Fahrräder und Zubehör

  • Wie im »was geht auf auf die Nerven« - Thread angekündigt, hier mein kleiner Senf zum Thema Fahrradschloss



    Die ernüchternde Nachricht vorweg: Jedes Schloss ist z.B. mit einer Akkubetriebenen Flex knackbar, egal ob es 13 oder 180 Euro kostet.


    Entscheidend ist letztlich, welches Gerät und wieviel Zeit der Dieb benötigt, um das Schloss zu knacken.


    Bevor ich schreibe, was man tun kann, damit das geliebte Zweirad länger bei einem bleibt, möchte ich ein paar vielleicht überraschende Hinweise zu gängigen und häufig genutzten Schlössern bzw. Schlosstypen liefern:


    Fangen wir mal ganz unten an. Am preiswertesten und trotzdem weit verbreitet sind sog. Kabel- bzw. Spiralschlösser. Diese kosten meist weniger als 30€, sind schön leicht und nehmen wenig Platz beim Transport ein.


    Leider sind sie gut in weniger als 10 Sekunden geknackt und das mit jeder handelsüblichen Kneifzange. Mit einem kleinen Bolzenschneider ist das ein Schnitt, der keine 5 Sek. dauert.


    Ein x-beliebiges Video als Beispiel.


    Für mich ist der Kauf eines solchen Schlosses rausgeschmissenes Geld. Damit kann man höchstens seinen Fahrradkorb gegen schnelle Mitnahme sichern aber bitte kein Fahrrad.


    Eine andere, weit verbreitet Kategorie sind Kettenschlösser. Diese sind schon deutlich schwerer, schön flexibel und wiegen viele Menschen in Sicherheit, das Rad gut abgesichert zu haben. Leider sind Kettenschlösser mit einem Durchmesser von <10mm auch keine wirkliche Abschreckung und auch in unter 30 Sek. mit einem Bolzenschneider knackbar.


    Die Tester in diesem Video brauchen zwar etwas länger, aber Profis haben eben mehr Routine.


    Kommen wir jetzt zu einem der wohl bekanntesten und häufig genutzten Schlösser, dem Abus Bordo Granit XPlus 6500, welches vom Branchen-Primus Abus immerhin mit 15 von 15 Punkten die die höchste, hauseigene Sicherheitsstufe bei Fahrradschlössern bekommen hat.


    Hier sehen wir, dass das angebliche Prunkstück selbst bei nicht Profis nur 40 Sek. dem Bolzenschneider stand hielt.

    Gehen wir mal davon aus, dass geübte Fahrraddiebe nachts aus dem Transporter springen, den riesigen Bolzenschneider ansetzen und das Teil in vielleicht 15-30 Sek. durch haben. Lautlos und schnell. Zack, Fahrrad weg.


    Und wenn es der Umgebungslärm zulässt, macht man das Schloss halt in 16 Sek. mit der Flex auf.


    Diese Beispiele mal als Warnung vorangestellt, weil ich mich immer wieder im Stadtbild wundere, womit Leute ihre guten Fahrräder abschließen. Im Falle des Bordo halte ich es fast für Schwindel, dem Produkt diese Sicherheitsstufe zu verpassen.


    Was kann man denn nun tun, um es den Dieben zumindest so schwer zu gestalten, dass sie sich nicht trauen oder lieber ein anderes Rad anvisieren?


    Beim Standort des Rades tagsüber hilft natürlich ein belebter Ort, wo viel los ist und die Diebe nicht unentdeckt los knacken können. Über Nacht sollte das Rad möglichst irgendwo drinnen gelagert werden. Wobei so ein 5€ Vorhängeschloss vor dem eigenen Keller auch niemand abschreckt. Es bietet sich also an, das Rad im eigenen Keller an irgendeinen festen, schweren Gegenstand zu sichern. Auch da gehts nur darum, es den Dieben so schwer wie möglich zu machen, in der Hoffnung, sie scheuen das zu hohe Risiko erwischt zu werden.


    Man könnte z.B. einen solchen Bodenanker am Boden oder in der Wand befestigen.


    Daran das Rad angeschlossen, bringt nochmal zusätzlichen Aufwand und vor allem Lärm, den der Dieb auf der Suche nach dem schnellen Rad vielleicht scheut.


    Kann das Rad aus welchen Gründen auch immer nur draußen stehen, empfehle ich den Einsatz von zwei verschiedenen Schlössern/Schlosstypen.


    Viele Diebe sind auf eine Methode spezialisiert, z.B. Bolzenschneider oder Flex. Ebenso beim Thema »Lockpicking«, also das aufschließen des Schlosses mithilfe von spezial Werkzeug und angelernten Fähigkeiten. Hier hilft es z.B. zwei Schlösser von verschiedenen Herstellern zu nehmen, da die Schließmechanismen grundlegend verschieden sind.


    Hat man z.B. zwei Schlösser im Einsatz, welche nur mit Hilfe einer Akkuflex zu knacken sind, muss der Dieb die nächtliche Ruhe schon mal mit dem bekannten Geräusch einer Flex durchbrechen und das gleich 2x für mind. eine Minute.


    Weiterer, wichtiger Punkt, besonders bei Kettenschlössern:


    Wie in dem Video zum Abus-Bordo zu sehen, ist es besonders einfach für den Dieb, wenn das Schloss weit unten angebracht ist, sodass er den Bolzenschneider auf dem Boden abstellen und die zusätzliche Hebelkraft nutzen kann.


    Kettenschlösser also besser weiter oben, z.B. an der Querstange befestigen, ohne dass es bis zum Boden runterhängt. Muss der Dieb mit dem Bolzenschneider in der Luft agieren, kommt weniger Zugkraft zustande.


