Politischer Zoff-Thread oder so

  • Dank Zivildienst war es doch auch nur eine Illusion, dass die Wehrpflicht die Bundeswehr zu einem Abbildung der Gesellschaft macht.


    Also in meinem privaten Umfeld war kaum einer beim Bund und Frauen ja sowieso nicht seinerzeit.

  • Mit Bürger in Uniform hatte das auch seit mindestens 40 Jahren nie etwas zu tun, ein absoluter Mythos! Gegen rechte Tendenzen hat das sicher auch nicht geholfen! Rechtsradikalismus in der Bundeswehr ist ja nun auch kein Phänomen der letzten 10 Jahre. Militär zieht eben Rechte an, das ist nicht neu.

    Ich picke mir mal nur diesen Teil heraus...


    Wieso hatte das mit 'Bürger in Uniform' nichts zu tun?


    Und wieso hat die Teilnahme an der Armee nicht geholfen, rechte Tendenzen in der Bundeswehr zu limitieren, bzw. aufzudecken? Gerade die Tatsache, dass Kompanien nicht vollständig aus verschworenen Gruppen bestanden, hat geholfen, ein Abdriften zu erkennen, weil die Wehrdienstleistenden mit dem Kodex des Vollzeitsoldaten mit Ambitionen nach rechts eher weniger zu tun hatten.


    Und wenn Du schreibst, dass das Militär rechte Gesinnung anzieht, wieso zweifelst Du dann an einer Armee, die versucht, dem durch eine Durchmischung zu begegnen? Da widersprichst Du Dir quasi selber. Eben weil das Militär eher rechtes Pack anzieht, muss man doch dafür sorgen, dass die verschworenen Zirkel aufgebrochen werden und sich keine Strukturen bilden, wie sie in der Reichswehr (oder im weltweiten Fokus betrachtet: in Berufsarmeen) existieren.

  • Ich würde ein Pflichtjahr begrüßen, für jedes Geschlecht und meinetwegen wahlweise auch beim Militär abzuleisten. Aber mit Schwerpunkt im sozialen und ökologischen Bereich. Das wäre auch gut für die Persönlichkeitsbildung junger Menschen.

    So wäre wohl es am fairsten und auch sinnvollsten.

    Ich weiß nicht, ob es wirklich so fair ist, wenn man den sozialen Berufen wieder einen Schwung von Zwangsverpflichteten vor die Nase setzt... das Ziel von gerechten Löhnen und fairen Arbeitsbedingungen in diesen Bereichen wird das nicht so wirklich nutzen, befürchte ich.

    Würde es nicht. Zivis wurden massig als billige Arbeitskräfte Und Ersatz qualifizierter Fachleute missbraucht. Ich selbst wurde als Zivi im Krankenhaus/Pflegeheim ständig aufgefordert Tätigkeiten auszuüben, für die ich weder ausgebildet noch qualifiziert war, zB medizinische Behandlungen, weil das Personal immer knapp war. Habe mich immer geweigert dafür wurden mir dann ständig dienstrechtliche Folgen angedroht . War mir natürlich egal, da ich ja das Recht auf meiner Seite hatte. Ich war da auch schon fast 23 und seit über 6 Jahren berufstätig gewesen, bevor man mich noch einzog, und besaß somit schon ein gewisses Selbstvertrauen mich zu weigern. Die ganzen 18 Jährigen haben einfach alles gemacht, was man ihnen sagte. Ich war in 2 Krankenhäusern und 2 Pflegeheimen tätig während meines Zivildienstes und in allen Einrichtungen gab es diesen Missbrauch von Zivis! Das war auch bei den verantwortlichen Stellen bekannt und wurde hingenommen..

  • hast du den von mir geposteten Artikel gelesen? Massive Probleme mit Rechten Spinnern in der BW gab es immer. Mit oder ohne Wehrpflicht.

  • Ich wollte Deine Einschätzung(en) haben.


    //edit:

    Ich habe den Artikel überflogen(!) und sehe, dass meine Erfahrung mit dem Laden, aktiv wie passiv, davor lag. Insofern signifikant davor, als dass sie vor dem Fallen des Eisernen Vorhanges stattfand.

