Mobilität - neue Wege oder neue Straßen?

  • Das, pokalheld, liest sich wie in fast allen deiner Beiträge sehr gut recherchiert, völlig logisch und in der Theorie absolut nachvollziehbar. (Den Hinweis auf die gestiegenen Einzelhandelsumsätze bezweifele ich aufgrund meiner langjährigen Erfahrungen zwar nachdrücklich, aber sei es jetzt drum.)


    Aber mal zur Praxis, wir haben zuvor ja nicht abstrakt, sondern konkret über das Zentrum von Hannover gesprochen. Und im Besonderen hatte ich den Cityring angesprochen. Von Ausbauen war dabei ja keine Rede, nur von Erhalten.

    Folgt man deiner Argumentation in die Umsetzung, heißt das für mich, dass du eher eine Reduzierung der Befahrbarkeit favorisieren würdest? In der Erwartung, dass der dann folgende Dauerstau die Leute in den ÖV bringt (ich spreche hier von Leuten, die entfernungsbedingt nicht auf Fahrrad oder auf zu Fuß gehen ausweichen können) ?

    Das hätte Experimentcharakter, und das Ergebnis von sowas kann einem auch mal um die Ohren fliegen. Deshalb bin ich ja regelrecht erleichtert über das, was kommunalpolitisch jetzt veröffentlicht wurde.

  • Ich zieh wutzi96 mal hier rüber, damit jeder weiß worum es ihm geht:

    Zitat

    Ach herje, wo ist denn das jetzt hier wieder hingegangen?

    Und willst du nicht meiner Meinung sein, verbiete ich dir dein Autolein...

    Es wird doch niemand gezwungen, Auto zu fahren, alle können doch sich gerne so fortbewegen, wie es ihnen am besten scheint, aus welchem Grund auch immer. Aber nein, man muss anderen seine Sicht der Dinge bzw seine als für einen selber als richtig erkannte Art zu leben notfalls mit Verboten aufzwingen. Klasse Einstellung...

  • Man muß nicht glauben und nicht zweifeln. Man hat es ja schon ausprobiert und die Wirkung abgewartet. Die Umsätze fallen nicht, wenn man Straßen für den Autoverkehr verknappt und Autoparkplätze wegnimmt. Rad fahrende Kunden kaufen kleiner ein, aber öfter. Unterm Strich geben sie mindestens genauso viel Geld im Monat aus wie Auto fahrende Kunden. Exakt dieselbe Diskussion gab es schon in den 50er und 60er Jahren, als die neuartige Idee der "Fußgängerzonen" aufkam. Dann bleiben ja die Kunden weg! Falsch. Es kommen mehr Kunden, weil das Auto stört. Ist das Auto weg, kann man ruhig spazierengehen, Schaufensterbummel machen, sich draußen ins Café setzen, ein Eis essen oder normal einkaufen gehen. Was eigene Erfahrungen besonders ins Grübeln bringen sollte: Einzelhändler unterschätzen massiv den Anteil ihrer Rad fahrenden Kundschaft. Zum Ausgleich überschätzen sie den Anteil ihrer Auto fahrenden Kundschaft.


    https://cyclingfallacies.com/d…isierte-kunden-angewiesen

    https://usa.streetsblog.org/20…ivers-for-local-business/

    https://www.clevere-staedte.de…ringt-einzelhandelsumsatz

    https://www.theguardian.com/en…anes-and-why-theyre-wrong

    http://itstartedwithafight.de/…dreht-sich-was-im-handel/


    Der achtspurige Cityring ist ja schon da. Ein Ausbauwunsch wäre ja noch schöner. Den status quo beibehalten zu wollen, hieße, den gegenwärtigen Stau auch behalten zu wollen. Ich weiß nicht, in welchem Sinne das sein soll (Parkhausbetreiber, Tankstellenketten und die sympathische Autoindustrie muß ich ausnehmen).


