Beiträge von Nordstadtbraut



    Geschehnisse in Hannover Teil 3


    Die Bullen hatte den Haufen zufällig abgefangen. Später kam raus, dass man ihnen gesagt hätte, die RBH ist mit der Antifa unterwegs. Jemand hätte das vor dem Spiel gesehen und direkt gemeldet. Was das für ein unfassbarer Mist ist, brauch man gar nicht erwähnen. Aber das Argument zündet natürlich und Emotionen trüben nun leider auch das Entscheidungsvermögen. Insofern gab es auch niemanden, der mal nachgefragt hat, ob das stimmt.
    Man merkte aber, die Zeit von Hannover geht langsam zu Ende.


    Unterdessen machten sich “echten Fans“ in Hamburg vor dem Auswärtsspiel auch ein paar Feinde. Auf einem Mobfoto tauchte „urplötzlich“ eine Reichskriegsflagge auf. Dass das Teile der Hamburger Fußballszene natürlich wenig lustig fanden, dürfte klar sein. Insofern gab man West Hannover dann mit auf den Weg, dass sie ab jetzt erst einmal nicht gerne gesehen sind. Das Thema fand im Nachhinein in Hannover wenig Beachtung, weil es natürlich nicht die “Linken“ waren, die mal wieder für “Ärger“ sorgten. Außerdem hat eine Einzelperson die Fahne nur kurz rausgeholt, ohne das es jemand mitbekommen hat. Dass das Foto dennoch verschickt wurde, zeigt aber ganz gut, wie man mit so Nazischeiße umgeht.


    In der Zwischenzeit wechselten die Namen auf der schwarzen Liste wieder kräftig durch. Niemand wusste mehr so wirklich, wer denn nun eigentlich noch erwünscht ist und wer nicht. Der eine war frech!, der andere organisiert den „Widerstand“. Irgendwann kamen die Szeneverbotler gegen diese gewaltigen Lügen auch nicht mehr an. Auf dem Zeitstrahl etwas zurück, traf man sich am Wochenende vor dem Spiel bei Werder am Sonntag, Freitag und Samstag in der eigenen Stadt. Ein Treffpunkt mit durchschnittlicher Besucherzahl. Dass kein RBH-Mitglied vor Ort war, hatte natürlich seinen Grund. Weil die RBH gesinnungstechnisch auf einer Wellenlänge mit den Bremern ist. Und niemand kann seinem gleichgesinnten Gegenüber ins Maul hauen. So einfach ist das. Abartige Phantasie. Dass die Jungs teilweise sonst dabei waren, spielte auch hier keine Rolle. Sympathisanten der Szeneverbotler mussten ihre Gruppe verlassen, weil sie sich nicht am Gruppentreffpunkt aufhielten. Für das Warum kein Verständnis. Das JE warf zwei Leute raus. Die stiften aufgrund ihrer Abstellgleisstellung nur Unruhe. Deswegen ist es das Einfachste, sie rauszuwerfen. Rückendeckung Fehlanzeige. Ziemlich zu Beginn wurden die Jüngeren auch bereits davor gewarnt, sich mit Mitgliedern der RBH zu zeigen. Nur um zu verhindern, dass man ebenfalls als Unterstützer gilt. Es war bzw. wurde recht bunt.


    Man muss sicherlich noch erwähnen, dass es kurz vor Ende nochmal einen Stammtisch gab. Teile der “echten“ Fans auf der einen Seite. Sprecher für die Sympathisanten auf der anderen Seite. Wieso die eigentlichen Widerstandskämpfer nicht selbst eingeladen wurden, bleibt ein Geheimnis. Und man war sich sogar recht einig, dass man es trotz allem noch einmal probieren will. Jeder darf kommen und es gibt nichts zu erwarten. Aber nein, die eine Person konnte nicht damit leben. Also alles wie gehabt.


