Russlands Angriff auf die Ukraine

  • Das sehe ich anders.

    Mich verwundern die Aussagen mehr, daß Russland schon eine Woche nach Kriegsanfang diesen Krieg verloren habe.


    Ich sehe Russland halt (auch immernoch) nicht besiegt.


    Zitat



    Dies ist ein Abnutzungskrieg geworden. Niemand wollte das, außer Russland, und jetzt verliert ihn Russland.

    In meiner Glaskugel sehe ich das leider immnoch nicht.

  • Der Preis wird irgend wann entscheiden, wer einen Abnutzungskrieg gewinnen wird. MonetĂ€r betrachtet, aber sicherlich auch auf allen anderen Ebenen abgewogen.


    Besser wĂ€re es, wenn den ukrainischen StreitkrĂ€ften bis dahin eine militĂ€rische Offensive gelingen wĂŒrde, die die Russen zum großflĂ€chigen RĂŒckzug aus den besetzten ukrainischen Gebieten zwingen wĂŒrde.


    Aktuell wĂŒrde ich allerdings nur die USA dazu militĂ€risch in der Lage sehen, dies zu schaffen. Alle anderen Armeen besitzen dafĂŒr zu wenig AusrĂŒstung, Material, Training und Ressourcen. Daher kann es immer wieder nur lauten: Viel schneller stĂ€rkere Waffen an die Ukraine liefern und weiter tausende ukrainische Soldaten ausbilden. In diesem (bisherigen) Tempo wird sich Russland militĂ€risch noch eine ganze Weile halten können.

  • Ich glaube, dass die Grunderkenntnis die war, dass Russland niemals eingenommen werden geschweige denn kontrolliert werden könnte, so wie Nazideutschland damals. Das Land ist einfach viel zu groß, aber das bedeutet nicht, dass man Russland nicht konventionell besiegen könnte. Wurde es ja auch bereits von den Afghanen. Es ist auch immer das Momentum, dass ĂŒber Krieg und Frieden entscheidet. WĂ€re der FĂŒhrer nicht so völlig irre gewesen, hĂ€tte er wesentlich frĂŒher erkannt, dass sein Weg in den völligen Untergang fĂŒhren wĂŒrde und hĂ€tte kapitulieren können und zig Tausende Leben verschont. WĂ€re es so ausgegangen hĂ€tte man ja dennoch von einer Niederlage der Nazis gesprochen. Was will ich sagen: Russland ist konventionell schlagbar, ob und wann von der Ukraine, weiß ich nicht. Sicher ist aber, dass eine Besetzung Russlands ausgeschlossen ist, egal wie der Krieg endet. Wenn diese Gegenoffensive jetzt nicht klappt, sehe ich zumindest keine Chance mehr auf eine bessere Ausgangslage der Ukraine. Es muss irgendwie ein Erfolg her.


  • Wenn ich damals geschrieben habe, dass Russland diesen Krieg verloren hat, hatte ich das - meiner Erinnerung nach - so definiert, dass es seine Kriegsziele nicht erreichen kann, was als Verlust zu verstehen ist. In jedem Fall ist man dann kein Kriegsgewinner.


    Konkret habe ich z.B. folgendes gesagt:


    - Die russische Armee kann sicher noch viel Schrecken verbreiten und viele Ukrainer töten, das Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft. Kann sie diesen Krieg gewinnen? Ich tendiere inzwischen tatsÀchlich zu: Nein.


    Das ist jetzt vom 27.2. aber ich habe die ganze Zeit genau das geschrieben: Russland verliert den Krieg in dem Sinn, dass es seine Ziele nicht erreichen kann. Ich habe keinen konkreten Zeitpunkt genannt, an dem der Krieg aufhört. Im Gegenteil habe ich geschrieben, dass das noch lange dauern kann und die Dauer letztlich von der russischen Gesellschaft entschieden wird.


    Die russische Gesellschaft, das mal nebenbei, ist die grĂ¶ĂŸte EnttĂ€uschung an diesem ganzen Krieg. Offensichtlich will sie ihn weiterhin weiterfĂŒhren.