    Der Einfluss der für die Demokratie verlorenen Menschen aus der ehemaligen DDR ist wohl entscheidend für das Bild, das die Bundeswehr Ende der 90er abgab.

  • Ich wollte Deine Einschätzung(en) haben.


    //edit:

    Ich habe den Artikel überflogen(!) und sehe, dass meine Erfahrung mit dem Laden, aktiv wie passiv, davor lag. Insofern signifikant davor, als dass sie vor dem Fallen des Eisernen Vorhanges stattfand.

    Der Einfluss der für die Demokratie verlorenen Menschen aus der ehemaligen DDR ist wohl entscheidend für das Bild, das die Bundeswehr Ende der 90er abgab.

    mein Bild der Bundeswehr bezieht sich auf die Zeit von Mitte/Ende der 90er bis heute. Mag vor dem Fall der Mauer anders gewesen sein. Ich habe einige Soldaten im Familien-und Bekanntenkreis und eine gewisse Art von Einstellung teilen die fast alle. Nicht direkt rechtsradikal oder -extrem aber doch sehr reaktionär und tendenziell schon rechts. Sicherlich noch von der Meinungsfreiheit gedeckt aber mMn schon problematisch. Auch wird die Wehrmacht in deren Kreisen gerne als „Sauber“ bezeichnet und von fast jeder Schuld freigesprochen. Einen gewisser „Wehrmachtskult“ scheint ja verbreitet zu sein. Vom Singen rechter Lieder bei Biwaks wurde schon Mitte der 90er bei Familienfeiern erzählt. Bei meinen Zivildiensts hatten hatten wir einige Kurse zusammen mit Wehrpflichtigen der Bundeswehr. Da waren auch überproportional viele rechte Spinner dabei. Natürlich alles nicht repräsentativ, sondern nur meine Eindrücke. Ich denke auf jeden Fall, dass das Problem des Rechtsradikalismus in der BW tiefer liegt und die Wehrpflicht da definitiv keine Abhilfe schaffen würde.

    2 Mal editiert, zuletzt von Insane96 ()

  • Erstmal danke für Deine persönliche Einschätzung.

    Natürlich alles nicht repräsentativ, sondern nur meine Eindrücke. Ich denke auf jeden Fall, dass das Problem des Rechtsradikalismus in der BW tiefer liegt und die Wehrpflicht da definitiv keine Abhilfe schaffen würde.

    Meine Erfahrungen mit Y-Tours sind tatsächlich signifikant anders gelagert.

    Ich komme aus einem konservativen, aber zutiefst demokratischen Elternhaus mit einem [jetzt pensionierten] Berufsoldaten als Vater. Konservativ wie gesagt, aber eben vom Grundgesetz überzeugt. Irgendeine Glorifizierung der Wehrmacht hat überhaupt nicht stattgefunden, ganz im Gegenteil. Ich bin aufgewachsen mit dem Bild, dass die Verteidigung der Freiheit & Demokratie die Aufgabe der Bundeswehr ist.

    Als ich Ende der 80er zum Bund ging, war das ein klassischer Abijahrgang, was zur Folge hatte, dass wir uns vehement mit Vorgesetzten stritten, wenn uns irgendetwas suspekt und/oder rechtslastig vorkam. Bestes Beispiel ist das sogenannte 'Panzerlied', das wir beim über den Exerzierplatz latschen singen sollten. Das Lied stammt aus dem 3.Reich, was wir sehr schnell an Text und Art & Weise erkannten. Wir haben uns dann geweigert, den Scheiß zu singen und haben das tatsächlich bis zum Bataillonskommandeur durchgeboxt. Am Ende des Tages haben wir(!) die Lieder bestimmt, die wir gewillt waren zu singen.

    Politischer Unterricht gehörte wöchentlich dazu und wurde ebenso argwöhnisch und mit Argusaugen betrachtet. Was uns komisch kam, wurde angeprangert. Die wenigen Vorgesetzten, die bekennende Rechtsausleger waren, hatten keinen guten Stand in der Kompanie.


    Vor diesem Hintergrund, ebenso nicht repräsentativ, habe ich den Wehrdienst als durchaus hilfreich empfunden, der Bundeswehr 'auf die Finger zu schauen'.

  • Mir geht es ähnlich wie prickelpit96, ich kann mir auch (noch) keinen Reim darauf machen, weshalb die Wehrpflicht von großen Teilen der Politik so rigoros abgelehnt wird.


