Erdbeben in Chile

  • Ein ganz nettes Video über meine Stadt und den Landkreis gibt es hier Conce von oben

    Das sieht in der Tat sehr nett aus. Vielen Dank für den Link.


    Mir gefällt, was ich da sehe und was ich auch sonst so über Conception weiß bzw. zu glauben weiß.


    - Stadtgröße: Kleine Großstadt. Groß genug, um das meiste vor Ort zu haben, was man so braucht. Klein genug, um übersichtlich zu bleiben.

    - Lage: Ziemlich spektakulär zwischen zerklüfteter Pazifikküste, breitem Fluss und Vorgebirge

    -Topographie: auf sanften grünen Hügeln, gefällt mir sehr

    - Klima: Sehr ausgeglichen mit milden Wintern und nur mäßig warmen Sommer (ziemlich nah dran an meinem Ideal)

    - Umwelt: Sieht alles grün, sauber und geordnet aus (und ich vermute mal, das die Luft, Wasser, Boden nicht bis wenig belastet sind)

    - Abgeschiedenheit(?) : Fühlt man sich zwischen Pazifik und Anden, die ja beide quasi unüberwindbar sind, gefangen? Zumal ja auch nach Süden die Zivilisation in Puerto Montt quasi endet


    Erinnert mich irgendwie an San Francisco (natürlich viel kleiner). Ich denke, dass es mir dort gut gefallen könnte. Mehr als fast überall sonst in Südamerika. Ich hätte nur Schiss vor den Erdbeben.

  • Das Klima ist hier auch nach meinem Geschmack. Eigentlich wird es nie über 30 Grad heiß, 26 Grad sind schon selten. Kommt man aus der Stadt raus ist in Richtung Anden die Hitze für mich nur schwer erträglich im Sommer.

    Die Winter sind mild, selten in Minusgraden, aber dafür sehr feucht. Die Wohnungen und Häuser sind meistens miserabel isoliert, so dass man mehr zuhause als auf der Straße friert. Dafür sind die Winter kurz.

    Die Luftverschmutzung ist wegen der Industrie doch recht hoch. Im Winter haben wir wegen der Holzöfen auch Smog. Und die grüne Umwelt trügt auch. Die Forstwirtschaft hat hier mit Monokulturen an Pinien-und Eukalyptusbäumen grüne Wüsten geschaffen. Das ist für die Ökosysteme natürlich nicht so gut und führt jedes Jahr zu heftigen Waldbränden.

    Die Größe der Stadt finde ich auch ganz gut, vor allem, weil ich für meinen Geschmack perfekt wohne. Ich wohne zentrumsnah neben der Uni, die im Video häufiger zu sehen ist (das Gelände mit dem Glockenturm). Ich bin aufs Auto überhaupt nicht angewiesen, kann alles zu Fuß erreichen und habe dennoch viel Ruhe und Grünanlagen sind in der Nachbarschaft. Gerade in Krisenzeiten erweist sich die Lage immer wieder als Glücksfall. Zurzeit kann ich einfach rausgehen, ohne mich dafür rechtfertigen zu müssen. Militär und Polizei sperren hier nichts ab.

    Und die Erdbeben? Das nächste große ist ja erst in 30-40 Jahren und die ganzen kleinen sind eher aufregend als beängstigend. Kein Problem.

  • Hier ist halt alles ein bisschen abgenutzter als in Hannover. Gut, das Stadion ist trotz der blau-gelben Sitzschalen ein Schmuckstück, aber sonst ist es eben spürbar, dass die Stadt nicht sonderlich viel Geld hat und die Kaufkraft gering ist. Jetzt sind die Schaufenster immer noch seit den Unruhen verrammelt und Corona wird den bedrohten Geschäften den Rest geben. Aber die Latinos erleben Krisen als Dauerzustand, insofern wird sich auch wieder neues entwickeln.

  • Schade, ich hätte die Region auf einigermaßen wohlhabend geschätzt.


    Eine Frage noch: Das Gelb blau taucht ja überall auf, nicht nur in Stadion. Auch im Stadtwappen. Das zeigt aber auch eine Figur die aussieht wie der (einköpfige) Reichsadler des heiligen römischen Reiches bzw. die römische Aquila. Weißt Du was es damit auf sich hat?

  • gerade wenn man aus santiago nach conce runterkommt fühlt es sich an, als könnte man zum ersten mal seit wochen wieder wirklich luft holen


    ist schon schön da :high:

  • Warum das Wappen so gestaltet ist, musst du Karl V fragen, bzw. die verantwortlichen Heraldiker der Zeit.

