Groundhopping

  • 26.12.14
    KV Mechelen - Royal Mouscron-Péruwelz 1:0
    Pro League
    Achter de Kazerne (Att: 9.234)


    Am 2.Weihnachtsfeiertag wird traditionell in Belgien Fussball gespielt und ich konnte die letzten Jahre immer einen Weihnachtsbesuch bei Verwandtschaft in Aachen mit einem Abendspiel im Nachbarland verbinden. Verwandtschaft habe ich zwar keine mehr im Grenzgebiet, aber warum Liebgewonnenes aufgeben und den dritten Tag in Folge Sofas plattsitzen und Mägen überfüllen?
    Mangels Familienprogramm waren ja diesmal sogar zwei Spiele drin.
    Ich schloss mich vier echten Groundhoppern aus Hannover an und mit einem Mietwagen fuhren wir früh morgens westwärts. An einem Stadtbummel in Mechelen fehlte den Hoppern leider das Interesse, aber wenn einer schläft und drei lieber in einem niederländischen Outlet-Center Schnäppchen jagen wollen, akzeptiere ich als guter Demokrat meine Niederlage. Ich bin sowieso demnächst wieder in Mechelen in Eigenregie.


    Ich hielt es zwar für völlig dämlich am 2.Weihnachtstag ins Designer-Outlet nach Roermond zu fahren und habe den dortigen Parkplatz bisher auch noch nie so voll gesehen wie an diesem Tag, aber das Center war dann doch nicht voller als die EA-Galerie in der Vorweihnachtszeit. Lediglich bei einzelnen Stores, wie Ralph Lauren, regelten Türsteher den Einlass, um dem Andrang Herr zu werden. Na ja, ich setzte mich wie ein Oppa auf die Bank und passte dabei auf die Einkaufstüten der Hoppa auf. Die hielten auch Wort und suchten nur eine Handvoll Stores gezielt auf, so dass wir keine Stunden dort verbrachten.


    Mechelen war dann auch wenig später erreicht und wir fanden einen Parkplatz keine fünf Minuten vom Stadion, welches mitten in einem Wohngebiet liegt. Wir folgten rot-gelb gewandeten Einheimischen durch die engen Straßen zum Haupteingang, wo für deutsche Sportjournalisten erfreulicherweise freier Eintritt war.
    Doch bevor die Plätze auf der Haupttribüne eingenommen wurden, wurde erstmal das Stadion aus mehreren Winkeln begutachtet. Eine geile Bude! Die erhöhte Haupttribüne hatte davor einige unüberdachte Stehtraversen und gegenüber befanden sich überdachte Stehplätze inklusive Heim- und Gästeblock. Links der Haupttribüne war eine kleine zweirangige Tribüne mit unten Stehplätzen und oben Sitzplätzen, rechts ähnlich wie in Antwerpen eine zweirangige vollverglaste VIP-Tribüne. Bis auf letztere Tribüne versprühten die Ränge sehr nostalgischen Charme und boten Platz für 13.213 Zuschauer. Heute immerhin von 9.234 Zahlenden besucht, wofür mehr deutsche Hopper (allein vier Autobesatzungen aus dem Raum Hannover) als Gästefans (vielleicht 60) ihren Beitrag leisteten.


    Der Hausherr hatte wie das Stadion vor langer Zeit seine besten Tage. Gegründet wurde der Club 1904 mit der Stamnummer* 25 (kurz nach dem ewigen Stadtrivalen Racing, der die Stamnummer 24 hat) und in den 20er Jahren konnte man sich dann dauerhaft in der 1.Liga etablieren. In den 40ern hatte man schließlich die erste große Phase mit drei Meisterschaften (noch unter dem französischen Namen RFC Malinois). Die kommenden drei Jahrzehnte waren dann von einem Pendeln zwischen erster und zweiter Klasse geprägt, bis in den 80ern ein gewisser Aad de Mos das Kommando übernahm (later King Otto's unsuccessfully successor in Bremen).


    Finanziell unterstützt von IT-Millionär John Cordier führte de Mos den KV Mechelen zu zwei Vizemeisterschaften ('87, '88 ), einer Meisterschaft ('89), einem Pokalsieg ('87) und dem Europapokal der Pokalsieger ('88 ). De Mos Team (mit Spielern wie Michel Preud'homme, Leo Clijsters, Erwin Koeman und John Bosman) schlug im EC-Finale seinen Ex-Club Ajax Amsterdam mit 1:0.
    Was Anfang der 80er der FC Aberdeen war, war Ende der 80er der KV Mechelen. Aber alles endet irgendwann und nachdem Cordier sich Anfang der 90er zurückzog, ging es erstmal stetig abwärts und der Club geriet in finanzielle Schieflage. 2002 konnte gerade so die Liquidation des Vereins abgewendet werden, aber der Zwangsabstieg in die 3.Liga war dennoch unumgänglich. Man kämpfte sich binnen 4 Jahren wieder nach oben und bewegt sich seitdem relativ konstant im Liga-Mittelfeld (so auch in der aktuellen Saison).


