Bewerbung/Bewerbungsgespräche

  • Es ist ein bisschen komplexer, würde ich sagen.


    Die kriegen mit "da stimmt was nicht", ohne zu raffen, warum andere anders sind. Und wenn sie es raffen, fehlt ein tieferes Verständnis für die Sache bzw. sie wollen schlicht und einfach nicht damit umgehen.


    Es muss gar nicht zum Gespräch kommen, dass es an sowas scheitert.


    Das alles ist jetzt natürlich spekulativ, aber immerhin ergibt es deutlich mehr Sinn, als das, was vorher spekuliert wurde. Nicht neurotypisch zu sein, wird z.B. in diesem Forum dankenswerterweise gut akzeptiert, DVDScotts Ansichten über Geschlechterverhältnisse nicht. (Und das ist alles auch gut so.) Aber das heißt nicht, dass das Problem, was hier mit ihm vorhanden ist, irgendwas damit zu tun hat, was bei den Bewerbungen passiert. Und ich tippe auf "das andere Problem", welches hier glücklicherweise als solches erstmal keins ist.

  • Er erwähnte neulich ja mal, dass er seinen Asperger bei den Bewerbungen nicht erwähnt. Ich halte das aus zwei Gründen für falsch und seine Chancen schmälernd. Erstens verheimlicht er damit etwas, das spätestens im Gespräch offensichtlich wird und zweitens könnte das Benennen sogar elm Vorteil sein, da gerade im ÖD Menschen mit Beeinträchtigungen bevorzugt einzustellen sind.

  • C96Brand
    Jepp, zumindest im ÖD aber sicherlich auch teilweise in anderen Firmen müssen meines Erachtens die Mappen dann über die Tische der Behindertenvertretung und die Bewerber müssen eingeladen werden falls sie nicht deutlich schlechtere fachliche Qualifikationen haben als die anderen Eingeladenen.

    Nils
    Das ist klar. Aber ob die Eignung gleich ist, kann ich in manchen Fällen erst im Vorstellungsgespräch erkennen. Somit dürfen sie vorher nur dann "in den Papierkorb", wenn sie halt deutlich schlechtere fachliche Eignung haben und es definitiv klar ist, daß sich auch im Vorstellungsgespräch keine gleiche Eignung ergeben könnte.

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  • Hesketh

    So richtig weiß ich das auch nicht, ExilRoter hat ja schon einen Erklärungsansatz gebracht, ca. 80 bis 90 % der Aspies sind arbeitslos so sagte auticon einmal.


    Vergleichen kann man sich ja, natürlich ist Tarantino eine andere Hausnummer, könnte auch Robert Rodriguez sagen.


    Emotionale Themen haben in einem Vorstellungsgespräch doch eigentlich nichts zu suchen. Es ist schon mal vorgekommen dass sich meine Gesprächspartner komisch verhalten haben und ich hab versucht das beste draus zu machen indem ich mich einfach weiter gut verkauft habe.


    Ich erwähne meine Behinderung nicht mehr weil das tatsächlich meine Einstellungschancen mindert. Ich will aber am ersten Tag in der neuen Firma eine kleine Präsentation über mich halten.


    Ja, deshalb wurde ich im öffentlichen Dienst auch immer wieder eingeladen. So sagten sie auch am Telefon zu mir, sie sind verpflichtet jeden einzuladen der behindert ist und formal die Voraussetzungen erfüllt mit der komischen Konsequenz dass ich bei dem gleichen Institut immer wieder war und jedes Mal doch abgelehnt wurde.

  • Schonmal auf den Gedanken gekommen, dass es Leute auf dem Spektrum in der Gesellschaft allgemein und im Berufsleben besonders schwer haben könnten?


    EDIT: Ich schreib's lieber dazu. Ich denke, ich darf es schreiben, weil DVDScott es hier selber thematisiert hat. Asperger ist gemeint.


    Ich kann's auf Wunsch auch gerne wieder löschen. Und um DVDScott nicht alleine darstehen zu lassen: Ich bin selber nicht neurotypisch, bin ADDler. (In Deutschland bekannt als 'ADHS'.)

