Politischer Zoff-Thread oder so

  • Das ist ein bisschen eine Antwort an euch beide. Systemkritik ist nicht das Problem, sie ist legitim, wenn man sie für gerechtfertigt hält oder nicht. Meinungsfreiheit gilt auch für verfassungsfeindliche Aussagen. Die Grenze ist da erreicht wo kämpferisch versucht wird die verfassungsmäßige Ordnung abzuschaffen. Das sollte beobachtet werden, damit keine Gruppierung in die Position kommt dies zu vollenden.

    So zu tun, als wollten linksextreme Gruppierungen die Demokratie schützen ist allerdings etwas vermessen. Das widerspricht letztlich ihrer Definition. Wobei ich zugestehe, dass ich linksradikalen (hier die genaue Unterscheidung beachten zum Extremismus) Gruppierungen das eher zutraue als rechtsradikalen Gruppierungen. Was das demokratische Spektrum angeht sehe ich allerdings keinen Unterschied, es gibt nur einen unterschiedlichen Fokus auf unterschiedliche demokratische Grundrechte.


    Deswegen kann man auch "den Kapitalismus" abschaffen wollen, aber eben mit demokratischen Mitteln (nicht durch Abschaffungder Gewaltenteilung, der repräsentativen Demokratie), wobei ich mich frage wie das im Endeffekt funktionieren soll. Ganz davon abgesehen welche Produktionsmittel möchte man überhaupt bei einer Internetfirma vergemeinschaften? Nicht, dass die kommunistischen Theorien nicht ohnehin immer falsch waren, jetzt erscheinen sie noch absurder.

    Bei aller Kritik muss man kapitalistischen Systemen historisch zugestehen, dass sie abermillionen Menschen aus absoluter Armut geholt haben, die Sklaverei beendet hat und insgesamt die Lebensqualität aller verbessert hat. Kommt jetzt bitte nicht mit Umweltaspekten, der real existierende Sozialismus hat eine weitaus schlechtere Bilanz was das angeht.

  • Bei aller Kritik muss man kapitalistischen Systemen historisch zugestehen, dass sie abermillionen Menschen aus absoluter Armut geholt haben, die Sklaverei beendet hat und insgesamt die Lebensqualität aller verbessert hat.

    Das ist im Kern so grundsätzlich falsch. Wo lernt man so etwas?

  • Sklaverei beendet?


    Meine Fresse, bist du so naiv oder tust du nur so?


    Nach neuesten Zahlen sollen allein in D mindestens 60.000 Sklaven leben.


    Und laut terre des homme muss von 12 Mio Sklaven ausgegangen werden, was von einigen Seiten der UN bestätigt wurde (ca. 50% Kinder und Jugendliche).

    Und das sind nur die Zahlen aus Wikipedia.

  • Die Sklavenhalter- und Kolonialgesellschaften gelten als Vorläufer der kapitalistischen Systeme. Sie haben bereits ab dem 17. Jahrhundert zu Unfreiheit, Ungleichheit und Elend geführt, jedenfalls für die Sklaven und Rechtlosen.


    Ein besonders makabres Detail der Geschichte ist, dass diejenigen Länder, die sich die Unabhängigkeit erkämpft haben, die Sklavenhalter und Kolonialisten entschädigen mussten. Die daraus entstandenen Staatsschulden wirken noch heute nach und verhindern eine Wettbewerbsfähigkeit.


    Eine unter vielen Quellen: Piketty, Kapital und Ideologie.

  • Bei aller Kritik muss man kapitalistischen Systemen historisch zugestehen, dass sie abermillionen Menschen aus absoluter Armut geholt haben, die Sklaverei beendet hat und insgesamt die Lebensqualität aller verbessert hat.

    Das ist im Kern so grundsätzlich falsch. Wo lernt man so etwas?

    Schau dir doch die Daten an:

    Anteil von Menschen die in extremer Armut leben:


    https://ourworldindata.org/gra…elative&country=~OWID_WRL


    Gini-Koeffizient für Lebenserwartung

    https://ourworldindata.org/gra…and+and+Wales~DEU~SWE~USA


    Die gleiche Entwicklung gilt für Kindersterblichkeit, Bildung, Impfungen und andere Gradmesser für Lebensqualität.


    Gleichzeitig steigen die Ausgaben für Sozialleistungen massiv, Regierungsausgaben insgesamt genauso:

    https://ourworldindata.org/gra…ial-spending-oecd-longrun


    Was das Verhältnis von Kapitalismus und Sklaverei angeht is meines Erachtens relativ offensichtlich, dass im Gegensatz zu merkantilistischen Wirtschaftssystemen der Kapitalismus keine Sklaverei benötigt. Es kommt nicht von ungefähr, dass das am frühesten industrialisierte Land der Welt, damals Großbritannien der Vorreiter bei der Beseitigung der Sklaverei war. (Neben ökonomischen Faktoren auch christlich begründet) Aufgrund moderner Technologie war Sklaverei einfach weder profitabel noch effizient (In Zeiten geringer Produktivität muss ein Sklavenhalter auch seine Sklaven weiterhin versorgen, der Kapitalist entlässt seine Arbeiter einfach)


    Einfach nur interessehalber blue valentine : Sklaven in Deutschland derzeit?

