HAZ: Die Mängelliste ist noch immer lang

  • Die Mängelliste ist noch immer lang


    Beim 3:0-Pokalerfolg kann Hannover 96 nicht überzeugen.


    Von Jörg Grußendorf
    Neumünster. Abhaken. Ganz schnell abhaken. Die Pokalpflicht ist erledigt, also warum noch lange darüber nachdenken? Der 3:0-Erfolg von Hannover 96 beim Oberligisten VfR Neumünster liest sich deutlich. Er war es im Endeffekt auch, denn gefährdet war das Weiterkommen nie. Die nächste Runde ist erreicht, also was soll’s, auch wenn mit dem FC Energie Cottbus nicht gerade der Lieblingsgegner wartet. Die Spieler von Hannover 96 würden deshalb gern umgehend zur Tagesordnung übergehen, die da Bundesliga-Alltag heißt. Weil ja in den Punktspielen ohnehin alles ganz anders läuft.
    Das stimmt normalerweise, und doch kann nach diesen 90 Pokalminuten niemand ernsthaft optimistisch in die nähere Zukunft blicken. Viele, zu viele Fragen hat dieser alles in allem misslungene Auftritt im beschaulichen VfR-Stadion aufgeworfen. 96 hat drei Tore geschossen, dem Gegner nur einmal eine Großchance erlaubt (Dariusz Zuraw rettete auf der Line, 57. Minute). Aber sonst? Es lag mit Sicherheit nicht an der Stärke des Bundesligisten, dass diese Partie ziemlich einseitig verlief. Vielmehr hatte der VfR wenig entgegenzusetzen. Der Oberligist war in seinen Mitteln recht beschränkt.
    Die Hannoveraner waren jedoch nicht in der Lage, diese Schwächen auszunutzen. Es traten wieder genau die Mängel zu Tage, die auch schon in etlichen Testspielen in der Vorbereitungszeit aufgetaucht waren: Spielerisch und in der Offensive stimmt es überhaupt nicht. Defensivspezialisten wie Michael Tarnat und Steve Cherundolo mussten die wichtigen Tore schießen. Erst als es um nichts mehr ging, traf mit Daniel Stendel ein Stürmer.
    Aus dem Mittelfeld kamen keine überraschenden Aktionen. Es wurde quer und umständlich gespielt, nie schnell und konsequent. Keiner der Akteure bot auch nur eine annähernd überzeugende Leistung. Ricardo Sousa und Julian de Guzman, die verletzt in Hannover bleiben mussten, wurden vermisst. Tarnat hatte noch die besten Szenen und schoss auch ein Tor. Aus den Freiräumen, den die Neumünsteraner ihm boten, hätte der 34-Jährige allerdings viel mehr machen müssen.
    Bei anderen ging gar nichts: Tranquillo Barnetta ließ sich bei seinem Pflichtspieldebüt den Schneid abkaufen. Und Nebojsa Krupnikovic, der so gerne der Spielmacher sein möchte, enttäuschte erneut auf ganzer Linie. Statt im offensiven Mittelfeld für Akzente zu sorgen, zog sich der 31-Jährige immer weiter zurück.
    Noch schlimmer als die Mittelfeldreihe präsentierten sich die 96-Stürmer. Auch wenn Leandro die Vorarbeit zu Tarnats Tor lieferte, konnte er wie Thomas Christiansen nie seine Aufstellung rechtfertigen. „Wie zu den anderen kann ich auch zu den Stürmern wenig Positives sagen“, sagte Trainer Ewald Lienen. Auch er würde die 90 Minuten von gestern am liebsten schnell vergessen. Darf er aber nicht, denn viele der Mängel muss er bereits bis zum nächsten Sonntag beheben. Dann spielt 96 bei Borussia Dortmund. Und der BVB hat ganz andere Mittel als der VfR.