    Im (unteren) Tabellenmittelfeld hat auch der heutige Gegner Royal Mouscron-Péruwelz Quartier bezogen, dessen Geschichte ich weniger ausschweifend abhandeln kann. Denn diesen Club gibt es erst seit 2010. Der große Mouscroner Platzhirsch Excelsior (immerhin 14 Jahre erstklassig und zweimal im UEFA-Cup vertreten) ging nämlich 2009 bankrott und wurde vom Spielbetrieb ausgeschlossen. Man handelte dann mit dem 50km entfernten 4.Ligisten RRC Péruwelz eine Fusion aus. Mouscron brachte das Stadion und die sonstige Infrastruktur ein und Péruwelz steuerte neben seinem Startplatz in Liga 4 seine Vereinsfarben und die Stamnummer 216 bei (Excelsior hatte Stamnummer 224). Die neuformierte Truppe schaffte binnen vier Jahren drei Aufstiege und ist nun erstklassig.


    Fußballerisch war das Niveau der beiden wie versprochen unteres belgisches Erstliga-Mittelfeld. Viel Gebolze, aber auch viele Torchancen, die oft kläglich vergeben wurden. Die Mechelner machten allerdings passable Stimmung und die Mannschaft dankte es in der 82.Minute durch ein wuchtiges Kopfballtor des Mario Gomez Lookalike Seth de Witte (der allerdings Abwehrspieler ist). Jubel, Trubel, Heiterkeit fast im gesamten Stadion und danach keine Probleme die verdiente Führung über die Zeit zu retten. Ein paar frittierte Spezialitäten später saßen wir dann wieder im Auto, um das benachbarte Lier anzusteuern.
    Stadion Mechelen


    26.12.14
    K. Lierse SK - Club Brugge KV 0:6
    Pro League
    Herman Vanderpoortenstadion (Att: 8.000)


    Spiel 2 am Stephanitag führte uns nach Lier, zum vierfachen belgischen Meister Lierse SK (zuletzt 1997). Jene empfingen heute unseren alten Bekannten Club Brugge KV. Der Gast ließ einen natürlich an selige Tage aus der jüngeren 96-Vergangenheit zurückdenken, während der Heimverein einen ziemlich kalt ließ. Mir fiel auf Anhieb nur Jan Ceulemans als ganz großer Ehemaliger ein und klar, Arouna Koné begann dort auch seine Laufbahn. Von jenem Koné habe ich nun sieben seiner acht europäischen Stationen besucht (nur Wigan fehlt noch). Auch 'ne witzige, sinnlose Serie, die schon bald komplett sein könnte. Ansonsten erinnerte mich der aktuelle Coach (Stenley Menzo) noch massiv an die Kindheit. Beim Italia '90 Panini Album hatte ich den nämlich ziemlich oft doppelt.


    Die Ligarealität sah für Lierse SK auch alles andere als gut aus. Man ist schon recht abgeschlagen Letzter. Die Einheimischen bemühten im Smalltalk den Klassiker "Wir sind gar nicht so schlecht, aber versieben zu viele Chancen und kriegen blöde Gegentore". Ein Torverhältnis von 20:41 und nur 3 Siege in 20 Spielen sprachen aber schon für eine Mannschaft die einfach zu schlecht ist. Und dann kam nun der souveräne Spitzenreiter aus Brügge (mit dem nur noch Anderlecht halbwegs auf Tuchfühlung ist). Das versprach heiter zu werden.


    Brügge, wohl von knapp 2.000 Fans unterstützt, begann wie die Feuerwehr und nahezu jeder Ball in Strafraumnähe wurde gefährlich. Selbst die misslungensten Flanken machten die Lierser Verteidiger gefährlich, weil sie meist dem Gegner vor die Füße klärten. Fast schon logisch, dass Brügges erste zwei Tore Eigentore waren (beide durch Eric Matoukou, der später noch ein drittes Tor verschuldete). Der überragende rechte Mittelfelder "Gedoz" (übrigens jemand auf meiner Scoutingliste, die ich hoffentlich bald Dirk Dufners Nachfolger übermitteln kann) wusste schnell, wie er die gefährlichen Angriffe einleiten konnte und kurbelte Brügges Offensive dauerhaft an. In die Torjägerliste trugen sich allerdings die anderen Offensivkräfte Rafaelov, de Sutter und Izquirdo ein.


    Mit 0:5 ging es in die Pause. Die Lierser Fans, die ordentlich Pyro zu Beginn abgefackelt hatten und auch zunächst ihre Mannschaft lautstark nach vorne peitschen wollten, waren längst verstummt. Stattdessen viele Pfiffe von den Tribünen für die zu jeder Zeit komplett überforderten Hausherren. Bei dem Ergebnis fast schon zwangsläufig, schaltete Brügge zwei Gänge runter und verwaltete den Vorsprung problemlos. Ein Tor gelang Rafaelov noch in der 72.Minute zum 6:0 Endstand.


    Wir verließen mit dem Abpfiff sofort das Stadion, um Mitternacht wieder zu Hause zu sein. Hinter uns ließen wir ein 14.500 Zuschauer fassendes Stadion, welches im teilsanierten Zustand einen Patchwork-Eindruck machte. Wir standen am Rand der Gegengerade, welche unten Stehplätze und oben Sitzplätze bot. Die Haupttribüne und die große Hintertortribüne waren in den 2000er Jahren mit Schalensitzen bestuhlt und ebenso mit Logen ausgestattet worden. Tribüne 4 (Gäste) sah aus wie ein Provisorium. Ob bestehende Pläne zur weiteren Modernisierung in naher Zukunft umgesetzt werden, ist sehr fraglich angesichts der derzeitigen sportlichen und finanziellen Situation. Einen gewissen Charme versprühte jedenfalls auch diese Hütte.
    Stadion Lier


    *Stamnummer: In Belgien bekommt jeder Fussballverein vom Verband eine fortlaufende Nummer bei Registrierung. Bei Fusionen kann i.d.R. die Stamnummer eines Vorgängervereines übernommen werden. Erlischt ein Verein komplett, wird die Stamnummer nie wieder neu vergeben. Stamnummer 1 hat Royal Antwerp FC, Club Brugge z.B. die 3 und Lierse SK die 30. Niedrige Stamnummern sprechen natürlich für große Tradition und werden oft entsprechend prominent kommuniziert. Aktuell nähert sich der Verband der Stamnummer 10.000 an.

