Wem gehört Hannover 96?

  • Die Arena hat keinen kalkulierbaren Marktwert. Im Prinzip ist sie nichts anderes als eine riesige ovale Veranstaltungsbühne, nutzbar ausschließlich für die Ausrichtung von Profifußball und Popkonzerten sowie vergleichbaren Events. Diese quasi Single-Use-Eigenschaft macht sie de facto zu einer sog. Spezialimmobilie, für die es keinen definierbaren Käufermarkt gibt. Solche Assets entziehen sich daher auch einer Marktpreisbewertung. Selbst eine nachhaltige Ertragswertkalkulation fällt recht schwer, weil dieser (der Ertrag) weitestgehend abhängig ist von der Existenz bzw. dem dauerhaften sportlichen Erfolg seines einzigen Dauernutzers, der KGaA. Mit anderen Worten: Solange Hannover 96 in der Bundesliga spielt, bleibt die aktuelle Ertragssituation stabil und kalkulierbar. Steigt unsere Veranstaltungsgesellschaft für Profilfussball jedoch dauerhaft in die 2. Liga ab, reduziert sich der Ertragswert möglicherweise schon gegen Null, weil eine wirtschaftliche Betreiberschaft der Arena dann längerfristig nur noch mit Zuschüssen der Stadt Hannover möglich sein könnte. Erschwerend für die Gesamtbetrachtung kommt noch hinzu, dass der einzige Veranstaltungsdauernutzer, die KGaA sowie die Arena-Betreibergesellschaft lediglich zwei unterschiedliche SPV's des gleichen Profifußballveranstaltungskonzerns sind, was die Tranparenz der Ertragsstrukturen nicht gerade erleichtert. Abgesehen von all dem gilt es zudem noch zu beachten, dass man die Arena auch gar nicht langfristig erwerben kann, da das Grundstück und damit auch die darauf errichteten Gebäude immer noch der Stadt Hannover gehören.


    Fazit: Wie du schon richtig ausgeführt hast, besteht angesichts dieser Konstellation lediglich die Möglichkeit, die Baukosten in der Bilanz zu aktivieren, was auch zweifelsohne erfolgt ist. Einen nachhaltigen, objektiv kalkulierbaren Marktwert hat die Arena aber nicht.

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  • Winsley555
    Ich sehe das mit dem Wert ein bisschen anders, zumal solche Stadien durchaus wesentlich multifunktionaler genutzt werden können. Aber folgen kann ich Deine Argumentation schon, mit allerdings einer Ausnahme: die Behauptung des GröPaZ, H96 oder seinem Konstrukt gehöre das Stadion, ist ja falsch. Und da es quasi nur angemietet ist, kann es auch nicht aktiviert werden.

  • @ Johannes23,


    genau so ist es.


    Der Umbau erfolgte im Rahmen eines Konzessionsmodells, konkret einer sogenannten PPP-Maßnahme (PPP = Public Private Partnership). Die Niedersachsenstadion Projekt- und Betriebsgesellschaft mbH & Co KG (später Hannover 96 Arena GmbH & Co KG) erhielt als Konzessionärin bis 2030 die Nutzungsrechte am Stadion und ist bis dahin für den Umbau und den Betrieb zuständig. Das Land Niedersachsen, die Region Hannover und die Stadt Hannover unterstützten den Umbau mit 21,47 Millionen Euro. Eigentümerin der Hannover 96 Arena GmbH & Co KG ist die Hannover 96 Sales & Service GmbH & Co KG.


    Spätestens 2030 werden die Karten sozusagen neu gemischt. Da die Stadt Hannover absehbar und nachvollziehbarerweise kein Interesse an einer eigenen Betreiberschaft haben wird, wird sie die Konzession 2030 neu vergeben. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der neue Betreiber auch wieder alte, nämlich Hannover 96 Arena GmbH & Co. KG sein wird. Aber theoretisch wäre auch ein ganz anderer Betreiber denkbar.


    @ stscherer,


    Du hättest mit Deiner Argumentation recht, wenn es sich bei dem Vertragskonstrukt tatsächlich nur um einen Mietvertrag handeln würde. Das ist jedoch hier gerade nicht der Fall! Weil ein solches Kozessionsmodell eben kein einfacher Mietvertrag ist, sondern eher eine Art zeitlich limitiertes Eigentumsrecht darstellt, konnte die H 96 Arena GmbH & Co. KG auch die Erstellungskosten in Ihrer Bilanz aktivieren.


