Politischer Zoff-Thread oder so

  • Tschuldigung, welcher Wirtschaftszweig außer vielleicht Einzelhandel und einfaches Gewerbe wird vom Staat denn nicht subventioniert?

  • Das ach so "böse" Gewinnstreben der privaten Wirtschaft ist letztlich das, was Innovationen hervorbringt. Der Staat konnte und kann das nicht, er tut statt dessen gut daran, privates Eigentum - auch geistiges Eigentum - zu schützen, und in so relevanten Bereichen wie Medizin, aber zB auch in der Energie- und Umwelttechnik mit gezielten Anreizen und Förderungen, ggf auch über steuerliche Vorteile, Entwicklungen eher noch zu beschleunigen.

    Ideologisch motivierte politische Entscheidungen helfen da selten.

  • Grundsätzlich werden Impfstoffe von der Wissenschaft entwickelt. Die Forscher werden an Universitäten ausgebildet und können in Unternehmen oder in Forschungsinstituten oder Hochschulen arbeiten. Die Triebfedern von Forschung sind in erster Linie Neugier und die Lust am Lösen von Problemen.


    Die entscheidende Frage ist nun, ob die Produktion von Impfstoffen und Medikamenten dem profitorientierten Markt bzw. den Konzernen überlassen werden soll oder nicht. Meines Erachtens ist die Gesundheit zu wichtig, um zum Spielball von Gewinnmaximierung und Streben nach Marktmacht zu werden. Es sollte nicht derjenige versorgt werden, der es sich leisten kann, sondern derjenige, der es am Nötigsten hat.

  • Es geht hier aber doch nicht ums Versorgen, sondern zunächst einmal im ersten Schritt ums Entwickeln von Präparaten, Impfstoff, Technologien etc.

    Das erfolgt nun einmal schneller, wenn der Anreiz von Gewinnen besteht, und wird langsamer, wenn erst eine staatliche Planung dafür vorgenommen werden muss. Das Entwickelte nachher allen zugänglich zu machen, das ist dann im medizinischen Bereich die Aufgabe der Solidargemeinschaft. Es hilft doch niemandem, zu beklagen, dass diejenigen, die ins Entwicklungsrisiko gegangen sind, davon im Erfolgsfall profitieren, wenn ansonsten das Erforderliche überhaupt nicht entwickelt und hergestellt wird.

    Staatliche Förderung kann dabei als Anreiz und Steuerung sinnvoll sein, sie sollte im Erfolgsfall aber an weitere Vorgaben geknüpft werden.

  • Grundsätzlich werden Impfstoffe von der Wissenschaft entwickelt. Die Forscher werden an Universitäten ausgebildet und können in Unternehmen oder in Forschungsinstituten oder Hochschulen arbeiten. Die Triebfedern von Forschung sind in erster Linie Neugier und die Lust am Lösen von Problemen.


    Die entscheidende Frage ist nun, ob die Produktion von Impfstoffen und Medikamenten dem profitorientierten Markt bzw. den Konzernen überlassen werden soll oder nicht. Meines Erachtens ist die Gesundheit zu wichtig, um zum Spielball von Gewinnmaximierung und Streben nach Marktmacht zu werden. Es sollte nicht derjenige versorgt werden, der es sich leisten kann, sondern derjenige, der es am Nötigsten hat.

    Ws hast Du für Deine Impfung bezahlt?

  • wutzi96: Ich verstehe was du meinst. Vielleicht ist es sogar so, das steigende Gewinnaussichten mit der Geschwindigkeit der Entwicklungen positiv korreliert. Im Gesundheitssektor ist Geschwindigkeit aber nur ein Parameter, Sicherheit und Wirksamkeit gehören auch dazu. Je schneller desto besser scheint mir keine gute Devise zu sein.


