HAZ: Fans sind sich einig: 96 ist zu teuer

    • Offizieller Beitrag

    Fans sind sich einig: 96 ist zu teuer


    Viele Anhänger zeigen Hannover 96 die kalte Schulter. Trotz einer beispiellosen Siegesserie bleiben tausende Plätze in der AWD-Arena leer. Die Klubführung sucht nach einer Lösung.



    Von Norbert Fettback und Jörg Grußendorf


    Hannover. Gaby Schlüter hat gegen ihre Überzeugung und aus ihrer Sicht wirtschaftlich unvernünftig gehandelt. Sie hat zum ersten Mal in dieser Saison Eintrittskarten für die AWD-Arena gekauft, um bei den Spielen von Hannover 96 gegen Borussia Dortmund und Mainz 05 dabei zu sein. „Weil es die günstiger gibt“, sagt die Hannoveranerin. „26 Euro für einen Sitzplatz, das ist ansonsten zu viel Geld.“ Deshalb hat sie den „Roten“ zuletzt standhaft die kalte Schulter gezeigt.


    So wie Gaby Schlüter denken zahlreiche Fußballfans, was alle 14 Tage zu sehen und was gestern auch im Rahmen einer HAZ-Aktion deutlich wurde. Mehr als 250 Leser äußerten sich per Telefon, Fax oder E-Mail dazu, warum so viele Plätze im Stadion frei bleiben, obwohl 96 zurzeit so erfolgreich und attraktiv spielt wie lange nicht. Fast alle nannten dafür nur den einen Grund: Der Stadionbesuch kommt deutlich zu teuer. Da vermögen es auch Siege am Fließband nicht, gegen die Reserviertheit Tausender anzukommen.


    Sportlich läuft es, dafür hat 96 nun anscheinend ein anderes Problem, das die Verantwortlichen lange standhaft zu ignorieren versuchten. Auch wenn der Zuschauerdurchschnitt nach fünf Heimspielen noch knapp über der kalkulierten Marke von 30 000 liegt, so war die fast nagelneue Arena noch nicht einmal ausverkauft – und es ist nicht absehbar, wann dies erstmals der Fall sein wird. „Wir hatten noch kein Topspiel“, sagt Ralf Schnitzmeier, Sprecher der 96-Geschäftsführung. Für ihn wie für 96-Chef Martin Kind steht fest, dass der erhoffte Besucherschnitt auch am Saisonende erreicht sein wird. „Das ist auch bei den aktuellen Preisen möglich“, sagt Kind.


    Spätestens an diesem Punkt scheiden sich die Geister. Viele Fans, die den 96-Spielen aus finanziellen Gründen seit Monaten fernbleiben oder sich diesen Luxus nur noch ab und an gönnen, werden nur dauerhaft zurückkehren, wenn der Stadionbesuch nicht mehr so eine kostspielige Angelegenheit ist. Das ist der Tenor der Lesermeinungen. Für das Argument der 96-Verantwortlichen, mit den Zuschauereinnahmen den Stadionumbau und die Bundesligamannschaft zu einem nicht unerheblichen Teil bezahlen zu müssen, haben die wenigsten Verständnis. „Bei wem sitzt denn heutzutage noch das Geld locker?“, sagt Wilhelm Piofka. Der Frührentner aus Bredenbeck, schon mit neun Jahren ein eingeschriebener „Roter“, zwackt das 96-Eintrittsgeld immer noch von seinem Budget ab. „Die Mannschaft braucht jeden Einzelnen“, sagt er, „aber der Verein muss den Fans in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auch entgegenkommen. Wenn die Preise mindestens um 15 bis 20 Prozent gesenkt werden, dann ist das Stadion auch voll.“


    Immerhin hat der Klub jetzt zwei „Testballons“ gestartet und die Preise für das Pokalspiel gegen Dortmund generell und für die Bundesligapartie gegen Mainz partiell (1500 Plätze) gesenkt. Dann sehe man, „was Sache ist“, sagt Schnitzmeier, der für viele Fans auf Grund der Preispolitik zum Buhmann geworden ist. Verkauft sind bislang 28 000 beziehungsweise 20 000 Tickets, auch die Hälfte der günstigen Mainz-Karten ist noch zu haben.


    Das wiederum liefert beiden Seiten Argumente. Fans wie Jörg Trautmann werten das „Zurückrudern“ als „Eingeständnis der verfehlten Preispolitik“. Schnitzmeier ist enttäuscht darüber, dass längst nicht alle Dauerkartenbesitzer ein günstiges Pokalticket erworben haben.


    96 steht vor einer interessanten Woche. Es muss sich zeigen, ob die Rechnung aufgeht: Preise runter, Besucherzahlen hoch – und das möglichst ohne Einbußen für den Klub. Ein Spiel gegen Bayern München kann nicht spannender sein.