    Ein paar Tage vor dem nächsten Heimspiel sickerte bereits durch, dass der finale Dolchstoß kommen soll. Beide Haufen trafen sich wie üblich in ihren Kneipen. Unter der Ankündigung zum Stadion zu gehen, setzten sich die “echten“ Fans in Bewegung. Schließlich sollte es so aussehen, als sei es ein großer Mob, der dem ganzen Treiben endgültig ein Ende setzen will. Aber 96% der Leute wussten mit Sicherheit nicht, was sich vor der anderen Kneipe abspielen soll bzw. was überhaupt Phase ist. Während der Großteil fragend vor der Kneipe stehen blieb, betrat eine handvoll Gestalten die Kneipe. Inhaltlich hatte sich wenig geändert. Ihr scheiß Zecken. Ihr erzählt nur lügen. Habt zig Chancen gehabt. Letzte mal heute hier Treffpunkt sonst Schnauze dick. Bitteschön. Es darf jeder gerne zum anderen Treffpunkt kommen, nur die Leute nicht, die für das hier verantwortlich sind. Namen wurden nicht genannt. Es weiß schon jeder selber und es gibt Beweise. Die bis heute allerdings keiner Verteidigung vorgelegt werden konnten. Und da wurde ungefähr jedem klar, dass die Typen bis dato den Kern des Problems einfach nicht erfasst hatten. Schließlich war genau dieser Umgang mit Leuten, also sie auszusperren, überhaupt erst der Auslöser des Problems. Und nun so ein Auftritt. Was für eine Bankrotterklärung. Direkt danach verließen sie den Laden und zogen ab.


    Für viele war es dann in der Tat endgültig. Die Jungs von UH trafen sich in der Folge, nicht um weiterhin zu versuchen irgendwas zu retten, sondern um ihren persönlichen Schlussstrich zu ziehen. Mehr als die Hälfte kündigte ihre Arbeit für die Gruppe und für die Ultraszene auf. Darunter auch die Gründer und Anführer der Gruppe/ Szene. Die Frage nach einer Auflösung stand im Raum. Es wurde auch darüber abgestimmt. Mit einer Mehrheit für die Auflösung. Allerdings war diese Entscheidung für ein paar Leute ziemlich unwichtig, weil sie sowieso unter Ultras Hannover weitermachen werden. Egal was gesagt wird. Bedankt man, dass man den Vereinspräsidenten von Hannover 96 für genau das gleiche Verhalten gerne zum Teufel jagen würde, ist ein derartiger Umgang ziemlich fragwürdig. Die RBH macht bei diesem Unsinn natürlich auch nicht mehr mit und sonst haben sich viele von dieser Szene losgesagt. 96 ist natürlich noch Thema und einige schauen es auch zusammen. Im Stadion oder vor dem Fernseher. Aber Arbeit direkt für die Ultraszene investiert auf jeden Fall fast niemand mehr.


    Eine Aktion darf zum Schluss aber nicht unerwähnt bleiben. Mehr als ein halbes Jahr später. Große Demo in Hannover. Es geht um das neue Polizeiaufgabengesetz in Niedersachsen. Und da war wirklich alles anwesend, was für eine neue riesige Welle von Fußballverboten sprach. Alles, um zum Verräter zu werden, zum Spalter. Antifa aus aller Herren Bundesländer, darunter natürlich auch die Antifa aus Hannover. Fußballfans aus Braunschweig, Osnabrück, Meppen. Alles war angerichtet. Und wer turnte in den ersten Reihen des 96 Blocks herum? Genau die Leute, die noch ein paar Monate vorher andere Leute an den Pranger stellten, sie angriffen, bedrohten, weil sie eben genau das gemacht haben. Eine Demo gemeinsam mit dem Feind. Hätte ich es selber nicht gesehen, würde ich es nicht glauben. Unfassbar. Nur was sollte dann diese ganze (Ego)-Show? Wieso nimmt man nun selbst an so etwas teil? Wo ist die ganz Wut plötzlich hin? Offensichtlich konnten die Leute ihren Müll selbst nicht (mehr) glauben. Es ist einfach nur traurig, wie leichtfertig diese Szene zerstört wurde. Nur weil ein kleiner Haufen, getrieben von mächtig Narzissmus und Egoismus, nicht in der Lage war, aus Stolz vor der dem eigenen Ich, etwas zurückzurudern. Dabei wäre es so einfach gewesen.


