ZitatAm Ende könnte man ja sogar eine Parallele zu Hotpants und Sexismus ziehen.
Ich könnte die Parallele nicht ziehen, aber ich zweifle nicht an Deinen Fähigkeiten.
ZitatIch weiß, Du magst diese Vergleiche nicht, aber am Steuer von Fahrrädern und Automobilen sitzen Menschen, und häufig sogar die selben
Dann hast Du mich kräftig mißverstanden. Ich bin selbst Autofahrer, Radfahrer und Fußgänger. Daher kann ich mir ziemlich gut vorstellen, daß Menschen mal das eine und mal das andere Verkehrsmittel nehmen. Mir geht es allerdings darum aufzuzeigen, daß ein Fahrfehler oder ein Drängeln oder ein falsches Abstellen des Gerätes oder ein Unfall nicht dieselben Folgen hat. Autofahrer müssen zwingend immer und überall mehr aufpassen, weil sie wie ein Elefant im Porzellanladen sind. Autos sind groß, schwer, laut, stinkend und unübersichtlich, während die ungeschützten Menschen um sie herum schnell brechen, wenn sie angefahren werden. Ergo muß man strengere Vorschriften an Autofahrer anlegen. Was ein Fußgänger oder Radfahrer darf, muß ein Autofahrer noch lange nicht ebenso dürfen. Ein Fußgänger darf so schnell laufen wie er kann. Ein Autofahrer darf nicht so schnell fahren wie er kann. Ein Fußgänger darf den Gehweg in beide Richtungen benutzen. Ein Autofahrer darf einen Gehweg überhaupt nicht benutzen und die Fahrbahn nur auf der rechten Seite. Das ist nicht unfair, sondern sachlich gerechtfertigt, gar notwendig.
Andersherum ist es eigentlich ganz schön unfair, Fußgängern und Radfahrern dieselben Regeln befolgen zu lassen wie Autofahrer. Ampeln zum Beispiel gibt es nur, weil es Autos gibt. Ohne Autos müßte nie ein Fußgänger auf Grün warten oder gar ein Warteknöpfchen drücken. Geradezu unangebracht ist es, ein Nichtbeachten der Ampel durch einen Fußgänger für genauso schlimm zu halten wie das das durch einen Autofahrer. Auch weil er das eben mit dieser Masse und dieser Geschwindigkeit und dieser systemimmanenten Betriebsgefahr tut.
Vor allem muß man die Perspektive richtig rücken (ja, das richtig-falsch-Schema paßt hier): Es ist der Fußgänger, der im Zentrum stehen muß. Er ist der nackte bloße Mensch, der von Tür (Ausgang Zuhause) zu Tür (Eingang Ziel) geht. Selbst Radfahrer und Autofahrer werden zu Fußgängern in dem Moment, wo sie aus- bzw. absteigen. Man muß immer gewährleisten, daß Menschen die Eingangstür und die Ausgangstür ihrer Start- und Zielgebäude erreichen können. Deswegen ist es eine gute Sache, daß zwischen Gehweg und Tür nichts ist. Keine Straßenbahnschienen, keine Autofahrbahn, kein Radweg, keine Bushaltestelle. Stattdessen gelangt man direkt von der Tür auf den Gehweg.
Dem Fußgänger sehr ähnlich ist der Nutzer eines Fahrrads. Bis einen Meter neben der Tür kann er die von-Tür-zu-Tür-Mobilität ausüben. Daher brauchen auch Radfahrer einen Zugang zu allen Eingangsbereichen, zu allen Straßen. Nicht nur einen Hochglanzprospektradweg an der Promenade entlang. Das Auto hingegen ist aufgrund seiner Größe nur sehr eingeschränkt geeignet. An jedem größeren Parkplatz kann man das sehen. Stehen die ersten 20 Fahrzeuge in der Nähe des Eingangs, muß man einen Parkplatz nehmen, der weiter weg ist. Oder man muß ein paar Runden drehen, um einen x-beliebigen Parkplatz woanders zu finden. Und so verblaßt die Tür-zu-Tür-Möglichkeit ziemlich schnell. Wäre man der einzige Autofahrer, ja dann... aber der Thread sucht ja nach Auswegen aus dem Verkehrsproblem mit zu vielen Autofahrern.
