Martin Kind

  • Stimmt es, das bei der KGaA das Budget vom Aufssichtsrat festgelegt und freigegeben wird, wie es die HAZ schreibt? Hat ein Aufssichtsrat sonst nicht eigentlich nur eine Überprüfungsfunktion?

  • Ich meine, dass man in der Geschäftsordnung des Aufsichtsrates festlegen kann, dass manche Vorgänge seine Zustimmung erfordern.

    Wie das in diesem Fall ist, weiß ich aber nicht.

  • Als es der vereinsinternen Opposition nach jahrelangen Auseinandersetzungen 2019 endlich gelang, Kind sowie seine Getreuen aus der Vereinsführung zu entfernen und ihm so die komplette Kontrolle über den e. V. mit einem Schlag abhanden kam, war dieser voller Panik, dass die neue Vereinsführung eine Gesellschafterversammlung der Management GmbH einberuft, den Gesellschaftsvertrag ändert, auf dem Wege den Aufsichtsrat auflöst und ihn im Anschluss daran unverzüglich absetzt.


    Kind war noch bis zu den Aufsichtsratswahlen 2019 im Glauben, seine Gegner im Verein durch Mobilisierung seiner Unterstützer unter den Vereinsmitgliedern zumindest soweit danieder halten zu können, dass er auch weiterhin bei den vereinsinternen Wahlen seine Macht über den Verein sichern könnte. Er dachte daher nicht ernsthaft daran, auf seine damals durchaus zahlreichen, aber noch unorganisierten Kritiker im e. V. zuzugehen und ihnen mit substanziellen Zugeständnissen entgegenzukommen.


    Diese Erkenntnis führte allerdings schon 2012 bei der zersplitterten Opposition zu der Einsicht, dass man sich organisieren und vereinen muss, wenn sie denn eine echte Chance haben will, Kind erfolgreich die Stirn zu bieten. Zwei Mitglieder aus der vereinsinternen Opposition, die sich hier über das Fanmag kennengelernt hatten, kamen daher auf den Gedanken, eine Organisationsplattform für alle Kind-Kritiker sowohl innerhalb als auch außerhalb des Vereins zu gründen.


    Die Interessengemeinschaft Pro Verein 1896 war so geboren und deren Gründung läutete zugleich - retroperspektivisch betrachtet - den Anfang vom Ende der Macht Martin Kinds über den e.V. ein.


    Doch schon in der Gründungsphase gab es Probleme. Man konnte sich zwar recht schnell auf das Primärziel einigen, nämlich Kinds Herrschaft über den Verein schnellstmöglich durch demokratische Wahlen der Mitgliederversammlung des e. V. zu beenden. Heftigen und leidenschaftlich geführten Disput gab es jedoch darüber, wie die Opposition dann weiter vorgehen sollte.


    Auf der einen Seite standen die Verfechter der These, dass Pro Verein nach einer erfolgreichen Machtübernahme im e.V. dafür sorgen sollte, die 50+1 Regel im Rahmen der KGaA konsequent durchzusetzen, was in der Praxis nichts anderes bedeuteten sollte als den Aufsichtsrat der Management GmbH per Gesellschafterbeschluss aufzulösen und Kind anschließend als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH abzuberufen.


    Die Minderheit vertrat hingegen die Position, dass eine sofortige Abberufung von Kind als Geschäftsführer von der Kapitalseite als offene Kriegserklärung verstanden werden dürfte und sich der Verein das in seiner damaligen wirtschaftlichen Verfassung einen solchen Konflikt nicht leisten könnte und plädierten stattdessen für einen Interessenausgleich zwischen dem Stammverein und der Kapitalseite.


    Diese Position erwies sich damals nicht als mehrheitsfähig. Die weit überwiegende Mehrheit des Führungskreises von Pro Verein war damals schlicht gegen einen Deal mit Kind und seinen Investorenpartnern. Die wenigen Vertreter der kompromissbereiten Minderheitsfraktion fürchteten hingegen, dass eine kompromisslose Haltung gegenüber der Kapitalseite den Verein unweigerlich in die Insolvenz treiben wurde und zogen sich daher aus dem Projekt Pro Verein zurück.