    In der Informatik hat gefühlt mind. jeder Dritte "Züge von Asperger" (eine konkrete Diagnose ist bis heute schwierig, gerade im Erwachsenenalter, daher in Anführungszeichen) und das Wissen auch die Personaler bzw. man kommt in die "Typisch Informatiker"-Schublade. Sollte daher bei diesen Stellen keinen Nachteil, ggf. eher einen Vorteil darstellen.

  • Ich erwähne meine Behinderung nicht mehr weil das tatsächlich meine Einstellungschancen mindert.

    Das ist halt die Frage, ob das für sich allein genommen wirklich so ist.

    Ich sehe es auch so wie einer meiner Vorredner: Wenn Du bei Bewerbungen (Gespräche/Telefonate) so auftrittst wie hier, könnte es sein, dass sich die Entscheider denken "Mmmh, irgendwas an dem ist seltsam/anders)". Und wenn sie dann keine Erklärung (= keine Erwähnung in den Bewerbungsunterlagen) dafür haben, nehmen sie lieber den Bewerber, den sie für "normaler" halten.


    Sprich: Ich an Deiner Stelle würde die Diagnose immer erwähnen.

  • In der Informatik hat gefühlt mind. jeder Dritte "Züge von Asperger" (eine konkrete Diagnose ist bis heute schwierig, gerade im Erwachsenenalter, daher in Anführungszeichen) und das Wissen auch die Personaler bzw. man kommt in die "Typisch Informatiker"-Schublade. Sollte daher bei diesen Stellen keinen Nachteil, ggf. eher einen Vorteil darstellen.


    Ich denke, da sollte man vorsichtig sein.


    Nicht jede Störung oder Schwierigkeit mit dem Sozialverhalten ist Asperger. Ich hab' jede Menge ITler kennengelernt, und ich sehe da einen deutlichen Unterschied zu Dvdscot (den ich auch persönlich kenne), z.B.


    "Sollte daher kein Nachteil sein" ist dann auch wieder... sehr optimistisch. Hier vertraue ich erstmal Dvdscot, der tiefer im Thema steckt und oben ein paar krasse Zahlen gepostet hat.


    Ja, SAP hat vor ein paar Jahren werbewirksam und kontrovers Asperger-Leute gesucht, weil die unkonventioneller denken. Aber das heißt nicht, dass es Aspis in der Breite leichter haben.


    Das Tarantino-Beispiel finde ich gar nicht so unpassend. Den finden auch sehr viele komisch und es hat auch lange gedauert, bis er als voll legitimer Regisseur gerade in Deutschland anerkannt wurde. Er hat aber Erfolg gehabt, und Erfolg rechtfertigt in dieser Gesellschaft tendenziell jede Art von Seltsamkeit oder Arschlochigkeit. Was Tarantino sich erlauben kann, wird anderen sehr schlecht ausgelegt.


    Als ADDler kenne ich das. Es gibt unglaublich viele erfolgreiche ADDler, gerade auch in IT. Steve Jobs wäre da ein gern genannter Kandidat. Aber: Das ändert nichts daran, dass es die meisten ADHSler (schreibe ich mal zum besseren Verständnis, obwohl der "Hyperaktivitäts-Aspekt" eigentlich irreführend ist) eindeutig schwerer haben. Ich hab' sehr viele Erwachsene meines Stammes kennengelernt und in der Praxis ist das in dieser Gesellschaft in allererster Linie ein massives Problem.

  • Es besteht m. E. aber schon ein Unterschied zwischen einem renommierten Filmemacher/Regisseur und jemanden, der ein Splatterfilmfestival mit C-Movies mit einer maximal dreistelligen Zuschauerzahl ausrichtet.

    Das empfinde ich schon als sehr anmaßend und naiv sich damit vergleichen zu wollen.

  • Bei Delivery Hero (Foodpanda) hat es auch nicht geklappt, trotz sehr gutem Gespräch. Sie sagten mir das war eine Bauchentscheidung und ich war im Gespräch nicht so ausführlich, dabei war ich das, jedenfalls aus meiner Sicht. Sie meinten auch es war schwierig ein Team zusammen zu stellen und da passen andere besser rein weil die noch überzeugender waren. Schlimm nur das dies für immer gilt aber ich probiere es einfach trotzdem weiter.