    Grundsätzlich muss man, nach meiner Auffassung, unterscheiden zwischen den Prinzipien Wehrpflicht vs. Berufsarmee und der politischen Umsetzbarkeit. Zum zweiten Aspekt gehört die Sicherstellung der Wehrgerechtigkeit.


    Wenn ich bei den Prinzipien bleibe, dann vertrete ich auch eher den Standpunkt, dass eine Wehrpflichtigenarmee deutlich weniger anfällig ist für Rechtsradikalismus als eine Berufsarmee.


    Dies deckt sich auch mit meinen Erfahrungen. In den 80er Jahren war ich sowohl bei den Panzergrenadieren als auch im Nachschub. Natürlich waren dort auch Personen mit rechtsradikaler Gesinnung, aber auch solche mit demokratischer oder linker Ausrichtung. Als Beruf hätten letztere den Soldaten sicherlich nicht gewählt.

  • Was würde denn eine Wehrpflicht bei Truppenteilen wie der KSK helfen? Die bekommen doch eh keinen Wehrpflichtigen zu sehen.

  • Ich sehe auch schlichtweg keine Begründung mehr für die Notwendigkeit einer Wehrpflicht, da die heutigen Probleme Deutschlands, auch militärische, nicht von wehrpflichtigen gelöst werden. Ein Überfall einer fremden Macht mit dem Bedarf von massenhaft an der Waffe ausgebildeten Männern sehe ich jedenfalls überhaupt nicht! Daher bin ich strikt dagegen!

  • zumal es nicht die Aufgabe der untersten Ränge bei der Armee sein sollte, die Weichen für eine verfassungsgemäße Armee zu stellen, sondern die der Führung.

  • Insane96: Selbstverständlich kann man auch mit guten Gründen gegen eine Wehrpflichtarmee sein. Die Diskussion in den 50er Jahren beinhaltete übrigens auch den Aspekt, dass eine enge Verbindung zwischen den Streitkräften und der parlamentarischen Demokratie sichergestellt werden sollte.


    Wenn das auch mit einer Berufsarmee realisierbar ist, dann umso besser. Aktuell bin ich mir da aber nicht so sicher.

  • Ich habe vom Ausbilder einen Anschiss bekommen als ich "Eine Insel mit 2 Bergen, und dem tiefen weitem Meer..." angestimmt habe...

  • Soldaten, Krieg und Irrsinn, da kommt mir immer Hair in den Sinn:


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  • Insane96: Selbstverständlich kann man auch mit guten Gründen gegen eine Wehrpflichtarmee sein. Die Diskussion in den 50er Jahren beinhaltete übrigens auch den Aspekt, dass eine enge Verbindung zwischen den Streitkräften und der parlamentarischen Demokratie sichergestellt werden sollte.


    Wenn das auch mit einer Berufsarmee realisierbar ist, dann umso besser. Aktuell bin ich mir da aber nicht so sicher.

    ok, dennoch ist die Wehrpflicht ein absolutes Auslaufmodell. Gerade, wo die Arbeitswelt mittlerweile derart flexibel ist, dass es für viele einen massiven Einschnitt in die persönliche Vita bedeuten kann, 6-9 Monate nicht dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen. Sieht man ja auch an diverseN Ländern in Europa, die keine haben. Sind die jetzt deswegen weniger verbunden mit anderen Streitkräften oder gar demokratiefeindlich? Ich denke nicht!

  • Naja, wenn ich mir so die Übergangszeiten der heutigen Schüler ansehe, dann dürfte das mit den 6-9 Monaten schon möglich sein, wenn es denn dann wirklich sinnvoll genutzt werden würde - und sei es auch nur, um sich ein finanzielles Polster für die folgende Ausbildung zu verschaffen, Zusatzqualifikationen zu erwerben und mal in Arbeitsgebieten tätig zu sein, die man ansonsten lieber meidet (schönen Gruß an den durchschnittlichen Jurastudenten des Jahres 2020).


    Das Problem ist doch, dass das niemand bezahlen will. Und genau das ist ein riesiges Problem, wenn die Dienstverpflichteten in Konkurrenz zu tatsächlichen Arbeitnehmern treten.