Guten Morgen,
nachdem ich das Wochenende über den Thread und meine Entgleisung nachgedacht habe, nutze ich jetzt die Gelegenheit und bitte Kiebitz um Entschuldigung für meinen Ton und meine Wortwahl. Dreckschwein geht nicht. Punkt.
Es ist die Summe an mir furchtbar unlieben Kommentaren und seine generelle Stoßrichtung, die mich hat reagieren lassen, wie ich reagiert habe. Kiebitz und ich werden sicherlich keine Plätzchen zusammen backen, aber ich werde damit leben müssen, dass sein Weltbild so rechts und meinem fremd ist, dass Berührungspunkte im Wertesystem sehr, sehr rar sein werden.
Mir ist die sexuelle Ausrichtung meiner Mitmenschen scheißegal, sollen doch alle heiraten und Kinder bekommen/adoptieren, solange sie erwachsen sind und es einvernehmlich geschieht.
Die klasssiche Familie ist für mich nicht schützenswerter als jede andere Gemeinschaft, die den obigen Regeln folgt. Rechte Gewalt halte ich persönlich aktuell für viel, viel gefährlicher als die von links kommende. Das ist nicht nur ein Gefühl, das ist die Erkenntnis aus den letzten Jahrzehnten, in denen rechte Taten weit mehr Todesopfer gefordert haben als linke. Es existiert ein plakatives, aber treffendes Meme dazu, das links Greta Thunberg zeigt und rechts Kyle Rittenhouse. Darüber steht singemäß: Das eine ist 'unsere' (die linke) Jugend, das andere 'ihre' (die rechte).
Ich bevorzuge eine bunte Gesellschaft und halte homogene Kulturen und Nationen für eine romantische Ausgeburt des 19. Jahrhunderts mit einem Höhepunkt in den faschistischen Staaten des 20. Jahrhunderts.
Und so könnte ich noch einige Themen erwähnen, in denen Kiebitz und andere Rechte ein Weltanschauung pflegen, mit der ich nix anfangen kann, die ich für grundfalsch halte.
Ist aber kein Grund, ihn hier Dreckschwein zu nennen.
Und zu guter Letzt ging es ja um Kyle Rittenhouse, den Prozess und seinen Freispruch. Ja, der ist legitim, da er der Rechtsauffassung der USA und dem Staat Wisconsin folgt. Dass die Jury nur diesen einen Weg hätte gehen können, bezweifele ich zwar, aber ein Fehlurteil ist es damit natürlich noch lange nicht.
Was mich so unendlich gestört hat an Kiebitz' Einlassungen, ist dieser Mangel an Empathie, an Leidenschaft, den ich darin wahrzunehmen glaube. Es erscheint mir so grundfalsch, dass ein 17jähriger Halbfascho (siehe sein Umgang mit den Proud Boys und dem Zeigen des White-Power Grußes) quasi als Krawalltourist anreiste und dann das erntet, was er gesät hat: Gewalt und Tod.
Sauer hat mich auch gemacht, dass Du, Kiebitz, dabei so wirkst, als ginge Dich das alles nix an, auch wenn Du es kommentierst. Du verteidigst die Rechtsstaatlichkeit, aber Du windest Dich um eine Aussage herum, ob so ein Urteil in Deinen Augen gut oder schlecht ist. Ganz einfach gut oder schlecht. Sicherlich täusche ich mich, aber es wirkt auf mich, als ob Du mit dem Urteil zufrieden wärest. Mein ganz eigener Eindruck.
Ich hätte mich gefreut, wenn Du den strukturellen und tief verwurzelten Rassismus in den USA auch vor dem Hintergrund des Urteils gegen einen weißen Jugendlichen erwähnt hättest. Kein Farbiger wäre frei aus dem Gerichtssaal gegangen. Nie und nimmer! Kein Farbiger wäre von der Polizei am Abend der Tat so durchgewunken worden, wenn er mit der deutlich sichtbaren Waffe auf die Einsatzwagen zugegangen wäre. Und vor allem wäre keine farbige Miliz mit Wasser versorgt worden, während sie die Ausgangssperre brechend auf Menschen gezielt hätte, die ebenfalls die Ausgangssperre brechend von der Polizei in ihre Arme getrieben wurde.
Das ist alles Irrsinn und hat mit Rechtsstaatlichkeit nur insofern zu tun, als dass die Jury den letzten Akt der Aufführung, nämlich die Gerichtsverhandlung, 'korrekt' beendet hat.
Wenn man aber das Urteil verteidigt, ohne die Umstände zu berücksichtigen, ist man nach meinem Dafürhalten auf dem ultrarechten und rassistischen Auge blind.
Dennoch: Beleidigungen sind fehl am Platz und hätte Stephan mich gesperrt, wäre das absolut in Ordnung und nachvollziehbar gewesen.