Rechtliche Fragen

  • Ich brauche bitte euer Schwarmwissen:


    Ich frage für einen Freund:


    nach einer - seiner Meinung nach- unbegründeten Kündigung ohne Sachgrund 3 Monate vor dem eigentlichen Ende des befristeten Arbeitsvertrages hat der Deliquent Kündigungsschutzklage eingereicht. Er hat aber nicht auf Wiedereinstellung geklagt, sondern nur auf das Gehalt bis zum vertraglich vereinbarten Zeitpunkt bis 31.11.2019.

    Jetzt hat sich 1 Woche vor dem Gütetermin sein ehemaliger Arbeitgeber per Telefon gemeldet und ihm ein Angebot gemacht: 1 Monatsgehalt als Abfindung (nach 1,8 Jahren Arbeit.)


    Nun hat er aber im September selbst ein eigenes schon erfolgreiches Unternehmen gegründet. Dies ist auch der Agentur für Arbeit bekannt und wird durch einen Gründungszuschuss gefördert. Natürlich hat er selbst auch alte Kunden des AG kontaktiert und versucht diese für sein neues Unternehmen zu gewinnen; meistens erfolgreich. Das hat der Arbeitgeber natürlich gemerkt und "droht" ihm ihn zu verklagen. Im Arbeitsvertrag steht eine Wettbewerbsklausel nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses angeblich nicht.


    Bei dem Anruf hat sein ehemaliger AG angekündigt, dass er ihn -wenn er das Angebot nicht annehmen bis Ende November "weiter beschäftigen" wird. (oh...eine Nötigung ?)


    Muss er dann sein jetziges Unternehmen schließen; kann er es bis zum finalem Schluss zum 31.11. weiterlaufen lassen und auch Angebote bearbeiten oder war das "Abfindungsangebot" nur eine Platzpatrone zum erschrecken ?

    Das Gewerbe in dem sich der AN und AG bewegen ist dasselbe/das gleiche.


    Ich meine, der hat das Angebot gemacht, weil der AG das Bruttogehalt des Freundes als Streitwert prozentual anteilig an den Anwalt zahlen muss; egal ob der AG gewinnt oder verliert.

    Meiner Meinung nach muss der AG noch 3 Monate das Gehalt bezahlen.


    Achso und fireraven: Alles Gute zum neuen Job; auch wenn der Bär noch nicht erlegt ist; ziehe ihm das Fell runter.:)

  • Puh.


    Ich bin kein Anwalt. Aber zwei Gedanken dazu, trotzdem:


    1. Auf Weiterbeschäftigung kann der AG vermutlich nicht bestehen.


    Auch wenn eine Kündigung unrechtmäßig ist und diese Unrechtmäßigkeit von Gericht festgestellt wird, kommt es idR nicht zu einer Weiterbeschäftigung. Dies wird damit begründet, dass durch einen solchen Streit das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zerrüttet und somit eine Weiterbeschäftigung nicht möglich ist.


    Ich kenne diese Argumentation aber nur quasi andersrum: Nach verlorenem Verfahren verweigert der Arbeitgeber trotzdem die Weiterbeschäftigung mit Hinweis auf das zerrüttete Vertrauensverhältnis, deswegen gibt es dann Abfindung. Aber vom Prinzip her müsste das auch andersrum gelten, d.h.: Dein Freund müsste meinem Verständnis nach eigentlich argumentieren können, dass eine Weiterbeschäftigung in jedem Fall unzumutbar ist, weil das Vertrauensverhältnis durch diese Kündigung bzw. den Rechtsstreit zerstört ist. Man müsste aber einen Arbeitsrechtler fragen, welche Voraussetzungen genau dafür erfüllt sein müssen.


    2. Abfindungshöhe: Will nur anmerken, dass ich aufgrund der Fälle, mit denen ich auf die ein oder andere Art Bekanntschaft gemacht habe (alles en passent, war nie in sowas involviert) nicht realistisch erwarten würde, in so einem Fall 3 Monatsgehälter voll zu bekommen. Um das zu begründen, müsste ich jetzt aber die Einzelfälle erläutern und selbst dann würde es laienhaftes Stückwerk bleiben, deswegen mache ich das nicht. Dennoch habe ich ein paar Fälle mitbekommen und würde empfehlen, sich nicht darauf zu versteifen. Unter Umständen könnte man den AG auf 1,5 oder 2 Monate verhandeln.


    EDIT: Um das deutlich auf den Punkt zu bringen: Nach meinem Rechtsempfinden hätte Dein Freund - wenn die Kündigung wirklich unrechtmäßig ist - Anspruch auf 3 Monate, nach meiner Erfahrung aber bin ich äußerst skeptisch, dass das durchzusetzen wäre und würde mich deshalb nicht darauf versteifen. /EDIT


    Aber am wichtigsten: Wenn Dein Freund klagt, hat er doch wohl hoffentlich einen Arbeitsrechtler? Den sollte er fragen. Wenn er keinen hat, braucht er meines Erachtens unbedingt einen.