    Der lähmende Richtungsstreit war damit vorüber und sodann hatten die Befürworter einer kompromisslosen Umsetzung der 50+1 Regel nunmehr freie Bahn, Pro Verein auf ihre konsequente Linie festzulegen. Und sie waren - was ausdrücklich zu betonen ist - ausgesprochen erfolgreich mit dem, was sie taten. Pro Verein 1896 gab der vereinsinternen Opposition zum ersten Mal ein wahrnehmbares Gesicht in der Öffentlichkeit. Zudem war es ihr Verdienst, einen bedeutenden Anteil der Kind-kritischen Fan-Szene dazu zu motivieren, stimmberechtigtes Vollmitglied im e. V. zu werden und bei den kommenden Wahlen die vereinsinterne Opposition mit ihrer Wahlstimme zu unterstützen.


    Während auf diese Weise die vereinsinterne Opposition nahezu ständig weiter anwuchs und immer stimmgewaltiger wurde, bemühte sich auch Kind darum, seine Anhänger und Unterstützer unter den Vereinsmitgliedern für die jeweiligen Aufsichtsratswahlen zu mobilisieren. So gelang es ihm zwar gerade noch, die Aufsichtsratswahlen im Jahr 2016 äußerst knapp für sich zu entscheiden. Aber es war schon zu diesem Zeitpunkt erkennbar, dass die Kapitalseite der von Pro Verein geführten vereinsinternen Opposition und ihrer ungeheuren Mobilisierungswucht nicht wirklich etwas entgegensetzen konnte.


    Das beunruhigte Kind aber nicht sonderlich, weil er und seine Partner der festen Überzeugung waren, im Jahr 2018 nach 20 Jahren andauernder Investorentätigkeit bei Hannover 96 über die seit 2011 bestehende Ausnahmeregelung der DFL die Befreiung von der 50+1-Regel erfolgreich beantragen und so die Beherrschung des Stammvereins über den Profifußball bei Hannover 96 überwinden zu können.


    Das dieser so langfristig angelegte Plan am Ende letztlich so grandios scheiterte, hatte vor allem zwei Gründe:


    Zum einen war da die Hybris von Kind zu glauben, er könne der DFL alle erfolgten Investitionen der vergangenen 20 Jahre in die personelle und bauliche Infrastruktur von Hannover 96 einfach als seine persönliche Förderung des Vereins verkaufen, so als ob er tatsächlich davon ausgegangen war, dass die Mitglieder des Prüfungsausschusses und des Schiedsgerichts bei der DFL keine Bilanzen lesen können.


    Zum anderen war da auch die unermüdliche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der handelnden Personen von Pro Verein, die ständig völlig zu Recht darauf hingewiesen hatten, dass der von Kind eingebrachte Anteil von Eigenmitteln und persönlichen Bürgschaften an all jenen Investitionen bei Hannover 96, welche Kind als Investor für sich reklamierte, doch bei genauer Betrachtung bemerkenswert gering ausfiel.


    Als sich dann im Laufe des Jahres 2018 also abzeichnete, dass Kind mit seinem Ausnahmeantrag bei der DFL scheitern wird und zugleich die Machübernahme der vereinsinternen Opposition in Reichweite lag, entwickelte einer der beiden ursprünglichen und wegen des bereits beschriebenen Richtungsstreits frühzeitig ausgeschiedenen Pro Verein-Gründer einen Konzeptvorschlag, welcher als mögliche Blaupause für einen Interessenausgleich nach der absehbaren Machtübernahme im e.V. durch Pro Verein zwischen dem Stammverein und der Kapitalseite gedacht war.


    Dieser Konzeptvorschlag wurde von seinem Autor als „Plan B 2.0“ bezeichnet, welcher im Kern kurzgesagt vorsah, dass der neue Vorstand des e.V. der Kapitalseite zusichert, am Status Quo des Gesellschaftsvertrages der Hannover 96 Management GmbH nichts zu ändern, sofern sich die Kapitalseite im Gegenzug bereit erklärt, den e. V. erheblich über das bisherige Maß hinaus wirtschaftlich zu fördern. Die neue Förderung sollte zudem beinhalten, dass die Kapitalseite die Namens- und Markenrechte an Hannover 96 aus der S&S zunächst in eine neu zu gründende Markenrechte-GmbH ausgründet und anschließend den e.V. an dieser GmbH paritätisch beteiligt und der Stammverein zudem eine vertraglich abgesicherte Rückkaufsoption für die zuletzt verkauften KGaA-Anteile zum ursprünglich gezahlten Verkaufspreis erhält.


    Der Konzeptentwurf „Plan B 2.0“ wurde Anfang März 2019 nach Vorlage der Bestätigung der DFL, dass dieser nunmehr 50+1 konform sei, im Vorfeld der Mitgliederversammlung zeitgleich sowohl Pro Verein als auch der Kapitalseite als mögliche Einigungsoption zwischen beiden Parteien für den absehbaren Fall übersandt, dass die vereinsinterne Opposition bei den im Rahmen der MV anstehenden Aufsichtsratswahlen obsiegen und so den angestrebten Machtwechsel im Stammverein erreichen würde.


