Mobilität - neue Wege oder neue Straßen?

  • Bin gespannt darauf wie wir in puncto Mobilität kreativ sein wollen ohne Anreize aus der Politik und große Unternehmen. Wohlgemerkt bei gleichzeitig identischem Hebel außerhalb der eh schon interessierten Bubble. Das pauschal zu verteufeln ist mir irgendwie zu einfach.

  • das Kernprinzip von Moia ist doch das "in einer anderen Tour mitfahren" - bei Corona geht das doch vermutlich nicht. Dadurch sind es dann quasi auch normale Taxis. Die Anfahr- und Leerstrecken der Taxis ist aber aufgrund der viel höheren Anzahl der Fahrzeuge viel kürzer, deshalb kann sich Moia in diesem Fall definitiv nicht rechnen.

    Unter normalen Bedingungen und einer eventuell noch höheren Fahrzeugzahl kann ich mir hingegen vorstellen, daß es sich irgendwann rechnet.

  • Rabe, mich kannst Du ja eigentlich nicht meinen?!

    Ich verteufele nicht pauschal, schon gar nicht die Idee, nur die Wettbewerbsverzerrung zugunsten von VW finde ich schlicht unpassend. Und ich war live dabei, als VW zunächst versucht hat, mit Quicar andere CarSharer schlicht und ergreifend zu betrügen, und dafür von der öffentlichen Hand noch Applaus erhalten hat. Und dann noch sensationell verkackt hat.

    Das war eine ganz schlimme Nicht-Leistung des großen Unternehmens und seiner öffrechtlichen Protegierer.


    Was mich bei Moia extrem nervt/ genervt hat, sind zum einen die massiven Leerfahrten. Tonnenweise unnötig CO2 in die Atmosphäre geballert. Das dann zu wahnsinnigen Konditionen, die nur durch massive, meines Erachtens wettbewerbswidrige Subventionen durch VW überhaupt durchgehalten werden konnte und ersichtlich nur dazu diente, zulasten der Mitbewerber im Bereich Mobilität den Arsch auf den Markt zu setzen. Die anderen Mobilitätsdienstleister versuchen ja wenigstens noch Kooperationen, um damit ökologisch nachhaltig zu wirken. Bei Moia geht es langfristig nur um Profit.


    Das vermiest mir den grundsätzlich guten Ansatz, eine vernünftige Fahrzeugauslastung zu schaffen, doch sehr.


    Und 96Weizen: Nee, das rechnet sich nicht. Aber man kann darüber nachdenken, ob eine nachhaltige Verbesserung der Mobilität unter ökologischen Gesichtspunkten nicht auch bedeutet, dass man eben nicht nur die Rosinen aus der Nachfrage pickt, sondern auch dann fährt, wenn es sich nicht immer rechnet.

    Dann muss man natürlich die Tarife insgesamt erhöhen, und wird für einige andere Fahrten wieder weniger attraktiv. Moia pickt sich die Rosinen raus. Das ist wirtschaftlich legitim, kann aber strukturell nicht das gewünschte Gesamtergebnis sein. Denn viele Menschen fallen bei einer solchen Geschäftsführung mobilitätsmäßig hinten runter.

    Einmal editiert, zuletzt von Hedemann ()

  • Ich bin mir gar nicht sicher, ob es sich nicht doch theoretisch rechnen könnte. Ich vergleiche halt gedanklich mit Taxis. Mit Öffis kann man nicht vergleichen, die sind immer billiger. Es dreht sich bei den Zielkunden um Personen, denen Öffis zu unflexibel sind (hinlatschen, warten, ätzende Mitfahrer, am Ziel dann schon wieder latschen). Die Zielkunden fahren normalerweise eigenes Auto oder Taxi. Moia ist dazwischen positioniert und jeder, den man vom eigenen Auto weglockt ist ja im Prinzip erstmal ein Umweltvorteil.

    Bleibt nun die Frage, ob es "sich finanziell rechnet". Wenn man 100 Moias mit 100 Taxis vergleicht, dann gehe ich davon aus, daß die Taxis weit weit mehr als 70% der Zeit irgendwo herumstehen und auf Aufträge warten, während die Moias fast nie stehen. Der weitaus größte Kostenposten ist aber der Stundenlohn der Fahrer. Da ist also die Ausnutzung bei den Moias erheblich besser. Denselben Vorteil bietet die obige Geschichte bei der Abschreibung der Fahrzeuge. Mit den Moias mache ich deutlich mehr Fahrten pro Tag als mit einer Taxe. Benzin/Strom hingegen ist von der Kostenseite gesehen eher nachrangig. Insofern kann ich mir schon vorstellen, daß es sich finanziell rechnen könnte (Falls die Flotte ausreichend groß ist, und man nicht jemanden aus Linden losschicken muß um jemanden in Kirchrode zu holen).

    Ob die Geschichte sich umweltmäßig rechnet ist eine ganz andere Kiste. Wenn ich Hannover so mit Taxis vollpacke, daß jedes vom Halteplatz bis zum Anrufer nur 500 Meter braucht und es nach dem Ausladen dann zu einem Halteplatz in 500 Metern fährt, ist die Umweltbilanz der Taxis natürlich erstmal besser. Finanziell rechnen würde sich das allerdings dann auch nicht, denn dann wäre die Quote der sinnlos herumstehenden Fahrer/Fahrzeuge natürlich noch um Welten höher als heute.