    Aber, diese von außen betrachtete Wendung, bestärkt natürlich jeden, der in dieser schwierigen Zeit zu seinen Freunden gehalten hat. Sie nicht hat fallen lassen, nur weil sich jemand gegenüber viel lauter auf seine Brust trommelt und dabei mit der Faust droht. Es ist es doch genau diese ungebrochene Solidarität, die man in dieser Subkultur braucht. Und diese nicht nur seinen Freunden zuspricht, sondern einfach jedem, der dazu gehört. Auch wenn man selbst nicht besonders dicke miteinander ist. Diese Jungs haben schließlich niemanden verraten. Sie sind nicht zu den Bullen übergelaufen. Haben sich nicht mit der Presse getroffen oder ein Szenemitglied vor Gericht in die Pfanne gehauen. Sie haben einfach nur wo teilgenommen. An einer Sache, die es aus ihrer Sicht lohnt zu unterstützen. Genau so wie die Leute bei der Demo gegen das Polizeigesetz. Und das haben sie bis zum Ende einfach nur vermitteln wollen.


    Dass sich eine Menge Leute von dem ganzen Ultrazirkus nun verabschiedet haben, ist nur allzu logisch. Abgesehen davon, dass es natürlich unter diesen Umständen recht uncool ist, ein Teil dieser Szene zu sein, eine UH Fahne hochzuhalten oder allgemein sich den Ausdruck mit dem “U“ irgendwo drauzukritzeln, hat man doch fast keine andere Wahl. Oder wie hätte das laufen sollen?! Soll man sich gemeinsam wieder hinter einer“Stadionverbote abschaffen“-Fahne einfinden, weil man so doll gegen Verbote ist? Soll man sich auf einer Soli-Party solidarisch zeigen und einen 5er pro Bier geben, damit jemand seine Strafen zahlen kann, weil er zu unrecht verurteilt wurde? Oder gemeinsam gegen Martin Kind demonstrieren, wenn er Abstimmungen, die gegen sein Vorhaben laufen, wiederholt nur als Hinweis sieht? Das wäre doch für Leute, die die Werte dieser Subkultur ernsthaft verinnerlicht haben, nicht machbar. Für den Erhalt des modernen Fußballs sind solche Attrappen in der Kurve natürlich extrem wichtig, aber der Grundgedanke und das damit verbundene Ausleben dieser Kultur ist natürlich absolut ein anderer.


    Es ist schade, dass sich ein ganz großer Teil einfach nur wegduckte, nicht seine Meinung gesagt hat, nur zuschaute und die Sache so hat Enden lassen. Nur weil man Angst hatte selbst in das Fadenkreuz zu geraten oder seinen Namen zu “beschmutzen“. Schreit man doch selbst immer direkt laut los und pocht auf sein Recht, wenn man sich von außerhalb durch Bullen, Verband oder Verein ungerecht behandelt fühlt. Nur scheint sich diese Sicht bei vielen zu ändern, wenn der Gegenüber nicht nur schriftlich mit Strafen droht.


    Friede, Freude, Eierkuchen. Hannover ab 2018.


    Nordstadtbräute. Widerstand Westtribüne.

    Geschehnisse in Hannover Teil 2


    In der Folge entschieden sich einige Mitglieder ihre Arbeit für die Ultraszene vorerst komplett einzustellen. Außerdem keine Anwesenheit an Treffpunkten zu zeigen und eine andere Anreise zu Auswärtsspielen, um sich solidarisch mit denen aus der Szene ausgesperrten Personen zu zeigen. So lange, bis der Streit beigelegt ist und jeder wieder teilhaben darf.