    2 Mal editiert, zuletzt von Schneppe ()

  • Normalerweise kommt der Spielplan der Allsvenskan vor Weihnachten raus.


    Da aber im Jahr 2015 völlig überraschend für den schwedischen Fussballverband eine U21-EM in Tschechien stattfindet,und sie dadurch irgendwelche Terminüberschreitungen haben,wird es nach meinen Informationen wohl Mitte Januar werden.


    Im Juni soll meines Wissens die Allsvenskan sinnloserweise mal wieder fast komplett pausieren.

  • Ich hab da was Altes auf einer externen Festplatte entdeckt. Das letzte der drei besuchten Spiele fand fast auf den Tag genau vor zwei Jahren statt (vielleicht will ja tatsächlich jemand diese ollen Kamellen lesen). Für mich persönlich war es natürlich ganz interessant zu lesen und mal zu gucken was aus den namentlich erwähnten Spielern zwei Jahre später geworden ist.


    Fußballreisen nach South Wales


    Wales ist bisher nicht als ruhmreiche Fußballnation bekannt. Im Gegensatz zu den beiden großen britischen Ländern England und Schottland kann man keine international renommierten Clubs oder große Erfolge mit der Nationalmannschaft vorweisen. Dennoch hat Fußball in Wales einen Status, der dem des Volkssports Nr. 1 Rugby nicht hoffnungslos hinterher hinkt. Besonders im bevölkerungsreichen Süden, in dem sich die drei größten Städte des Landes befinden (Cardiff, Swansea und Newport), wird Fußball traditionell gelebt. So verfügen gerade die Clubs Swansea City und Cardiff City über eine große und loyale Fanbasis. Und nach Jahren der Tristesse, schicken sich die großen Clubs aus Wales wieder an einen Platz in Großbritanniens Fußballelite zu finden. Swansea mischt nun im zweiten Jahr die Premier League auf und Cardiff City ist auf dem besten Wege ihnen im Sommer zu folgen. Grund genug mal in South Wales vorbeizuschauen.


    Meine erste Reise nach Wales in dieser Saison führte mich im Herbst nach Cardiff. Die Tour war schon lange geplant und somit war die Enttäuschung groß, dass berufliche Verpflichtungen nur das Länderspielwochenende im Oktober als Reisezeitraum zuließen. Also konnte ich weder Swansea City in der Premier League, noch Cardiff City in der Championship erleben. Zum Glück wurde in den unteren Ligen unter der Woche gekickt, so dass sich der Newport County AFC in der fünftklassigen Conference über den Besuch eines deutschen Pressevertreters freuen durfte. Am Donnerstag wurde der Standort schließlich auf die Nachbarinsel verlagert, um Deutschland gegen Irland in der WM-Qualifikation zu schauen. Also für Fußball war gesorgt, wenn auch mit vermeintlichen B-Lösungen.


    Die erste Reise nach Südwales ließ sich preiswert mit dem Flieger von Bremen nach London und einem Intercity von London nach Cardiff gestalten. Morgens in Bremen gestartet, mittags am Bahnhof Cardiff Central gewesen. Auf selbem Wege lassen sich auch Swansea und Newport günstig erreichen. In Cardiff angekommen, stach sogleich ein riesiger Pub ins Auge, der Prince of Wales. Dieser ist in einem ehemaligen Theater untergebracht und hat dementsprechend riesige Ausmaße auf zwei Etagen verteilt. Da der Pub zur Kette J.D. Wetherspoon gehört, gibt es preiswerte Pints für unter 2 Pfund und viele gute Menüangebote für die Hungrigen (z. B. Pint & Burger für 5 Pfund). Unnötig zu erwähnen, dass man es hier den ganzen Nachmittag aushalten konnte.


    Der Vorabend unseres ersten Spiels bei dieser Tour wurde genutzt, um Cardiffs Nachtleben kennen zu lernen. Und das hatte es in sich. Eine Vielzahl von Pubs, Bars und Diskotheken werben um Tausende von Feierwütigen. Auch unter der Woche sind die Clubs gut besucht und es gibt viele gute Angebote, wie Bier für 1 Pfund oder Cocktail-Pitcher (ca. 1 Liter) für 5,50 Pfund. Was sich innerhalb dieser Nacht und der kommenden Nächte in den Clubs der Hauptstadt so abspielte, darf natürlich keinen Platz in einem familienfreundlichen Magazin bekommen. Erwachsenen, der Freizügigkeit aufgeschlossenen Menschen sei allerdings mal eine Erlebnisreise nach Cardiff empfohlen. Oder ein Exkurs mit der Google-Bildersuche und den Begriffen „Cardiff Nightlife“ oder „Cardiff by Night“. Mit zügellos sind die Waliser Partygänger wohl ganz gut attributiert.