    ... nur mal einfach so ein paar Anregungen ins Unreine gedacht ... es gibt bestimmt Studien, die fundierter sind und mir hier und da auch sicherlich widersprechen

  • Mit 3811 gibt es ja eine Nummer, der ja viele Taxis angeschlossen sind, die im Idealfall ein in der Nähe befindliches Taxi vermitteln. Rechnerisch sollte in Hannover alle 500 m ein Taxi zu finden sein; insgesamt werden aber auch da - das dürfte kaum anders sein als bei Moia - Verpflichtungen übernommen werden müssen, damit man sich nicht vor unattraktiven Aufträgen drücken kann (ich glaube, die vielen notwendigen Fahrten behinderter Menschen - ich wollte bewusst nicht "in der Mobilität beschränkt" schreiben - führen immer noch fast ausschließlich Taxis aus), auch Randgebiete angebunden werden, usw.


    Moia pickt sich da schon etwas die Rosinen raus und überlässt die unattraktiven Jobs den Taxis (die davon allein natürlich nicht mehr leben können) und den Öffis, da letztere ja eine gewisse Grundversorgung mit Mobilität sicherstellen müssen, für die ein privates Unternehmen ja nicht verpflichtet werden kann.


    Personalkosten bei Taxiunternehmen ist ein geiles Thema. Arbeitnehmerschutz? Was isse letzte Preis... :kichern:

    Als der Mindestlohn eingeführt wurde, wurden eben weniger Stunden bezahlt, nämlich nur noch die, in denen gefahren wurde. Ich kann es aber nicht allgemeingültig sagen, kenne nur vereinzelte Beispiele.

    (Kleines unterhaltsrechtliches Schmankerl für 4no1: Was bei einem Mandanten von mir dazu führt, dass er zwar 60 Stunden arbeitet, aber nur 30 bezahlt bekommt. Und nun kommt das Jugendamt einer nordrheinwestfälischen Stadt und erklärt mir, dass mein Mandant doch neben den ausgewiesenen ca. 30 Wochenstunden gefälligst mehr arbeiten müsse. Wenn ich denen jetzt sage, dass der Chef meines Taxi fahrenden Mandanten leider bescheisst, dann fliegt meiner raus und steht ganz ohne Einkünfte da. Lose-lose-Situation.)


    Back to Moia: Die stehen fast nie, lieber Weizen, weil sie auch leer fahren (sollen/ müssen). War jedenfalls in den ersten zwei Jahren so, weil sie natürlich wahrgenommen werden sollten. Ich vermute (bzw. hoffe, aus ökologischen Gründen), dass die Auslastung inzwischen besser ist, aber das fand ich schon heftig.

    Die Idee von Moia ist nachdenkenswert, lässt sich meiner Meinung nach aber nicht profitabel umsetzen. Hannover Mobil als Mobilitätsmix fand ich da den besseren Ansatz. Drolligerweise beteiligt sich VW an Projekten mit ökologischen Ansätzen nicht so, wenn es keine Kohle gibt. Nanu.

    • Offizieller Beitrag

    Immer wieder ist ja von zu wenig Parkplätzen die Rede. Laut diesem Artikel gibt es aber eigentlich genug Parkplätze. Voraussetzung dafür wäre, dass private Stellplätze und Garagen auch für das genutzt würden, wofür sie gebaut wurden: Für das Abstellen von Autos. :idee: Passiert leider oftmals nicht. Kriege ich selbst durch Zufall auch immer mal wieder weg.


    Erkenntnis nebenbei: Es gibt eine Garagenverordnung. Diese gibt vor, dass Garagen eigentlich nicht zweckentfremdet werden dürfen.

  • Übrigens würgt gerade die Politik zusammen mit ihren Günstlingen aus der Wirtschaft die Elektromobilität ab: Ionity entwickelt sich zum neuen Wirecard: ein mit Millionen an Steuergeldern finanziertes Unternehmen der Automobilhersteller zerstört planmässig die Strompreise... andere Unternehmen, die mit denen eigentlich zusammenarbeiten müssen, rufen jetzt aus Notwehr Verhinderungspreise auf: Plugsurfing verlangt ab Mitte Januar für das Laden bei Ionity 1,09 Euro pro kWh, sodass damit 100km in einem Mittelklasse BEV bei rund 20 Euro liegen.


    So werden die BEV sich nicht durchsetzen. Ob das dann allerdings zu dem Trend führt, dass die Menschen die motorgestützte Individualmobilität in grossem Stil aufgeben?

    • Offizieller Beitrag

    Ein recht lesenswerter Artikel zum Förderprogramm des Bundes für neue Radwege: https://www.zeit.de/mobilitaet…und-bedingungen-radfahrer

    660 Millionen werden für bis 2023 vollendete Projekte bereitgestellt. Problem: Wenn die Projekte bis dahin nicht fertig gestellt sind, gibt es kein Geld. Und da Planer*innen fehlen (und auch sonst) ist das eine wohl zu ambitionierte zeitliche Vorgabe, sodass viele Kommunen das wohl gar nicht nutzen können/werden. Zudem kann man nicht ohne weiteres die bisherigen Verkehrsplaner akquirieren. Die haben jahrzehntelang für den Autoverkehr geplant, da braucht es einen kulturellen Wandel.