    Wenige Wochen später war der Machtwechsel im Verein vollzogen, Kind als Vereinsvorsitzender Geschichte und sowohl die Kapitalseite als auch die neuen Führungsgremien im Verein gingen - wie vom Verfasser erhofft - mit dem gemeinsamen Ziel aufeinander zu, einen tragfähigen und nachhaltigen Interessenausgleich auszuhandeln.


    Das Ergebnis dieser Verhandlungen war der 96 - Vertrag, dessen inhaltliche Regelungen weitestgehend auf dem Einigungsvorschlag des „Plan B 2.0“ basiert. Der 96-Vertrag hat bis jetzt immerhin schon mehr als drei Jahre gehalten und schuf mit seinen Bestimmungen die Basis für ein gedeihliches Miteinander zwischen dem Stammverein und der Kapitalseite.

  • Während auf diese Weise die vereinsinterne Opposition nahezu ständig weiter anwuchs und immer stimmgewaltiger wurde, bemühte sich auch Kind darum, seine Anhänger und Unterstützer unter den Vereinsmitgliedern für die jeweiligen Aufsichtsratswahlen zu mobilisieren. So gelang es ihm zwar gerade noch, die Aufsichtsratswahlen im Jahr 2015 äußerst knapp für sich zu entscheiden. Aber es war schon zu diesem Zeitpunkt erkennbar, dass die Kapitalseite der von Pro Verein geführten vereinsinternen Opposition und ihrer ungeheuren Mobilisierungswucht nicht wirklich etwas entgegensetzen konnte.

    Sehr starker Post, danke dafür. Ich muss trotzdem Klugscheißern, die Aufsichtsratswahl war 2016. :D

    Einmal editiert, zuletzt von Rangarson ()

  • Vielen Dank für die aufschlussreiche Darstellung, winsley555.

    Ich lebe schon seit mehr als 40 Jahren nicht mehr im Umland von Hannover und kann das alles nicht so verfolgen.

    Für Außenstehende ist die ganze Entwicklung von H96 echt verwirrend. Die Konstante ist Herr Kind, den kann man noch ganz gut einschätzen, auch von Außen. Aber die Hintergründe eben nicht. Die Presselandschaft auch nicht.

  • Während auf diese Weise die vereinsinterne Opposition nahezu ständig weiter anwuchs und immer stimmgewaltiger wurde, bemühte sich auch Kind darum, seine Anhänger und Unterstützer unter den Vereinsmitgliedern für die jeweiligen Aufsichtsratswahlen zu mobilisieren. So gelang es ihm zwar gerade noch, die Aufsichtsratswahlen im Jahr 2015 äußerst knapp für sich zu entscheiden. Aber es war schon zu diesem Zeitpunkt erkennbar, dass die Kapitalseite der von Pro Verein geführten vereinsinternen Opposition und ihrer ungeheuren Mobilisierungswucht nicht wirklich etwas entgegensetzen konnte.

    Sehr starker Post, danke dafür. Ich muss trotzdem Klugscheißern, die Aufsichtsratswahl war 2016. :D

    Du hast völlig recht. Danke für die Richtigstellung.

  • Stand jetzt ist der Plan B 2.0 doch gescheitert? Und ein gedeihliches Miteinander bestand in der Zurückhaltung der e.V. Seite der letzten 3 Jahre oder sehe ich da etwas falsch?

  • Stand jetzt ist der Plan B 2.0 doch gescheitert? Und ein gedeihliches Miteinander bestand in der Zurückhaltung der e.V. Seite der letzten 3 Jahre oder sehe ich da etwas falsch?

    Hinsichtlich Deiner Bewertung kann ich Dir nicht ganz folgen. "Plan B 2.0" war nicht mehr und nicht weniger als der Versuch, sowohl unserer damals neuen Vereinsführung als auch der Kapitalseite ein Ideenkonzept für eine mögliche vertragliche Einigung an die Hand zu geben, auf die beide Seiten dringend angewiesen waren, weil sie sonst ihre jeweils wichtigsten Ziele nicht erreichen konnten.