    Insgesamt denke ich, dass meine Äußerungen von Kriegsbeginn ĂŒberwiegend sehr gut gealtert sind.


    Was mich zu der Frage bringt: Welche Argumente hast Du eigentlich, dass Russland den Krieg nicht verlieren wird? Was ist die Methodik Deiner Glaskugel? Und: Siehst Du Odessa immernoch bedroht, von den Russen genommen zu werden? Und wie kommentierst Du das russische Offensivpotenzial, nachdem die Winteroffensive versandet ist? Und wenn Russland kein Offensivpotenzial mehr hat, welche Bedeutung schreibst Du dem zu?


    Wenn wir kurz versuchen, das mit dem Abnutzungskrieg als Argument auszufĂŒhren, lautet das: Die russische Armee hat signifikante Teile ihrer immensen Ressourcen verheizt. Die russische Kriegsproduktion ist chancenlos gegen die UnterstĂŒtzung des Westens, und das, obwohl die USA vorwiegend (nicht: ausschließlich) Sachen liefert, die absolut entbehrlich fĂŒr die sind. (Dies gilt nicht in gleichem Maße fĂŒr viele europĂ€ische Staaten.)


    Ein Abnutzungskrieg wird von ProduktionskapazitÀten gewonnen. Russland kann in diesem Krieg nichtmal als Abnutzungskrieg gewinnen. Anders schon gar nicht.

  • Wenn wir kurz versuchen, das mit dem Abnutzungskrieg als Argument auszufĂŒhren, lautet das: Die russische Armee hat signifikante Teile ihrer immensen Ressourcen verheizt. Die russische Kriegsproduktion ist chancenlos gegen die UnterstĂŒtzung des Westens, und das....

    ... warten wir doch bitte erstmal ab.


    Wenn die Ukraine "am Ende" keine Gebiete verliert, dann gebe ich dir gerne auch in dieser Sache Recht.

  • Naja. Das ist deswegen ein bisschen spĂ€t, weil es ja Stimmen in Deutschland gibt, die - mehr oder weniger wie Du - sagen, Russland sei aus irgendwelchen obskuren GrĂŒnden unbesiegbar (z.B. Vad, wenn ich das richtig mitbekommen habe, als extremer Fall, aber es gibt da sehr viel mehr) und deswegen brĂ€uchte es schnellstmöglich einen Waffenstillstand.


    Dies ist auch eine explizite Negierung der Perspektive der Opfer dieses barbarischen Krieges, ĂŒbrigens. Aber vor allem finden solche Behauptunten nicht im luftleeren Raum statt, sondern eine realistische EinschĂ€tzung des Krieges ist wichtig fĂŒr politische Entscheidungen.


    Deswegen ist es nicht zuviel verlangt, finde ich, wenn ich Dich mal nach den Argumenten fĂŒr Deine Position frage. Und etwas enttĂ€uschend, dass da gar nichts kommt. Nichtmal die Odessa-Frage hast Du beantwortet.


    EDIT: Ich möchte hinzufĂŒgen, weil wir spĂ€ter vielleicht nochmal drauf zurĂŒckkommen, dass man in Bezug auf Deine Gegenfrage, wie das ganze ausgeht, unterscheiden muss zwischen der militĂ€rischen Dimension und der politischen, denn sehr wahrscheinlich wird dieser Krieg zwar militĂ€risch gewonnen, aber der Frieden oder nicht-Frieden wird politisch sein. Und die Diskussion vorher ging eigentlich um das MilitĂ€rische.

    2 Mal editiert, zuletzt von ExilRoter ()

  • Jetzt hört mal auf, die Russen so klein zu reden. Die haben schon mehr westliche Waffensysteme vernichtet, als geliefert wurden. Unter anderem drei Patriots in Kiew. Leider stehen da immer noch so viele rum, die die Marschflugkörper und Drohnen abfangen. Aber die werden auch noch vernichtet!

  • Naja. Das ist deswegen ein bisschen spĂ€t, weil es ja Stimmen in Deutschland gibt, die - mehr oder weniger wie Du - sagen, Russland sei aus irgendwelchen obskuren GrĂŒnden unbesiegbar...

