Der allgemeine DFB-Thread

  • Um mal vom Spiel gegen Italien den nötigen Abstand zu bekommen.


    Ich habe gestern ein Interview mit dem DFB-Präsidenten Niersbach gesehen, wo er sich klar für Löw ausspricht und vom Denken weg will, wo nur nach Titeln beurteilt wird und nicht die Entwicklung im Vordergrund steht.


    Natürlich finde ich, sollte sich die Nationalelf immer weiterentwickeln, allerdings zählt doch auch bei der Nationalmannschaft das, was am Ende eines Tuniers steht.


    Wir befinden uns doch nicht in einer internationalen Liga, wo man sich bei Platz 3 oder 4 für sonstwas qualifiziert, es geht um den Titel, den Tuniersieg.


    Vllt. hat Tobias mein Posting in Bezug auf die Kopfhörer der Spieler auch nicht so verstanden wie ich das eigentlich meinte, aber, am Ende bleibt doch das Problem stehen, worum es bei der ganzen Sache geht. Den Pokal gewinnen. Ob da am Ende 14 oder 15 Siege vorher waren.


    Eine Bundesligamannschaft ist eine Mannschaft im Ligabetrieb, die Nationalmannschaft ist ein All-Star-Team, da geht es nicht um das Tagesgeschäft und um wtf-ever.


    Es sind jetzt halt 3 (4) Spiele unter Löw, wo der letzte Schritt fehlte. Wo ist also der Anspruch? Reicht es immer unter die letzten Vier zu kommen, will man am Ende noch 2, evtl. 4 Jahre Löw geben um darauf zu hoffen das es reicht?


    Das ist am Ende keine Frage des mangelnden Respekts gegenüber Löw oder der Nationalspieler, sondern was der eigene Anspruch ist.


    Unfair finde ich es, den Spielern jetzt einen Vorwurf daraus zu machen, vom EM-Titel gesprochen zu haben.


    Sollte es aber nicht mehr Anspruch des DFBs sein, so ein Tunier zu gewinnen, sondern nur eine Entwicklung der Spieler zu sehen, sollte das auch so kommuniziert werden.

  • Seh ich genauso, also dass wir einen anderen Nationaltrainer brauchen (Kloppo oder Sammer fielen mir ein), aber wenn man das kommuniziert, gilt man ja gleich als DER Verräter. Natürlich hat Löw riesige Verdienste für ganz Fußball-Schland, er hat mit Klinsi die verkrusteten DFB-Strukturen aufgebrochen und die Dinge modernisiert. Aber leider reicht es mit ihm nicht zum letzten Schritt, sprich Titel. Ma eben ein bisschen Spanien und den FC Barcelona kopieren reicht vielleicht gegen Kasachstan und Aserbaidschan und Griechenland und desolate Holländer, aber eben nicht, wenn im entscheidenden Moment den Spielern die Rückbesinnung auf "deutsche Tugenden" abhanden gekommen is, bzw. abtrainiert wurde.


    Und das mit DIESER güldenen Generation. Es is zum Verzweifeln :(

    Einmal editiert, zuletzt von RenHoek96 ()

  • Kennt jemand von Euch den Namen Helmut Schön? Helmut Schön war von 1964 bis 1978 Nationaltrainer. Der hat auch bis 1972 gebraucht, bis es den ersten Titel gab, obwohl er vorher nicht gerade mit Trümmertruppen an den Start gegangen ist. Vize-Weltmeister 1966, WM-Dritter 1970 (auch gegen Italien verloren), 1968 sogar die Quali zur EM verpasst. Man kann die Zeiten natürlich nur bedingt vergleichen, aber:


    Manchmal braucht man Geduld. Und zwar mehr Geduld als nur sechs Jahre. Die anderen entwickeln sich auch weiter. Deshalb halte ich ehrich gesagt nichts davon, alles an einer Niederlage festzumachen, bei der die Gegentore aus individuellen Fehlern und nicht aus totalen taktischen Fehlentscheidungen entstanden sind (bei einer im Übrigen rational nachvollziehbaren Aufstellung). Diese Mannschaft hat vor zwei Jahren Argentinien mit 4:0 weggefegt, sie hat allein dieses Jahr zwei Mal die Holländer geschlagen -- und zwar beide Male überzeugend. Die "desolaten" Niederlande sind mit voller Punktzahl durch die Quali marschiert, nur mal so als Erinnerung. Nun kommen bei den Deutschen weitere starke Spieler hinzu. Warum soll man da den Trainer austauschen?


