ZitatAlles anzeigenStadt stoppt WM-Kartenverkauf
CDU rügt „ungeordnetes Verfahren“ / Ratsmitglieder haben bereits 170 der 2000 Karten geordert
Von Bernhard Koch
Die Stadt zieht im Streit um den Verkauf von 2000 Karten für die Fußballweltmeisterschaft die Notbremse: Seit gestern kann niemand mehr Tickets aus dem FIFA-Sonderkontingent für WM-Städte bestellen. Die Rathausspitze reagiert damit auf Kritik am bisherigen Vergabeverfahren, bei dem seit Ende November nur den 64 Ratsmitgliedern sowie lokalen Sponsoren des WM-Rahmenprogramms Karten zum Kauf angeboten wurden. Im Sportausschuss des Rates soll nun ein „transparentes Konzept“ beraten werden, das festlegt, an welche Personenkreise die Tickets gehen, teilte ein Stadtsprecher mit. Nach HAZ-Informationen haben Kommunalpolitiker aus allen Fraktionen bereits insgesamt 170 Karten bestellt.
Entgegen früherer Auskunft der Verwaltung konnten die Ratsmitglieder jeweils nicht nur zwei, sondern bis zu zehn Karten für jedes der fünf WM-Spiele in Hannover erwerben. Falsch waren auch bisherige Informationen der Stadt, nach denen bislang ausschließlich Ratsmitglieder Zugriff auf die Karten hatten. Auch mehrere lokale Sponsoren, darunter die Sparkasse, hätten schon Karten bestellt, sagte ein leitender Beamter am Donnerstag: „Es sind aber noch genügend Tickets übrig.“ Die Karten sollten nach Plänen des städtischen WM-Beauftragten Klaus Timaeus zum Beispiel der Polizei und Feuerwehr angeboten werden. Zudem sollten Behördenmitarbeiter, die sich um die Vorbereitung der WM gekümmert haben, Tickets bekommen. Nach den Regeln des Weltfußballverbands können die Städte ihre Karten nach freiem Ermessen verschenken oder verkaufen.
CDU-Fraktionschef Rainer Lensing, der sich selbst acht Karten sicherte, rügte das „ungeordnete Verfahren“ der Ticketvergabe: „Das ist die typische Gutsherrenart von Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg.“ Auch Bürgermeister Bernd Strauch (SPD) übte Kritik: „Es ist bedauerlicherweise der Eindruck entstanden, dass die Karten hinter den Kulissen verteilt werden.“ Die Verwaltung hätte von Anfang transparent vorgehen müssen, meinte Strauch, der selbst zwei Tickets bestellt hat. Kommunalpolitiker aller Fraktionen halten den Kartenverkauf an Ratsmitglieder jedoch grundsätzlich für unbedenklich. „Wir sind die gewählten Repräsentanten der Stadt und haben mitgeholfen, dass die WM auch in Hannover gespielt wird“, meint CDU-Mann Lensing. „Wir müssen kein schlechtes Gewissen haben“, sagen auch Grünen-Fraktionschef Lothar Schlieckau und der FDP-Fraktionsvorsitzende Wilfried Engelke. Auch die Vizefraktionschefin der SPD, Christine Kastning, hat am Kartenverkauf an Ratsmitglieder nichts auszusetzen: „Wir müssen das gesamte Verfahren aber in Ruhe überprüfen.“
HAZ 06.01.06