Chaostage

  • Du auch? Zu der Zeit bin ich gerade aus der Sprengel ausgezogen und kurzfristig in die Heisenstrasse zu Heiko gezogen. P.H. sagt Dir sicher auch was? :D
    Aus dem Fenster wurden Fernseher auf die grüne Minna geworfen... :engel:


    Gewohnt habe ich da nie, nur sehr viel Zeit verbracht, weil eben ein sehr guter Freund von mir im Erdgeschoss wohnte.

  • :kichern: Geil. Die Schildkröte. Die Seite hat sicher auch Spass gemacht, nech? Edit: Was da an Steinen rumliegt... :erstaunt:

  • Als ich letztes Jahr beim UJZ-Peine Open Air gewesen bin, waren auch dieselben Leute wie immer da. Die meisten haben in der Bauchgegend expandiert und tragen ihr Resthaar eher grau statt bunt. Deshalb stelle ich mir eine Wiederauflage interessant vor. Jünger ist ja keiner geworden.

  • utze


    Ging so. Wir haben verloren. ;)


    Florian


    Mit der Haarfarbe ist ja auch das Adrenalin verschwunden und die Plautze macht zu kurzatmig für ein anständiges Revival. Mit den gleichen Teilnehmern würde das heute wahrscheinlich eher als gemeinsam-gemütliches Besäufnis funktionieren.


    Btw ... erst kürzlich wieder in der Hand gehalten: Ich müsste echt dringend mal die alte VHS mit den Aufnahmen unserer damaligen Kameraleute digitalisieren, das schiebe ich schon seit Ewigkeiten vor mir her. Da gibt es u. a. auch die Innenansicht aus dieser Schildkröte. Man sieht in dem Moment zwar nicht viel, aber das Audioerlebnis ist auch so beeindruckend genug.

  • ... auch dabei und hier irgendwo mittig zu finden - es fällt mir immer schwer, mich da ganz genau auszumachen


    Und auch Steine über die Mauer geworfen?
    Immerhin hatten die Menschen hinter der Mauer größtenteils keine Helme auf. Da waren teilweise echt böse Kopfverletzungen dabei.

  • Ich könnte mich derzeit mal wieder fast jeden Donnerstag bei den Straßenschlachten bei uns im Uni-Viertel für ein Revival fit trainieren. In die Klamotten von damals passe ich wieder rein. Letztes Jahr konnte ich jedenfalls eine alte Jeans aus der Sturm-und Drangzeit tragen. Die lag noch auf dem Speicher bei meinen Eltern. Die nötige Wut im Bauch habe ich auch. Ich bin gut in Form, nur beim Saufen schwächel ich ein wenig. Bier gibt es erst im Anschluss. Sagt Bescheid, wenn der Termin steht.


    Heute würden die Medienlandschaft, die Politiker und das Internet übrigens völlig durchdrehen, wenn so etwas in Deutschland passieren würde.

  • Ghostrider


    Nein, tatsächlich nicht.


    Aber ich weiß davon und würde daher auch nicht bestreiten, das es das gab. Dieses Geschehen würde ich nach meiner Erinnerung aber zeitlich eher auf einen der folgenden Tage (Samstag?) legen. Insgesamt ist das alles recht schwierig zu beschreiben, das war insgesamt alles ziemlich exzessiv und ich insgesamt noch ziemlich grün.


    Der Beginn der Chaostage 95 und diese Schildkröte fanden ja auch schon am Donnerstagabend statt und an diesem Abend sind die Leute bei uns auch reihenweise umgefallen.


    Zwillenbeschuss aus höhergelegenen Fenstern, die brennende Barrikade, Pflastersteine. In einer Situation ist uns ein Einkaufswagen vor die Füße geknallt. Der kam von weiter oben und hat recht knapp verfehlt. Das war alles schon ziemlich eindrücklich und es ist sicher nicht uninteressant, was da auch in unseren Reihen so passiert ist bzw. welche (gruppendynamischen) Prozesse das ausgelöst hat. Es lohnt aber irgendwie auch nicht, das aufzurechnen oder auf es sich gegenseitig auf die Waage zu legen.


    Diese Tage waren tatsächlich ein einziges Chaos, in nahezu jedweder Hinsicht.


    Wie auch immer ... im Nachhinein kann man wohl von Glück sagen, dass da keiner (egal auf welcher Seite) ganz liegengeblieben ist.


    Florian


    Die Berliner Kollegen haben (damals) immer gemeint, die Chaostage seien soweit ja schon ganz ordentlich gewesen. Man solle es aber nicht allzu sehr übertreiben, für ihre Verhältnisse (1. Mai, Mainzer Straße) wäre das dann doch eher nur so eine Art Aufwärmrunde.


    Naja und heute ist auch sonst alles anders. Wir sind noch in Sportgeschäfte gefahren, um uns auf eigene Rechnung vernünftige Schienbeinschoner und Suspensorien zu kaufen. Heute stehen Dir Menschen gegenüber, die bald wie die imperialen Streitkräfte aussehen.