    Und RenHoek, Du schreibst mal wieder Mist, oder Du wiederholst einfach das übliche oberflächliche Geseiere, das man in "Doppelpass", "Bild" und anderen Organen zu lesen/hören bekommt. Löw kopiert keineswegs Barcelona oder Spanien. Deutschland hat kein Tiki-Taka gespielt, das tut ja noch nicht mal Spanien wirklich. Ich habe auch keine Dreierkette gesehen, auch kein -- übrigens sinnvolles! -- 4-6-0, und könnte noch weitere Punkte nennen, die gegen diese oberflächliche Analyse sprechen. Ganz abgesehen davon, dass das Kurzpassspiel in den letzten 120 Jahren (!) immer wieder in veränderter Form aufgetaucht ist und zeitweise ziemlich effektiv war. Falls Dir schottisches Kurzpasspiel, Scheiberln, Schalker Kreisel, One-Touch-Football usw. was sagen sollten, weißt Du, was ich meine. Löws System und Taktik bedienen sich an vielen Stellen, sie sind außerdem flexibel und variabel. Also erklär mir doch mal bitte mit ein paar Beispielen, wo das eine Kopie der spanischen Nationalmannschaft ist.


    Die Chancen gegen Italien zeigen im Übrigen, dass die Sache auch ohne Weiteres hätte aufgehen können. Ich sehe das Problem eher darin, dass zwei Schlüsselspieler, nämlich Schweinsteiger und Podolski, nicht hundertprozentig fit bzw. leistungsfähig waren. Und ich sehe nicht, dass das Festhalten an solchen Führungsspielern trotz Formschwäche ein höheres Risiko ist, als es radikal mit unerfahrenen Spielern zu versuchen. Beckenbauer hätte der Schön in so einem Fall wohl auch nicht auf die Bank gesetzt.


    Ich würde auch gerne erklärt bekommen, welche "deutschen Tugenden" denn nun fehlen. Kampfgeist, Einsatzwille, Laufbereitschaft können es eigentlich nicht sein, die habe ich nämlich auch gegen Italien gesehen -- allerdings hatte Italien diese Tugenden auch (und hatte sie schon immer). Bei diesem ganzen Gelaber rund um "Tugenden" kann ich mir folglich eigentlich nur an den Kopf fassen. Weil es einfach nur Blödsinn ist, der immer dann kommt, wenn man die viel komplexeren Zusammenhänge nicht kapiert (oder sich die Mühe nicht machen will, sie zu kapieren).


    Zum Schluss müsstest Du mir mal erklären, was Sammer denn so auszeichnet, dass er es besser machen kann als Löw. Klopp kann ich mir vorstellen, der wird aber kaum zu kriegen sein.

  • Speziell für dieses Turnier (aber auch im Allgemeinen) sollte man einfach mal in Ruhe analysieren, ob die deutsche Mannschaft auf allen Positionen wirklich so hervorragend besetzt ist, dass man einen Titel holen muss. Das ist für mich nämlich nicht der Fall.


    Im Tor braucht man nicht zu diskutieren, da hatte und haben wir keine Probleme, auch wenn Neuer mal ausfallen sollte. In der Abwehr sieht das schon ein bisschen anders aus. Die Innenverteidiger sind gut aber nun auch nicht überragend besetzt, aussen sieht es neben Lahm schon relativ finster aus. Mehr als solide (Not-)Lösungen haben wir da eigentlich nicht zu bieten.