    Es hätte eben keinen Experimetiercharakter und es ist keine theoretische Utopie, den Autoverkehr zurückzudrängen und stattdessen auf die vier Alternativen umzusteigen. Das ist tatsächlich state of the art. Die Niederlande haben es vor 45 Jahren begonnen. Gegen Widerstände. Heute sind sie glücklich es getan zu haben, und sie machen weiter damit. Kopenhagen hat damit vor 25 Jahren begonnen. Gegen Widerstände. Heute sind sie glücklich es getan zu haben, und sie machen weiter damit. Überall auf der Welt werden die Niederlande und Kopenhagen als Vorbild angesehen, überall auf der Welt folgt man diesen Beispielen. Helsinki, Oslo und Paris machen mit. Detroit und New York machen mit. London macht mit. Barcelona macht mit. In Seoul haben sie eine Stadtautobahn ersatzlos abgebaut, Kritiker befürchteten Megastaus, aber die blieben aus. Da haben sie die Statistiken und Daten angezweifelt. Aber die zusätzlichen Staus gab es trotzdem nicht. Es gab mehr U-Bahn-Nutzer. Es gab Artikelserien zu Stadtverkehr und Radfahren sowohl in der Süddeutschen Zeitung als auch in der ZEIT. Copenhagenize berichtete von seinen Projekten.


    Schau Dich mal auf der Seite von Copenhagenize um. Da gibt es praktisch keine neuen Artikel mehr, weil Colville-Andersen jetzt Bücher schreibt und eine Fernsehdokuserie über Städte dreht. Aber es ist ein Riesenarchiv, kostenlos, ohne Registrierung. Copenhagenize ist eine Agentur, die Städte in der Verkehrsplanung berät. Preiskategorie Bronze für eine Kurzberatung. Preiskategorie Platin für das Komplettpaket vom allgemeinen hin zur Lösung für jede spezifische Kreuzung. Schau Dich mal in den Niederlanden um, die bieten Kurse für Bürgermeister und Straßenplaner z.T. kostenlos an. Einfach hinfahren, eine Runde mit den lokalen Leute aufm Fahrrad fahren und an einem halben Tag hören, was sie sich dabei gedacht haben, was sie damit erreicht haben.


    Selbstverständlich muß man den Leuten einer Stadt Aternativen zum Auto geben. Diese Alternativen müssen attraktiv gemacht werden. Das Auto nicht. Die Leute werden in Scharen freiwillig umsteigen. Vielleicht nicht alle. Es müssen ja auch nicht alle. 20% können ja weiterfahren, was soll's. Klick ruhig mal einen meiner Links an. Der Guardian hat da die Gründe der Kopenhagener genannt, warum sie so viel mit dem Fahrrad fahren. Antwort: Es ist schnell und einfach. Trotz horrender Extrasteuer auf Autos geben nur 6% der Befragten an, Geld sei ihr Motiv. Umwelt und Gewissen und Kram spielen keine Rolle. Schnell und einfach ist es. Darauf kommt es an. 700.000 Einwohner hat Kopenhagen. Zwei von drei Abgeordneten fahren mit dem Fahrrad ins Parlament - nicht nur auf Pressefotos. Wind hamse bestimmt auch genug. Die Niederlande ebenso. Rad fahren liegt den Holländern nicht in den Genen. Sie haben nur in den 70ern angefangen, verkehrspolitisch andere Entscheidungen zu treffen.


    Es ist Politik. Entscheidungen der Politik. Die Frage, wie wir in der Stadt leben wollen. Auf die eine Art. Oder auf die andere.