    @ theMenace,


    Aus bereits besagten Gründen kommst Du mit der Suche nach einem objektiv kalkulierbaren Marktwert nicht weiter. Aber mit der grundsätzlichen Idee der Drittvergleichsfähigkeit bist Du meines Erachtens schon auf dem richtigen Dampfer. Nur muss der Argumentationsweg möglicherweise ein anderer sein. Habe gerade nicht viel Zeit, melde mich aber später dazu noch einmal bei Dir.

    3 Mal editiert, zuletzt von Winsley555 ()


  • Im Grunde genommen handelt es sich um einen abgewandelten gewerblichen Erbpachtvertrag mit einer Laufzeit von 25 Jahren hinsichtlich der wirtschaftlichen (Eigentums-)nutzung, welche zeitlich kongruent mit der Betreiberverpflichtung einhergeht.


    Oder einfach ausgedrückt: Wer den Zuschlag für die Betreiberkonzession erhält, verpflichtet sich (in die Immobilie) zu investieren und erhält hierzu gleichzeitig die Möglichkeit, das Grundstück sowohl wirtschaftlich zu nutzen als auch dinglich (im Grundbuch mit Grundschulden im Rahmen der Finanzerung) belasten zu können.


    Und falls jetzt jemand auf die Idee kommen und fragen sollte, warum die Stadt Hannover nicht selbst die Investition getätigt und anschließend den Betrieb der Arena über eine stadteigene Betreibergesellschaft organisiert hat.


    Die Antwort darauf ist denkbar einfach: Diese Alternative war schlicht nicht möglich, weil die hocherverschuldete Stadt Hannover dazu selbst die Kredite hätte aufnehmen müssen, was sie damals aufgrund der kommunalen Verschuldungsgrenze nicht in der notwendigen Größenordnung gedurft hätte. Abgesehen davon fehlte es damals auch in der Stadt an politischem Willen, eine solche Großinvestition mit anschließendem hohem und vor allem schwer kalkulierbaren Betreiberverlustrisiko einzugehen.


    Man darf dabei nämlich nicht ganz aus dem Auge verlieren, dass das ganze Investment in der Rückbetrachtung letztlich nur deshalb so gut funktioniert hat, weil die Profimannschaft auch tatsächlich in dem geplanten Zeithorizont in die Bundesliga aufgestiegen war und sich lange dort halten konnte.


    Fazit:


    PPP-Maßnahmen sind überaus probate Investitionslösungen für wirtschaftlich klamme Kommunen. Daher bringt es hier wenig, mit Begrifflichkeiten wie "legaler Betrug" zu operieren. Es war und ist ein Vertrag zum gegenseitigen Vorteil für alle Beteiligten.


    Trotzdem gibt es im Drittvergleich zur bilanziellen Behandlung vergleichbarer Bundesligastadien anderer Profiklubs tatsächlich einen gravierenden Unterschied. Und dieser Unterschied hat mit der grundsätzlich unterschiedlichen Bilanzierung der Stadionwerte bei den meisten anderen Vereinen zu tun, was widerum mit deren komplett anders gelagerter Bewertungsmotivation zusammenhängt. Bei mehreren Vereinen sind die Stadien - soweit sie sich im Eigentum des jeweiligen Vereins befinden - nämlich weitaus höher bewertet als zu den tatsächlichen Gestehungskosten.


    Dafür haben die entsprechenden Klubs auch zumeist einen sehr guten Grund, der nur - leider - überhaupt nichts mit objektiver Marktwertermittlung zu tun hat.

    2 Mal editiert, zuletzt von Winsley555 ()

  • Es ist doch ganz einfach: Wenn ich etwas baue, kostet das Geld und kann selbstredend zu den Herstellungskosten aktiviert werden.


    Die Stadt war ja auch nicht aus dem Risiko raus. Die bürgte ja für ALLE Kredite der S&S und hat sich und der der Aufsichtsbehlrde die ganzr Grschichte schöngerechnet. Letztlich hat die Stadt gemauschelt.


  • Also eine Art Erbpacht mit kürzerer Laufzeit? Okay, dann muss man die Anschaffungskosten aktivieren können, weil das wirtschaftliche Eigentum ja wahrscheinlich entschädigungslos an den Grundeigentümer nach Ablauf der Frist zurückfällt.


    PS: Winsley555 war schneller!

    Einmal editiert, zuletzt von stscherer ()

  • Es kauft doch niemand ein Fußballstadion, oder?

    Ach, irgendwann wird schon ein Mensch mit dem erforderlichen Geld auf die Idee kommen, dass es bestimmt ganz cool sei, ein eigenes Stadion zu haben. Richtig zu haben, nicht nur als Namenssponsor. Und schwupps wird so ein eigenes Stadion in den entsprechenden Kreisen zum letzten Schrei und alle wollen eins haben. Manche werden dann auch Stadien sammeln. Suche Lorheide, biete Grotenburg.

