• Ich hab' tatsächlich Bücher im Regal, aber nicht als Erziehungsmaßnahme, sondern weil das mein Fluch ist. Ansonsten habe ich nichts davon gemacht, und meine Kinder lesen trotzdem wie die Irren. (Eine hatte z.B. auch den Vorlesewettbewerb in ihrer Jahrgangsstufe gewonnen. Zu ihrem Glück fiehl im Folgejahr der Landeswettbewerb, für den sie sich qualifiziert hatte, pandemiebedingt aus, so dass ihr das nicht zu Kopf steigen konnte.)


    Techniken führen hier meiner Meinung nach in die Irre. Die fördern Lesen um des Lesens willen, und das ist hohl. (Dazu passt der Tipp: Altersgerechte Bücher. Halte ich für falsch. Die sollen lesen, was sie wollen, unabhängig von ihrer Altersstufe. Meine 10jährige liest jetzt den Hitchhicker's Guide, und das nichtmal durch mich, und das ist absolut nicht altersgerecht, ich musste ihr erklären, was Digitaluhren sind und wieso die in einem 80er-Setting diese spezifische Bedeutung haben.)


    Vorgelesen habe ich zwar mal ein bisschen, ist aber eher mein großes Manko. Keine Geduld. Das ist aber der einzige Punkt, den ich empfehlen würde für die, die die Geduld aufbringen.


    Wie bringt man Kinder zum Lesen? Man nimmt ihre Fragen ernst und zeigt ihnen, dass die Antworten darauf - oder zumindest Ansätze - in Büchern zu finden sind. Dann entdecken die die selber.


    Die interessanteren Fragen wären: Wie bringt man Kinder zum Schreiben? Hier habe ich gute Erfahrungen damit gemacht, schöne Notizbücher, geeignet für Tagebuch, zu verschenken, alle drei kriegen von mir jährlich ein Neues zu Weihnachten mit schönen Schreibutensilien, und das hat nach den ersten paar Jahren irgendwann gegriffen.


    Aber auch hier gilt in Quintessenz: Gib' den Kindern Wertschätzung für ihre Wahrnehmung und Gedanken, und dann sind sie ihnen irgendwann so wichtig, dass es ihnen auch Wert ist, das auf Papier festzuhalten.


    Die ungelöste Frage ist: Wie bringt man Erwachsene zum Lesen? Meine Erfahrungen hier sind zumindest niederschmetternd. (Von daher sollten sich Erwachsene mal überlegen, warum sie unbedingt wollen, dass ihre Kinder lesen. Ersatzhandlung?)

  • Wie bringt man Kinder zum Lesen? Man nimmt ihre Fragen ernst und zeigt ihnen, dass die Antworten darauf - oder zumindest Ansätze - in Büchern zu finden sind. Dann entdecken die die selber.

    Finde ich sehr gut und machen wir selber leider viel zu wenig. Werde ich mir aber wieder auf die Agenda schreiben. Danke.


    Ich kenne aber Familien, da fragen die Kinder Alexa.

  • Wenn ich meine Kinder und ihre geistige Entwicklung wertschätze, dann lasse ich sie nicht mit Jeff Bezos Konsumdrohne alleine. Was ginge, wäre, zusammen mit den Kindern Alexa zu fragen und dann im Gespräch zu klären, warum die Antwort flach, falsch und bezogen auf das Erkenntnisinteresse der Kinder völlig irrelevant ist.


    Will sagen: Auch hier würde ich den Kern des Problems in der Einstellung der Eltern selber sehen.


    Nehmen wir mal ein Beispiel: Ein Kind hatte im Alter von 5 Jahren gefragt: "Pappa, warum gibt es eigentlich unterschiedliche Tiere?"


    Hat mich vom Stuhl gehauen. Man kann jetzt natürlich formal und vereinfacht erklären: "Wegen der Evolution", aber damit verpasst man das spannende an der Frage. Man muss schon in der Sprache, die sie gerade noch verstehen, erklären, was das ist und warum das unglaublich spannend ist. Ansonsten lernen die, dass ein leerer Begriff die Antwort auf eine spannende Frage ist.

  • Ich würde aber schon sagen, lesen födern macht man individuell. Bei uns hats anders funktioniert, bei ihr war es die Möglichkeit das Tempo selbst zu bestimmen, in dem eine Geschichte sich entwickelt, anstatt eben nur zuzuhören.

