Alles anzeigenDie Frage ist, was - bleiben wir beim Noah-Beispiel - ein französischer Afrikaner ist. Ist das ein
1. quasi in Teilen eingeschränkter Franzose, d.h. z.B. er hat volle französische Bürgerrechte, aber weil in seinem Herzen halt so ein Stück Busch verbleibt, wird er nie voll FRANZÖZISCH denken und empfinden können? Also sowas wie: < 100% Franzose + > 0% Afrikaner?
oder ist das ein
2. 100%er Franzose, dessen Gefühle mit definieren, was Franzosen denken und fühlen, der selbstverständlich die Staatsbürgerrechte genießt und teil der nationalen Solidarität (wenn es sowas gibt) sein sollte, der aber _gleichzeitig_, ohne dass ersteres im geringsten vermindert wird, stolz auf seine afrikanischen Wurzeln sein kann? Als Franzose?
Wir haben oben gesehen, dass Variante 2 für viele einfach schwer vorstellbar ist. Das entspricht halt unserem traditionellen Denken über Nationalität, irgendwie, vermute ich. (Ist nicht meine Aufgabe, das zu klären.) Dieses Denken, dass "Afrika" "100% Franzose" ausschließt, ist aber natürlich Grund für das Mißverständnis, welches es der Alt-Right erlaubt, zu behaupten, Noah wäre auf ihrer Seite. Wenn die ihn wirklich verstehen würden, wären sie komplett gegen ihn.
Aber denen ist das ja egal. (Genuine) Rechte Propaganda ist komplett ein Spiel mit Worten (insofern sie einen Diskurs imitiert, tatsächlich geht es nur um Gefühle), ohne Inhalte.
EDIT: Um die Rechnung für Zweitens auch nochmal in eine Formel zu packen wäre das: 100% Franzose + <= 100% afrikanische Wurzeln und in dem Sinne Afrikaner. Geht doch, oder?
Genau das wollte ich auch zum Ausdruck bringen -- und deshalb ist das Konzept "Nationalität" in der meistens gebrauchten (abgrenzenden oder gar ausgrenzenden) Form für mich so wenig überzeugend. Selbst ein inkludierender Nationalismus enthält aufgrund der mit Geburt zusammenhängenden Wortbedeutung immer noch ein abgrenzendes Element. Eines, das auf etwas beruht, das man selbst nie beeinflusst hat.
Im Übrigen müsste man dann erstmal klären, was eine bestimmte "Nation" überhaupt ausmacht. Dazu gibt es ja bereits tausende verschiedene Deutungen innerhalb einer Nation.
Deshalb ist das auch im Zusammenhang einer Nationalmannschaft so blödsinnig. Die gewinnen, wenn sie die individuelle Qualität haben und kollektiv miteinander auf das gleiche Ziel hin arbeiten können und wollen, jedenfalls auf sportlicher Ebene. Und eben nicht, weil sie hier oder dort geboren wurden (oder ihre Eltern/Großeltern).