    Im Ergebnis der danach folgenden Verhandlungen vereinbarten beide Parteien auf der Grundlage der Ideen des "Plan B 2.0" den "96-Vertrag", der auch heute noch Bestand hat. Durch den damaligen Abschluss des "96-Vertrages" hat der Verein der Kapitalseite dringend benötigte und vertraglich abgesicherte Förderzusagen in beträchtlicher Höhe abgerungen und zudem seine angestammten Namens- und Markenrechte wenigstens zur Hälfte wieder erlangt sowie sich darüber hinaus auch noch eine Rückkaufsoption für die zuletzt verkauften Gesellschaftsanteile an der KGaA zum damaligen Stückpreis gesichert. Ist all das in Deinen Augen etwa alles nichts?


    Aber was das erhoffte gedeihliche Miteinander betrifft, so gebe ich Dir gern recht, das hat sich leider nie eingestellt.


    Tatsächlich herrscht eher sowas wie "Kalter Krieg". Die Schuld daran trägt vor allem Martin Kind, der den Verlust über die Kontrolle des Stammvereins auch heute noch als schmäliche Niederlage empfindet und sich - so zumindest meine Einschätzung - mit der neuen Machtbalance in unserem Klub nie wird arrangieren können.

  • Der neue Vorstand hat mit diesem Vertrag denke ich zurecht versucht sehr tiefe Gräben zuzuschütten. Allein dieser Wille ist viel Wert und sollte jedem zeigen das es ihnen um Hannover 96 geht und nicht um Machtspiele. Das Kind am Ende diesen Versuch mit Füßen tritt und praktisch jetzt das Gericht entscheiden lässt ob dieser Vertrag jemals im Sinne von Hannover 96 war, sollte eigentlich jedem reichen um zu bewerten wem es hier genau um was geht.

  • Winsley555


    Beinhaltete Dein Plan B 2.0 auch die Einhaltung von 50+1? Meiner Erinnerung nach nicht.

    Dir ging es - vereinfacht - um die finanzielle Unterstützung des e.V. Dafür haben die Vereinsvertreter, bei der KGaA die Klappe zu halten.

    Was wirfst Du Martin Kind jetzt konkret vor? Daß er es gar zu dreist getrieben hat?


    Der Aufsichtsrat und Vorstand wurden für die Durchsetzung von 50+1 gewählt. Wären sie Deinem Plan B 2.0 gefolgt, hääten sie gegen die Satzung und das eindeutige Mitgliedervotum verstoßen.


    Gut, das hätte Martin Kind wiederum nicht gestört, es geht ihn ja nichts mehr an. Er hätte bekommen, was er wollte, nämlich die komplette Kontrolle und Macht.

  • Sorry, aber das ist jetzt Blödsinn. Selbstverständlich beinhaltete der "Plan 2.0" als auch der darauf aufbauende "96-Vertrag" die Einhaltung der 50+1 Regel. Das ging doch gar nicht anders, allein schon deshalb, weil daran die jährlich neu zu erteilende Spiellizenz der DFL für den Profifußball und damit das Geschäftsmodell der KGaA hängt. 50+1 galt im Übrigen immer schon bei Hannover 96, daher war es absolut essenziell, dass das Einigungskonzept von der DFL ebenfalls als 50+1 konform erachtet wurde.


    Der Verein und die Kapitalseite hätten den "96-Vertrag" gar nicht abschließen können, wenn damit die 50+1 Regel außer Kraft gesetzt worden wäre.

    3 Mal editiert, zuletzt von Winsley555 ()

  • Der Aufsichtsrat und Vorstand wurden für die Durchsetzung von 50+1 gewählt. Wären sie Deinem Plan B 2.0 gefolgt, hätten sie gegen die Satzung und das eindeutige Mitgliedervotum verstoßen.

    Der Hannover - Vertrag verstößt jedenfalls derzeit gegen das Mitgliedervotum, da er 50+1 aushebelt.


    Das mag kein Absicht gewesen sein, das mag auch nach weiteren Gerichtsentscheidungen anders aussehen, aktuell muss man es allerdings - leider - so feststellen.


    Übrigens gab es auch Stimmen im Umfeld Pro Verein nach der verlorenen AR-Wahl - die Niederlage beruhte auf Fehlinformationen der Seite Kind und einem kindschen false flag U-Boot, der man nicht entschieden genug Paroli bot -, die einen sehr entschiedenen konfrontativen Oppositionskurs forderten. Aber die wurden mehr als ignoriert.


    Wir werden abwarten müssen, ob das agierende Team Taktik am Ende richtig liegt.

  • Der Hannover - Vertrag verstößt jedenfalls derzeit gegen das Mitgliedervotum, da er 50+1 aushebelt.

    Siehst du das auch noch so, wenn das Verfahren jetzt gewonnen werden sollte und der 96-Vertrag danach nicht als gebrochen und weiterhin gültig gilt?