    Am nächsten Vormittag fiel das Verlassen der Hotelbetten ziemlich schwer, so dass gerade noch kurz vor 12 Uhr das Large English Breakfast für preiswerte 4,40 Pfund im Pub geordert werden konnte. Dieses britische Kulturgut lieferte über 1400 Kalorien für die Aufgaben des Tages und brachte den Körperhaushalt wieder auf Vordermann. Ein paar Pints später brachen wir mit dem Zug in die Nachbarstadt Newport auf, in der schöne Ecken etwas spärlicher vorhanden waren als in Cardiff. Der frischen Brise meerseits konnte zum Glück in einen Pub entflohen werden. Und dieser verwinkelte Hort der Gemütlichkeit, mit Sofas und Teppichböden, entpuppte sich auch als Teil des Wetherspoon-Imperiums. An einer AFC Newport Infotafel wurden nun bei ein paar preiswerten frischen Ales weitere Informationen zum heutigen Gastgeber eingeholt, ehe der Anpfiff näher rückte und uns ein Taxi zur Geschäftsstelle des Fünftligisten fuhr.


    Nachdem die hinterlegten Karten abgeholt waren, nahmen wir zügig die überdachten Sitzplätze im Pressebereich ein und verschafften uns einen Überblick über das Stadion. Unterhalb unserer Sitze befanden sich gut gefüllte Stehplätze (inklusive der stets aktiven Singing Area) und links von uns war eine unüberdachte Stehplatztribüne hinter dem Tor. Rechts hinter dem Tor dagegen war nur ein Funktionsgebäude platziert. Gegenüber unserer wunderschönen betagten Tribüne befand sich die moderne neue Haupttribüne mit Sitzschalen und Logen. Insgesamt hatte das Stadion „Rodney Parade“ eine Kapazität von 5.000 Plätzen, wovon rund 2.500 heute besetzt waren. Das war das zehnfache an Zuschauerzuspruch vieler deutscher Fünftligisten. Gleichwohl muss man in diesem Zuge für den weniger informierten Fußballfreund noch erwähnen, dass in England auch die fünfte Spielklasse noch eingleisig ist, während in Deutschland die 5.Liga vierzehngleisig ist. Die Conference National, als Bindeglied zwischen League- und Non-League-Football, hat einen ganz anderen Stellenwert als Oberliga Niedersachsen und Co.


    Auf dem Rasen zeigte Newport dann, dass sie zurecht ein Aufstiegsaspirant sind. Besonders auffällig waren der bullige Abräumer David Pipe (ehemaliger walisischer Nationalspieler) und der technisch beschlagene Flügelspieler Ben Swallow. Gerade den jungen Swallow sieht man vielleicht bald schon höherklassig kicken. Sehr zu unserer Freude hielt der abstiegsbedrohte Gegner Ebbsfleet United mit viel Kampf dagegen und das verregnete Spiel auf schwerem Geläuf entwickelte sich zu einem spannenden Duell. Nach einigen sehenswerten Angriffen konnte Ebbsfleets Schlussmann in der 31.Minute endlich überwunden werden. Abwehrspieler Ismail Yakubu erlöste den momentanen Tabellenführer der Conference, der mit der 1:0 Führung in die Pause gehen konnte.


    Die Halbzeit im stimmungsvollen Stadion von Newport wurde nun für zwei Pints vom leckeren cremigen Ale Worthington's Red Shield genutzt. Ein Verzehr auf der Tribüne war leider UK-typisch untersagt. Nun gut, mehr Zeit zum Supporten auf den Rängen für die Residents. Und das taten sie auch in der zweiten Hälfte, oft humorvoll und meist spielbezogen. Ebbsfleets mitgereistes Dutzend war dagegen nicht zu vernehmen. Aber „Ebbs“ ist auch alles andere als ein Club mit großer Fantradition. Einigen aufmerksamen Fußballfreunden sind sie vielleicht dadurch ein Begriff, dass man vor einigen Jahren Anteile des Clubs kaufen konnte (für 35 Pfund p.a.) und die zahlenden Fans danach über Aufstellung und Transfers im Internet abstimmen durften. Ein Geschäftsmodell, dass in Deutschland wenig später bei Fortuna Köln genauso durchwachsen lief, wie zuvor in Großbritannien. Heute sind diese Projekte sowohl in Ebbsfleet (myfootballclub.co.uk) , als auch in der Kölner Südstadt (deinfussballclub.de) Geschichte.


    Das Spiel endete 1:0, trotz weiterer guter Chancen für Newport, und die Fans sangen in Feierlaune „Lets go out to disco, let's go out to disco“. Diskothek klang nach den Erfahrungen des Vorabends auch für uns sehr verlockend, aber zunächst sollte noch das Vereinsheim des Newport County AFC geprüft werden. Auch dort wurde schmackhaftes Worthington's gereicht und in gemütlicher Atmosphäre konnte man mit alten Herren mit Schiebermützen über Fußball fachsimpeln. Erst zu später Stunde kehrten wir nach Cardiff zurück, um dort noch ein wenig Clubbing zu betreiben. Eine Tätigkeit, die auch am Mittwoch nach Sightseeing, Shopping und vielen Biertests den Tag krönen durfte.