    2 Mal editiert, zuletzt von ExilRoter ()

  • Wenn er bereits selbstständig ist, kann ihn der AG doch nicht einfach wieder „einstellen“, da das sicherlich im Vertrag geregelt ist, nicht nebenbei noch voll anderweitig zu arbeiten.


    Die Kündigung selbst ist ja ausgesprochen, also ist er ja eigentlich nicht mehr dort beschäftigt?

  • Es ist ja nun leider doch etwas komplexer als der Blickwinkel mit tollen Leuten in einer wunderschönen Kultur arbeiten zu können. Zu einem erfüllten Berufsleben gehört da schon mehr

    Mich interessiert das wirklich. Was ist es denn? Easterlin hat uns ja gezeigt, dass es zumindest Geld nicht sein kann.

  • Es ist ja nun leider doch etwas komplexer als der Blickwinkel mit tollen Leuten in einer wunderschönen Kultur arbeiten zu können. Zu einem erfüllten Berufsleben gehört da schon mehr

    Mich interessiert das wirklich. Was ist es denn? Easterlin hat uns ja gezeigt, dass es zumindest Geld nicht sein kann.

    Okay sorry, habe deinen Post dann falsch aufgenommen, sonst hätte ich früher ausführlicher geantwortet.


    Ich bin seit langem nicht mehr ausgelastet, weder vom reinen Arbeitsaufkommen (womit ich mich vielleicht noch arrangieren könnte) noch vom inhaltlichen Anspruch. Ich bin thematisch aktuell auf zwei Geschäftsbereiche die ich aus IT Sicht betreue eingeschränkt und habe das Gefühl, dass ich die Bereiche durchgespielt habe. Die Themen und Anforderungen kitzeln mich nicht mehr und ich fühle mich oft gelangweilt.

    Dazu kommt, dass ich zusätzlich zu der Produktverantwortung gerne methodischer arbeiten möchte.


    Beides kann mir mein aktueller Arbeitgeber nicht bieten, da haben wir auch zig Gespräche zu geführt. Auch da wieder alles sehr transparent, offen und am Ende für beide leider mit dem Ergebnis, dass sie meine Bedürfnisse nicht erfüllen können.

  • Danke für Deine Gedanken. Der Gütetermin soll am 29.10 stattfinden. Wenn es recht ist, informiere ich Dich.

  • ExilRoter

    PM1896


    nochmals danke für Euren Kommentar, leider haben sich die Profijuristen in diesem Forum zurückgehalten mit Einschätzungen; liegt evtl. an meiner noch nicht vorhandenen Reputation als User in diesem Forum. :)


    Meine finale Einschätzung war:


    Da der Arbeitgeber zum 31.08.2019 gekündigt hat und kein Wettbewerbsverbot vereinbart worden war, konnte mein Freund sich ab dem 01.09.2019 auch an die Kunden des Arbeitgebers wenden und für diese tätig werden, ohne dass ihm Konsequenzen drohten.

    Als Spiegelbild war es aber auch sehr unwahrscheinlich, dass er im Gütetermin - trotz Aufnahme einer konkurrierenden selbständigen Tätigkeit im September 2019 - eine Abfindung in Höhe von 3 Bruttomonatsgehältern aushandeln hätte können, da er zu Ende September bereits unternehmerisch in der Branche des Arbeitgebers tätig wurde.

    M.E. war daher eine Einigung mit 1 Bruttomonatsgehalt, evtl. einer Ausfallentschädigung für die Nichtnutzbarkeit des Pkw ab dem 09.08.-31.08.2019 und mit Festlegungen bzgl. des Zeugnisses wohlwollend und gut. Das Zeugnis wäre üblicherweise innerhalb von 2 Wochen nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und nach einer Aufforderung meines Freundes an den Arbeitgeber auszuhändigen gewesen und sollte es im Falle einer Einigung meinem Freund innerhalb 2 Wochen zuzugehen.

    Das in der Kündigung erwähnte wohlwollendes zeitnahes Zeugnis heißt 2 Wochen nach Beendigung der Tätigkeit und nicht 2 Monate. Wohlwollend heißt i.Ü nicht zwingend gut, sondern darf keine versteckten Klauseln enthalten.


    Das ist nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern mühsam erlesen und notiert.

    So, gestern Termin:


    - 1,5 Monatsgehälter als Abfindung

    - Kündigung zum 31.08.