    Grundsätzlich sehe ich nicht das Problem darin, dass mit der Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten Geld verdient wird. In unserem turbokapitalistischen System wird allerdings nur zu den Erkrankungen geforscht, deren Bekämpfung Gewinne versprechen. COVID war und ist lukrativ, weil die reichen Gesellschaften dafür teuer bezahlen. In diesem Sinne halte ich das Gewinnstreben für kein gutes Steuerungsinstrument. Hier muss der Staat korrigierend eingreifen bzw. im Sinne der Gesellschaft lenken.


    In Bezug auf die Verteilung der entwickelten Medikamente und Impfstoffe scheinen wir nicht so weit auseinander zu sein. Der Staat muss eine Versorgung nach dem Prinzip der Notwendigkeit sicherstellen.


    Gleiches gilt für die Weltgemeinschaft. Es kann nicht sein, dass die Entwicklungsländer keine Impfstoffe bekommen, weil sie die Preise nicht bezahlen können. In diesem Zusammenhang könnte es sinnvoll sein, z. B. die Patentrechte für Impfstoffe gegen COVID auszusetzen.

  • Leider werden so aber immer wieder auch Sachen nicht gefördert, die hilfreich wären aber eben nicht gewinnträchtig sind, also aus Unternehmens- bzw. konditionierter Weltansicht.

  • locke: in Indien und umzu gibt es sicher genug Pharmafabriken, die die nötige Technologie und das nötige KnoffHoff hätten, um Impfstoffgenerika in großer Zahl und kurzer Zeit zu produzieren.


    @all: es ist auch so, dass die Grundlagenforschung häufig von öffentlicher Hand vorgenommen wird, die Ergebnisse, dann aber für einen schmalen Taler von der Industrie gekauft werden, die es dann zur Marktreife entwickelt und damit den Reibach macht. Natürlich ist die Entwicklung zur Marktreife ein kostenintensiver Prozess und nicht ohne (wirtschaftliches) Risiko. Es ist nicht so eindimensional, wie hier teilweise dargestellt.

  • Auch und gerade bei der Grundlagenforschung in staatlichen Hochschulen stellt sich ja immer wieder die Frage, wieweit geht die bzw soll sie gehen, wie hält man es mit der Kooperation mit Privaten, dem Einwerben und Akzeptieren von Drittmitteln usw.

    blue valentine : Mit Grundlagenforschung kann der Staat insofern durchaus in den Bereichen, die wünschenswert sind, aber so ohne Weiteres von Privat nicht bedient werden, Entwicklungen steuern. Und, wie schon gesagt, er kann steuerliche bzw direkte finanzielle Anreize setzen.

    Alter Ego : ich finde, dass gerade Corona ein gutes Beispiel dafür ist, dass Privat durchaus Sinn macht. Natürlich wird damit Geld verdient, vermutlich sehr viel Geld, aber wir sehen doch, dass es hilft, dass verschiedene wirksame Impfstoffe vergleichsweise sehr schnell anwendungsreif entwickelt wurden. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass staatliche Entwicklungen ähnlich verschiedene Ergebnisse gehabt hätten. Man darf ja auch nicht übersehen, dass es in diesem Bereich keineswegs sicher ist, dass ein Entwicklungsprozess auch zum Erfolg führt.

  • Zum letzten Absatz: Genau das! Astrazeneca ist da quasi schon die Ausnahme bei den aktuellen Impstoffen - halb privat, halb Universitäts-finanziert.

  • Bronco

    Für solche Fälle können zB Lizenzen vergeben werden, ohne das man den Patentinhaber bzw. Entwickler gleich enteignen muss.


    Sollte das Schule machen befürchte ich, dass die Industrie deutlich vorsichtiger bei der Entwicklung von Blockbustern sein könnte und stattdessen lieber auf bereits eingeführte Präparate setzt, die lindern aber nicht heilen.

    Damit verdienen auch eine Schweinekohle, ob uns das gefällt oder nicht.


    Die Story mit den Patenten ist mMn hochgradig populistisch.

  • AZ verkauft auch ohne Gewinnabsicht.


    Aber der erste Impfstoff weltweit auf dem Markt war doch Sputnik, ist das ein staatliches Produkt, oder freie Wirtschaft?


