Rolle, sondern dass Menschen, die einen schönen Abend verbringen wollten, aus "fremdenfeindlichen" (Tätersicht) Motiven ermordet wurden. Aber die Vereinnahmung geschah aufgrund einer vermeintlichen Gruppenidentität.

  • De Benoist' Kritik der Menschenrechte ist anti-westlich motiviert und strukturell ähnelt die Argumentation der Idenitätspolitil von links.

    Kühne Behauptung. Den Zusammenhang hätte ich jetzt gerne mal erklärt.

  • Die Mutmaßung ist dann offenbar deine und nicht die von irgendjemandem, der mit der diesbezüglichen Untersuchung oder zumindest Berichterstattung befasst ist, nehme ich mal an?

    Zitat

    The shooting is still under investigation, and no suspects are in custody.

    Und dann noch hierzu:

    Es geht doch darum, dass die Empörung über Tote proportional größer ist, wenn es die richtigen Täter waren.

    Die Empörung über Tote hängt generell von den Umständen des Todes ab. Dazu gehören natürlich gegebenenfalls der Täter und seine Motivation. Sollte meine hundertjährige Tante irgendwann mal von uns gehen, sind wir natürlich traurig, aber die Empörung wird sich wohl in Grenzen halten.


    Wenn ein Elternteil sein Kind gezielt umbringt, weil es nicht in die Lebensplanung passt (zu solchen Fällen gibt es hier sogar einen eigenen Thread) ist die Empörung selbstverständlich und richtigerweise groß, überrollt ein Elternteil das in der Einfahrt spielende Kind versehentlich mit dem Auto, wird der gleiche Täter vermutlich eher Mitgefühl ernten.


    George Floyd wurde Opfer rassistischer Polizeigewalt (das sind gleich zwei sehr spezielle Aspekte dieser Tat), die Hintergründe von Horace Andersons Tod sind offensichtlich noch unklar. Welchen Grund (abgesehen vielleicht von der US-Waffenkultur) gäbe es für Empörung, die mit der über Floyds Tod vergleichbar wäre, wenn sich beispielsweise herausstellte, dass es sich um einen banalen Nachbarschaftsstreit handelte? Und daher sind beispielsweise auch rassistisch motivierte Morde wie die des NSU ein politisches Thema, nicht jedoch ein von einem Menschen mit Migrationshintergrund begangener Raubmord. Solange man nicht daran glaubt, dass die alle von Merkel hergeholt wurden, um uns Weiße auszurotten.

  • Es ist eine ganze Weile her, dass ich ihn gelesen habe, aber im Kern geht es um seine Rezeption des Kommunalismus, der Rechte für Gruppenidentitäten fordert. Das bedeutet im Kern eine Abkehr vom westlich-individialistischen Ansatz der Menschenrechte.

    Linke Identitätspolitik rezipiert die Gruppenzugehörigkeit aus Sicht der Unterdrücker-Unterdrückten Dichotomie, die ich an sich schon für Unfug halte, weil es unterkomplex ist, aber einer bestimmten Erzählung dienlich ist. Diese Zwangskollektivierung endet in der Vertretung unvereinbarer Partikularinteressen. Das wird dann noch mit etwas Kulturrelativismus vermischt und schon haben wir die Misere.

    Wenn die politische Linke das ernsthaft weiterbetreiben möchte, dann sollte sie bloß im Auge behalten, dass diese Politik genauso anschlussfähig von rechts ist.

    Wenn man will kann man das an der Wahl von Trump schon beobachten.

    Ich könnte jetzt noch Fukuyama als Kronzeugen anführen, aber ich habe leider sein Buch dazu nicht gelesen und mein Wissen beschränkt sich auf einen Vortrag dazu, den er vor längerer Zeit hier Hannover dazu gehalten hat.

  • Es ist eine ganze Weile her, dass ich ihn gelesen habe, aber im Kern geht es um seine Rezeption des Kommunalismus, der Rechte für Gruppenidentitäten fordert. Das bedeutet im Kern eine Abkehr vom westlich-individialistischen Ansatz der Menschenrechte.