    Der Stadt wurde das Wappen mit folgendem Text verliehen:


    ...und wir wollen und befehlen hiermit, dass die besagte Stadt der Empfängnis jetzt und in Zukunft einen Schild haben soll und für bekannte Waffen einen Schild haben soll, dass auf ihr ein schwarzer Adler auf einem goldenen Feld sein soll und darüber eine goldene Sonne auf dem Kopf des besagten Adlers und zu seinen Füßen ein silberner Mond, und an den Seiten vier Sterne aus Gold und zwei Zweige aus Blumenlilien im blauen Feld, entsprechend dem, was auf einem Schild oder wie diesem markiert und abgebildet ist, das besagte Wappen geben wir der besagten Stadt für ihre Waffen und markierte Währung, damit sie diese mitbringen und anlegen und ihre Banner, Siegel und Schilde, Flaggen und Banner anfertigen und aufsetzen kann", fährt die Schrift fort, die endet: "Gegeben in unserer Stadt Madrid, fünf Tage nach dem Monat April, dem Jahr der Geburt unseres Erlösers Jesus Christus von eintausendfünfhundertzweiundfünfzig


    Quelle

    Diarioconception

  • Über das Wappen habe ich noch nicht nachgedacht. Das ewige Blaugelb ist natürlich weniger erfreulich, aber das übersehe ich.


    Die Luft ist im Gegensatz zu Santiago wirklich erfrischend, was aber mehr an der Lage Santiagos liegt. Die Megastadt kann ihre staubige Luft durch die Anden im Rücken gar nicht abziehen lassen. Wir haben hier immerhin das Meer.


    Die Armut ist vor allem in den angrenzenden Kommunen Talcahuano, Hualpén und Coronel unübersehbar. Viele Betriebe sind in den letzten Jahren eingegangen. Der Bergbau wurde stillgelegt und auch das Stahlwerk in Talcahuano leidet unter der billigen Konkurrenz auf dem Weltmarkt.

    In Concepcion gibt es Viertel, da leben die Menschen in Wellblechhütten und ohne fließend Wasser. Gleichzeitig gibt es Villen und Penthouse-Blöcke. Die krassen Gegensätze sind typisch in Schwellenländern. Die meisten leben allerdings in kleinen Wohnungen oder Häusern. Mit Deutschland ist das jedoch nicht zu vergleichen. Der Durchschnittslohn sind hier um die 550 Euro und das lässt keine großen Sprünge zu. Als Lehrer mit chilenischem Vertrag muss ich auch auf vieles verzichten. Man arrangiert sich damit und wird konsumkritischer.

    Wer modernst einkaufen möchte, geht hier auch nicht ins Zentrum, sondern in die riesige Shopping Mall am Stadtrand. Neben den üblichen Läden sind alle Marken vertreten und es gibt im Umfeld auch Toprestaurants, Casinos und und und... Das ist nicht meine Welt, aber für viele schon. Ich fahre lieber an den Strand, trinke meinen Mate und gucke auf die Pelikane. Leider ist das Wasser fürchterlich kalt.

  • Wir haben übrigens seit ein paar Tagen wieder zunehmend stärkere seismische Aktivitäten, weil ein Vulkan in der Nähe vor dem Ausbruch steht. Das fehlt gerade noch.

  • Das hat zwar nichts mit den Erdbeben, sondern mit Neoliberalismus und Kapitalismus zu tun. Im Süden kämpfen seit Jahrzehnten die Mapuche gegen die Forstwirtschaft, weil Monokulturen der Kiefern und Eukalyptusplantagen das Land der Ureinwohner besetzen. In den letzten Wochen kam es vermehrt zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Mapuche, industriellen und Polizei. Die Mapuche fackelten dabei Fahrzeuge wie Laster ab, die Gegenseite antwortete mit Waffengewalt.

    Heute am höchsten Feiertag der Mapuche, das Neujahrsfest wetripantu, verlegt die Regierung weiter Militärs und Einsatzpolizei mit Panzern in die Region.

    Ich bin mir nicht sicher, ob wir im Falle von Chile noch von einer Demokratie sprechen können, zumal der Einsatz des Militärs verfassungswidrig ist. Das Militär wurde in der Corona-Krise auf die Straße geschickt, um die Polizei bei Quarantäne-Maßnahmen zu unterstützen. Jetzt nutzt Herr Piñera die Gelegenheit aus. Es bleibt spannend.