  • Es ist doch ganz einfach: Wenn ich etwas baue, kostet das Geld und kann selbstredend zu den Herstellungskosten aktiviert werden.


    Die Stadt war ja auch nicht aus dem Risiko raus. Die bürgte ja für ALLE Kredite der S&S und hat sich und der der Aufsichtsbehlrde die ganzr Grschichte schöngerechnet. Letztlich hat die Stadt gemauschelt.

    Haftungstechnisch - da hast Du völlig recht - macht es faktisch keinen großen Unterschied, ob die Stadt einen Investitionskredit selbst aufnimmt oder dies ein Dritter tut und die Stadt dafür eine Bürgschaft stellt.


    Aber der Vorteil für die Stadt ergibt sich auf einem ganz anderen Feld. Noch einmal zur Erinnerung: Die Stadt Hannover wäre allein - ohne das PPP-Betreibermodell - aufgrund der hohen Verschuldung unserer Kommune gar nicht in der Lage gewesen, die Finanzierung der über 60 Mio. Euro allein zu stemmen. Daher gab es bereits in den 90er Jahren diverse Pläne und Vorschläge, über eine PPP-Maßnahme die notwendige Stadionmodernisierung zu vollziehen. Es mangelte auch nicht an möglichen Investoren für eine solche Maßnahme. Das Problem war nur bei allen damaligen Konzepten, dass die entsprechenden Investoren von der Stadt Hannover erwarteten, dass diese für das Betreiberrisiko uneingeschränkt geradesteht. Das scheute die Stadt jedoch - und zwar völlig zu Recht - wie der Teufel das Weihwasser.


    Also nicht die Haftungsfrage, sondern vielmehr das unbeschränkte Betreiberrisiko war das Kernproblem, welches die Stadt umtrieb. Erst als Martin Kind mit der kreativen Idee auf die Stadt zukam, dass die Investoren im Rahmen der PPP-Maßnahme bereit sein könnten, der Stadt das Betreiberrisiko weitestgehend abzunehmen, war der Weg für eine Lösung plötzlich frei. Die Stadt musste sich nach dem Kind-Modell lediglich verpflichten, einen nach oben gedeckelten Zuschuss für den Fall zu zahlen, dass Hannover 96 in der 2. Liga spielt. Mit diesem kalkulierbaren Restrisiko konnte die Stadt sehr gut leben.


    Fazit:


    Man kann und muss Martin Kind für sein Verhalten gegenüber dem Stammverein mit aller Berechtigung hart kritisieren, aber - und da bin ich ganz bei theMenace - eben nicht für das innovative Konzept der Arena-Umbaumaßnahme. Denn das Konzept ist selbst auch aus heutiger Perspektive ziemlich genial.

    6 Mal editiert, zuletzt von Winsley555 ()

  • Richtig. Ich kritisiere auch nur die Behauptungen/Andeutungen,


    - es wäre Eigentum erworben worden.
    - der e.V. oder dessen damalige 49-%-Tochter KGaA hätten irgendetwas mit dem Bau zu tun.
    - die S&S hätte maßgeblich zur Bezahlung beigetragen.

  • Richtig. Ich kritisiere auch nur die Behauptungen/Andeutungen,


    - es wäre Eigentum erworben worden.
    - der e.V. oder dessen damalige 49-%-Tochter KGaA hätten irgendetwas mit dem Bau zu tun.
    - die S&S hätte maßgeblich zur Bezahlung beigetragen.

    Das mit dem Eigentum ist auch nicht völlig falsch, da durch die Betreiberkonzession zwar kein rechtliches, aber doch wirtschaftliches Eigentum zumindest für die Dauer der Konzessionierung erworben wurde.


    Richtig ist zudem, dass die S & S für die übernommenen Betreibergarantien der Arena-Tochter vollumfänglich haftet und zudem diese ihre SPV seinerzeit mit dem notwendigen Private Equity ausgestattet hat. Dies war tatsächlich die wesentliche Voraussetzung, damit die PPP-Maßnahme von der Stadt Hannover angenommen werden konnte.


    Der Verein (e.V.) war nach meiner Kenntnis nicht direkt involviert, die KGaA allerdings schon und das sogar in entscheidender Art und Weise, denn diese sorgt schließlich mit ihrem Nutzungsvertrag sowie den daraus resultierenden laufenden Miet- bzw. Pachtzahlungen an die Arena Gesellschaft für den notwendigen Grundsockel an Einnahmen, welcher das gesamte Modell erst rechenbar und damit umsetzungsfähig machte.