  • Sorry, den Artikel mit den 60.000 finde ich gerad nicht, aber einen von 2018, wo sie sogar noch schlappe 100.000 und mehr draufschlagen.


    Sklaverei auf der Straße


    Ansonsten verfolge ich ein wenig diese NGO, die sich mit Sklavenbefreiung beschäftigt. Sie schreiben von 40 Mio weltweit.


    ijm-deutschland


    Die Zahlen, die man so für die ganze Erde findet, schwanken übrigens so von 12 Mio bis über 400 Mio.

  • Was das Verhältnis von Kapitalismus und Sklaverei angeht is meines Erachtens relativ offensichtlich, dass im Gegensatz zu merkantilistischen Wirtschaftssystemen der Kapitalismus keine Sklaverei benötigt. Es kommt nicht von ungefähr, dass das am frühesten industrialisierte Land der Welt, damals Großbritannien der Vorreiter bei der Beseitigung der Sklaverei war. (Neben ökonomischen Faktoren auch christlich begründet) Aufgrund moderner Technologie war Sklaverei einfach weder profitabel noch effizient (In Zeiten geringer Produktivität muss ein Sklavenhalter auch seine Sklaven weiterhin versorgen, der Kapitalist entlässt seine Arbeiter einfach)

    Noch einmal: wo lernt man das?

    merkantilistisches Wirtschaftssystem und Kapitalismus sind keine Widersprüche. Eher das Gegenteil.

    Abschaffung der Sklaverei basiert nicht nur aus christlichen Werten. Auch unter christlicher Missionierung gab es Sklavenhaltung.

    Vielleicht wäre es an dieser Stelle hilfreich, sich mit dem Einfluss der Aufklärung zur beschäftigen.


    Der Sklavenhalter nimmt im Gegensatz zum Kapitalisten seine Fürsorgepflicht wahr. Ernsthaft?


    Du verfügst weder ideentheoretisch, noch historisch über substantielle Grundlagen.

  • Ich habe nicht gesagt dass beides ein Gegensatz ist, sondern dass dieser Aspekt gegensätzlich ist. Zum Beispiel ja auch was Marktaspekte angeht.

    Die Argumentation sauge ich mir ja nicht aus den Fingern sondern ist eine in der wissenschaftlichen Debatte vertretene Position. Das gleiche gilt für den christlichen Einfluss auf die Abolition der Sklaverei, der Einfluss der Aufklärung ist natürlich auch interessant.


    Von Fürsorgepflicht habe ich nicht gesprochen, ich bezweifle dass dies der treibende Gedanke war sondern vielmehr das ökonomische Eigeninteresse.


    Grundsätzlich habe ich aber noch kein Argument gelesen das grundsätzlich gegen die Vorteile des Kapitalismus spricht, es sei denn man liest Geschichte explizit aus marxistischer Perspektive. Sklavenhaltergesellschaft stammt meines Wissens als Begriff genau aus marxistischer Geschichtsphilosophie.

  • Ok. Same procedure as any time.

    Du behauptest irgendwas, was im Kern schon mal falsch ist. Die Einwände akzeptierst Du, scheinst aber bei der Grundbehauptung - die ja eigentlich nicht mehr haltbar ist - zu bleiben.

    Jede Lücke, die sich in Deiner Argumentation findet, schließt Du selbst , teilweise mit den selben hanebüchenen Konstruktionen.

    Du bist jetzt gerade bei den Vorteilen des Kapitalismus. Der ja die Sklaverei abgeschafft hat, weil er die Arbeiter und Angestellten entlassen kann, die Sklaven aber durchfüttern muss. Die wissenschaftliche Debatte dazu, hätte ich nun doch gerne mal.

    Ich sach mal so:

    Wenn beim Stricken eine Masche fällt, ergibt das ein Loch. Und wenn ich einfach weiter stricke, geht das Loch davon nicht weg.

  • leider ist vielen nicht klar, dass bei Menschen das mit den Marktregeln einfach nicht funktioniert.


    Ein Blick nach Asien würde reichen, diesen Fakt zu begreifen. Ein Blick in die Länder geworfen, in denen Mädchen abgetrieben oder nach Geburt getötet werden, so dass ein dramatischer Männerüberschuss besteht, führt, kann man sehr gut beobachten, dass sie nicht auf Händen getragen und als besonders wertvoll behandelt.

    Nein, sie werden entführt, misshandelt, vergewaltigt, verbrannt,....

    kurz, es geschieht genau das Gegenteil von dem, was Marktprediger schwafeln.

  • Jaja, der böse Markt. Dass der zu einem ordentlichen Teil aus einer Nachfrageseite besteht und Ihr genauso dazu gehört, ist Euch schon klar, oder?