    Ich schreibe, das Russland nicht besiegt ist, nicht das sie unbesiegbar wÀren, wenn die ganze Welt unbeirrt lange weiter an einen Strang ziehen wird.


    Zerteil doch den BĂ€ren nicht, bevor er erlegt ist.

  • Hallo nach Hannover,


    kurzes EloKa-Update:


    Die ukrainischen StreitkrÀfte verstÀrken ihre Angriffe auf die feindlichen Integrated Air Defense System Command-Strukturen. Im Fokus stehen dabei insbesondere teilmobile Einheiten der russischen Surface-to-air missile (SAM) Systeme, wie die S300/400er. Heute wurden Fotos veröffentlicht, auf denen zu sehen sein soll, dass eine aus HIMARS gestartete ER GMLRS (Rakete mit erweiterter Reichweite bis 150km, seit etwa MÀrz im Dienst der StreitkrÀfte) ein Ural-5323 S-400 Command Center PBU 55K6E bei Kherson getroffen und nahezu zerstört haben soll. Bei allem Erfolg muss aber erwÀhnt werden, dass der Einsatz der MLRS durch die GPS-Störungen der russischen EloKa-Teams weiterhin problembehaftet bleibt.


    Wenn wir von der StĂ€rkung der EloKa-FĂ€higkeiten der Ukraine sprechen, dĂŒrfen wir die TĂŒrkei nicht vergessen, die in der öffentlichen Diskussion bisher kaum eine Rolle gespielt hat.


    Dabei besitzt die tĂŒrkische Armee (TSK) hervorragende FĂ€higkeiten in der elektronischen KampffĂŒhrung. Ihre KORAL-Systeme (landgestĂŒtzte portable Systeme zur elektronischen KriegsfĂŒhrung, die bis zu einer Wirkreichweite von bis zu 200km u.a. feindliche Radare stören und zu tĂ€uschen können/ SEAD-FĂ€higkeiten) haben bereits eine SchlĂŒsselrolle bei der tĂŒrkischen Operation "Spring Shield" in Syrien gegen die von Russland unterstĂŒtzten Syrian Armed Forces gespielt. KORAL waren zuverlĂ€ssig in der Lage die russischen Flugabwehrsysteme (ADS) auszuschalten, die in erster Linie fĂŒr die Abwehr von Drohnenbedrohungen konzipiert waren. Dies fĂŒhrte zu massiven Verlusten fĂŒr das Regime von Bashar al-Assad und zu einem nahezu störungsarmen Einsatz von z.B. Bayaraktar TB2. Mit der neuesten Version von ILGAR (landgestĂŒtzte Systeme fĂŒr elektronische Angriffe auf Kommunikationssysteme) sind die Truppen befĂ€higt die Kommunikation in bestimmten FrequenzbĂ€ndern (primĂ€r V/UHF) zu verzögern oder gĂ€nzlich zu unterbinden. Es ist auch möglich, falsche Informationen zu ĂŒbermitteln, um sich einen unmittelbaren taktischen Vorteil auf dem Schlachtfeld zu verschaffen. ILGAR verfĂŒgt ĂŒber eine wesentlich höhere Ausgangsleistung im Vergleich zu Hochfrequenzsystemen wie MILKAR-A42.


    Neben KORAL und ILGAR laufen der tĂŒrkischen Armee mit MERT/MERTER ein portables System fĂŒr die elektronische KriegsfĂŒhrung (E-Attack) zu, welches ebenfalls primĂ€r in V/UHF-FrequenzbĂ€ndern eingesetzt wird, um die Kommunikation von Zielelementen auf große Entfernung zu verhindern. Das tragbare elektronische Angriffssystem kann das gesamte V/UHF-Frequenzband abdecken und dabei auch zum Schutz von fahrenden Konvois vor RCIED-Fallen (funkgesteuerte Sprengladungen) eingesetzt werden. Das Unterschied: MERTER kann leicht von einer einzigen Person transportiert werden. DarĂŒber hinaus gibt es auch Modelle zur Befestigung auf Fahrzeugen. Diese Systeme können Offensivaktionen in erheblichem Maße unterstĂŒtzen.