  • Hab mich jetzt bei Just Eat Takeaway / Lieferando beworben, bekräftigt dass ich dort arbeiten will weil der Mitbewerber wieder im Deutschland Geschäft mitwirken will und in der Bewerbung den CEO zitiert:

    Zitat

    We have defeated them in Holland, the UK, Poland, Ireland and Germany, and will gladly do so again.

    Mit meiner Hilfe wird das bestimmt auch klappen. Pech für Delivery Hero wenn sie mich nicht nehmen.


    Und zwar auf zwei Stellen, hab dabei zwei leicht unterschiedliche Anschreiben verwendet, einmal erwähne ich meine Planungs und Organisationsskills (mein Filmfest) und in dem anderen meine Analyse Skills.

  • Hab mich jetzt bei Just Eat Takeaway / Lieferando beworben, bekräftigt dass ich dort arbeiten will weil der Mitbewerber wieder im Deutschland Geschäft mitwirken will und in der Bewerbung den CEO zitiert:

    Zitat

    We have defeated them in Holland, the UK, Poland, Ireland and Germany, and will gladly do so again.

    Ist aber auch harte Koste, einen Jobwunsch damit zu begründen, den Mitbewerber "besiegen" zu wollen.


    Im Übrigen hat doch JET Delivery Hero in Deutschland nie "besiegt", sondern vielmehr deren Geschäft für fast 1 Mrd. € gekauft.

  • Emotionale Themen haben in einem Vorstellungsgespräch doch eigentlich nichts zu suchen.

    Naja aus der Perspektive von jemandem der regelmäßig in Bewerbungsgesprächen sitzt: Gerade im Bewerbungsgespräch zählen fast ausschließlich emotionale Themen, zumindest bei meinem Arbeitgeber (bin im öffentlichen Dienst). Wir haben ja die formale Prüfung schon durch, jede*r den/die wir Einladen, hat die (formale) Qualifikation, um die Aufgaben zu übernehmen, die mit der Stelle zusammenhängen. Sicher fragt man dann nach Fachlichkeit, nach bestimmten Einsatzfeldern und den dazugehörigen Kenntnissen, am Ende geht es aber vor allem darum, ob die Person in das Umfeld und das Team passt, für den die Stelle ausgeschrieben ist. Ob sie sich gut präsentieren kann und man das Gefühl hat, dass die Person und die Stelle ein Match sind. Das ist eine rein emotionale Entscheidung und nichts, was idR sich auf Fakten zurückführen lässt.


    P.S.: Es ist tatsächlich so: Bei formaler Qualifikation müssen wir alle Menschen mit Behinderung einladen, auch wenn oftmals (bspw. Aufgrund des Anschreibens), deutlich wird, dass die Person die Stelle nicht bekommen wird.

  • Da fällt mir gerade ein, hatte ja gar nichts vom Ergebnis meines Vorstellungsgesprächs geschrieben.


    Hab die Stelle am Ende nicht bekommen, die Begründung war ein wenig seltsam, aber gut.

    Ging um eine Stelle im öffentlichen Dienst, dem Umweltamt, die ein Register betreuen und wo man mit vielen KundInnen (telefonischen) Kontakt hätte.

    Aus meiner Bewerbung ging schon hervor dass ich wenig bis keine Erfahrung im telefonischen Kundensupport habe, dafür aber im "normalen" Kundenkontakt (Gastro, Einzelhandel etc.), naja...jedenfalls kam das auch in der ersten Runde zur Sprache, da war es kein Problem, in die 2. Runde wurde ich dann dennoch eingeladen und da kam das Gespräch auch nur kurz drauf und die Absage wurde dann aber genau damit begründet "Sie haben zu wenig Erfahrung im telefonischen Kundensupport", nun gut.

    Ist ja nicht so, als ob das vorher schon klar war. Vielleicht gabs auch andere Gründe, von daher eh egal. Geht weiter.