Saison 2019/20

  • Die moralische Seite habe ich ja bereits begründet. Was von dem Beispiel glaubt ihr denn nicht? Glaubt ihr nicht, dass es eine Einzelperson geben könnte, der solche persönlichen Beleidigungen so nahe gehen, dass sie Tränen verursachen könnten? Oder glaubt ihr, dass auch bei der gleichlautenden Beleidigung eines Vereins oder einer Stadt im Fanblock Personen stehen, denen das so nahe geht, dass sie in Tränen ausbrechen könnten?

    Ich halte ersteres für sicher und kann mir das zweite ehrlich gesagt nicht vorstellen.

    Finde ich gut argumentiert und wäre auf eine entsprechende Ausführung der Gegenposition gespannt (also ohne "Beleidigung" gleich in Auschwitz zu übersetzen).


    96 hatte ja nun auch sein Hurensohn-Gate, in dem sich einige nachhaltig wahnsinnig beleidigt fühlten, weil sie als Retourkutsche als Arschlöcher bezeichnet wurden. Da ist dann doch schon eine gewisse Hybris dabei. Aber scheinbar ist es okay, als wie auch immer manns- und fraustarke Gruppe einen einzelnen als Hurensohn zu bezeichnen, dann aber ein Unding, wenn man selbst als Teil dieser Gruppe als Arschloch bezeichnet wird. Weil das zweitere irgendwie schwerer wiegt. Ich verstehe nur nicht, warum jetzt genau.

  • Aus Sicht des Betroffenen, also "Beleidigen" kann ich das nicht beantworten. Dazu passt aber das mehrfach genannte "man muss den den Schuh aber auch anziehen, oder man lässt es halt bleiben" . Sprich Hopp könnte da sehr wohl drüber stehen.


    In Hannover wird ja gerne und oft, oder immerwieder "alle Braunschweiger töööten" gesungen. Da ist keiner persönlich genannt, aber alleine aus dem Stadion würde sich bestimmt auch keiner der Adressaten trauen. Es greift also die Verallgemeinerung, und stellt für die Einzelpersonen eine Bedrohung da.

  • Was an der Beleidigung einer Einzelperson schlimmer sein soll als an der (unterschiedlosen) entsprechenden Beleidigung einer Gruppe erschließt sich mir nicht. Eher das Gegenteil.

    Ist einfach so. Deshalb wird auch eine ganze Gruppe für das Verhalten einzelner Personen bestraft. Dann ist die Strafe nicht so schlimm.

  • Aus Sicht des Betroffenen, also "Beleidigen" kann ich das nicht beantworten. Dazu passt aber das mehrfach genannte "man muss den den Schuh aber auch anziehen, oder man lässt es halt bleiben. Sprich Hopp könnte da sehr wohl drüber stehen.

    Könnte er, muss er aber natürlich nicht. Ich sehe das aber im Grunde ganz ähnlich, zumal wenn es in einen derartigen Inszenierungswahn mündet, wie er stattgefunden hat.

    In Hannover wird ja gerne und oft, oder immerwieder "alle Braunschweiger töööten" gesungen. Da ist keiner persönlich genannt, aber alleine aus dem Stadion würde sich bestimmt auch keiner Adressaten trauen. Es greift also die Verallgemeinerung, und stellt für die Einzelpersonen eine Bedrohung da.

    Sorry, aber das hinkt m.E. nach wie vor, denn im Grunde sagt das eigentlich nur aus, dass eine Todesdrohung (oder gar die eines Genozids) schwerer wiegt als eine Beleidigung. Rückübersetzt hieße es also, dass ein und dieselbe Beleidigung schwerer wiegt, wenn sie sich an eine Gruppe/Institution richtet als an eine einzelne Person. Und das sehe ich ähnlich wie Tower überhaupt nicht so.

  • Nee,... Nicht schwerer wiegt - das hat keiner gesagt!

    Es ging darum, daß die Beleidigung einer Gruppe nicht minder schlimm ist. Und tower sich eben nicht vorstellen kann, wie sich einer, in dieser Gruppe befindlich, überhaupt beleidigt fühlen kann.


    Aber alles nicht sooo wichtig, um sich da ewig dran aufzuhalten. :bier:

  • Nee,... Nicht schwerer wiegt - das hat keiner gesagt!