    - Ein berufsförderndes gutes Zeugnis mit netten und persönlichen Grussformeln


    Nette Anekdoten am Rande, die Anwesenheit der Schulklasse fand den letzten Termin am Tag ziemlich aufregend; mehr als die "dröge" Verhandlungen vorher.

    Unlustig fand die Vorsitzende Richterin das unentschuldigte Nichterscheinen des Beklagten trotz Ladung...er war angeblich im Urlaub. :kichern:


    Steitwert: 35.000 Euro


    Kein Einwand/Einspruch zugelassen. Punkt

  • nochmals danke für Euren Kommentar, leider haben sich die Profijuristen in diesem Forum zurückgehalten mit Einschätzungen; liegt evtl. an meiner noch nicht vorhandenen Reputation als User in diesem Forum. :)

    Ich bin mir ziemlich sicher, dass es nicht an mangelnder Reputation liegt, sondern ganz einfach an der momentan eingeschränkten bzw. nicht vorhandenen Aktivität der hier registrierten Juristen.

  • Richtig, bjk.

    Aber in dem Fall - ich habe ihn überflogen - auch daran, dass das nicht einfach nur mal ein kurzes rausgerotztes Statement verlangt, sondern bereits einigermaßen anspruchsvolle anwaltliche Arbeit, im Hinblick auf die rechtliche Seite, aber auch im Hinblick auf die konkrete Beratung eines Mandanten in seiner individuellen Situation.


    Das Forum ist nicht dafür da, komplette Fälle zu begleiten und zu lösen. Erst recht nicht, wenn es nur um den Freund eines Users geht.

    Insofern hat Exil völlig recht, Dein Freund sollte einen Anwalt haben. Der übrigens davon lebt, solche Angelegenheiten zu bearbeiten. Auch das kann ein Grund für die Juristen hier im Forum sein, gar nicht erst in eine Erörterung einzusteigen.

  • Hat denn der Freund mit meiner Hobby Juristerei das Maximum rausgeholt ? Eine komplette Erörterung mit Schluss Plädoyer hatte ich nicht erwartet. 3 kurze Sätze hätten es getan.


    Z.b.

    3 Monate Abfindung...nein, Höchstens 1-2 Monate

    Entschädigung fürs Auto Zahlung nein....

    Zeugnis...gut wohlwollend...in jedem Fall durchsetzbar

    Viel Glück....


    Aber ich verstehe es, wenn man das nicht möchte. Da hat jeder seinen eigenen Beratungsansatz. Alles ok, Hede.

  • Ganz so einfach ist es aber nicht. Richter haben Spielräume, beim Urteil und auch bei der Gewichtung von Sachverhalten und Argumenten. Kein Verfahren läuft nach Schema F. Es kann auch sein, dass Dein Freund einfach das Glück hatte, an eine verständnisvolle Richterin zu geraten


    Genau deswegen findest Du hier auch maximal eine erste Einschätzung, worauf es ankommen wird und auf was man achten sollte -- und ob man sich dafür besser einen Anwalt nimmt. Und im Übrigen bekommen auch langjährige User hier nicht immer Antworten von den Juristen, die (in ihrer Freizeit) im Forum unterwegs sind.

  • Danke für deine Einschätzung; es war bekannt, das die Vorsitzende sehr Arbeitnehmerfreundlich ist. Sie hat aber klare Kante bei dem Vergleichsversuch gezeigt; nach dem Motto....also bisher geht es. Sei vorsichtig lieber Kläger....da hat der Kläger gemeint, er nimmt den relativ gesunden Spatz. Zumal der nächste kammertermin erst im jan feb. 2020 ff. möglich gewesen wäre; ich hab ihm dann geraten, das ätzende Kapitel abzuschließen.

  • Ich brauche mal eine rechtliche Info. Habe gerade in einem Onlineshop ein Produkt für 260€ gesehen, welches normalerweise knapp 2000€ kostet. Alle anderen Produkte in dem Shop haben einen normalen Preis. Ich ahnte einen Fehler hab aber trotzdem mal bestellt und per paypal bezahlt. Habe per email Bestellbestätigung mit allen Daten bekommen und das Geld ging auch von paypal rüber. Halbe Stunde später kam eine Email vom Shop, gäbe ein Fehler in deren System und sie würden den Auftrag stornieren, Geld kommt zurück.


    Ist das so rechtens oder kann ich auf den Handel bestehen?

  • In den AGBs steht „

    Alle Angebote nur solange Vorrat reicht. Die Preisangaben gelten ab Erscheinen, frühere Angebote werden unwirksam. Irrtum und Satzfehler vorbehalten.


    Mehr konnte ich dazu nicht finden.


    Ich würde es jetzt auch nicht durchkämpfen wenn das ein kleiner inhabergeführter Einmann Onlineshop ist. Weiß ich aber nicht, könnte auch große Firma sein.