    (ich mein ja nur. ;))

  • Meine Verwunderung galt eher der Tatsache dass du glaubst dass wir in Deutschland in einem Turbokapitalismus leben würden.


    Blockbuster? So nennt man doch große Kinofilme.

  • Bronco

    Für solche Fälle können zB Lizenzen vergeben werden, ohne das man den Patentinhaber bzw. Entwickler gleich enteignen muss.


    Sollte das Schule machen befürchte ich, dass die Industrie deutlich vorsichtiger bei der Entwicklung von Blockbustern sein könnte und stattdessen lieber auf bereits eingeführte Präparate setzt, die lindern aber nicht heilen.

    Damit verdienen auch eine Schweinekohle, ob uns das gefällt oder nicht.


    Die Story mit den Patenten ist mMn hochgradig populistisch.

    Wie schon neulich gesagt... auch dieses Thema ist komplexer als sich beide Seiten es machen wollen. Weder die Privatwirtschaft noch eine Planwirtschaft sind die absoluten Heilbringer in dieser Geschichte. Es ist wie so oft. Die einen können nicht ohne die anderen. Beide Seiten sehen das naturgemäß anders.


    Zu den Lizenzen: das Prinzip der Generika ist dir geläufig? Mit teuren Lizenzen wirst du die dritte Welt nicht bedienen können. Auch nicht mit den Almosen, die "wir" denen irgendwann gewähren. Diesen Kampf kannst du nur gewinnen, wenn es billige Nachahmerprodukte geben wird. Der Westen wird dies aber - auf legalem Wege - nicht zulassen und daher nahezu die komplette Welt weiter in die Abhängigkeit autoritärer Regime (China, Russland) treiben, die "freizügig geben", während wir die Marktwirtschaft huldigen. Muss jeder selbst wissen, ob das der Weg sein soll.

    Btw... teure Aids-Medikamente werden seit Jahren in Asien raubkopiert. Anders wäre der südamerikanische und afrikanische Markt auch gar nicht zu bedienen. Meist - nicht immer - hält der Westen die Füße still. Eine weitere Eskalation dieser Seuche ist halt auch nicht im westlichen Sinne...

  • Aber entscheidend ist da ja, das AstraZeneca sich von vornherein bereit erklärt hat zum Selbstkostenpreis die Welt (mit-) zuretten.

    Das ist ja normal kein Spaßverein, sondern ein Wirtschaftsunternehmen, und seinen Aktionären verpflichtet ist.

  • Die entscheidende Frage ist nun, ob die Produktion von Impfstoffen und Medikamenten dem profitorientierten Markt bzw. den Konzernen überlassen werden soll oder nicht. Meines Erachtens ist die Gesundheit zu wichtig, um zum Spielball von Gewinnmaximierung und Streben nach Marktmacht zu werden. Es sollte nicht derjenige versorgt werden, der es sich leisten kann, sondern derjenige, der es am Nötigsten hat.

    Übrigens zeigt Kuba gerade, dass auch eine staatlich dominierte Forschung und Produktion trotz der begrenzten auf der größten Antilleninsel zur Verfügung stehenden Mittel und den Einschränkungen durch das jahrzehntelange US-Embargo gute Ergebnisse im Gesundheitsbereich erzielen kann. Kuba hat aktuell zwei COVID-19-Impfkandidaten in Phase III und weitere in der Pipeline.

    https://blogs.lse.ac.uk/latamc…-plus-abdala-and-mambisa/

  • wutzi96: Den Glaube eines Interesses der Privatwirtschaft an das Gemeinwohl habe ich leider verloren. In diesem Zusammenhang hole ich noch einmal den von 96mettbrötchen geposteten Bericht hoch.

    https://www.zeit.de/2021/20/he…rankenhauskette-patienten


    Ein Bericht über die finanziellen Erfolge der privaten Krankenhauskette Helios und darüber, wer kassiert und wer bezahlt.

    Das sind die Folgen der Privatisierung des Gesundheitssystems.