  • Donnerstag wurden mit dem Cardiff Arms Park (Rugby-Ground der Cardiff Blues) und dem Millennium Stadium (Waliser Nationalstadion mit 70.000 Plätzen) noch zwei Stadien in Cardiffs Innenstadt inspiziert, um dann das Feld für die zahlreichen anreisenden Schotten zu räumen. Jene sollten am Freitag gegen Wales in Cardiff spielen, parallel zu Irland – Deutschland in Dublin. Hätte uns eigentlich mehr gereizt als die nationale Auswahl des Schalträgers aus Südbaden, aber da wurde während der Reiseplanung einfach gepennt. So ging's nun eben stilgerecht mit Ryanair von Bristol nach Dublin, um so schnell wie möglich vom Flughafen in den Pub an der Tara Station zu gelangen. Jener hatte noch genug 96-Sticker von unserem Gastspiel im August kleben und bot weiterhin das Pint für faire 3,30€ an.


    Am späteren Abend wurde der Standort schließlich nach Temple Bar verlegt. Aber während die Modulsportler Ostdeutschland und die bemalten Hanseln des Fanclub Nationalmannschaft gerne 5 bis 6€ für ihr Pint in den Touri-Nepp-Pubs zahlten, ging unsere Gruppe ins Peadar Kearney's. Auch ein wohlbekannter Pub des 96-Auftritts und mit moderateren Preisen gesegnet. Live-Musik und Exklusivität als einzige deutsche Gruppe in dem Laden, ließen uns den Haken hinter dem Punkt „originäres Dubliner Pub-Erlebnis“ machen.


    Am nächsten Morgen wurde das Sightseeing-Programm runtergespult und sich bei gut 10km Fußmarsch genug Appetit für ein All You Can Eat in einem pakistanischem Restaurant erarbeitet. Schmale 6,90€ in Temple Bar waren absolut konkurrenzlos, denn dafür bekam man in diesem Bezirk sonst nur eine Viertel-Pizza oder einen Döner mit Getränk. Und da selbst die Getränke in dem Restaurant günstiger waren als in dem Supermarkt nebenan, wunderte es kaum, dass man dort wenig später auch noch preisbewusste Reisende aus Hannover (so genannte Groundhopper) sah. Da hieß es für uns aber schon wieder Aufbruch zur Tara Station.


    Im O'Reilly's herrschte gegen 14 Uhr noch gähnende Leere, so dass wir uns Ledersofas im Kaminzimmer sichern konnten. Zwei Stunden später war der Pub dagegen schon prall gefüllt mit irischen Supportern. Entspannte Zeitgenossen, die fast genauso durstig waren wie unsere um weitere Hannoveraner verstärkte Reisegruppe. Jene Gruppe spaltete sich gegen 18 Uhr in Stadiongänger und Platzhalter im Pub. Den erstgenannten stand nun ein 45minutiger Spaziergang zum Stadion bevor, weitgehend am Fluss Liffey entlang, während die anderen ganz entspannt in ihren Sofas versunken blieben.


    Das Aviva Stadium, ehemals Landsdowne Road (und natürlich noch immer an jener Strasse beheimatet), wurde erst vor kurzem fertiggestellt und ist ein optischer Leckerbissen. Es genügt den höchsten Ansprüchen der Fußballverbände und besticht zunächst einmal durch seine Asymmetrie. Drei Tribünen sind sehr hoch (vierstöckig) und bieten Platz für viele tausend Zuschauer. Die Hintertortribüne stadteinwärts dagegen ist sehr niedrig (dort befindet sich der Gästebereich). Da das Stadion höher liegt als die Innenstadt von Dublin, bieten sich für weiter oben sitzende Besucher tolle Ausblicke auf das Stadtpanorama von Irlands Hauptstadt. Das Stadion ist verglast und Rolltreppen bringen die Fans zu den Eingängen der höher gelegenen Ränge. Durchaus ein Stadion, dem man die Baukosten von 410 Millionen Euro ansieht.


    Innerhalb der Sportstätte platzierten wir uns auf der Gegengerade. Dort hatten wir sowohl die irischen Supporter als auch die deutschen Fans gut im Blick, sowie den besagten herrlichen Ausblick auf das nächtliche Dublin. Das Spiel war eine eindeutige Sache und der Support auf beiden Seiten mau. Bei den Deutschen ein bißchen Gepöbel gegen den DFB und immer wieder wurde in irgend einer Ecke „Mexiko“ oder „Deutschland, Deutschland“ angestimmt. Na ja, irgendwann in der 2.Hälfte, als die DFB-Auswahl endgültig den Gegner nach Belieben beherrschte, wurde etwas geschlossener gesungen und auch ein lautes „Oh wie ist das schön“ hallte durchs Stadion. Die Iren dagegen scheinen den St. Patrick's Athletic „Kultsong“ (in der Welt der 96-Eventmanager) „Fields of Athenrye“ nur bei Debakeln innerhalb großer Turniere zu singen.


    Für uns hieß es nun zügig aufbrechen, um noch Proviant für den Marsch zurück in die Stadt zu kaufen. Die DFB-Boykottierer aus unserer Gruppe saßen auch fünf Stunden nach unserem Aufbruch immer noch im O'Reilly's. Gemeinsam feierten wir wenig später mit ihnen und vielen Studentinnen ihr 10stündiges Anwesenheitsjubiläum in diesem Pub. Dann ging es noch mal kurz ins Hotel und ab zum Flughafen, wo in den frühen Morgenstunden unsere Maschine nach Manchester wartete. Dort stand noch ein Besuch des Old Trafford Stadions an. Die anderen anvisierten Ziele Nationales Fußballmuseum und Conference-Fussball in Macclesfield wurden mangels Zeit und Motivation nicht mehr realisiert und am Abend ging es zurück nach Bremen.