    Während sich der eine Haufen ganz normal in den üblichen Kneipen traf, entschieden sich die Personen rund um die Szeneverbotler für einen Laden in der anderen Ecke der Stadt. Ziel waren ruhige Spieltage, ohne irgendwelche sinnlosen Provokationen, um unter der Woche vielleicht irgendwann ein Gespräch zu finden, damit alles wieder in korrekte Bahnen läuft. Die Stadion- und Stadtverbotler guckten zu diesem Zeitpunkt noch zusammen die Spiele. Obwohl da Jungs beider Lager waren und eben auch der G20-Übeltäter. Und das ging komischerweise. Allerdings blieb es da auch nur ruhig, weil eben zwei Personen nicht anwesend waren. Na ja, nach einiger Zeit zeichnete sich dieser gewünschte gute Weg auch ab. Beide Seiten merkten natürlich, dass diese Situation so absolut beschissen ist. Allerdings war es dann mal wieder ein Foto, welches die Stimmung kippen ließ. Der bereits vorbestrafte G20-Intensivtäter war auf einem Geburtstag einer Freundin. Allerdings hat die Dame eine Antifa-Vergangenheit. Wohl gemerkt eine Vergangenheit. Heißt also, damit abgeschlossen und an diesem Fußball-Ärger sowieso nicht teilgenommen. Egal. Es passt gut in das Puzzle. Dass die junge Frau aber von einem West Hannover Mitglied bereits ein paar mal intim gestoßen wurde, war irgendwie nicht so wichtig. Ebenso wie die Tatsache, dass ebenfalls ein West Hannover Mitglied auf der G20 Demo war, ohne in Schwierigkeiten zu kommen. Aber das nur so nebenbei. In Folge dessen ritt an einem Heimspiel ein Ritter auf seinem hohen Ross in die Kneipe und Griff sich den Täter. Man konnte zwar dazwischen gehen, aber einen Schlag musste der Mann einstecken. Wie der Ritter sich gefühlt hat, nachdem er gesehen hat, dass 40 Leute in der Kneipe sitzen, sich zusammenreißen können, und nur er das Problem ist, wäre interessant zul erfahren. So heldenhaft wie er kam, verschwand er dann aber auch wieder.


    Kurze Zeit später kam es dann trotzdem zu einem Treffen, an dem so ungefähr jeder aus der Szene teilnahm, einschließlich der Ausgesperrten, der eventuell dazu beitragen kann, dass diese Geschichte zu den Akten gelegt wird. Und das war auch nötig, weil man sowieso schon eine große Baustelle wegen der 50+1 Geschichte zu beackern hatte, die noch viel mehr Zeit und Engagement benötigt hätte. Und, dass die Bullen seit längerem die Daumenschrauben weiter anziehen, muss man nicht wirklich erwähnen. Aber solange dieser Konflikt lief, hatte natürlich fast niemand Bock, das Normalprogramm abzuspulen.


    Inhaltlich war es recht eindeutig. Alle fanden es beschissen. Diese Einsicht war da. Jetzt galt es nur noch zu klären, ob sich die Leute zusammenreißen können, die sich von den RBH'lern verraten fühlten. Das waren, wie oben schon erwähnt, genau zwei! So bitter das auch klingt. Und da bot Die Person an, großzügig wie er ist, dass man immer eine Armlänge zu ihm Abstand halten solle. Für die andere Person kann man nichts garantieren, aber man spricht mit ihm. Eine Armlänge also. Was eine Einsicht. Wie hätte das laufen sollen? Es binden sich links und rechts Leute an die Personen, damit der Abstand eingehalten wird? Man spielt konsequent Begleitschutz, damit man sich nicht zu nah kommt? Türsteher vor dem Klo? Und dennoch immer mit dem unguten Gefühl, gleich rummst es? Wie entspannt. So muss Fußball sein. Während der ein oder andere schon auf den Knien kroch und sich für die Barmherzigkeit bedankte, hat sich für einige natürlich überhaupt nichts verändert. Das Problem bestand weiterhin. Anmerken sollte man noch, dass es auch kurz darum ging, dass einige West-Hannover-Mitglieder für die Identitäre Bewegung gesammelt haben. Um irgendwie Flüchtlinge an der Grenze abzuhalten. Das sich Leute darüber echauffierten, konnte man nachvollziehen, aber man kann den Leuten doch nicht sagen, was sie privat mit ihrem Geld machen. Wie oben mal erwähnt, ist das in Puncto Freizeitgestaltung natürlich möglich. Das Thema war so schnell vom Tisch, wie man es sich für das aktuelle Thema damals nur hätte wünschen können.