    Es ging darum, daß die Beleidigung einer Gruppe nicht minder schlimm ist. Und tower sich eben nicht vorstellen kann, wie sich einer, in dieser Gruppe befindliche, überhaupt beleidigt fühlen kann.

    "Eher das Gegenteil" sagtest Du, was schon in die Richtung "schwerer wiegt" deutet. Aber muss man jetzt auch nicht weiter drauf rumreiten.


    Zum weiteren: Beleidigt können sich auch einzelne in dieser gemeinten Gruppe fühlen, sicherlich. Hängt dann halt davon ab, wie sehr und tief und persönlich man sich über und mit dieser Gruppe identifiziert. Aber psychologisch greift genau deshalb auch sehr viel schneller die positive Identifikation mit eben dieser beleidigten Gruppe, weshalb ein geschmackiges "Fickt Euch!" das eigene Mütchen wieder runterkühlen kann. Bist Du jedoch als einzelner gemeint, greift diese Positivbestärkung doch weitaus schwieriger.

  • @ Giftzwerg und stscherer:

    Juristisch oder moralisch nicht unterschiedlich?


    Die moralische Seite habe ich ja bereits begründet. Was von dem Beispiel glaubt ihr denn nicht? Glaubt ihr nicht, dass es eine Einzelperson geben könnte, der solche persönlichen Beleidigungen so nahe gehen, dass sie Tränen verursachen könnten? Oder glaubt ihr, dass auch bei der gleichlautenden Beleidigung eines Vereins oder einer Stadt im Fanblock Personen stehen, denen das so nahe geht, dass sie in Tränen ausbrechen könnten?

    Ich halte ersteres für sicher und kann mir das zweite ehrlich gesagt nicht vorstellen.

    Mein Gott, mich hat vor kurzem ein Gegner "pädophiler Hurenanwalt" genannt, und zwar schriftlich. Und dies war nur eine der Beleidigungen, die irgendwie hängenbleiben. An die anderen gewöhnt man sich insbesondere als Familienrechtler... und weiß ja, woran es liegt.


    Aber soll ich deswegen jetzt in Tränen ausbrechen?


    Sei versichert, meine Lebenswirklichkeit ist deutlich weniger elitär als die von einem Herrn Hopp - der im übrigen schon mal realisieren könnte, dass er in diesem Streit nur Mittel zum Zweck ist (so wie ich ja auch, ich bin ja nur Blitzableiter für meine Mandantin/meinen Mandanten). So doof kann der doch nicht sein, oder?


    Meinst Du nicht, dass Menschen, deren jüdische Angehörige im KZ ermordet wurden, auf das Lied über die U-Bahn nach Ausschwitz durchaus emotionaler reagieren als ich auf die oben genannte Beleidigung, obwohl sie weniger direkt angesprochen werden - mich übrigens (ohne großartigen jüdischen Hintergrund) hat das Anstimmen dieses Liedes in meiner (verkehrstechnischen) Gegenwart emotional deutlich mehr belastet als die oben beschriebene Beleidigung.

  • Meinst Du nicht, dass Menschen, deren jüdische Angehörige im KZ ermordet wurden, auf das Lied über die U-Bahn nach Ausschwitz durchaus emotionaler reagieren als ich auf die oben genannte Beleidigung, obwohl sie weniger direkt angesprochen werden - mich übrigens (ohne großartigen jüdischen Hintergrund) hat das Anstimmen dieses Liedes in meiner (verkehrstechnischen) Gegenwart emotional deutlich mehr belastet als die oben beschriebene Beleidigung.

    Das meint wohl wirklich jeder. Ist aber eben auch nicht nur ein Vergleich Äpfel mit Birnen, sondern Äpfel mit KZs.


    Man kann das doch auch beim Thema behandeln: Stehen da 10 Mann einem Einzelnen gegenüber und rufen "Du Hurensohn." Stehen 10 Mann anderen 10 Mann gegenüber und rufen "Ihr Hurensöhne." Für wen fühlt sich das wohl schlimmer an? Zumal wenn bei den 10 Mann gar nicht diese direkt angerufen werden, sondern über den Umweg Verein/Institution etc.

  • Meinst Du nicht, dass Menschen, deren jüdische Angehörige im KZ ermordet wurden, auf das Lied über die U-Bahn nach Ausschwitz durchaus emotionaler reagieren als ich auf die oben genannte Beleidigung, obwohl sie weniger direkt angesprochen werden.