    BV nehme ich noch am ehesten ab, sich dem weitestgehend zu entziehen und direkt an der Wunde etwas verbessern zu wollen.

  • Bei Sklaverei geht es um Menschen als Kapital bzw. Wäre.

    Und dafür gibt es einen Markt.

    Ich nehme Zwangsprostitution als Beispiel. Die Nachfrageseite steht außer Debatte.

    Mit welchen Methoden wird die Angebotsseite befriedigt?

  • Das der Kapitalismus uns "insgesamt" großen Wohlstand gebracht hat, ist in der Tat eines der Standardargumente. Und sogar Marx stimmt dem in etwas anderer Formulierung zu, er spricht (aus dem Gedächtnis zitiert) davon, dass der Kapitalismus zu einer ungeheuren Entfesselung der Produktivkräfte geführt hat.


    Während man letzteres kaum bestreiten kann, kann man das mit dem Wohlstand auch anders sehen, denn die ungeheuren Umschichtungen und "Freisetzungen" von Arbeitskraft sind immer auch mit extrem viel Elend einhergegangen.


    Insbesondere bei der Sklaverei schneidet der Kapitalismus nicht gut ab. In der Schule lernen wir immer noch (meine ich) die Geschichte von der industriellen Revolution und dem damit verbundenen atlantischen Dreieckshandel: Sklaven in die Kolonien für den Baumwollanbau, Baumwolle nach England, das Produkt wird dann wieder in die Kolonien gehandelt. (Die Verknüfung von entweder Kapitalismus oder allgemeiner dem modernen Weltsystem einerseits und Sklaverei und rücksichtsloser Ausbeutung andererseits geht noch viel tiefer, aber das würde wohl zu weit führen.)


    Man sollte hier auch nicht gänzlich vergessen, dass uns der Kapitalismus in die größte globale Krise jemals geführt hat, zu nennen wäre hier die Klimakrise.


    Das ist aber alles eine ziemlich abgehobene Diskussion. In der Tat ist das Wohlstandsargument durchaus verbreitet, aber es hört sich meiner Meinung nach vor dem Hintergrund der derzeitigen Krisen ziemlich hilflos an. Ende der 90er wurden die vermeintlichen Wunderkräfte der "freien Märkte" noch quasi-religiös verehrt, eine Haltung, die sich zunehmend selbst entlarvt. Was auf der anderen Seite sicher richtig ist, ist, dass niemand zurück zu Ostzonensuppenwürfeln will, denn die machen bekanntlich Krebs. Aber das will sowieso niemand, soweit ich das sehe, wobei richtig ist, dass die Probleme, die zum Scheitern der Oktoberrevolution geführt haben (und sie ist sehr früh gescheitert, in der ersten Hälfte der 20er, würde ich grob sagen), auch in Zukunft gelöst werden müssen, d.h. dass eine Linke die Verantwortung hat, aus der Realsozialistischen Katastrophe zu lernen.

    Am Ende des Tages steht für mich allerdings fest, dass die Macht der Logik des Kapitals, die Macht der Märkte, durch die Vernunft gesellschaftlich wirksam und unumgehbar begrenzt werden muss. Andernfalls macht der Planet das, wenn es gut geht, noch 100 Jahre mit, und auch das nur mit Hängen und Würgen.


    Das wären meine 2 Pfennig dazu.

  • Na gut dass in Moskau Peking Ostberlin früher so umweltschonende Industriealisierung betrieben wurde. Wo stünden wir bloss sonst? :erstaunt:

    Just my 2 ct... :ja:

  • Es ist halt lustig, dass das immer als Argument kommt, während der Planet in Flammen aufgeht.


    Und die Industrialisierung in "Peking" findet ja wohl genau in einer Marktwirtschaft statt.

  • Na gut dass in Moskau Peking Ostberlin früher so umweltschonende Industriealisierung betrieben wurde. Wo stünden wir bloss sonst? :erstaunt:

    Just my 2 ct... :ja:

    Immerhin haben die da alle in Wohlstand und einer gerechteren Gesellschaft gelebt. Alle hatten einen tollen Job in moderner Atmopshäre, die Partei hat sich aufopferungsvoll um die Kleinen gekümmert, während Mutti und Vaddi glücklich und stolz wie Bolle an der Erfüllung der 5-Jahrespläne mitwirken durften.


    Die Wirtschaft prosperierte, der Wohlstand nahm stetig zu, alle hatten eine chice neue Wohnung und die Umwelt gedieh prächtig. Materielle Dinge spielten keine Rolle. Sportlich erfolgreich waren sie auch noch.


    Dazu waren wirklich alle gesellschaftlich gleich, es gab keine Hierarchien, wählen durften sie auch. Und die Jugend war in netten Gemeinschaften organisiert, die haben keine Drogen genommen oder sonstige Scheiße gebaut.


    War nah dran am Paradies.