    Im Nachgang stellte sich heraus, dass es vielleicht von Vorteil gewesen wäre, die Jungs hätten nochmal ein Ergebnis formuliert. Das hätte sicherlich dazu beigetragen, dass der ein oder andere Puls beim nächsten Heimspiel nicht wieder in die Höhe gerauscht wäre. Vor dem Freitagsspiel lud eine langjährige Mitarbeiterin des Fanprojekts, anlässlich ihres Abschlusses, zum Grillen ein. Nicht jeder schaffte es, weil es recht zeitig angesetzt war, aber der ein oder andere konnte es machen. Auch Leute aus den beiden Lagern waren vor Ort. Jetzt ging die eine Seite natürlich davon aus, dass alle an der Kiosktour, die als offizieller Treffpunkt nach dem Abschluss angesetzt war, teilnehmen würden. Da die andere Seite aber weiterhin nicht gehört hat, dass wirklich jeder dort auftauchen kann, ohne überfallen zu werden, stellte sich die Frage gar nicht. Auf so einen Auftritt wie beim Heimspiel davor hatte einfach niemand Bock. Und eine Wiederholung wurde eben auch nicht ausgeschlossen. Wie dem auch sei, die eine Seite hält sich nicht an die Abmachung, die es offiziell auch gar nicht gab, und damit ist das Thema durch. „Alles was besprochen wurde zählt nicht mehr. Ich werde euch jagen.“


    Man versuchte natürlich in den Tagen danach die Situation zu erklären. Eben, dass es nicht von 0 auf 100 geht. In der gesamten Zeit seit Beginn des Streits ist zwischen den Leuten so viel zerstört worden, so viel Vertrauen weggeblasen, dass man das nicht direkt wieder durch ein Treffen reparieren kann. Man wollte eher langsam wieder zueinander finden. Den Weg zum Stadion gemeinsam bestreiten, Auswährtsfahrten wieder zusammen erleben, so etwas. Einfach um zu gucken, funktioniert das so. Können sich wirklich alle Leute zusammenreißen und kann man auf das Gesagte vertrauen. Und das wäre in Anbetracht der Tatsache, dass die Szene sonst nie wieder zusammenkommt, auch der beste Weg gewesen.


    Bei den beiden Spielen danach passierte eigentlich erst einmal nichts wildes. Es gab weiterhin getrennte Treffpunkte und die Stadionverbotler teilten sich zum Gucken nun auch auf. Man setzte aber die Idee um, sich auf halber Strecke zum Stadion zu treffen. Und das klappte auch. Beide Seiten waren sich grün. Man begrüßte sich und man konnte sich unterhalten. Man muss aber auch dazusagen, dass sich das angefressene Klientel ferngehalten hat. Die hatten keinen Bock darauf, zusammen mit den “Verrätern“ zu gehen. War auch gut so. Der Szene hat es auf jeden Fall gutgetan. Aber das konnte/wollte man nicht so begreifen.


    Unter der Woche, auswärts in Berlin, setzte sich die traurige Geschichte dann fort. Sympathisanten der Szeneverbotler hatten ein paar Stunden vor Anpfiff angefragt, wo man das Spiel guckt. Man bekam auch eine Antwort und dachte natürlich, dass das kein Problem sei. Nicht für jeden, sondern zwei Leute hatten etwas dagegen. Also bat man die drei Jungs von ihren Stühlen und schickte sie mit reichlich persönlichem Geplänkel zum Ausgang. Der Rest der Stadionverbotler traute sich nicht einzugreifen und guckte stattdessen tief ins Handy. Wäre man beim letzten Heimspiel zur Kneipe, samt RBH-Shirt gekommen, hätte dieses abgegeben und erklärt, man habe sich in der Sache verrannt, hätte man sich selbst wiederbeleben können. Aber, Chance vertan, also raus.


    In der Winterpause war es recht ruhig. Pünktlich zum ersten Heimspiel setzte man aber wieder dort an, wo man in Berlin aufgehört hatte. In einem Mundloch der Nordkurve hielten sich Leute der Rising Boys auf. Daneben eine Frau, die sich im Umkreis der Antifa Wunstorf aufhält. Aha! Der nächste Beweis. RBH und die Antifa. Schnell wurde ein Foto gemacht, mit einem markigen Text versehen und rapide auf jedes Handy Hannovers geschickt. Inhaltlich alles ziemlicher Müll. Aber das wussten natürlich die Wenigsten. Ganz interessant ist die Geschichte, dass die Frau und die Person sich bereits an einem anderen Spieltag im Stadion getroffen hatten. Sie sogar ein wirklich nettes Gespräch führten und man jede Unklarheit über die Verstrickung des Mädels zu Aktionen gegen die Fußballszene aus dem Weg räumen konnte. Auf die Frage hin, ob er möchte, dass sie das Stadion verlässt, weil sie keinen Bock auf Ärger hat, kam ein Nein. Alles gut also. „Du bist ja gar nicht so verkehrt.“ Aber am Spieltag, an dem sie mit den den RBH Jungs gesehen wurde, bekam ein Szenemitglied auf die Frage, ob das nicht die Frau ist, mit der er schon mal ein klärendes Gespräch geführt hatte, ebenfalls ein Nein. Was denn nun?