  • Im Januar 2013 sollte ich sogleich das neue Fußballjahr mit einer weiteren Reise nach Wales einläuten. Diesmal stand Championship-Tabellenführer Cardiff City auf dem Programm. Nachdem am Vorabend der Partie vertraute Pubs und neue Clubs besucht wurden, sollte am Sonnabend, den 12.Januar, Ipswich Town in der Hauptstadt von Wales gastieren. Dann wollen wir doch mal sehen was aus dem guten alten Ninian Park geworden ist.


    Doch zuvor ging es natürlich erstmal in einen großen Pub am Wegesrand im stadionnahen Viertel Canton. Der zweigeschossige Pub gehörte auch zur Wetherspoon's-Kette und war prall gefüllt mit Trikot- und Schalträgern der Bluebirds, die mittlerweile in den Augen der Investoren die Red Dragons werden sollten. Cardiff ist ein absolutes Negativbeispiel für Investoren aus Sicht eines Traditionalisten. Der Malaie Vincent Tan übernahm den walisischen Traditionsclub vom Libanesen Sam Hammam und änderte die Vereinsfarben in rot-weiß und das Emblem zu einem roten (walisischen) Drachen. Zum einen soll der Club nun ganz Wales repräsentieren, um neue Kunden landesweit zu gewinnen. Zum anderen lassen sich mit roten Trikots und roten Drachen die asiatischen Märkte besser erschließen laut der neuen Besitzer. Nun ist die Fanszene tief gespalten zwischen Glory Hunters, denen Tans Millionen einen Traditionsverkauf wert sind, und den Traditionalisten mit ihrem Slogan „Keep Cardiff Blue“. Vertrackte Situation, in die wir in Hannover trotz absehbarer Investorenöffnung hoffentlich nie schlittern.


    Nun denn, zurück zum Pub. Dort dominierte ganz klar blau, aber als Spitze der Protestbewegung wirkten die Fans dort auch nicht. Einfach eine bunte Mischung Fans, die am liebsten Erfolg und Tradition hätte. Und auch am neuen Stadion, welches noch vor Tan gebaut wurde (Eröffnung 2009), stachen verschiedene Blautöne an der ansonsten recht grauen Fassade hervor. Vom alten Ninian Park war leider nur ein wunderschönes Eingangstor übrig geblieben, welches allein auf weiter Flur stand. Außerdem wurde zur Traditionspflege eine Statue von Fred Keenor, dem Kapitän der FA-Cup-Siegermannschaft von 1927 errichtet. Einem Profi der ganz alten Schule, der wirklich nichts außer rennen und tacklen konnte und für seinen bedingungslosen Einsatz geliebt wurde.


    Für 26 Pfund erwarben wir dann mühelos die günstigsten Tickets der Gegengerade, nah an Spielfeld und Gästeblock-Ecke. Das Stadion war klassisch strukturiert. Hinter einem Tor der Heimfanblock, in einer gegenüberliegenden Ecke der Gästesektor, hinter dem anderen Tor ein Familienblock und die Haupttribüne war garniert mit Logen und Business-Seats. Und auf der Gegengerade in Randlage war eben ein halbwegs gutes und erschwingliches Plätzchen für den neutralen Zuschauer. Optisch war das Ganze in meinen Augen ein 0815-Neubau mit wenig Liebe zum Detail oder eigenem Charakter. Das sah für mich aus wie der Gladbacher Borussia-Park ohne Oberrang. Kein Vergleich zum alten Ninian Park.


    Die Stimmung enttäuschte erwartungsgemäß auf ganzer Linie. Auch die wenigen hundert Gäste aus Ipswich gehörten zur stillen Sorte und von der Heimkurve kam auch kaum etwas. In verschiedenen Ecken wurde immer mal etwas angestimmt, aber jene Gesänge verstummten schnell. Bei uns im Block sprang hier und da mal einer auf zum Anfeuern oder Pöbeln, wurde aber dann von den Stewards mit britischer Höflichkeit zum baldigen wieder Platz nehmen gebeten. Ein Trauerspiel! Und ein Torjubel blieb uns auch nicht vergönnt. Der war unser letzter Strohhalm, weil neben der Stimmung auch das Spiel mehr als fad zu genießen war. Ein 0:0 der ganz schlechten Art. Das Ipswich nicht viel reißen würde, als torärmste Auswärtsmannschaft der Liga, hatten wir geahnt, aber vom heimstarken Tabellenführer haben wir eindeutig mehr erwartet als ein paar lange Bälle in Richtung gegnerischer Strafraum.


