Wem gehört Hannover 96?

  • Du unterliegst einem Denkfehler:
    ein e.V. ist nicht automatisch mit der Aufnahme eines Insolvenzverfahrens aufgelöst bzw. steht nicht automatisch die Auflösung eines e.V. am Ende eines Insolvenzverfahrens.


    Im übrigen finde ich aus §10, S.44 interessant:
    "Wird einer Kapitalgesellschaft die Lizenz entzogen, fällt diese nicht an den Mutterverein zurück. Der Mutterverein erhält auch kein Antragsrecht für eine Lizenz für die folgende Spielzeit, es sei denn, er hat sich mit einer eigenen Vereinsmannschaft für den Aufstieg in die 2. Bundesliga qualifiziert."


    Das hatte ich bisher anders im Kopf, daß nämlich der H96 e.V. bei einer Insolvenz der H96 KGaA (mit Ergebnis der Auflösung der KGaA) die Lizenz erhalten könnte (!), wenn der Spielbetrieb nachgewiesen werden könnte..

  • Du unterliegst einem Denkfehler:
    ein e.V. ist nicht automatisch mit der Aufnahme eines Insolvenzverfahrens aufgelöst bzw. steht nicht automatisch die Auflösung eines e.V. am Ende eines Insolvenzverfahrens.

    §42 BGB sagt aber was anderes

    Der Verein wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und mit Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen worden ist, aufgelöst.

    und die Lizenzierungsordnung sagt auch ganz klar, Lizenz erlischt bei Auflösung oder Verlust der Rechtsfähigkeit

  • Bei der Ausnahme von der 50+1-Regel geht es lediglich um die Stimmenmehrheit, die dann auf der Kapitalseite sein darf. Ohne Verein gibt es trotzdem keine Lizenz.

    hast du da eine Quelle für? Sollte hier stehen, finds aber auf Anhieb nicht und habe es anders in Erinnerung

    Satzung des DFL Deutsche Fußball Liga e.V

  • Likedeeler

    Zu Punkt A: Da steht doch nur, dass der Verein aufgelöst wird wenn das Verfahren mangels Masse gar nicht erst eröffnet wird.

    Zu Punkt B: Wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, hat der Verein doch nicht automatisch seine Rechtsfähigkeit verloren.

    So sehe ich das zumindest (als Laie!).

  • Likedeeler das, was ginger schreibt:
    in Deiner selbst genannten Quelle steht:

    "Der Verein wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens und mit Rechtskraft des Beschlusses, durch den die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgewiesen worden ist, aufgelöst."

    Und wie eben die praktischen Beispiele wie aus Chemnitz zeigen: es geht eben auch ohne Auflösung.

  • Ich habe mir die Lizensierungsgrundlagen der DFL mal angesehen. Im §4 - rechtliche Grundlagen - heißt es in Punkt 10: im Kontrollgremium der Kapitalgesellschaft soll der Mutterverein eine Stimmenmehrheit haben. Dieser Punkt ist MMn bei 96 nicht gegeben. Der AR der Management GmBH besteht paritätisch aus je zwei Mitgliedern der Vereins- und der Kapitalseite. Die DFL hat dazu verlauten lassen - soweit ich weiß - dass es ihr reicht, dass die Management GmBH im Besitz des Vereines ist. Im Hannover Vertrag hat aus meiner Sicht Herr Kind dem Verein quasi die Stimmenmehrheit abgekauft. Eine Stimmenmehrheit ist nicht mehr zu erzielen.

  • Wunderkind
    das ist ein bekannter Umstand (also das mit der Patt-Situation im AR), auch bei der DFL ...
    Deshalb hat die DFL im Frühjahr 2019 betont:

    Zitat

    ... sah sich der Ligaverband ob kontroverser Berichterstattungen zum Hannover-Konstrukt zu einer weiteren Klarstellung aufgerufen: "Entgegen mancher heutiger Berichterstattung hat es keine Zustimmung der DFL zu einer 'Sonderregelung' für Hannover 96 in Bezug auf die 50+1-Regel gegeben. Der sogenannte 'Hannover-96-Vertrag' ist nach Auffassung der DFL mit der 50+1-Regel vereinbar. Maßgeblich ist, dass der Hannover 96 e.V. als Alleingesellschafter der Hannover 96 Management GmbH weiterhin ein uneingeschränktes Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung hat und auch gesellschaftsvertraglich die Rechte des Hannover 96 e.V. unverändert bleiben."Quelle: Kicker

    Was das in der Praxis wert ist ... werden wir in den kommenden Wochen sehen.