    Heute dagegen hört sie für ihr Leben gerne Podcasts verschiedenster Sorten.


    Either way, mir gefällt die Bildung, in der die eigene Phantasie die passenden Bilder erzeugt.

  • Sagen ich ja. Techniken bringen nichts.


    Und Hesketh hat natürlich Recht. Man muss auf jedes Kind individuell eingehen. Darum geht es nicht dabei, Kindern irgendwie was aufzudrängen, es geht darum, dass sie am besten - und am liebsten - lernen, wenn sie den Lernprozess selber in der Hand haben.


    Wir vergessen das heute häufig, weil die Schule es ihnen austreibt, aber Kinder sind Lernmonster. Die wollen ihre Welt begreifen und in diese eingreifen, und genau dieser natürliche Spaß am Lernen ist das, was man nutzen kann, indem man ihnen dazu die richtigen Werkzeuge an die Hand gibt und sie in ihrem Prozess begleitet und bestärkt.

  • Es wird aber schwierig, wenn die ständig auf ihre elektronischen Begleiter glotzen und kein Interesse haben, mal in ein Buch zu schauen. Für die Schule lesen nur sowiel wie nötig. Wenn die Lehrerin sagt, ihr könnt das nächste Kapitel ja vorarbeiten hört man: wozu?

  • Es wird aber schwierig, wenn die ständig auf ihre elektronischen Begleiter glotzen und kein Interesse haben, mal in ein Buch zu schauen. Für die Schule lesen nur sowiel wie nötig. Wenn die Lehrerin sagt, ihr könnt das nächste Kapitel ja vorarbeiten hört man: wozu?


    Da ist der Kampf schon verloren, quasi.


    Sie haben halt was spannedes entdeckt und lernen jetzt das, was im elektronischen Begleiter passiert.


    Was die Schule angeht: Sage ich ja. Die treibt den Spaß am Lernen aus.


    In der Schule haben sie z.B. so ein Punktesystem eingeführt, wo die Kinder Punkte bekommen, wenn sie Bücher von einer Vorschlagsliste lesen. Fürchterlich. Auf dem Elternabend, wo das vorgestellt wurde, habe ich mich dagegen ausgesprochen, keiner wollte es raffen und ich war mal wieder der komische Vogel.


    Wenn die Kindern für einen fremden Anreiz lesen, lesen sie nicht aus eigenem Interesse, sondern um Punkte zu sammeln. So gewöhnt man es ihnen ab.


    Meine Kinder haben nicht dran partizipiert und lachen sich schlapp über die langweiligen Buchvorschläge auf der Liste.


    Ich will gar nicht so altklug klingen, ich bin selber froh, dass es bei meinen - soweit ich sagen kann - so gut läuft. Aber reiner Zufall ist das auch nicht, ein bisschen habe ich schon beigetragen.


    Aber, was ich oben schon schrieb und nochmal kurz bestärken möchte: Lesen um des lesens selbst willen sollte meiner Meinung nach nichtmal ein Lernziel sein. Man muss nicht lesen. Man kann auch anders lernen, auch andere, sinnvolle, spannende Sachen.

  • Ich habe mit 10 Jahren "20000 Meilen unter dem Meer" zum Geburtstag bekommen. Das Buch habe ich hunderte male gelesen und finde es heute noch toll.

    Mein Enkel, dem ich das letztes Jahr vermacht habe, der hat mich angeschaut als wäre ich ein Alien.

    Nur wie soll die Fantasie in die Köpfe kommen, wenn man nicht liest?

  • Naja, das muss man auch akzeptieren, wenn die Kinder sich nicht für das begeistern, was einen selbst begeistert.


    Meine Kinder lieben Horror und Krimis, kann ich gar nichts mit anfangen. Die 10-jährige hatte Poe schon vor einem Jahr durch und hat dieses Jahr z.B. "Das Labyrinth des Fauns" gelesen, die 14-jährige interessiert sich insbesondere für das gerichtsmedizinische Feld und liebt true crime-Geschichten über Serien- und Lustmörder und so.


    Aufmerksamkeit auf's Kind. Wofür interessiert es sich? Dann nach Literatur dazu suchen, als hinge Dein Leben davon ab. (EDIT: Finger weg von allem, was zu pädagogisch aussieht. Hingegen auch nach schönen, haptischen Büchern suchen: Technischen Zeichnungen, Atlanten, etc.)