    Das Mittelfeld ist im Normalfall hervorragend besetzt, wenn dann aber aus verschiedenen Gründen (langwierige Verletzungen oder generelles Formtief) Spieler wie Schweinsteiger, Müller oder Podolski (und als echte Alternative auch Götze) nicht in Form sind, wird es schon deutlich dünner. Jemand wie Schürrle muss für mich seine internationale Klasse beispielsweise auch erst mal nachweisen.


    Und im Sturm haben wir mit Gomez und Klose sicher sehr gute Leute, nur wirkt Gomez in dieser Mannschaft halt doch oft wie ein Fremdkörper und Klose war auch leider länger verletzt und wird auch nicht jünger. Echte Alternativen zu den beiden sind für mich aktuell nicht in Sicht.


    Unter diesen Umständen wurde aus meiner Sicht ein gutes Turnier gespielt, im Halbfinale wurden dann taktische und auch persönliche Fehler gemacht und man ist an einer an diesem Tage etwas besseren Mannschaft gescheitert. Das mit der Taktik muss sich sicherlich der Trainer ankreiden lassen, da ist halt sein Plan einmal nicht aufgegangen, wobei natürlich auch niemand weiss, ob es mit einer anderen Taktik besser gelaufen wäre. Und natürlich hätte es, mit etwas Glück, auch mit dieser Taktik klappen können. Das kann nun kein Grund sein, alles in Frage zu stellen.


    Und bei den beiden Turnieren vorher ist man halt an der jeweils besten Mannschaft gescheitert, es kann nun mal immer nur eine Mannschaft den Titel holen. Und Spaniens Generation ist anscheinend noch goldener als es unsere...


  • Manchmal braucht man Geduld. Und zwar mehr Geduld als nur sechs Jahre. Die anderen entwickeln sich auch weiter. Deshalb halte ich ehrich gesagt nichts davon, alles an einer Niederlage festzumachen, bei der die Gegentore aus individuellen Fehlern und nicht aus totalen taktischen Fehlentscheidungen entstanden sind (bei einer im Übrigen rational nachvollziehbaren Aufstellung). Diese Mannschaft hat vor zwei Jahren Argentinien mit 4:0 weggefegt, sie hat allein dieses Jahr zwei Mal die Holländer geschlagen -- und zwar beide Male überzeugend. Die "desolaten" Niederlande sind mit voller Punktzahl durch die Quali marschiert, nur mal so als Erinnerung. Nun kommen bei den Deutschen weitere starke Spieler hinzu. Warum soll man da den Trainer austauschen?


    http://www.fussballdaten.de/em…pee/schweden-niederlande/

  • Ohne mich in den persönlichen Streit der beiden user einmischen zu wollen - den Beitrag von Mr.Mo in der Sache empfinde ich in der Sache sehr wohltuend nach den künstlichen Aufregungen der letzten Tage, insbesondere der Medien.
    Der Punktverlust gg. Schweden, o.k., das war das Ende der Quali der Holländer nach zuvor ähnlich souveräner Quali wie die der deutschen Elf. Sie wurden als einer der Favoriten der EM gehandelt und sahen sich auch so. Das war kein Fallobst trotz dreier verlorener Spiele.
    Der Vergleich Mr.Mos mit Beckenbauer hinkt ein wenig deshalb, weil der bis zu seiner US-Zeit (Kunstrasen) so gut wie nie verletzt war (Schweini) und auch nie einen Abstieg (Poldi) verarbeiten musste. Im Verein hat der jedes Jahr zwischen 1966 und 1976 irgendwas gewonnen, Ausnahmen 1968 und 1970. Und er war etwa ab 197o für Deutschland nahezu unverzichtbar, das sind die beiden nicht. Insofern teile ich die Auffassung derer zwar, die kritisieren, an ihnen festgehalten zu haben, gebe aber zu bedenken, dass der Aufschrei von Blöd und anderen noch greller gewesen wäre, wenn es ohne sie gg. die Blauen auch schiefgegangen wäre, was keineswegs auszuschließen ist.