    5 Mal editiert, zuletzt von Winsley555 ()

  • Vorstandsmitglied Krause, der alte Spaßvogel, hat auf der JHV 2017 doch sogar so getan, als hätte der Verein Eigentum erworben.


    Für mich klingt wirtschaftliches Eigentum so wie "ein bißchen Schwanger". Man kann sich ja auf umfangreiche Nutzungsrechte o.ä. einigen. Denn das Wort Eigentum suggeriert ja Vermögen/Erfolg/Rechte usw. Deshalb benutzt Hochleistungsjurist Krause ja genau eine Wortwahl, die diese (falschen) Vorstellungen hervor ruft bzw verstärkt. Und nur aus diesem Grund muss ich Dir, Winsley, widersprechen:


    Umfangreiche Nuzungsrechte und steuerliche Vorteile ja
    Eigentum nein.

  • Vorstandsmitglied Krause, der alte Spaßvogel, hat auf der JHV 2017 doch sogar so getan, als hätte der Verein Eigentum erworben.


    Für mich klingt wirtschaftliches Eigentum so wie "ein bißchen Schwanger". Man kann sich ja auf umfangreiche Nutzungsrechte o.ä. einigen. Denn das Wort Eigentum suggeriert ja Vermögen/Erfolg/Rechte usw. Deshalb benutzt Hochleistungsjurist Krause ja genau eine Wortwahl, die diese (falschen) Vorstellungen hervor ruft bzw verstärkt. Und nur aus diesem Grund muss ich Dir, Winsley, widersprechen:


    Umfangreiche Nuzungsrechte und steuerliche Vorteile ja
    Eigentum nein.

    Sorry Oststadt,


    aber hier liegst Du meines Erachtens falsch. Tatsächlich gibt es im Wirtschaftsverkehr unterschiedliche Formen von "Eigentum".


    Wir reden hier über den Begriff des "wirtschaftlichen Eigentums". Die Defintion hierfür lautet (siehe Gabler Wirtschaftslexikon) wie folgt:


    "Wirtschaftliches Eigentum" ist ein steuerrechtlichen Begriff für Gegenstände, dir nicht im (zivil)rechtlichen Eigentum eines Steuerpflichtigen stehen, hinsichtlich derer er aber eine eigentumsähnliche wirtschaftliche Sachherrschaft über ein Wirtschaftsgut besitzt, sodass er bei der Besteuerung als Eigentümer behandelt wird. Kennzeichnend ist, dass die tatsächliche Herrschaft über das Wirtschaftsgut in der Weise ausgeübt wird, dass der rechtliche Eigentümer (in unserem Fall die Stadt Hannover) im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausgeschlossen ist.


    Fazit:


    Eben exakt die wirtschaftsrechtliche Situation, welche durch die Vereinbarung und Umsetzung der PPP-Maßnahme bezüglich des Stadiongrundstückes geschaffen wurde. Du weißt, wie schwer es gerade mir fällt, ausgerechnet Herrn Krause recht geben zu müssen. Aber in diesem Fall hat er nun einmal recht, sofern sich seine Aussage auf das wirtschaftliche Eigentum am Stadion bezogen haben sollte.


    Was man ihm jedoch mit Fug und Recht entgegenhalten kann, ist das nicht zu bestreitende Faktum, dass es sich hierbei lediglich um wirtschaftliches Eigentum auf Zeit handelt.

    2 Mal editiert, zuletzt von Winsley555 ()

  • Ja, und es handelt sich um wirtschaftliches Eigentum der S&S (der die Arena-KG zu 100% gehört) und nicht der KGaA oder gar des Vereins, wie gern behauptet wird.


    Absolut richtig!


    Wenn Herr Krause ernsthaft behauptet haben sollte, dass sich das Stadion im wirtschaftlichen Eigentum der KGaA oder des Vereins befinden würde, wäre eine solche Aussage natürlich grob falsch.


    Herr Krause redet - das kann ich persönlich bezeugen - häufig Unsinn, allerdings habe ich einen solchen Satz nicht von ihm in Erinnerung.


    Überhaupt ist eines der größten Probleme bei Hannover 96, dass häufig Begriffe - bewusst oder unbewusst - falsch verwandt werden.


    Wenn zum Beispiel Martin Kind in seiner Eigenschaft als Vorstandsvorsitzender unseres Vereins immer so gern über die Marke Hannover 96 und deren Strahlkraft redet, dann meint er in aller Regel eben gerade nicht den Verein, sondern vielmehr das von ihm erschaffene Gesellschaftskonstrukt, den Fußballveranstaltungskonzern.


    Ob Herr Krause diese notwendige Differenzierung überhaupt versteht, da habe ich so meine Zweifel.