    Der Abpfiff kam einer Erlösung gleich und während fast alle 22.724 Zuschauer den Punkt anstandshalber beklatschten, beklatschten wir unsere Ausdauer, dem Ganzen 90 Minuten gefolgt zu sein. Cardiff City jedenfalls blieb souveräner Tabellenführer mit weiterhin 10 Punkten Polster auf Rang 3 und 16 Punkten auf Rang 7 (3. bis 6. spielen Aufstiegsrunde). Das roch trotz der heutigen Darbietung extrem nach Aufstieg, während die Tractor Boys aus Ipswich im unteren Tabellenmittelfeld verharren. Ich musste daran zurückdenken, dass während meiner Zeit in England in der Saison 1999/2000 Ipswich Town wie heuer Cardiff City um den Aufstieg in die Premier League spielte. Da einer meiner Lehrer in London großer Fan dieses Teams war, verfolgte man das automatisch mit. Ipswich Town stieg auch tatsächlich auf und wurde 00/01 erst am letzten Spieltag von den Champions League Rängen verdrängt (im UEFA-Pokal scheiterte man dann in der 3.Runde am großen FC Internazionale aus Mailand). Ob Cardiff City eine ähnliche Geschichte schreiben würde, hielt ich allerdings für als fraglich.


    Nach Pub, Disco und Full English Breakfast wartete Sonntag dann wieder die gemeinhin anerkannte Kultur auf mich. Im benachbarten Caerphilly wurde die größte Burganlage von Wales besucht (Caerphilly Castle), um anschließend in einem der zahlreichen örtlichen Pubs die Premier League am TV zu verfolgen. Mit Manchester United vs. Liverpool FC und Arsenal FC vs. Manchester City standen zwei echte Kracher auf dem Programm und nicht wenige Besucher des zum Bersten gefüllten Pubs zeigten sichtbar Sympathie für eines der vier Teams. Die Stimmung war auch dementsprechend besser als am Vortag im Stadion und das India Pale Ale mundete vorzüglich. Anschließend klang der Tag dann gemächlich in Cardiff aus, wo Sonntag der einzige Wochentag ist an dem das Nachtleben weitgehend pausiert.


    Erfreulicherweise wird es im August bereits wieder nach Cardiff gehen, wo aber nicht nur mangels Spielplänen der kommenden Saison kein Fußballspiel geplant ist. Der Schwerpunkt soll auf Wandern an der Küste und im Brecon Beacons Nationalpark liegen. Sollte natürlich zufälligerweise Cardiff City in der Premier League gegen Swansea City spielen, würde ich mich dem aber selbstverständlich nicht verschließen.


    Dazu passend, brandaktuelle News aus Cardiff
    Ben Swallow hat Newport (nach dem Aufstieg in die viertklassige Football League 2) im Sommer 2013 verlassen und kickte seitdem für drei verschiedene Fünft- und Sechstligisten.
    David Pipe verliess Newport im Sommer 2014 (der Klassenerhalt in der 4.Liga war geglückt) in Richtung 5.Liga zu den Forest Green Rovers.
    Ismail Yakubu ist nach wie vor Stammspieler in der Verteidigung von Newport County, welche sich aktuell an einem 4.Tabellenplatz in der Football League 2 erfreuen können.
    Cardiff City dagegen ist im Mittelfeld der Championship (12.Platz) weit vom Wiederaufstieg in die Premier League entfernt. Dafür scheint es ja nun die Kehrtwende in Sachen Farben und Wappen zu geben.
    Besser sieht es heuer für Ipswich Town aus. Für sie ist der Aufstieg in die Premier League gut möglich, sie sind zur Zeit Tabellenzweiter.
    Deutschland konnte sich im Gegensatz zu Irland für die WM-Endrunde 2014 qualifizieren und gewann diese.

    Einmal editiert, zuletzt von Schneppe ()

  • Schöner Bericht! Leider wurden deine Hoffnungen in diesem Punkt hier...


    Nun ist die Fanszene tief gespalten zwischen Glory Hunters, denen Tans Millionen einen Traditionsverkauf wert sind, und den Traditionalisten mit ihrem Slogan ?Keep Cardiff Blue?. Vertrackte Situation, in die wir in Hannover trotz absehbarer Investorenöffnung hoffentlich nie schlittern.


    ... gründlich enttäuscht.

  • Jupp, hier verläuft leider auch ein großer Graben. Obwohl Martin Kind kein Ross zum Vereinslogo gemacht hat, mit der Begründung Kunden in ganz Niedersachsen ansprechen zu wollen und 96 besser bei den zentralasiatischen Steppenvölkern vermarkten zu können.

  • Genau Terminierung am 27.01.


    Ich denke, dass ich das Wochenende 26.09. in Angriff nehme.
    Hammarby - AIK und Djurgaden zu Hause

  • 25.01.2015
    Sporting Clube de Portugal - Académica de Coimbra 1:0
    Primeira Liga
    Estádio José Alvalade XXI (Att: 37.769)


    Auch im diesjährigen Sonne tanken Winterurlaub sollten wenigstens ein paar Stunden für Fussball geopfert werden. Und mehr als ein Spiel hätte der kurzfristig terminierte Spieltag sowieso nicht ohne großen Aufwand zugelassen, denn alle Erst- und Zweitligisten aus dem Großraum Lissabon spielten ihre Heimspiele fast zeitgleich am gleichen Tag (Sonntag, zwischen 15 und 17 Uhr waren Ansetzungen). Also fiel die Wahl auf den größten Club und das größte mögliche Stadion dieses Tages in Portugals Hauptstadt (Benfica trat auswärts an).


