*** Vorweg: Wer die lange Erklärung, bzw. meinen ausführlichen Seelenstriptease überspringen möchte, der kann gerne im nächsten Post weiterlesen, wo es dann nur noch um dieses konkrete Anliegen geht. ***
Bevor ich mir jetzt die Mühe mache, möchte ich erst einmal in Erfahrung bringen, ob das hier überhaupt Sinn macht. Reaktionen daher ausdrücklich erbeten.
Aus mehreren Posts in der letzten Zeit wisst Ihr ja bereits manches über mich und könnt Euch somit auch gut denken, dass ich schon so einige Probleme habe und auch bei weitem nicht so normal lebe und auch in den letzten Jahren gelebt habe, wie hoffentlich deutlich mehr als 96% von Euch. Etwas, an dem ich jedoch arbeite und nach und nach versuche, meine Probleme in den Griff zu bekommen und Schritt für Schritt den Weg in ein möglichst normales Leben zu gehen.
Ich gebe mal eine Zusammenfassung, um Euch meine Situation zu schildern.
Ich werde im nächsten Monat bereits 41 Jahre alt. Doch ich kann wirklich ohne Übertreibung behaupten, dass ich noch nicht wirklich gelebt habe. Das waren nur ab und an mal Phasen und davon sind die meisten auch schon sehr lange her.
Etwa zwischen Mitte 1995 und Mitte 1999 (Letztes Schuljahr und Berufsausbildung) hatte ich weitestgehend eine normale Zeit. Dann fing es an. Nach und nach hatte ich dann plötzlich Freundschaften beendet oder durch Fehler meinerseits zu deren Beendigung geführt. So auch zu den damals wichtigsten Menschen in meinem Leben: Meiner besten Freundin und meinem besten Freund. Das waren meine letzten wirklichen Freundschaften.
Dann kam es auch noch zu einem riesengroßen Streit mit meinen Eltern, vor allem mit meinem Vater. Unsere Beziehung war leider schon immer sehr problematisch. Es folgte eine erste Auszeit von meinen Eltern. Später gab es noch einmal einen zweiten Versuch, aber seit Mitte 2003 habe ich nun gar keinen Kontakt mehr mit meinen Eltern und das ist auch von ihnen so gewollt.
Nach der abgeschlossenen Berufsausbildung hatte ich als Überbrückung bis zum Beginn des Wehrdienstes noch kurz dort weiter gearbeitet. Nach dem Ende meines Grundwehrdienstes war ich so blöd und ging nicht zum Arbeitsamt. Ich lebte von dem Geld, was ich von der Bundeswehr am Ende noch bekam. Als dieses ausgeben war, verkaufte ich nach und nach alles, was wenigstens ein paar Euro wert war, um davon Lebensmittel kaufen zu können. Erst ca. 8 Monate nach meinem letzten Tag beim Bund ging ich dann zum Arbeitsamt.
Wegen Mietschulden wurde mir meine Wohnung gekündigt. Mitte 2001 zog ich in ein Männerwohnheim der KSG in Langenhagen. Immerhin mit eigenem Zimmer, aber natürlich kein Ort, wo man gerne lebt. Mit Gemeinschaftsküche, Gemeinschaftswaschkeller, Gemeinschaftsdusche und leider auch einem Toilettenraum, den man gemeinschaftlich nutzte. Im Zimmer selbst gab es nur ein Waschbecken.
Ich wurde immer unzufriedener mit meiner Gesamtsituation und, wie ich jedoch erst später herausfand, auch depressiv. Ich wurde zudem auch Spielsüchtig. Fast jeden Tag gab ich Oddset-Wettscheine ab. Natürlich gab es auch immer wieder Gewinne, manchmal sogar etwas höhere, aber insgesamt verlor ich so natürlich nach und nach viel Geld. Irgendwann wurde diese Spielsucht so schlimm, dass ich sogar meine Miete nicht mehr bezahlt habe, um das Geld dafür verspielen zu können und ich hatte auch nach und nach alle meine Sachen verkauft, um auch diese verspielen zu können. Wobei ich tatsächlich immer der Meinung war, dass ich das schon schaffen würde. Die Wetten sind mein Weg raus aus den Problemen! Ja, das war extrem dumm von mir.
Am Ende stand ich auch hier vor dem Nichts. Ich bekam die Kündigung und war komplett ohne Geld oder Besitz, den ich noch hätte verkaufen können.
Und hier kam nun der größte Fehler meines Lebens. Oder vielleicht auch nicht, denn im Nachinein betrachtet hat es wir sogar sehr geholfen. Ich wurde straffällig, in dem letzten verzweifelten Versuch, mir Geld zu beschaffen, was ich dann wiederum für eine letzte Wette ausgegeben hätte. Alles oder Nichts! Zum Glück hatte man mich jedoch erwischt und ich kam für 3 Jahre ins Gefängnis.
Nach der Haftentlassung im November 2007 war ich dann meine Spielsucht los. Was alleine das Ganze für mich bereits wert war. Zudem hatte ich in der Zeit von meiner Berufsausbildung bis zur Inhaftierung auch sehr viele Schulden angehäuft. Handyverträge, Bestellungen bei Versandhäusern wie Otto und Quelle, Internetfallen, Mietschulden u.s.w. Aus der Haft heraus hatte ich mich an das Thema Privatinsolvenz gewagt und ich bin jetzt bereits seit mehreren Jahren Restschuldbefreit.
Seit 12,5 Jahren bin ich jetzt auch nicht mehr straffällig geworden. Zum Glück! Einmal und nie hoffentlich nie wieder.