    In den Wochen danach kam dann wieder etwas mehr Bewegung in die Sache. Bei zufälligen Treffen unter der Woche wurden Leute bedroht, man werde sie abstechen, jagen, verprügeln. An einem Heimspiel am Sonntag wurde der Haufen samt Szeneverbotler nach dem Spiel, auf dem Weg zur Kneipe, verfolgt. Man hatte natürlich sämtliche Drohungen im Hinterkopf und mit allem gerechnet. Viel erschreckender als die Sache, dass man jetzt endgültig bereit ist, mit einem Mob auf andere Szenemitglieder loszugehen, war die Tatsache, was da für Menschen mitgegangen sind. Teilweise Szeneleute, von denen man das nie gedacht hat. Von denen man dachte, dass sie so viel Hirn haben, um das auf jeden Fall zu vermeiden. Passiert ist am Ende nichts.



    Geschehnisse in Hannover Teil 1


    „Mir ist es scheißegal, ob die Szene dadurch zerbricht. Dann ist das eben so.“ Mit dieser Aussage lässt sich der folgende Text ganz gut beginnen. Denn sie beinhaltet so ziemlich alles, was in Hannover ab Mitte letzten Jahres und zu Beginn des neuen Jahres geschehen ist.


    Ausgangspunkt der ganzen Geschichte war die Teilnahme zweier junger Männer an einer Demonstration, die sich gegen Polizeigewalt richtet. Es war nicht die erste Teilnahme, sondern man unterstützt diese Sache schon seit Jahren. Nicht nur diese Jungs, sondern auch andere Mitglieder der Szene. Zum Grund der Demo: 1994 wurde ein junger Kurde aus kurzer Entfernung beim Plakatieren von Zivilpolizisten erschossen. Die Tat wurde bis heute nie so richtig aufgeklärt. Und um das Ganze nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, gibt es diesbezüglich jährlich eine Kundgebung mit anschließender Demonstration. Die Teilnehmerzahl dafür ist schwankend. Zwischen mehreren Hundert bis hin zu Besuchern im unteren Tausenderbereich.


    Aber wo liegt das Problem? Dazu muss man wissen, dass seit Jahren ein Streit zwischen ein paar Antifas und ein paar Leuten der Fußballszene herrscht. Was der Auslöser dafür war, weiß ich ehrlich gesagt nicht. Das ist ziemlich verwirrend. Wenn man jetzt 20 Leute dazu befragen würde, kämen wahrscheinlich 20 verschiedene Antworten. Es gibt aber immer wieder Geschehnisse, die dafür sorgten, dass bei dem Thema nie Ruhe eingekehrt, weil die Fronten einfach zu verhärtet sind. Aufzuzählen, was das jetzt im Einzelnen für Aktionen waren, würde den Rahmen sprengen . Aus der neutralen Perspektive kann man aber sagen, beide Seiten legitimieren ihre Aktionen mit Rache. Und man könnte sowohl die eine, als auch die andere Seite verstehen.


    Nun ja, und bei eben dieser oben genannten Demo marschierten auch ein paar Leute mit, denen man eine angebliche Mittäterschaft zu den Taten der Antifa gegen 96er vorwirft. Wohlgemerkt nur eine handvoll von mehreren hundert. Wie es der Zufall will, beobachtete ein Mitglied der 96-Fangemeinde diese Szene aus einem Fenster und schoss ein Foto davon, wie die 96er, mit etwas Abstand zu diesen Typen, marschierten. Das Bild verbreitete sich wie ein Lauffeuer und schnell wurde klar, dass diese Sache aufgeklärt werden muss.