ZitatLegt man, wie im Video, den Radweg hinter die Bushaltestelle, hat man natürlich die Konfliktsituation vermieden, die entsteht, wenn ein Bus hält und die Passagiere ein- und aussteigen. Daraus aber zu schließen, es entstünden weniger Konfliktsituationen, verkennt: Die Buspassagiere müssen ja trotzdem zur Bushaltestelle (Einsteiger) bzw. davon weg (Aussteiger) kommen. Wenn ich dann also die Youtube-Kamera in dem Moment draufhalte, wo der Bus hält, läuft alles ganz prima. Aber dazwischen?
Ich finde es wirklich erstaunlich, welche Gedankengänge Du verfolgst. Ich käme da nie drauf. Meine Beobachtung ist, daß Fußgänger, die eine recht stark befahrene Autofahrbahn abseits der Kreuzungen überqueren, das auf eine ziemlich gestreßte Art tun. Sie schauen zwei Mal. Sie gehen schneller. Auch mal mit schnellen Tippelschritten. Mit einem kleinen Sprung (Hüpfer) zur Bordsteinkante. Und erst auf der anderen Straßenseite gehen sie wieder normal. Der Grund liegt auf der Hand: Auf der Autofahrbahn fahren Autos. Mit denen will man keinen Ärger. Keinen Unfall, aber auch kein Hupen. Man will am liebsten unsichtbar über die Straße rüber in dem Sinne, daß man dem Autofahrer nicht in die Quere kommt. Symbolbild. Außerdem hat ja jeder schon seit Kindesbeinen an gehört: Warum gehste nicht zur nächsten Ampel!? Nun, wer sich mit Muskelkraft bewegt, der mag Umwege so gar nicht.
Und das Verhältnis zwischen Radfahrern und Fußgängern?
(weniger geschnittene Stadtaussichten)
Sieht ziemlich entspannt aus. Klar, wenn man als deutscher Tourist blindlings auf den Radweg latscht und da am besten auch noch stehen bleibt, dann kann man sich sehr wahrscheinlich den entsprechenden Dankesgruß anhören. Aber wer den Radverkehr nicht unnötig aufhält (daß da viele Radfahrer unterwegs sind, müßte man eigentlich relativ schnell mitkriegen), der ist Teil dieses ruhigen, entspannten Stadtverkehrs.
Man beachte auch: Die fahren da auf Hollandrädern oder Cityrädern. Aufrecht. Ohne Renngeschwindigkeit. Die tun nicht so, als müßten sie Autogeschwindigkeit erreichen. Mit irgendwelchen Radfahrerklamotten und Spezialausrüstung. Die cruisen ganz entspannt durch die Stadt. Desssed for the destination, not for the journey (Arbeitsklamotten auf dem Weg zur Arbeit, Freizeitklamotten auf dem Weg zur Freizeit. Es zieht ja auch keiner eine Autofahrerjacke oder Fußgängerjacke an. Aber für Fahrradjacken und ähnliches wurde ein Markt geschaffen). Es sind quasi Fußgänger auf Fahrrädern. Nichts gegen Mountainbiker oder Rennradfahrer. Aber das sind spezielle Hobbies. Spezielle Hobbies haben nichts mit urbaner Mobilität zu tun. Und für viele (Männer, Frauen, 8 bis 80 Jahre) sind diese Spezialräder in der Stadt einfach unbequem und unpraktisch, vom Auf- und Absteigen, der Sitzposition und dem Fußabsetzen an der Ampel über die Möglichkeit der Taschenmitnahme bis hin zu Schutzblechen oder Beleuchtung. Wer ein Spezialrad fahren will, kann das selbstverständlich tun. Ich freue mich immer, wenn ich das eine Fatbike sehe. Oder das eine Kettcar in Erwachsenengröße. Muß ich immer lächeln bei.