    Wie die Niederländer ihre Radwege bekamen


    Systematische Sicherheit: Die Prinzipien hinter der Vision Zero

  • Durch die Methode Staus zu erzeugen, kriege ich die Autos definitiv nicht aus der Stadt. Das kann man doch perfekt an den Adventssamstagen sehen. Da weiß doch "jeder", daß man mit dem Klammerbeutel gepudert sein muß, mit dem Auto in die City zu fahren. Trotzdem steht alles dicht und es bewegt sich nichts vor und zurück. (Obwohl es dann ja sogar extra Einkaufs-Deponierstationen für Öffinutzer gibt.) Und die dicht an dicht stehenden Autos tun den Radfahrern und Fußgängern auch nicht gut.

    Es geht nur übers Geld. Ganz erheblich höhere Parkgebühren. Auch Parkraumverknappung bringt nix, die fahren dann halt 2 Stunden im Kreis, um einen zu finden. Die höheren Parkgebühren drücken dann zwar geschätzt 70% * raus aus der City, aber 30% kommen dann halt mit Öffis oder parken etwas außerhalb.


    * Der Mensch ist faul und ein Gewohnheitstier. Viele Dinge, die man in der City bekäme, bekommt man auch im Internet oder in den Stadtteilen. Und zur Not juckelt Mensch lieber 30 Minuten mit dem Auto auf die grüne Wiese, als die 30 Minuten für FußwegzumÖffi+WartenaufsÖffi+FahrzeitdesÖffis+FußwegzumZiel zu verbraten.

  • Was für ein Furz.


    Kleiner Exkurs für umme (normalerweise nehme ich dafür Geld):

    Staus werden von Autofahrern erzeugt, von niemandem sonst.

  • In der Schweiz haben sie eine Eisenbahn geschaffen, mit der man vom hintersten Dorf in die nächste Großstadt kommt. Im Stundentakt, glaube ich. Hier wurde die Bahn so scheiße gemacht, daß sie nur noch als Gespött taugt. Die Strecke wurde verkürzt. Weichen wurden entfernt. Provinzbahnhöfe geschlossen. Dank Mehdorn, dank Schröder, dank der letzten Verkehrsminister. Das erzeugt natürlich den Anschein, man sei aufs Auto angewiesen. Weil die Alternative kastriert worden ist.


    So etwas wie auf das Auto angewiesen sein gibt es ziemlich selten. Die wenigen Ausnahmen taugen nicht, um den status quo zu verteidigen. Der Autoanteil muß drastisch sinken.


    https://twitter.com/fietsprofe…39231076524679168/photo/1

    https://i.redd.it/l2854vx0c4431.jpg

    https://media.treehugger.com/a….860x0_q70_crop-scale.jpg

    https://twitter.com/VisionZero…68212255870504962/photo/1

    https://twitter.com/BrentToder…77550610313519104/photo/1

    https://twitter.com/Tuxiterano…43092854438420480/photo/1

    https://twitter.com/colvillean…78935245523083264/photo/1


    (All die Sachen wiederzufinden, macht keinen Spaß. Festplatte voll, Lesezeichen voll, Internet voll.)

  • Was für ein Furz.


    Kleiner Exkurs für umme (normalerweise nehme ich dafür Geld):

    Staus werden von Autofahrern erzeugt, von niemandem sonst.


    Recht merkwürdiger Beitrag. Hast du nur meinen ersten Satz gelesen? Schon ab meinem zweiten Satz schreibe ich exakt genau das, was Du schreibst. Nimm den Furz bitte zurück!

    Im ersten Satz ging es darum, daß ja wohl geplant war, die Anzahl der Spuren auf dem ohnehin schon vollen Innenstadtring zu reduzieren, um die Zahl der Autos zu reduzieren. Ab dem zweiten Satz schreibe ich, daß ich das für unsinnig/uneffektiv halte.