    Beim UH-Stammtisch dazu gab es dann beim Toilettengang des Täters, der neben UH auch RBH Mitglied ist, erst einmal ein paar Fäuste, bevor er überhaupt angehört wurde. Für den einen oder anderen stand sowieso schon fest, der Typ muss weg. Egal was er zu sagen hat. Schließlich macht er gemeinsame Sache mit dem Feind. Wieso das im Nachhinein eine absolut klasse Aussage war, wird gegen Ende des Textes nochmal deutlich. Es gilt aber nochmals zu betonen, dass er die Demo seit Jahren besucht. Dass er selbst in der Uni als Nazi hingestellt wird, sich deswegen dort rechtfertigen muss, er also selbst allen Grund hat, diese Typen zu hassen, spielt keine Rolle. Und da kommt es dann darauf an, wie eine Person gestrickt ist. Lasse ich es mir gefallen, dass Scheiße über mich erfunden wird und meide jeden Ort, an dem meine Widersacher sind oder nehme ich den Kopf hoch und mache weiterhin das, was ich für richtig halte, scheißegal ob mir das jemand verbietet. Was in unserer Subkultur eigentlich gängige Praxis ist. Die Meinungen dazu waren gespalten. Die einen konnten seine Reaktion, daran teilzunehmen, völlig nachvollziehen. Die anderen absolut nicht. Fest stand aber für alle, dass das Thema durchaus Konfliktpotential hat und die Sache nicht vom Tisch ist.


    Als wäre das nicht schon genug, erhitzte eine weitere Situation so manches Gemüt. G-20 in Hamburg. Für eine kleine Gruppe aus der Szene war klar, wer sich dort aufhält, ist ebenfalls vogelfrei. Nicht nur, dass sich dort die Antifa Hannover aufhält, nein, auch Mitglieder anderer Ultraszenen mischen dort mit. Bremen, Braunschweig, St. Pauli und alle anderen. Wie auch immer, war hier ebenfalls ein Foto Auslöser der Entrüstung. Ein RBH-Mitglied hat es gewagt, sich dort aufzuhalten. Der Sender N24 hat es live und in Farbe übertragen. Für den G-20-Täter kam folgenschwer hinzu, dass er in dem Moment mit ehemaligen Mitgliedern der Szene zu sehen war, auf die einige ebenfalls nicht gut zu sprechen sind. Täter Nr.3 sagt selbst dazu, dass er sie nur begrüßt hat. Und selbst wenn es mehr war. 96% der Ultraszene hätten diese Typen begrüßt, bzw. begrüßen sie heute noch auf Hannovers Straßen.


    Da sich bei einigen Leuten schon Schaum im Mund gebildet hat und durch die G-20 Sache noch mehr dazugekommen ist, war ein Stammtisch in größerer Runde unumgänglich. Also traf man sich und versuchte irgendwie den Leuten klar zu machen, wieso die Geschichte eigentlich halb so wild ist. Die Täter wurden dazu zur Sicherheit erst einmal nicht eingeladen, weil man befürchtet hatte, dass es einer Diskussion im Wege stehen würde. Der junge Mann, der den einleitenden Satz zu Beginn von sich gab, war bei dieser Runde ebenfalls nicht anwesend. Allerdings ließ er es sich nicht nehmen, an der Diskussion teilzunehmen.


    Dazu muss man wissen, das der Herr fast jegliche Anteilnahme bei dem Thema für sich gepachtet hat. Auf Lebenszeit. Zugegeben, da ist die ein oder andere Sache gegen ihn gelaufen, seitens der Linken, die nicht gut zu heißen ist. Und das hat auch niemand in der Szene getan. Ganz im Gegenteil. Man hat ihn immer unterstützt. Es gibt null Sympathien zwischen beiden Lagern und niemand wäre auf die Idee gekommen, mit denen was zusammen zu machen. Und natürlich kann jeder die Unzufriedenheit verstehen. Nur läuft das Thema dennoch für viele unter dem Motto: Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus. Soll heißen, so ganz unschuldig an der Situation ist man selbst nicht.