    Was soll man denn nun kaufen?


    Bei den Kettenschlössern sollte man Produkte nehmen, bei denen die Kettenglieder mind. 10mm Durchmesser haben. Diese sind wenn überhaupt nur schwer und nicht "in der Luft" mit einem Bolzenschneider zu knacken.


    Beispielhafte Kaufempfehlungen, aufsteigend in Preis:


    Kettenschlösser:


    - Kryptonite Evolution 4 (10mm Stärke)


    - Kryptonite New York Chain (12mm Stärke)


    - Abus Granit CityChain XPlus 1060 (10mm Stärke)


    - Kryptonite New York Fahgettaboudit Kettenschloss (14mm Stärke)


    Die beiden großen Kryptonite-Schlösser sind schon echte Brocken (bis 5kg schwer) und eher was für den Transport im Lastenrad oder für den stationären Einsatz Zuhause.


    Weniger flexibel, dafür mit der höchsten Sicherheit ausgestattet, sind folgende Bügelschlösser der Oberklasse:


    - Abus Granit X-Plus 540 (gibt es in zwei Längen. Die 230mm Variante kann man gut im Rucksack/Packtasche transportieren.)


    - Kryptonite New York Fahgettaboudid Mini (schön klein aber ein fetter Bügel)


    - Abus Granit Extreme 59 (Für Lastenräder oder E-Bikes, wenn Transportgewicht keine Rolle spielt)


    Natürlich bleibt es auch jedem, der sein teures Rad nur stationär sichern will frei, ein Produkt aus dem Motorradbereich zu nehmen. Dort sind die Abus-Ketten & Bügel nochmal dicker und damit schwieriger zu schneiden.



    Soweit erstmal der Überblick über dieses Thema.


    Für hochwertige Räder empfehle ich daher:


    - Versicherung abschließen (z.B. Hepster) kostet pro Jahre weniger als ein Netflix-Abo und man schläft ruhiger, wenn das geliebte Rad versichert ist


    - Für tagsüber mind. eines der genannten guten Schlösser nehmen

    - die guten Bügelschlösser sind zwar weniger flexibel als Kettenschlösser, bieten aber erstmal die beste Sicherheit

    - zwei Schlösser sind besser als eins

    - für den stationären, nächtlichen Einsatz rate ich dringend zu zwei der genannten Schlösser



    Abschließend noch ein dringender Hinweis für alle Lebenslagen:


    Ein Fahrradschloss immer am Rahmen und immer an einem festen, gut verankerten Gegenstand an- und nicht nur abschließen. Was bringt mir das 14mm Bügelschloss, wenn der Rahmen an einem Maschendrahtzaun festgemacht wird, den ich als Dieb mit dem schweizer Taschenmesser durchknipsen kann. Was bringt mir das gesicherte Hinterrad, wenn der Rahmen dank Schnellspanner geräuschlos mitgenommen werden konnte?


    Wer noch Fragen hat oder Entscheidungshilfe fürs eigene Rad hat, kann sich gerne melden. Ich habe mit einigen der o.g. Schlösser Erfahrung.



    Und zu guter Letzt: Warum schreibe ich das alles? Weil es mir Spaß macht, weil ich während des Lockdowns Zeit für zig Videos zu dem Thema hatte und weil es kacke ist, wenn das geliebte Rad einfach weg ist.


    Und, weil leider viele Menschen viel zu leichtsinnig bei diesem Thema agieren.

    4 Mal editiert, zuletzt von Jones ()

  • Starker Beitrag Jones ... als hättest Du Gedanken gelesen.


    Ich überlege auch schon seit einiger Zeit wie ich unseren Kellerraum besser sichern kann. Wir haben zwar ein "manipulationssicheres" Schloss, aber die Tür macht nicht sooo einen stabilen Eindruck und könnte eher die Schwachstelle sein. Warten bis ein Nachbar in die Tiefgarage fährt, dann ein Brecheisen und ein paar Minuten könnten da schon reichen ....denke ich zumindest.

  • Ich habe zum Thema Garage / Keller noch etwas ergänzt.


    So ein Bodenanker am Boden oder der Wand dient prima als Befestigung für das neue Schloss.

    2 Mal editiert, zuletzt von Jones ()

  • Schönen Dank nochmal für die Infos, Jones. Mein nächstes Fahrrad wird mit zwei dieser Schlössern ausgestattet.


    Zusätzlich hab ich mich mal mit GOS tracking beschäftigt, aber das benötigt eine SiM Karte und dann wirds echt zu teuer.

    Da ich aber auf ios laufe, müsste es doch ein Airtag tun, der sich über BT mittels anderer apples mit dem wo ist netzwerk verbindet. Oder?


    klar, funzt nur, wenn mindestens einer der Arschmaden ein apple gerät betreibt.

  • Seit die piepen wenn sie von einem beliebigen iPhone dedektiert werde (habe ich zumindest gelesen damit man damit nicht mehr so leicht stalken kann), sind die sicher nicht mehr so geeignet da das ja auch die Diebe wissen.


    Man kann wohl mit etwas Geschick den Lautsprecher abknappeln, aber das habe ich ebenfalls nur gelesen. Ich meine das erkennen wird aber trotzdem weiterhin am beliebigen iPhone angezeigt und sie durften nicht mehr ganz so geeignet sein.

  • Ich brauche mal wieder ein vernünftiges Fahrrad.

    Wir haben doch einige Profis hier, taugt dieses Modell trotz des „günstigen“ Preises etwas?

    Genau so etwas suche ich, robust mit Platz und bequem muss es sein.

  • Meine Frau hat das Rad seit ca. 1,5 Jahren und ist mehr als zufrieden. Die normale Variante ohne E-Antrieb.