ist wohl arbeitsrecht: gestern einen kumpel getroffen, lange nicht gesehen. der hat zumindest die letzten 13 jahre (bis auf 3 monate arbeitslos) gearbeitet. hatte dann einen schweren fahrradunfall (schulterblatt und schlüsselbein gebrochen) und sich eine woche nicht beim arbeitgeber gemeldet und wurde fristlos entlassen. denke das war dann der berühmte tropfen, er ist nicht gerade mr. discipline. jedenfalls ist er dann beim amt gewesen. die frage ob er gerade arbeitsfähig ist hat er verneint, da er noch krangeschrieben ist. ich war verwundert, als er mir erzählt hat, dass er sich für alg II melden musste, weil ich unter den umständen gedacht hätte, dass er auf jeden fall anspruch auf alg I hat. wie kann das also kommen? hat man nach fristloser kündigung keinen anspruch auf alg I? cleverer sachbearbeiter? stimmt das mit der krankheit (würde mir zwar nicht einleuchten aber wer weiss)? fristen nicht eingehalten? oder, oder?
Gerne auch per pn, falls sich da jemand auskennt. würde ihm gerne unter die arme greifen, weil er selber gerade nicht so ganz auf der höhe ist.
Moin,
als "SoFa" eine kurze Einschätzung.
Arbeitsrechtlich sind alle Fristen verstrichen, das heißt die Kündigung ist rechtskräftig, eine Kündigungsschutzklage ist nicht mehr möglich.
ALG1: Sobald sich jemand arbeitsunfähig (AU) meldet, wird er nicht angenommen, bekommt kein ALG1. Völlig korrekt.
Bei einer Meldung die arbeitsfähig (AF) erfolgt, würde bei selbstverschuldeter Kündigung eine Sperrzeit verhängt werden (in der Regel 3 Monate).
ALG2: Die nehmen einen immer an, AU und AF. Maßgebend ist die Bedürftigkeit und das kein anderer Träger vorrangig leisten muss.
Krankenkasse (GKV): Hier gibt es zwei Aspekt: Geld zahlen (Beiträge) und Geld erhalten (Krankengeld, kurz KG). Beides bedingt in den verschiedenen Konstellationen einander. Da ich nicht alle Fakten habe, muss ich ein wenig raten.
1. Unfall am 01.09.18, Kündigung zum 15.09.18. Zu diesem Zeitpunkt AU.
Fazit: Antrag auf Krankengeld wird von der GKV wegen einer selbstverschuldeten Kündigung wahrscheinlich abgelehnt --> ALG2
2. Unfall am 01.09.18, Kündigung zum 15.09.18. AU endet am 14.09.18 und es entsteht eine Lücke.
Fazit: Kein Anspruch auf Krankengeld --> ALG2
3. Unfall am 01.09.18, Kündigung zum 15.09.19. AU besteht bis 20.09.18. Am 21.09.18 Meldung für ALG1; Sperrzeit. Ab 22.09.18 neue AU.
Fazit: Kein ALG1 (Sperrzeit), kein KG da während Sperrzeit da kein Geld fließt was ersetzt werden kann.
Nun zum Versicherungsschutz.
In der Zeit wo
- die Beschäftigung besteht,
- ALG1-Bezug besteht oder ALG1-Anspruch besteht aber eine Sperrzeit verhängt ist,
- ALG2-Bezug besteht,
- KG-Bezug besteht
ist der Versicherungsschutz jeweils gewährleistet (§§ 5, 192 SGB V).
Kritisch sind die Zeiten ohne Einnahmen; da zahlt auch niemand Versicherungsbeiträge.
Die Beiträge müssen (!) von der GKV ohne Vorlage von Einkommensunterlagen zum Höchstbeitrag erfolgen. Sobald ein Bescheid über die Höhe der Beiträge eingegangen ist, hat der/die Versicherte noch eine kurze Frist um Einkommensunterlagen nachzureichen oder eine Erklärung abzugeben das keine Einkünfte bestehen.
Dann erfolgt eine Einstufung nach dem so genannten Mindestbeitrag (<200,00 €/Monat).
Natürlich keine Regel ohne Ausnahme:
Wenn die zwischen zwei Pflichtversicherungen (das sind Krankenversicherung wegen Job über 450€, ALG1, ALG2) eine Lücke von maximal einen Monat liegt, ist dies unschädlich für den durchgehenden Versicherungsschutz (§ 19 SGB V).
Beispiel 1: Kündigung zum 15.09.18, Monatsfrist 16.09.18 - 15.10.18. Bezug von ALG2 ab 16.10.18: Kein Problem!
Beispiel 2: Kündigung zum 15.09.18, Monatsfrist 16.09.18 - 15.10.18. Bezug von ALG2 ab 17.10.18: Vom 16.09.18 - 16.10.18 müssen selber Beiträge gezahlt werden.
Aber auch hiervon gibt es Ausnahmen: Ist der Kumpel verheiratet oder noch unter 23 Jahre, kann er bei der Ehepartnerin oder den Eltern u.U. kostenfrei mitversichert werden (§ 10 SGB V).
Keine Lust Krankenkassenbeiträge zu zahlen? Geht nicht; im Zweifel muss die GKV von Amts wegen versichern.
Moral der Geschichte:
Der Betroffene soll alle Briefe öffnen, chronologisch auf einen Haufen legen und nachsehen ob es wie viel zahlen muss. Mit der Kasse sprechen, Kassensturz machen. Schuldanerkenntnis unterschreiben und Ratenzahlung vereinbaren.
Schulden bei der GKV sind Schulden bei einer Körperschaft des Öffentlichen Rechts; da kommt schnell der Gerichtsvollzieher. Muss nicht sein.