Nahost-Konflikt

  • Das Klagen darüber, dass der Konflikt nicht aufhört ist, nach 76 Jahren Konflikt, irgendwie... weltfremd. Der Konflikt wird nicht heute, nicht morgen, nicht in 5 oder 10 Jahren aufhören, so oder so. Allerdings macht es natürlich einen Unterschied, wie er geführt wird.


    Afghanistan ist eine völlig andere Geschichte. Was die Offensive im Libanon für den Libanon bringen kann, ob sie für den Libanon Frieden bringen kann, hängt maßgeblich davon ab, ob eine Libanesische Regierung in der Lage wäre, tatsächlich Kontrolle auszuüben. Ich fürchte, da fehlt leider sehr viel dazu. In gewissem Sinn schreitet jetzt Israel selber ein und beendet - auf Zeit - die Situation, dass ein Nichtregierungsakteur, die Hisbollah, de facto den Südlibanon kontrolliert. Aus gutem Grund: Weil Israel von dort aus massiv mit Raketen beschossen wird.


    Israel hat in Gaza eine Menge erreicht: Die Hamas wurde militärisch sehr stark getroffen. Die Grenze nach Ägypten ist unter israelischer Kontrolle, d.h. sie können Waffenlieferungen unterbinden. Die Hamas-Führung ist ausgeschaltet. Hamas gibt es noch, aber ohne Waffennachschub, Führung und Trainingsmöglichkeiten ist das nicht mehr dieselbe Organisation. Irritieren tut mich allerdings auch, dass unklar zu sein scheint, wie es in Gaza weitergehen kann und das ein klares Ziel, nachdem man die Aktion für beendet erklären kann, nicht erreicht wurde (ich meine, es war "völlige Vernichtung von Hamas", was nicht realisierbar ist) und auch nicht in Aussicht ist.


    Dennoch, so tragisch das alles für die jeweiligen Zivilbevölkerungen ist, Israel agiert komplett im Recht, wenn es sein Bestes tut, den Gegnern die Fähigkeiten zu dem Oktober-Massaker letztes Jahr oder den Raketenbeschuß durch die Hisbollah zu unterbinden. Wer verlangt, dass Israel das einstellt, sollte überzeugende Vorschläge machen, wie diese gerechtfertigten Ziele anders zu erreichen sind.

  • Wenn arabische Staaten aufhören, Israel das Existenzrecht abzusprechen. Und Terrororganisationen nicht mehr mit Geld und Waffen ausstatten, die zur Auslöschung des Staates Israel genutzt werden sollen. Dann evtl?

    Das wäre aber nur möglich, wenn Israel seinerseits Palästina anerkennt und die besetzten palästinensischen und syrischen Gebiete räumt.

  • Die Libanesische Regierung hat drei Tage Staatstrauer wegen Nasrallah ausgerufen. Da weißt du auch direkt welchem Geist die da folgen. Es ist mitnichten bloß die Hisbollah, die Israel die Probleme im Libanon bereitet.

  • Die libanesische Regierung ist als Zentralmacht extrem schwach und muss deswegen auf die große Hisbollah-Anhängerschaft im Land reagieren.


    Diese fehlende Stabilität im Libanon ist in der Tat der Grund, warum ich nicht glaube, dass es kurz- oder mittelfristige Hoffnung gäbe, dass der Konflikt endet. Solange der Libanon Syrien und den Iran nicht rauswerfen kann, wird sich die Lage nicht bessern.


    Dennoch ist es wichtig, hier auch mal das Problem zu benennen, welches ist, dass der Libanon durch Einmischung anderer arabischer Staaten kaputt ist. Israel hätte definitiv ein Interesse an einem stabilen Libanon.

  • Wenn arabische Staaten aufhören, Israel das Existenzrecht abzusprechen. Und Terrororganisationen nicht mehr mit Geld und Waffen ausstatten, die zur Auslöschung des Staates Israel genutzt werden sollen. Dann evtl?

    Das wäre aber nur möglich, wenn Israel seinerseits Palästina anerkennt und die besetzten palästinensischen und syrischen Gebiete räumt.


    Es ist richtig, dass Israel momentan, unter diesen Umständen, nicht wirklich offen für palästinensische Staatlichkeit ist.


    Es war aber die arabische Seite, an der immer wieder die Zweistaatenlösung gescheitert ist. Die Mär, dass man Israel komplett weg kriegen könnte, wird vor allem im arabischen Diskurs hochgehalten, aus eigennützigen Interessen. Es ist übrigens sehr beunruhigend zu sehen, wie tatsächlich Teile der westlichen Linken auf den Zug jetzt aufspringen, ich meine, das war früher anders.


    Von daher bin ich bei Leon. Es gibt auch jede Menge Probleme auf israelischer Seite, aber solange die palästinensische Seite nicht das Existenzrecht Israels anerkennt und das auch in der arabischen Welt kommuniziert, bleibt Palästina eine Märtyrerfabrik. Wir haben am 7. Oktober gesehen, wie dort die Befindlichkeit ist, viele der grausamen Verbrechen dort wurden gerade auch von der nachrückenden Zivilbevölkerung begangen.

  • Es ist übrigens sehr beunruhigend zu sehen, wie tatsächlich Teile der westlichen Linken auf den Zug jetzt aufspringen, ich meine, das war früher anders.

    Ich habe die -natürlich subjektive - Erinnerung, dass es früher auch nicht viel anders war.

  • Vielleicht war ich da tatsächlich etwas blind auf dem Auge.


    Ich meine, Corbyn war mal ein Hoffnungsträger für mich. Wenn er nach dem Tod' Nasrallahs postet "Israel tötet alle meine Freunde" kann ich über mich selber damals nur den Kopf schütteln. Ich wollte glauben, dass die Antisemitismusvorwürfe gegen ihn und Labor übertrieben waren.


    Aber was ich vor allem im amerikanischen Netz lese, macht mir Angst. Geschichtsvergessenheit in Verbindung mit einer Glorifizierung von Hamas. Ja, ich verstehe, Netanjahu ist ein Arschloch wie es im Buche steht, aber das heißt nicht, dass man aufgrund dieser Person diesen Konflikt beurteilen kann.

  • Das sieht auch nicht gut aus dieses Mal. Viele Raketen konzentriert um die Abwehr zu überfordern. Es gibt erste Einschläge.


    Das wird Böse ausgehen für den Iran.

  • Trotz meiner obig dargestellten Meinung hatte ich auch, komplett irrational, darauf gehofft, dass eine weitere Eskalation ausbleibt. Im Grunde sogar bezogen auf die Bodenoffensive im Libanon.


    Diese ist jetzt angelaufen, sieht aber momentan nicht, wie eigentlich erwartet, nach einer Aktion aus, die auf Besetzung zielt, sondern eher gezielte Überfälle auf Hisbollah. Ich nehme an, das ist ein Zugeständnis an die mahnenden Stimmen der internationalen Gemeinschaft, denn meinem Verständnis nach war eine Besetzung bis zum Litani-Fluß zu erwarten.


    Ebenso hatte ich gehofft, dass der Iran nicht so dumm ist. Aber im Nahostkonflikt wird solchen Denken selten belohnt. Israel kann diesen Beschuß nicht einfach hinnehmen und wird es auch nicht.

  • Wie konnte auch nur irgendjemand denken, dass eine Bodenoffensive im Libanon ohne Angriff auf Israel vonstatten gehen würde? Ich habe eher noch Angst, dass sich bald auch noch die Türkei einschaltet.