    Klar kann ich mir das gut vorstellen, aber das ist halt auch Äpfel mit Birnen vergleichen, sowohl was den emotionalen Hintergrund der Personen betrifft als auch die Aussage/Beleidigung.

    Edit: hat Zackzack auch schon gesagt.

    Sei versichert, meine Lebenswirklichkeit ist deutlich weniger elitär als die von einem Herrn Hopp - der im übrigen schon mal realisieren könnte, dass er in diesem Streit nur Mittel zum Zweck ist (so wie ich ja auch, ich bin ja nur Blitzableiter für meine Mandantin/meinen Mandanten). So doof kann der doch nicht sein, oder?

    Wenn man die öffentlichen Äußerungen von ihm als Maßstab nimmt, weiß er es nicht. Und er ist auch nur im Moment der Blitzableiter, in den Jahren davor trifft das nicht so zu.

  • Bei Timo Werner fanden es alle noch lustig. Auch da haben es ganze Stadien gemacht.

    Wer sind denn „alle“? Und weil es „ganze“ Stadien gemacht haben, macht es das weniger schlimm?

    Falsches Verhalten aus der Vergangenheit kann doch nicht als Rechtfertigung für falsches Verhalten in Gegenwart und Zukunft dienen.


    Wer sich durch was beleidigt fühlt, darf jeder Betroffene glücklicherweise immer noch selbst entscheiden. Aber Dein Beispiel oder das von Mustermann (Braunschweiger töten), ist ja mindestens schon eine Ebene weiter. Das sind ja schon keine Beleidigungen mehr, sondern viel schlimmer. Aber es darf doch nicht sein, dass nur etwas gegen die Extreme unternommen wird. „Wehret den Anfängen“ ist ein Grundsatz, der immer gerne zitiert wird, aber in Wirklichkeit doch schon seit geraumer Zeit sträflich vernachlässigt wurde. Darum ist die Gesellschaft heute doch so, wie sie in Teilen ist. Und dem muss endlich entgegen gewirkt werden.

  • Aber es darf doch nicht sein, dass nur etwas gegen die Extreme unternommen wird. „Wehret den Anfängen“ ist ein Grundsatz, der immer gerne zitiert wird, aber in Wirklichkeit doch schon seit geraumer Zeit sträflich vernachlässigt wurde. Darum ist die Gesellschaft heute doch so, wie sie in Teilen ist. Und dem muss endlich entgegen gewirkt werden.

    Also, das sehe ich nun wieder sehr anders. Das unterstellt doch, dass alle, die Hurensohn-Gesänge anstimmen auch dazu bereit sind, ins Braunschweig- oder gar Auschwitz-Lied einzustimmen. Und das ist dann doch auch ein Über-einen-Kamm-scheren, nur von der anderen Seite aus. Eine Absolut-Dämonisierung von für sich stehenden Gesängen als "Anfänge" ohne Differenzierungsbereitschaft, die einem Dietmar, Karl-Heinz oder auch Martin auf eine Weise in die Karten spielt, die man nicht wollen kann.

  • Union Berlin Geschäftsführer Ruhnert sieht es übrigens auch differenziert. Die Hopp-Beleidung geht gar nicht, aber die DFB-Kritik mit "F..k dich DFB" am Ende findet er aushaltbar. Da scheint mir die gleiche Denkweise Einzelperson/Gruppe dahinter zu stecken.

  • Das wollte ich gar nicht unterstellen. Ich sage nicht, dass jeder der beleidigt auch bereit ist, weitere Schritte zu gehen. Aber wenn man nicht bei denjenigen schon anfängt, sich ihnen entgegen zu stellen, fühlen sich diejenigen, die zu weiteren Schritten bereit bestärkt. Die sehen, dass nichts passiert und fangen an, das Rädchen immer ein Stück weiterzudrehen um auszutesten, wie weit sie gehen können. DARUM muss man auch schon etwas gegen die vermeintlichen Kleinigkeiten tun.

  • Das wollte ich gar nicht unterstellen. Ich sage nicht, dass jeder der beleidigt auch bereit ist, weitere Schritte zu gehen. Aber wenn man nicht bei denjenigen schon anfängt, sich ihnen entgegen zu stellen, fühlen sich diejenigen, die zu weiteren Schritten bereit bestärkt. Die sehen, dass nichts passiert und fangen an, das Rädchen immer ein Stück weiterzudrehen um auszutesten, wie weit sie gehen können. DARUM muss man auch schon etwas gegen die vermeintlichen Kleinigkeiten tun.