  • Deine Diskussions-Kultur ist unter aller Sau, mit so jemandem wie dir diskutiere ich nicht ~ignore~


    Wenn Du wenigstens eine Kultur zeigen würdest (ob Du sie hast, kann ich nicht beurteilen).... aber lassen wir das. Dann hättest Du Dir ja mal Gedanken über meine Gegenargumentation machen müssen. Ich habe Dir nämlich ziemlich genau aufgezeigt, weshalb Deine Meinung aus meiner Sicht Mist ist. Dass ich solche Attribute hier eher selten verwende, sollte Dir eigentlich bekannt sein. Du kloppst hier aber ständig Sachen raus, bei denen ich mich echt frage, ob Du vorher wirklich nachdenkst. Ich habe im Zusammenhang mit Wutbürgern mal versucht, Dir dazu einen netten Wink zu geben. Ist offenbar nicht angekommen. Wunder Dich also auch in Zukunft nicht, wenn sich viele User schwer tun, Deine Postings ernst zu nehmen.



    Ja, Danke für die Klarstellung. Da es trotzdem souverän war und die Niederlage im letzten Spiel war, ändert es nichts an der Grundaussage, dass es zu kurz greift, diese Mannschaft einfach als "desolat" abzuqualifizieren.

  • @ Mr.Mo:


    Ja, ich kenne Helmut Schön. Und ich habe die Entwicklung der Nationalmannschaft ab 1966 als Kind und Fan der Nationalmannschaft verfolgt. Insofern weiß ich aus eigenem Erleben, wie die Nationalmannschaft damals empfunden wurde.


    Ein Vergleich zu früher ist aus verschiedenen Gründen problematisch, aber wenn man sich darauf einläßt, so einen Vergleich anszutellen, dann gibt es doch gravierende Unterschiede zu heute.


    Ein Unterschied ist, dass die damalige Mannschaft in der Lage war, Rückstände auszugleichen und Spiele zu drehen. Ich erinnere da an die WM 70 und die Spiele gegen England und auch Italien - selbst wenn dieses Spiel noch verlorenging. Ich habe große Zweifel, dass die heutige Truppe zu solchen Kraftakten in der Lage ist. Um das herauszufinden, muss es natürlich erst einmal versucht werden. Es hilft dabei nicht, wenn diverse Spieler - wie in dem aktuellen Italien-Spiel - einfach mal stehen bleiben, wenn sie meinten, gefoult worden zu sein und der Schiri nicht pfiff. Du fragst also, welche "deutsche Tugend" fehlt. Die Antwort: "Kampfmoral". Denn auch früher kam es vor, dass man 2:0 hinten lag, aber damals hatte man immer das Gefühl, dass noch etwas ginge. Ähnlich wie im Italien-Spiel nach dem Elfmeter.


    Deshalb sind diese beiden Patzer gegen Italien, die zu den Gegentoren führten und auch die nicht geglückten Abschlüsse in der Anfangsphase nicht das wirkliche Problem. Das gab es schon immer und natürlich wäre das Spiel ganz anders verlaufen, wenn diese Dinge anders gelöst worden wären. Wir brauchen m.E. auch nicht darüber zu reden, dass Italien am Donnerstag stärker war und verdient gewonnen hat. Aber man sollte darüber reden, warum in der Vergangenheit deutsche Nationalmannschaften trotz spielerischer und taktischer Unterlegenheit Spiele gewonnen haben, die sie hätten vom Papier her eigentlich nicht gewinnen dürfen. Das war durchaus nicht nur Glück.


    Wenn du die Amtszeit von Schön erwähnst, dann war ab 1966 eine positive Entwicklung zu sehen. Die verpaßte EM Quali 1968 war übrigens ein Produkt von Überheblichkeit, ja das gab es damals schon. Man glaubte, Albanien mal eben so schlagen zu können. ( Dieses Spiel werde ich nicht vergessen und das ist auch ein Grund, warum ich vor dem aktuellen Griechenland-Spiel gewarnt hatte ). Aber danach ging es mit der DFB-Elf aufwärts.