    Linke Identitätspolitik rezipiert die Gruppenzugehörigkeit aus Sicht der Unterdrücker-Unterdrückten Dichotomie, die ich an sich schon für Unfug halte, weil es unterkomplex ist, aber einer bestimmten Erzählung dienlich ist. Diese Zwangskollektivierung endet in der Vertretung unvereinbarer Partikularinteressen. Das wird dann noch mit etwas Kulturrelativismus vermischt und schon haben wir die Misere.

    De Benoist war also eine Luftnummer von Dir.

    Der Rest - mit Verlaub - ist chauvinistisches Geschwätz. Ein genauer und unverstellter Blick in die Geschichte zeigt die Ausgrenzungsstrategien in deren Folge Interessen und Rechte von ganzen Bevölkerungsgruppen keine Berücksichtigung fanden und schlimmer noch unterdrückt wurden.

    Bei der Ausgrenzung ging es selbstverständlich um durch bestimmte Kategorien definierte Gruppen.

    Warum musste es in den USA eine Bürgerrechtsbewegung der Afro-Amerikaner geben? Weil sie in den USA gleichberechtigt waren?


    Wie konnte es in der BRD dazu kommen, daß bis in die 90er Jahre hinein, der §175 StGB gültig war? In wessen mangelndem Interesse lag die späte Abschaffung und durch wen, wurde diese erreicht und welche Prozesse waren hierfür erforderlich?


    Wie groß waren die Bestrebungen der deutschen Gesellschaft, die sog. "Gastarbeiter" Teilhabe an gesellschaftlichen und politischen Prozessen zu gewähren? Dazu könnte man für die heutige Zeit die Analogie zu den Arbeitsverhältnissen in der Fleischindustrie herstellen.


    Wie groß war das Interesse der konservativ geprägten zum größten Teil männlich geprägten Politiker, Frauen ein von Männern durch eigene Erwerbstätigkeit unabhängiges Leben führen zu können, zu ermöglichen?

    Der ganzen Komplex zum §218 StGB bediente wessen Interesse?


    Wenn es die wissenschaftliche Erkenntnis gibt, daß die Herkunft und das soziale Milieu entscheidend für den Grad an Bildung von Kindern und Jugendlichen ist, dann ist die Beseitigung dieses Nachteils kein "Partikularinteresse". Denn Bildung und Demokratie gehören untrennbar zusammen.


    Wenn man das zusammenfasst (und es ist noch vielfältig erweiterbar), repräsentiert die Politik in der Umsetzung gesellschaftlicher Fragen bis in die 70er/80er Jahre die Partikularinteressen der deutschen, heterosexuellen Männern. Diese Partikularinteressen werden im Rahmen von Emanzipationsbestrebungen durch die Gruppen deutlich gemacht, die von Teilhabe und Macht bisher ausgeschlossen waren.


    Zur Demokratie gehört eben die Gewährleistung der Teilhabe an demokratischen Prozessen für alle. Ausschlusskriterien, wie bspw. Stigmatisierung müssen beseitigt werden.Gegen die Beseitigung wenden sich dann diejenigen, die um Einfluss und Macht fürchten.

    Deswegen ist die Betonung von westlich-individualistischem Ansatz auch eine Verschleierung der eigentlichen Intention. Die mangelhafte Umsetzung des westlich-indvidualistischem Ansatzes hat die Emanzipationsbewegungen erst notwendig gemacht. Und deren Errungenschaften sollen in einer "konservativen Revolution" (Dobrindt) zurückgebildet werden.

  • Biden ist wählbar für viele, gerade weil Trump offensichtlich ein Vollidiot ist.


    Mit Sanders hätte Trump eine echte Chance gehabt, meine Meinung, da er für viele Konservative einfach nicht wählbar gewesen wäre


    Nachtrag


    Sanders wäre auch der Kandidat in Putins Sinne gewesen, glaub ich