  • hast du da eine Quelle für? Sollte hier stehen, finds aber auf Anhieb nicht und habe es anders in Erinnerung

  • Ich denke, man muss hier zwischen den Fällen a) der Verein ist Mutterverein und b) der Verein ist selbst Lizenznehmer unterscheiden.


    Im Falle a) erlischt die Lizenz der Kapitalgesellschaft, wenn der Mutterverein sich auflöst (§ 10 Nr. 1 Buchstabe c) LO). Aufgelöst wird der Mutterverein z.B. durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 42 Abs. 1 BGB). Nach meinem Verständnis sind die beiden dort in Satz 1 genannten Voraussetzungen der Auflösung trotz der dort verwendeten Konjunktion "und" nicht kumulativ zu lesen, sondern jede für sich genommen reicht aus; beide gleichzeitig können doch auch gar nicht vorliegen - entweder das Insolvenzverfahren ist eröffnet worden oder die Eröffnung ist abgewiesen worden. Fraglich bleibt für mich hier nur, ob in § 10 LO tatsächlich diese Auflösung gemeint ist, obwohl ja unter bestimmten Voraussetzungen die Fortsetzung des Vereins möglich ist.


    Ist der Verein hingegen selbst der Lizenznehmer (liegt also Fall b) vor), greift § 11 Nr. 5 LO, und hier finden sich auch die neun Punkte Abzug wieder. Nach einer zugegebenermaßen nur flüchtigen Recherche scheint dieser Fall auf den Chemnitzer FC zuzutreffen, bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens war der e.V. wohl noch selber Lizenznehmer, die Ausgliederung erfolgte erst später.

  • Mit dem rechtlichen Kram kenne ich mich wirklich nicht aus, dafür bekomme ich ein bisschen was von den Fussballvereinen in Deutschland mit. Da geht die Insolvenz auf keinen Fall einher mit der Auflösung des Vereines. Zum Beispiel befindet sich Rot-Weiß Erfurt (e.V.) seit Jahren in der Insolvenz, der VfR Aalen war als e.V. in der Insolvenz, ebenso Türkgücü München und ich meine auch der KFC Uerdingen. Die Liste ist noch beliebig zu erweitern.

    Die Regelungen in der DFL Spielordnung stehen aber auf einem anderen Stern, da DFL. Das sind bekanntlich nur die obersten beiden Ligen, in denen befand sich keiner der aufgezählten Vereine zum Zeitpunkt der Insolvenz, auch Chemnitz nicht. Was die letzte Insolvenz innerhalb der DFL Klubs war konnte ich auf die Schnelle nicht herausfinden, sollte schon etwas länger zurückliegen.

  • ach meinem Verständnis sind die beiden dort in Satz 1 genannten Voraussetzungen der Auflösung trotz der dort verwendeten Konjunktion "und" nicht kumulativ zu lesen, sondern jede für sich genommen reicht aus; beide gleichzeitig können doch auch gar nicht vorliegen - entweder das Insolvenzverfahren ist eröffnet worden oder die Eröffnung ist abgewiesen

    Ja. Die Begriffe sind ungenau .

    Und nein, deswegen ist das "und" hier auch entscheidend.

  • Ich möchte nochmal meine Gedanken zur Frage dieses Fadens - "Wem gehört Hannover 96?" - loswerden.


    Ich gehe mal davon aus, das hier in erster Linie die Profimannschaft mit gemeint ist. Hier im FanMag ist die Mehrheitsmeinung klar, die Geschicke der Profis sollten durch den Verein geführt werden. Von den gut 21000 Vereinsmitgliedern sind auch die überwiegende Mehrzahl Fanmitglieder und mehrheitlich auch dieser Meinung. (ca.17000 Fanmitglieder und 4000 aktive Sportler) Außerhalb des e.V. und des FanMag sieht es aber schon anders aus. Vielen Fans und Anhänger von 96, die ins Stadion gehen oder das die Spiele per SKY verfolgen, wollen unterhalten werden und guten, möglichst hochklassigen Fußball sehen. Ob der e.V. oder ein Investor wie Kind letztlich das sagen über die Profimannschaft haben ist ihnen ziemlich egal, Hauptsache die Mannschaft spielt erfolgreich. Solange die Mannschaft Hannover 96 heißt ist es für sie ihr Verein, der ihre Stadt vertritt. Und diese Fans sind nun mal deutlich in der Mehrzahl, ob es uns hier nun passt oder nicht.