    Warum diese ganzen AusfĂŒhrungen? Es gibt in der NATO passende UnterstĂŒtzungssysteme. Vor allem die tĂŒrkischen StreitkrĂ€fte sind an dieser Stelle gut aufgestellt. Ihre EloKa-Verbundsuite mit der Bayaraktar TB2 (und andere UAV) und intelligenter Mikromunition fĂŒhrt zu einer VerstĂ€rkung der Systeme. Leider hat die TĂŒrkei diese bisher nicht der Ukraine zur VerfĂŒgung gestellt (was nicht ist, kann ja hoffentlich noch werden).


    Herzliche GrĂŒĂŸe in die fußballerische Sommerpause (der Abgang war jetzt allerdings nicht unbedingt so toll :kloppen: ).

  • Danke fĂŒr die AusfĂŒhrungen!


    Ich halte die tĂŒrkische Armee auch darĂŒber hinaus fĂŒr ziemlich schlagfertig und fĂ€hig - vor allem verglichen mit anderen europĂ€ischen StreitkrĂ€ften.


    Vielleicht wollen sie an einigen Stellen mit Waffenlieferungen nicht All-Inn gehen, weil sie es sich nicht mit Russland verscherzen möchten? Andererseits haben die Bayraktar 2 besonders zu Beginn des Krieges erheblichen Schaden angerichtet.

  • Zumindest als ich das letzte mal mit tĂŒrkischen Soldaten zu tun hatte (2008), setzte es Ohrfeigen fĂŒr die unteren RĂ€nge, wenn der Offizier nicht zufrieden war.


    Arg verstörend.

  • Zumindest als ich das letzte mal mit tĂŒrkischen Soldaten zu tun hatte (2008), setzte es Ohrfeigen fĂŒr die unteren RĂ€nge,

    Die gab es in der Fremdenlegion auch. Das letzte mal als ich mit tĂŒrkischen Soldaten zu tun hatte, war in Sarajevo. Die Einheit hat das Lager der US-Army in Butmir bewacht und bestand zu großen Teilen aus TĂŒrken, die in Deutschland geboren wurden und Leben. Die haben "freiwillig" fast ihren kompletten Wehrdienst in Bosnien verbracht, um nicht in den Kurdengebieten eingesetzt zu werden, wohin man die "Deutschen" gerne hin versetzt hat.


    Einmal im Monat sind die mit 1-2 Bussen zu uns ins Lager gekommen und haben unseren PX mit Produkten aus der deutschen Heimat leergekauft :D

  • Schlagfertig? :D

    Schlagfertig, schlagkrÀftig...alles dasselbe und so wie Stephan sagt :D:ichmussweg:


    Ich hatte wĂ€hrend meiner aktiven Dienstzeit tatsĂ€chlich nur einmal Kontakt zu unseren tĂŒrkischen NATO-Freunden. Das war im Rahmen einer Vorbereitung der Zertifizierung fĂŒr die Übernahme der VJTF vor vier oder fĂŒnf Jahren und lief extrem professionell ab.

  • Veronika Kogan covert The Hardkiss.


    :weinen:


  • Gute Darstellung der Lage von Nico Lange auf Twitter, deutsch.


  • Deutschland legt nach. Unter anderen 66 Transportanzer Fuchs, 64 Bandvagn 206 und Leo I-Munition.


    Twitter, englisch, mit Link zur BuReg-Website.



    Schön, wie unkompliziert das inzwischen geht. (Aber das hĂ€tte viel schneller so laufen mĂŒssen.)

  • Schön, wie unkompliziert das inzwischen geht. (Aber das hĂ€tte viel schneller so laufen mĂŒssen.)

    Also hÀttest Du den zweiten Satz nicht geschrieben, dann hÀtte ich mich echt gefragt ob Du mit der Geschwindigkeit in der Vergangenheit zufrieden gewesen wÀrst. Gut, dass Du das noch einmal dazu geschrieben hast ;)


    Das GefĂŒhl der "Unkompliziertheit" könnte auch einfach dadurch kommen, dass das jetzt einfach nicht mehr so breit thematisiert wird und ein wenig von der ersten Nachrichtenseite verschwunden ist.