    Bei Löw kann ich eine positive Entwicklung so nicht sehen. Man sagte zwar, diese Mannschaft nun reifer als 2010 wäre, aber davon habe ich nichts gesehen. Der von dir zitierte Sieg gegen Argentinien und auch das tolle Spiel gegen England waren vor 2 Jahren. Wo hat sich die Mannschaft jetzt weiterentwickelt ?


    Und genau hier muss man m.E. ansetzen: Schafft es Löw wirklich, diese Mannschaft, die schon ein sehr hohes Niveau hat, weiterzuentwickeln. Oder reichen Löws Methoden nur dazu, den Status Quo zu halten ?


    Ich bin gegen einen Trainerwechsel. Aber ich meine, dass es auch nicht so weitergehen kann. Immer dieses "Wir haben eine super Mannschaft", "Wir sind reif für den Titel", "Hat nicht gereicht, aber in 2 Jahren bei der nächsten WM/EM werden wir ganz vorne sein" muss endlich mal einen Gang zurückgeschaltet werden. Es muss ein Plan her, wie man sich weiter verbessern kann. Dieser Plan kann nicht heißen "Wir machen einfach so weiter, denn das Ausscheiden gegen Italien lag nur an der Formkrise von Schweinsteiger und Podolski und 2 dummen Abwehrfehlern". Das ist mir einfach zu dünn.


    Nochmal zurück zu Löw. Ich halte ihn für eine sehr gute Besetzung. Aber ich gehöre auch nicht zu der Kopfhörer-Haareschön-Generation mit der Easy-Living-Attüde. Und Löw, glaube ich, auch nicht. Vielleicht brauchen diese Spielertypen eher so einen Freak wie Klopp als einen ernsthaften Trainer, Analytiker und Taktiker wie Löw. Ein Trainer, der sie nicht so in ein taktisches Konzept zwingt, dass nach meinem Empfinden manchmal wie ein zu enges Korsett wirkt und die individuellen Fähigkeiten von den Spielern einschränkt. Sammer ist jedenfalls nicht der richtige. Ich schreibe jetzt einen Namen, wo ich wieder Prügel bekomme: Ich könnte mir da schon eher Thomas Doll vorstellen.

  • Kai, ich habe ja bewusst geschrieben, dass der Vergleich nur bedingt sinnvoll ist (außerdem zielte mein Posting ja v.a. in Richtung derjenigen, die wie RenHoek unqualifiziert alles schlecht machen). Offensichtlich sollte man sich auch von mehreren Rückschlägen nicht entmutigen lassen, sonst wäre Deutschland 1972 vielleicht von Max Merkel trainiert worden und dann wahrscheinlich nicht Europameister geworden. Max Merkel und so intelligente Freigeister wie Beckenbauer, Netzer, Hoeneß und Breitner, das will ich mir gar nicht vorstellen. Spekulativ, aber ich glaube, dass es so gekommen wäre. Mir geht es eher um die Geduld, die man haben muss -- nach der WM 1962 musste auch neu aufgebaut werden, und es hat dann zehn Jahre gedauert, bis ein Titel kam. Zum Glück hat sich der DFB damals nicht von der Meinung der "Bild" beeinflussen lassen.


    Verbesserungspotenzial sehe ich bei der aktuellen Mannschaft auch. Keine Frage. Allerdings auch Hoffnung, die sich auf die nachrückenden Spieler stützt. Jetzt werden Leute wie Götze, Gündogan, die Bender-Zwillinge usw. an die Mannschaft herangeführt; Hummels wird zur Konstante werden usw. Und trotzdem sollte man immer im Kopf behalten, dass die Weiterentwicklung auch bei Spanien, Italien, den Holländern, Brasilien, Argentinien, evtl. Frankreich, Portugal und Russland und vielleicht noch anderswo stattfindet. Die sind alle gut und jederzeit in der Lage, sich gegenseitig zu schlagen. Fußball ist nur bedingt planbar. Es gibt ja immer noch einen Gegner, der eben nur bedingt ausrechenbar ist. Damit muss man sich abfinden.