    Die Nummer 3 der großen 3 in Portugal spielt im schönen Estádio José Alvalade XXI (überhaupt hat Portugal im Zuge der EM 2004 einige schöne Tempel bekommen) nördlich des Stadtzentrums. Mit 18 Meistertiteln und 15 Pokalsiegen hinkt man zwar dem ewigen Rivalen Benfica (33/25) und dem FC Porto (27/16) ein gutes Stück hinterher, aber hinter Sporting wiederum kommt im Prinzip auch nichts mehr. Denn außer den Top 3 durften sich nur Boavista Porto und Belenses Lissabon je einmal in die Meistertafel der Primeira Liga eintragen.
    Mit der Metrostation Campo Grande ist das Stadion gut erschlossen und in wenigen Minuten vom Stadtzentrum aus erreicht. Verlässt man die Station, steht man vor der Heimkurve, wo sich die Massen ins Innere drängen. An den Kassenhäuschen waren 30 Minuten vor Spielbeginn utopisch lange Schlangen und nach maximal fünf Metern Vorankommen in fünf Minuten, wurden wir mit einem der zahlreichen Schwarzmarktdealer handelseinig. Zum Tageskassenkurs (20€) gab es die günstigsten Sitzplätze (Oberrang Hintertortribüne) unter der Hand. Dann ging es mit den Tickets in die nächste Schlange und anschließend noch das gefühlt endlose Treppenhaus hinauf zum Oberrang, um drei Minuten vor Anpfiff die Plätze einzunehmen.


    Die voll ausgelastete Sporting-Kurve hatte neben ihren zahlreichen Fahnen auch etliche weiße Wurfrollen zum Intro und gefiel optisch natürlich durch die durchweg schwarz-weiß-grüne Farbgebung (mit etwas gold/gelb hier und da). Auch akustisch war das eine sehr gute Vorstellung. Bis auf wenige Melodien hatte zwar man alles schon mal irgendwo gehört, wie das eben im Youtube-Zeitalter so ist. Aber bei ein paar Tausend Portugiesen wirkt das natürlich ganz anders, als bei ein paar Dutzend Teenage Mutant Hero Ultras in der Norddeutschen Tiefebene.


    Aus Coimbra, der berühmten Studentenstadt, waren rund 200 Gäste angereist, die aber nur ein paar Minuten motiviert in Sachen Stimmung waren. Dafür hat Académica eine tolle Historie. Man ist als Studentische Sportvereinigung gegründet worden und stellte in Portugals höchster Spielklasse eine Studentenelf gegen die restlichen Vollprofiteams auf. Die Spiele von Académica wurden in den Jahrzehnten des Salazar-Regimes eine Plattform für Widerstand gegen die Diktatur. Ironischerweise ging es nach der Nelkenrevolution auch erstmal dem Verein bzw. der 1.Fussballmannschaft an den Kragen. Denn während die 1.Elf zu Freundschaftsspielen in Spanien weilte, setzte sich der radikale maoistische Flügel der Mitglieder durch und beschloss auf einer Vereinsversammlung die Auflösung der "Profi-Sparte". Bis 1984 gingen Hauptverein und Fussballsparte dann 10 Jahre lang getrennte Wege, um sich dann wieder zu vereinen.


    Auf dem Rasen bot Sporting das gefälligere Spiel und Altstar Nani spielte den einen oder anderen Zuckerpass. Académica widmete sich ganz der Verteidigung, aber das mit vollem Einsatz. Gepaart mit der nötigen Portion Glück, wollte dadurch einfach kein Tor für die grün-weißen Hausherren fallen. In der 67.Minute sollte dann ein Doppelwechsel das längst fällige Führungstor erzwingen. Mit zwei neuen Offensivspielern ging das Spiel, welches fast ausschließlich in der Gästehälfte stattfand, in die Endphase. Und die Einschläge kamen so langsam näher.


    In der 74.Minute erlöste der just 22 Jahre alt gewordene Verteidiger João Mario endlich die Fans und Académica hatte wenig überraschend keine Antwort darauf parat. Nun gab es noch weitere 15 Minuten Druck auf das Gästetor, aber die Chancenauswertung blieb unterirdisch. Nun denn, nach 90 Minuten konnten dennoch 3 verdiente Punkte für die Hausherren beklatscht werden und jene Zähler festigten Tabellenplatz 3 in der Liga.


    Nachdem der Sonnenuntergang das Stadion noch in ein herrliches Licht getaucht hatte, suchten wir nun den stadioneigenen Lidl auf (der wesentlich leerer als der hannoversche Hbf-Lidl nach 96-Spielen war), wo wir uns mit fester und flüssiger Nahrung eindecken konnten für ein kleinen Snack im Hotelzimmer. 1,99€ für 10 kleine Super Bock waren ein gutes Geschäft und die Gier nach ihnen war groß. Denn auch wenn die Liga von jener Biermarke gesponsert wird, in den Stadien gibt es nur alkoholfreie Drinks. Da niemand sonst Bier (oder andere alkoholische Getränke) im Einkaufswagen hatte, befürchteten wir ebenso ein Alkoholverkaufsverbot im Lidl an Spieltagen, aber an der Kasse gab es zum Glück ein Happy-End.


    Das Thema Fußball war dann für diesen Urlaub abgehakt und das war auch gut so, denn Lissabon hat einiges mehr zu bieten als Benfica, Sporting und Co.
    Vor allem auch abseits der Touri-Pfade gibt es viel zu entdecken und man muss dort keine Touristen und keine Touristen-Nepper ertragen. Hoffentlich sind das auch beim nächsten Besuch noch Secret Spots.