    Zurück zum Treffen. Es wurde also eine Nachricht verlesen, in der angekündigt wurde, dass die Personen nicht mehr im Block stehen werden und jeder, der sich vor sie stellt, wird ebenso zum Feind erklärt. Falls die RBH-Fahne hängt, könnte sie entfernt werden und so weiter. Es wurde reichlich diskutiert, allerdings drehte man sich argumentativ im Kreis. Inhaltlich ging es darum, wie man so etwas zukünftig verhindern kann. Also eigentlich, wie man sich selbst und sein Leben am besten einschränkt, damit man niemandem mehr auf die Füße tritt. Es begann damit, dass man seine politische Seite zu den Akten legt und sich nur auf Fußball konzentriert. Dass bei einigen Leute der Horizont nicht beim Fußball oder im Sportclub endet, war für manche schwer zu verstehen. Man könnte aber auch hingehen, muss aber auf dem Hacken kehrt machen, wenn man den Feind erspäht. Was ist aber, wenn man den Feind nicht erspäht, es aber im Nachhinein rauskommt, dass er da war? Ist man dann trotzdem schuldig? Was ist mit der Uni, dem Job, dem Fitnessstudio, Konzerten? Nicht unerwähnt sollte es auch bleiben, dass fast alle diese Typen überhaupt nicht kennen. Man hat also gar kein Bild von seinem Gegenüber, dem man aus dem Weg gehen soll. Man merkt, es gibt so viele Faktoren, die man bedenken müsste. Man kann da keine Grenze ziehen. Und es wäre natürlich auch Kindergarten, wenn man es täte. Zumal es bei der Reichweite einer Fußballszene auch unmöglich ist. Erkläre mal Robert aus Uelzen, dass er nicht mehr zum Fußball kommen darf, weil er auf einer Demo gesichtet wurde, auf der der Feind war. Den er aber nicht mal kennt. Am Ende kam nichts so wirklich bei herum. Es wurde sich auf ein zweites Treffen geeinigt, wo dann auch die Täter anwesend sein sollten.


    In der Woche nach Burnley setzte man sich wieder zusammen. Täter Nr.1-2 durften allerdings nicht kommen. Der oben beschrieben Mann hatte das untersagt. Also nichts mit Konfliktlösung, sondern Schaffung von Tatsachen war die Devise. Der G-20-Täter konnte es aufgrund wohnlicher Umstände nicht einrichten. Inhaltlich wiederholte man so ziemlich alles. Man einigte sich aber bei dem Thema “Grenze“ darauf, dass niemand Demos besuchen soll, bei denen klar ersichtlich ist, dass die Antifa Mitorganisator ist. Dennoch betonte man, wie sehr man in der bereits geschehenen Sache eine Null-Toleranz-Schiene fahren wird. Auch wenn es bedeutet, dass die Szene dadurch zerbricht. Wobei man diese Aussage lediglich der einen Person zurechnen darf. Ich glaube nicht, dass sie inhaltlich viele Unterstützer gefunden hat. Aber von seinen Untertanen durfte natürlich auch niemand widersprechen. Wie hätte das denn ausgesehen. Ach so, um nochmal aufzuzeigen, wie schwierig die Anwesenheit der Täter ist, folgendes. Bevor man sich zusammengesetzt hat, war man noch zusammen im Trainingslager. Zumindest mit Täter Nr.3. Gemeinsames Rumgammeln am Trainingsplatz, in der Kneipe, bei Testspielen, auf dem Boot mit der Mannschaft, alles kein Problem. Man konnte sich zusammenreißen. Wenn es überhaupt jemanden gestört hat. Laut Zeugen gab es nämlich angeblich mal ein Lachen. Im Nachgang kam aber raus, dass man lediglich niemandem den Urlaub vermiesen wollte. Danke nochmal.


    Wie auch immer. Das erste Pflichtspiel in Bonn stand vor der Tür und niemand wusste so recht, was passieren wird. Als Täter Nr.1 sich auf das Gleis begab wurde er direkt von seiner Exzellenz in Empfang genommen. Betritt er den Zug, kommt er da nicht mehr lebend raus. Für ihn Grund genug, sich nicht an Board zu begeben. Allerdings für einige andere auch. Als die Nachricht darüber im Zug die Runde machte, folgten weitere Leute diesem Beispiel.


    Eine Person aus der Szene nahm es sich, aus persönlichen Befindlichkeiten, heraus, darüber zu entscheiden, ob eine Person mitfährt oder nicht. Schlussendlich war es dann eben genau diese Aktion, die den Stein ins Rollen gebracht hat und die Fußballszene völlig zerstörte.