    Vereine sind gesellschaftliches Gemeinschaftseigentum. Hier kann jeder Mitglied werden (für einen geringen Beitrag) und über die Mitgliederversammlung den Vorstand wählen und so Einfluss auf die Geschäftsführung und damit auch auf die Geschicke der Mannschaft nehmen. Die Mitglieder stehen mit Herz und Seele hinter ihrem Verein.
    Der Einkauf in eine Kapitalgesellschaft ist dagegen nur wenigen Menschen, die über entsprechende finanzielle Mittel verfügen, möglich. Hier spielt der Profit die Hauptrolle, weniger das Interesse am Fußball.


    Deshalb finde ich es wichtig sich immer wieder für den Erhalt von 50+1 stark zu machen und diese Zusammenhänge weiterzuverbreiten.

  • Hier im FanMag ist die Mehrheitsmeinung klar, die Geschicke der Profis sollten durch den Verein geführt werden.

    Äh, nein. Jedenfalls nicht meine. Die Geschicke der Profis sollten durch einen Geschäftsführer geleitet werden, der 50+1 vertritt und mit dem der Vereinsvorstand einverstanden ist. So sieht das auch der Vereinsvorstand, wenn ich es nicht falsch interpretiere. Auch wenn diese simple Tatsache über den niedrigen geistigen Horizont der Madsack-Redakteure hinauszugehen scheint.

  • Äh, nein. Jedenfalls nicht meine. Die Geschicke der Profis sollten durch einen Geschäftsführer geleitet werden, der 50+1 vertritt und mit dem der Vereinsvorstand einverstanden ist

    Da bin ich bei dir. Ich habe das etwas stark verkürzt geschrieben. Klar wird das operative Geschäft durch den GF ausgeführt. Aber mit Mitglieder des e.V. haben Einfluss auf strategische Entwicklungen. Die Mitgliederversammlung ist das oberste beschließende Organ des Vereins, so steht es auch in der Satzung des e.V. Sie wählt den Aufsichtsrat, der wiederum (über die Management GmbH) die GF einsetzt.

  • Mein zweites Video habe ich etwas diesem Thread gewidmet, es befasst sich hauptsächlich mit den Besitzverhältnissen rund um die Profigesellschaft und damit auch der Sales & Services bei 96. Das Thema mag etwas langweiliger erscheinen, ich finde es allerdings wichtig, weil es zeigt das der Konflikt in Hannover eben nicht nur zwischen Fanszene und Martin Kind ausgetragen wird, sondern auch zwischen Martin Kind und anderen Investoren. Erst dieser Umstand hat aus meiner Sicht zu den aktuellen enormen Abhängigkeiten von Kind geführt und sollte bedacht werden wenn es darum geht, warum es angeblich keine Alternativen zu ihm gibt. Guckt es euch gerne an und teilt es wenn es euch gefällt. Danke nochmal an alle für die umfangreiche Hilfe beim ersten Video. Mit so viel Resonanz hatte ich da definitiv nicht gerechnet.


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  • Aus meiner Sicht kann im Fall von H 96 nur die Management GmBH Lizenznehmerin sein. Sie bestellt den GF, der für die Einhaltung der Lizensvorgaben verantwortlich ist. Allerdings hält sie sich ( jedenfalls die e.V.- Seite) bei 96 aus dem operativen Geschäft heraus, so dass die KGaA als Lizenznehmerin handelt. Der e.V. hat ja aktuell gar keine Mannschaft im Spielbetrieb der DFL. Er ist überhaupt nur als sogenannter Mutterverein wichtig für die Lizenzvergabe. Daneben ist er völlig irrelevant.

    Die 50+1 Regel kann in dem jetzt anhängigen Verfahren gar keine Rolle spielen, weil sie eine Regel der DFL ist. Sie ist keine Rechtsnorm und daher für das Gericht nicht von Belang. Wenn sich zwei Skatbrüder gegenseitig die Köpfe einschlagen, weil sie sich über die Skatregeln streiten, wird ein Gericht mit Sicherheit auch nicht die Skatregeln behandeln, sondern die Körperverletzung. Skatregeln sind auch keine Rechtsnorm.

    So weit, so einfach. Weil aber der Profifußball mittlerweile ein Milliardengeschäft ist, kollidiert die Sportgerichtsbarkeit immer mehr mit Rechtsnormen. Man kann weiterhin keinen Elfmeter vor einem ordentlichen Gericht einklagen. Sehr wohl aber eben die Abberufung eines GF, weil es dazu Rechtsnormen gibt, die im Zweifel zur Anwendung kommen.

    Der Richter hat nicht umsonst am Dienstag wohl gesagt, dass die Angelegenheit von 96 auch für Juristen eine Herausforderung ist. Über Kurz oder Lang muss die 50+1 Regel auf den Tisch des Richters.