Druck auf Lienen wächst
Ewald Lienen hat seit 20 Monaten in Hannover das Zepter in der Hand
München/Hannover - Für Ewald Lienen hat die momentane Situation bei Hannover 96 Deja-vu-Charakter. Erneut "verzettelt" sich Lienen schon in frühen Zügen der Saison in der unteren Tabellenregion.
Sieg gegen Duisburg Pflicht
Noch allerdings mit einem kleinen Unterschied: Ende September 2004 trugen die "Roten" mit mageren fünf Punkten aus sechs Partien die gleichfarbige Laterne mit sich herum. Dieser Tiefpunkt soll in dieser Spielzeit möglichst verhindert werden. Entsprechend lautet die Vorgabe des neuen 96-Führungsduos Ilja Kaenzig und Karl-Heinz Vehling nach drei Niederlagen in Folge: Ein Sieg am Samstag gegen den MSV Duisburg ist Pflicht. Sonst könnte es für Lienen ungemütlich werden.
Offensivere Spielweise
Deshalb wollen die Niedersachsen über attraktiveren Fußball auf die Siegesstraße zurückkehren - wie in einer spontan einberaumten Besprechung beschlossen wurde. Man wolle künftig "nicht mehr so tief stehen", ließ Abwehrchef Per Mertesacker verlauten. Zuvor hatten nicht nur die Fans für eine offensivere Ausrichtung plädiert. "Wir müssen das Ganze ein bisschen nach vorne schieben und dürfen nicht mehr nur vom Strafraum bis zur Mittellinie stehen", sagte Kapitän Altin Lala.
Für Thomas Brdaric eine willkommene Änderung, denn nach dem 0:2 gegen Schalke 04 war der Ex-Nationalspieler ratlos: "Als Stürmer ist es eben schwer, wenn nichts nach vorne kommt."
Vertrauen ins Team oder Zweifel am eigenen System?
Lienen selber meinte nach der außerordentlichen Sitzung inklusive Video-Analyse: "Es war sehr wichtig, das alles sofort angesprochen zu haben. Die Reihen müssen geschlossen sein - auf dem Spielfeld und außerhalb."
Offen bleibt daher die Frage, ob Lienen von seinen Spielern zum Umdenken aufgefordert werden musste oder selber ein Einsehen hatte.
Trendwende gegen Lienens Ex-Klub
Nun muss ausgerechnet gegen die "Zebras" aus Duisburg, bei denen Lienen seine Trainer-Laufbahn begann, die Trendwende geschafft werden.
Ob sich das Umfeld in Hannover mit einem Sieg zufrieden gibt, ist fraglich. Man erwartet eine Antwort der Lienen-Elf auf die Kritik in den örtlichen Medien am "Angsthasen-Fußball" der vergangenen Wochen.
Erwartungen liegen im Oktober
Sollte es wirklich Parallelen zur September-Krise aus dem Vorjahr geben, wäre nun tatsächlich die Wende fällig. "Da war es nicht das Wolfsburg-Spiel, das man vergeigt hat, sondern Freiburg und Bielefeld", erinnert sich Manager Ilja Kaenzig. Danach folgte eine nicht für möglich gehaltene Siegesserie: Im triumphalen Oktober siegten die Niedersachsen fünf Mal und kletterten bis zum 16. Spieltag sogar auf den vierten Tabellenplatz.
"Letztes Jahr ist das Ganze ins Rollen gekommen. Dann muss das in diesem Jahr auch gelingen, weil die Qualität im Kader ja höher ist", erwartet Kaenzig auch 2005 einen ähnlichen Aufschwung.
Krisengipfel soll Klarheit schaffen
Das wollen Kaenzig und Vehling Lienen auch in einem Krisengipfel in dieser Woche mitteilen. "Wir müssen Meinungen austauschen, da geht es auch um Abstimmung", verrät Kaenzig, "sonst könnten kleinste Details für großen Wirbel sorgen. Der Trainerstab muss wissen, wie wir denken, und auch umgekehrt." Der Treueschwur für eine ewige Zusammenarbeit wird in dieser Sitzung wohl kaum ausgesprochen. Doch Lienen kennt das Geschäft - mit einem Erfolg gegen den MSV wäre die Welt in Hannover zumindest vorzeitig wieder in Ordnung.
Dennis Betzholz
Quelle: www.Sport1.de