Im August 2008 begann ich eine Umschulung. Denn in meinem erlernten Beruf (Kaufmann im Einzelhandel) war es aufgrund meiner Straftat nicht nur nicht leicht, einen Job zu finden, sondern sicherlich auch nicht sonderlich klug zwecks potentieller Versuchungen. Leider war das Arbeitsamt nur bereit, mir eine bestimmte Umschulungsmaßnahme zu genehmigen. Und auch wenn ich Einser und Zweier in einigen Fächern hatte, aber in den wirklich wichtigen Fächern war ich leider nicht gut. Wirtschaftsgeographie ist für jemanden, der sich bereits in Hannover oft nur schlecht orientieren kann, natürlich fast schon ein Ding der Unmöglichkeit. Und bei Gesetzestexten und Ähnlichem schaltet mein Gehirn quasi automatisch ab. Ein Jahr später wurde dann diese Maßnahme abgebrochen.
Ende 2009 sollte ich mich dann in einem Schulungskurs erneut beweisen, um danach hoffentlich eine neue Umschulung finanziert zu bekommen. Die Maßnahme war ein schlechter Witz und ich war da sehr gut. Trotzdem hieß es im Anschluss, nun beim Jobcenter, dass keine Mittel für eine neue Maßnahme vorhanden seien. Na vielen Dank auch! Erst Hoffnung machen und dann die Absage. Und dafür hatte ich sogar mein Fernstudium abgebrochen, was ich aus eigener Tasche teuer bezahlt hatte. Ich wollte nämlich an der ILS mein Abitur nachholen. Einfach nur für mich selbst, da meine Eltern es mir damals verboten hatten, aufs Gymnasium zu gehen und mich in einen Beruf zwangen, den ich gar nicht lernen wollte.
Ich weiß jetzt nicht mehr, wann genau das war, aber ca. 1 Jahr später oder so schickte man mich dann seitens des Jobcenters in eine Maßnahme. Nun war ich erst einmal ein 1-Euro-Jobber. Diese war beim Werkstattreff Mecklenheide e.V. in Hainholz, um genau zu sein, im Stöber-Treff, einem sozialen Kaufhaus. Direkt im Anschluss kam ich in eine andere Maßnahme. Die sollte, meine ich, 1 Jahr oder so dauern. Danach wechselte ich in Bürgerarbeit. Alles auch beim WTM. Nur den Arbeitsplatz wechselte ich. Zeitweise hatte ich die Bücherabteilung dort geleitet und steigerte den Umsatz dort enorm. Denn meine Vorgängerin hatte sich da leider nie wirklich Mühe gegeben. Ich schaute mir jedes Buch mindestens 3-4 mal an, wechselte die Bestände aus, brachte die besten Bücher in den Verkaufsraum, die zweitbesten in einen Lagerraum und den rest auf den Dachboden. Mitten im Sommer verbrachte ich sehr viele Stunden auf dem Dachboden und ging dabei fast ein. Aber mir war das wichtig und es hatte ja auch wirklich etwas gebracht. Ab sofort lief die Bücherabteilung sehr gut. Später kam ich dann zu den Sozialen Medien. Bevor ich nach ca. 5 Jahren oder so beim WTM aufhören musste. Aber 5 Jahre Maßnahmen am Stück schafft ja auch nicht jeder, vom Jobcenter zu bekommen.
Seitdem habe ich gar nichts mehr gearbeitet. Aber das hat einen Grund. Denn ich hatte meiner Sachbearbeiterin beim Jobcenter ausführlich meine Lebenssituation geschildert. Seitdem bin ich freiwillig im sogenannten Fallmanagement und ein offizieller "Pflegefall" des Jobcenters. Wir arbeiten nun nach und nach an dem Abbau persönlicher Hemmnisse und an anderen Problemen.
Ich hatte ja bereits erwähnt, dass ich leider bis zu 162,1 kg zugenommen hatte. Die Corona-Zeit macht es mir nicht einfach, aber trotzdem habe ich immerhin schon knapp 40 kg abgenommen. Das Ziel sind ca. 90 kg.
Dann hatte ich durch meine Depression und durch eine Arztphobie aus verschiedenen Erfahrungen in der Kindheit und Jugend auch lange Zeit meine Zähne vernachlässigt. Was zur Folge hatte, dass mir 16 Zähne gezogen werden mussten und ich einen Zahersatz bekam. Für jemanden mit Zahnphobie natürlich der blanke Horror. Das hatte sehr lange gedauert, bis ich mich endlich dazu überwundern hatte und gestaltete sich trotzdem sehr schwierig.
Aber weil beides für mich absolute Pflicht war, wollte ich das mit dem Jobcenter schriftlich in der Eingliederungsvereinbarung festhalten und bei Nichteinhaltung der vereinbarten Ziele auch sanktioniert wissen. Den Druck und die Kontrolle brauchte ich einfach, ebenso wie die Angst vor den Kürzungen vom ALGII.
Ein weiteres großes Thema folgt nun. Im Rahmen der Depression hatte ich vieles vernachlässigt und vieles hatte mich auch komplett überfordert. So ließ ich über Jahre hinweg meine Wohnung vermüllen. Das Problem habe ich zum Glück jetzt schon länger behoben. Und auch wenn meine Wohnung jetzt nicht immer aufgeräumt und komplett geputzt ist, aber das ist jetzt natürlich ein riesengroßer Unterschied. Und der Müll wird seit längerem auch regelmäßig entsorgt.