    Nicht vergessen: Das Kind ist Regisseur seines eigenen Lernprozesses. Zumindest wenn es gut läuft. Du musst es quasi aus einer Nebenrolle heraus in die "richtige" Richtung lenken.

    3 Mal editiert, zuletzt von ExilRoter ()

  • Kein Edit, weil zu spät: Meine Versuche, die Kinder mittels Vorlesen für Zizek oder Hegel zu begeistern, sind übrigens auch gescheitert.

  • Theorie und Praxis.

    Der schaut in jeder freien Minute auf das Handy und spielt mit seinen Kumpels um die Wette. Wie willst du da gegen ankommen?

    Mein Sohn hat schon die Zeit im WLAN begrenzt, aber so doof sind die nicht. Oma nebenan hat auch WLAN und wenn man in einer bestimmten Position am Küchenfenster sitzt, gehts weiter.

    Ich bin der Meinung das Schule da mehr machen muss. Allerdings sollte das der heutigen Zeit angepasst sein und nicht den Kanon von vor hundert Jahren widerspiegeln.

  • Die Sachen von Cory Doctorow, z.B., mal ausprobieren. Gehen um Gamer, stellen das ganze in einen gesellschaftlichen und politischen Kontext, thematisieren, was man noch mit Technik machen kann.


    Das Interesse der Kinder ernst nehmen. Es gibt da garantiert Literatur die in ihrer dieser Lebenswelt spielt und die aufnimmt. Nur: Ernsthaft, nichts pädagogisches. Es muss Spaß machen. Vielleicht auch was über die Technikgeschichte von Computern? Vielleicht was über Computerspielstrategien oder mechanismen oder so, gibt es sowas? Vielleicht was über die Spielwelten, die da gespielt werden? Beobachte das Kind und lass' Deine Phantasie schweifen.


    Die Schule versaut alles nur.


    Bei mir haben die Kinder übrigens keine Einschränkungen an den elektronischen Geräten. (Wohingegen die Mutter es massiv einschränkt, wodurch sie es nur spannender macht.) Wenn sie den ganzen Tag mehr oder weniger davorhocken, dann sage ich mal was und sie sehen es dann auch ein. Aber der Hauptmechanismus, sie davon wegzubekommen ist, was mit ihnen zu machen. Rausgehen oder Spielen, z.B.

  • Wir vergessen das heute häufig, weil die Schule es ihnen austreibt, aber Kinder sind Lernmonster. Die wollen ihre Welt begreifen und in diese eingreifen, und genau dieser natürliche Spaß am Lernen ist das, was man nutzen kann, indem man ihnen dazu die richtigen Werkzeuge an die Hand gibt und sie in ihrem Prozess begleitet und bestärkt.


    Die Schule versaut alles nur.


    Was die Schule angeht: Sage ich ja. Die treibt den Spaß am Lernen aus.

    Ich möchte mal anmerken, dass es auch Schulen gibt, die freie Trägerschaften sind. Und deshalb störe ich mich auch daran, wenn so pauschalisiert. Bestimmt gibt es dazu auch unter den Regelschulen große Unterschiede.

    Das Kind ist Regisseur seines eigenen Lernprozesses.

    :ja: Das oben unterstrichene unterschreib ich gern.

  • Daran hatte ich auch gedacht. ;)


    Allerdings war das auf's Lesen bezogen, nicht auf Filme.


    Warten wir's ab.


    EDIT: niedersachse, das ist eher so eine grundsätzliche Sache bei mir, und ich hab' das vielleicht zu sehr betont.


    Was ich schon sagen würde, ist: An schulischem Lernen sollte man sich als Eltern nicht orientieren. (Wie man sich dazu verhält, wäre eine andere Sache.)


    Das ist übrigens unabhängig von der Trägerschaft, erstmal.

  • Ich stell mir immer vor, wie ich in mein Dorf ziehe, mich einrichte und die Menschen (besonders Kinder) vor meinen Büchern stehen und vom Glauben abfallen.


    Und ich überlege, wie ich es schaffe, dass nach meinem Ableben jemand etwas mit diesem Schatz anfangen kann, wenn der denn bis dahin nicht von Termiten aufgefressen wurde.