    Auch keine sonderlich gute Entwicklung.


    utze


    Glaube ich, irgendwann komme ich auch mal dazu. Eigentlich habe ich das auch schon mehrfach versprochen. :engel:

  • Dass die Polizei so unvorbereitet- also sowohl vom Material als auch von der mentalen/psychischen Seite her- war , wundert mich irgendwie. nach den ganzen jahren mit Brokdorf, Grohnde, Gorleben war doch eine "Grunderfahrung" da, und bei den Anlässen hat gemessen von Anfang der 80er jahre die Gewalteskalation doch nachgelassen. Oder ist jede Situation wieder gänzlich neu und anders??


    Du bist deindeutig zu erkennen. Der, der verbal deeskalierend wirkt.

  • Verbale Deeskalation war da gerade nicht angesagt ... ich erinnere aber auch noch einen Punk, der es sowohl am Donnerstagabend, als auch noch am nächsten Tag immer wieder lange und im ständige Wechsel zwischen den Lagern versucht hat. Ziemlich beeindruckend, wie der noch versucht hat, sich dazwischenzuhauen, aber da war schon nix mehr zu machen.


    Aus polizeilicher Sicht waren die Chaostage 1995 natürlich eine einzige Katastrophe. An dem Donnerstag waren wir (glaube ich zu erinnern) nur mit zwei Hundertschaften in der Nordstadt, ohne andere Einsatzmittel (Wasserwerfer etc.).


    Man nannte das eine "Voraufsicht", denn mit dem eigentlichen Remmidemmi rechnete man (wenn überhaupt) erst am Wochenende. Wir waren größtenteils auch alles Kollegen/Kolleginnen, die erst recht kurz dabei waren. Teilweise war es der erste "echte" Einsatz, nachdem man frisch aus der Ausbildung gekommen war.


    Tja ... und wie die Situation dann (beginnend vor der Lutherkirche) auf einmal nahezu aus dem Nichts heraus eskalierte, das ging schon beeindruckend schnell. Was dann passierte, hat gleich danach ja auch zu einer Mobilisierung weiterer Kräfte beigetragen ...


    ... allerdings auch an dieser Stelle wohl auf beiden Seiten. ;)

  • Wäre so etwas heute überhaupt noch möglich? Eine Jugendbewegung dieser Art will mir aktuell nicht einfallen.

  • Ich glaube, dass dir da keine Jugendbewegung einfällt, die dazu in der Lage wäre, ist nicht der Grund, dass so etwas kaum mehr passieren wird.

  • Ich glaube, dass dir da keine Jugendbewegung einfällt, die dazu in der Lage wäre, ist nicht der Grund, dass so etwas kaum mehr passieren wird.


    Natürlich ist das nicht der Grund. Mal so gefragt: Punk ist gealtert, wer ist an seine Stelle getreten?

  • Wäre so etwas heute überhaupt noch möglich? Eine Jugendbewegung dieser Art will mir aktuell nicht einfallen.




    Eine Jugendbewegung dieser Art, gab es doch schon 1995 kaum noch. Nach den 84`er Chaostagen, war es auch erstmal zehn Jahre ruhig. An den Chaostagen zwischen 84 und 94 beteiligten sich vielleicht max 100 Personen und es war größtenteils eine sehr regionale Sache.
    Das es dann 1994 so voll in Hannover war, lag an einer sehr breiten Kampagne, d.h. die Punks kamen vom überall her und es war tatsächlich sehr international. 1995 war es dann quasi ein Selbstläufer, wobei da schon sehr viele erlebnisorientierte Personen dabei waren, welche mit Punk nicht wirklich etwas zu tun hatten.
    Ich denke, dass führte dazu, dass am ersten Augustwochenende 1996 an die 10.000 Polizisten in der Stadt waren.
    Und so wild war das ganze im Vergleich ja wirklich nicht. Persönlich empfand ich die ersten Mai Krawalle Anfang der 90`er in Berlin, ebenfalls wesentlich heftiger und zwar von beiden Seiten. Auch die Demos rund um die Hafenstrasse und selbst kleinere Demos in Göttingen verliefen teilweise schon recht krass.
    Warum wurden denn den Donnerstag zwei Hundertschaften in die Nordstadt gekarrt? Was war denn ihre Aufgabe zu diesem Zeitpunkt?

  • Deeskalation. Ist schiefgegangen.


    Im Ernst, was soll ich Dir schon antworten ... Präsenz zeigen, für Ordnung sorgen, dieser ganze Polizeibums halt, der da gerade so gar nicht gefragt war. In dieser Hinsicht stimme ich Dir dann auch zu ...


    1995 war es dann quasi ein Selbstläufer, wobei da schon sehr viele erlebnisorientierte Personen dabei waren, welche mit Punk nicht wirklich etwas zu tun hatten.


    ... das Pulverfass konnte man schon am Donnerstag sehen. Streichhölzer lagen auch genug rum und dann passierte halt am Abend auch genau das, was so oft passiert, wenn es so ist, wie es ist.