  • Ich würde im ersten Schritt den Cityring auch so lassen wie er ist. Erstmal geht es meiner Meinung nach darum, die Anlieger- und Innenstadtstraßen freier von Autos zu bekommen. Wie? Überall max. Tempo 30 und Einbahnstraße, ggf. sogar Sackgassen, weniger Parkplätze, mehr Raum für Fußgänger, Radfahrer, Bäume und Blumenrabatten. Auf den verbindenden Hauptstraßen lassen sich dann im nächsten Schritt vielleicht aus zwei Spuren pro Richtung eine machen. Zur Not auch, dass die nun freien Spuren in der Mitte als Parkplatz genutzt werden können, besser natürlich für anderen Verkehr. Eine vom Autoverkehr abgetrennte breite Spur für Rad und zu Fuß passt dort auch gut hin, zusammen mit etwas Grünem. Den Cityring braucht man derweil noch als Verteiler und zur Durchfahrt.


    ÖPNV ließe sich parallel zu diesen Maßnahmen natürlich auch ausbauen. Höhere Taktung der Busse zu den Hauptzeiten z. B.. In den Stadtbahntunneln wird es allerdings so schon etwas eng, da mehr Züge fahren zu lassen dürfte schwierig werden. Also entweder neue Tunnel (was teuer wird) oder oberirdisch als normale Straßenbahn ausbauen, vielleicht auch entlang des Cityrings.

  • mustermann : natürlich darf man mich aus anderen Fäden zitieren. Du scheinst aber nicht zu wissen oder nicht wissen zu wollen, dass man dann eigentlich keine Aussagen als Zitat verwendet, die in einem völlig anderen Kontext standen. So, wie du es hier verwendet hast, suggeriert es, dass ich mit meinem hier geschriebenen Statement meine eigenen Interessen verfolgt hätte. Schreibst du ja auch.

    Aber genau das habe ich eben nicht geschrieben. Lies es noch mal nach, auch wenn es dir inhaltlich nicht gefällt.


    Anders gesagt und nochmal ganz deutlich: man reisst keine Zitate aus dem Zusammenhang!

    Da wir hier eigentlich in einem Fussballforum sind, sage ich mal: dunkelgelb für grobes Foulspiel.

    Wenn man hier nicht die Mainstreammeinung vertritt, wird die Diskussionskultur von manchen wirklich sehr eigenwillig. Schade. So bringt es nichts.

  • Der Hinweis auf "den" Mainstream kommt just immer zu einem Zeitpunkt in einer Debatte, wenn die Argumente ausgehen. Und in der Tat kann man Pokalhelds Argumentation sehr schwer begegnen. Denn seine ist bis zu Ende gedacht.

    Btw: dies hier ist ein Diskussionsforum. Da hat man bei einigen Themen mal mehr Unterstützung, bei anderen mal weniger.

    Wenn ich von meinen Argumenten überzeugt bin, dann vertrete ich diese auch gegen Widerstände. Das macht eine konstruktive Debatte aus.

  • Der Hinweis auf "den" Mainstream kommt just immer zu einem Zeitpunkt in einer Debatte, wenn die Argumente ausgehen.

    Bei anderen Diskussionsplattformen, also nicht hier, kommt auch oft die Nazi oder AfD Keule wenn einem die Argumente ausgehen.

  • Ich bin über deine (wurzi96) Empörung ein wenig verwundert, der Kontext ist offensichtlich.


    Hier ging es um Einschränkungen und Verbote, die in einer lebenswerteren Stadt münden.

    Du lehnst Verbote ab, und meinst es solle doch bitte jeder machen wie er es mag.


    Wir haben eine diametral gegenüberstehende Definition von Freiheit. Bei mir hört sie halt auf, wo andere unverhältnismäßig eingeschränkt, belästigt, in der Gesundheit beeinträchtigt werden - das werde ich durch den Individualverkehr in der Stadt täglich. Ich kann mich nur sehr unfrei bewegen.


    Und du verteidigt deinen Freiraum, und willst davon nichts abgeben. Natürlich, weil ich auf Verbote stehe, dir dein Auto nicht gönne.


    Nee, weil du mich mit deinem Auto behinderst - und ich da keinen Bock mehr drauf habe. Meine Lebensqualität leidet unter dir.