    Mh, das sehe ich dann nicht nur sehr, sondern fundamental anders. Es kann doch gar keiner sagen, welche Kleinigkeit wohin führt, führen kann oder könnte. Und somit darf dieses "Was wäre wenn" doch niemals Handlungsraum für verschärfte Sanktions- oder Kriminalisierungsmaßnahmen sein. Beleidigung ist Beleidigung und soll dann meinethalben so geahndet werden. Aber eben deshalb und nicht wegen eines "Was wäre wenn". Und wenn ich "Hurensohn" brülle, bin ich mitnichten dafür verantwortlich, wenn zwei Wochen später mein Sitznachbar mit dem Auschwitz-Zug anfängt. Dass ist dann schon seine ganz eigene braune Soße, die ihm durchs Hirn schwappt. Oder auch: Wenn Du einerseits unterschreiben magst, dass mancher Vergleich hier falsch ist, weil er eine Beleidigung mit etwa Genozid-Androhung gleichsetzt, dann sollte das doch andersrum genauso gelten, also dass Beleidigung nicht gleich zum Auschwitz-Lied führt.

  • Zitat

    Und Mario Basler durfte bei Sport1 sogar ver­künden – unwi­der­spro­chen von Mode­rator Thomas Helmer und von Schmunz­lern aus der Stamm­tisch-Runde begleitet – man solle Sta­di­on­be­su­chern bei der Ein­lass­kon­trolle zukünftig auch mal zwi­schen die Beine“ fassen, gerade Frauen, die würden schließ­lich oft den Trans­port uner­laubter Dinge wie Trans­pa­rente oder Pyro­technik in die Kurve über­nehmen, schließ­lich hätten die ja mehr Platz da unten (höhö)“.

    OMG

  • Zitat

    Und Mario Basler durfte bei Sport1 sogar ver­künden – unwi­der­spro­chen von Mode­rator Thomas Helmer und von Schmunz­lern aus der Stamm­tisch-Runde begleitet – man solle Sta­di­on­be­su­chern bei der Ein­lass­kon­trolle zukünftig auch mal zwi­schen die Beine“ fassen, gerade Frauen, die würden schließ­lich oft den Trans­port uner­laubter Dinge wie Trans­pa­rente oder Pyro­technik in die Kurve über­nehmen, schließ­lich hätten die ja mehr Platz da unten (höhö)“.

    OMG

    So sieht die Doppelmoral nämlich aus. Alle für Herrn Hopp, aber bei Frauen darf man wohl noch ein Späßchen machen :kotzen:


    Neben der aktuellen Flüchtlingssituation an der türkischen Grenze und dem Corona-Virus wurde in der Tagesschau auch über die Beleidigung von Herrn Hopp berichtet. Offensichtlich gelten diese Themen als gleichgewichtig. Und um noch einen draufzusetzen, wird eine Ermittlungskommission der Polizei gebildet.

  • Das wollte ich gar nicht unterstellen. Ich sage nicht, dass jeder der beleidigt auch bereit ist, weitere Schritte zu gehen. Aber wenn man nicht bei denjenigen schon anfängt, sich ihnen entgegen zu stellen, fühlen sich diejenigen, die zu weiteren Schritten bereit bestärkt. Die sehen, dass nichts passiert und fangen an, das Rädchen immer ein Stück weiterzudrehen um auszutesten, wie weit sie gehen können. DARUM muss man auch schon etwas gegen die vermeintlichen Kleinigkeiten tun.

    Ich kann das nur unterstreichen. wir haben in der Gesellschaft, im Umgang miteinander Normen, die das Zusammenleben ermöglichen. Mit Beleidigungen werden diese Normen verletzt. Beleidigungen sind Ausdruck von Aggression und sollen das Gegenüber verletzen und erniedrigen. Da das in der Gesellschaft zu weiteren Aggressionen führt gibt es Gesetze die Beleidigung unter Strafe stellen. Auch um eine Aggressionsspirale zu vermeiden. Nimmt man nun hier die Position ein "man solle sich nicht so anstellen" vergisst man, das individuelle Empfinden des Gegenüber und tatsächlich das Hoffähig machen von Verbaler Gewalt, die in Einzelfällen von Einzelnen auch als Legitimation für mehr genommen wird. Und deshalb muss Recht auch durchgesetzt werden, wo es notwendig ist.