    Auch Kampfgeist sehe ich übrigens, aber Rückstände gegen die ganz Starken sind auch früher schwer zu drehen gewesen. Kampf alleine reicht dafür auch nicht, weil die anderen mit Kampf dagegen halten. Die Truppe ist in der Lage, Spiele umzudrehen, aber Italien hat es z.B. einfach extrem schwer gemacht und geschickt agiert.


    Ich glaube dennoch, dass sich die Mannschaft weiterentwickelt. Das war zwischen 2006 und 2010 sehr klar erkennbar; und die Quali 2010-11 hat es auch gezeigt. Ich glaube schon, dass vieles daran hing, dass beim Turnier selbst bestimmte Parameter nicht stimmten: Mit Schweinsteiger und Podolski waren wie gesagt Stützen außer Form, bestimmte Positionen sind sicherlich (noch) nicht optimal besetzt, wenn es gegen die ganz starken Gegner geht; auch wenn selbst eine optimale Besetzung nicht vor Niederlagen schützt und umgekehrt dennoch Erfolge möglich sind. Dass Italien einfach in bestechender Verfassung ist, und das auch noch ohne die früheren negativen Tugenden, da sind wir uns ja sowieso einig.

    Einmal editiert, zuletzt von Mr. Mo ()

  • Auch Kampfgeist sehe ich übrigens


    Nur ein Beispiel, das mir spontan einfällt: Pirlo bekommt im Mittelkreis den Ball, dreht sich und geht ein paar Meter Richtung eigenes Tor, dreht sich und leitet dann die Vorarbeit für das Tor ein. Ca. 3 Meter hinter der Mittellinie stehen 3 (!) deutsche Spieler und gucken zu, bewegen sich nicht. In diesem Fall hätte Kampf für mich bedeutet, dass mindestens einer auf Pirlo zugelaufen wäre, als er sich umgedreht hatte. Dazu wäre ein Sprint von ca 8 Metern nötig gewesen. Als ich diese Szene live sah, dachte ich: "Habe die die Anweisung, erst nach der Mittellinie anzugreifen und haben sich schon mal hingestellt?". Da wußte ich noch nicht, dass da ein Tor draus entsteht.


    Oftmals sind es Kleinigkeiten, die den Unterschied ausmachen oder die Frage beantworten "Haben sie Kampfgeist/Kampfmoral?" Dazu gehört auch dieses frustrierte Stehenbleiben nach nicht erfolgten Schiri-Pfiff.


    Das Gegenbeispiel: In den ersten 10 Minuten er HZ I, in den ersten 5 Minuten er HZ II und ab der 90. Minuten haben sie gefightet. Dadurch verlor Italien den Überblick und es entstanden die Chancen. Ich bin sicher, dass auch gegen das starke Italien mehr drin gewesen wäre, wenn sie diesen Druck früher aufgebaut hätten und weniger mit Taktik, sondern mehr mit unbedingten Torwillen zu Werke gegangen wären.

  • Quelle: Kürten, Dieter (Hg.), Fußball EM '88 in Deutschland, Köln: Naumann & Göbel, 1988, S. 148-151. (Rückblicke auf die Europameisterschaften 1968 und 1972)


    Schlagzeile nach dem Quali-Aus 1968: "Jetzt lasst doch mal den Merkel ran."
    Nach dem 1:1 beim Quali-Auftakt gegen die Türkei 1970 wurde ebenfalls die Ablösung von Schön gefordert.


    Kai, die Szene vor dem 0:1 habe ich eher als taktisches Fehlverhalten gesehen und weniger als mangelnden Kampfgeist. Einer von den dreien muss Pirlo angreifen. Auch sonst hatte ich schon das Gefühl, das sie wollten. Es zeichnet einen starken Gegner aber natürlich auch aus, dass er durch geschicktes Spiel die anderen frustriert.

    Einmal editiert, zuletzt von Mr. Mo ()

  • Eben: Früher - um da noch einmal darauf zurückzukommen - haben sie sich nach meiner Erinnerung nicht so deutlich sichtbar frustrieren lassen. Da war ein Stück mehr Gift drin, das sich nicht durch Fouls zeigte, sondern durch nachsetzen, rennen, drücken und grätschen.