Groundhopping

  • 12.09.2015
    FC Rot-Weiß Erfurt - FC Erzgebirge Aue 0:1
    3.Liga
    Steigerwaldstadion (Att: 6.431)


    Eigentlich war ein Hannover 96 Doppler für den 12.09. angedacht, aber meine Freunde gewannen mich dann doch für ihre geplante Tour nach Thüringen. Im schönen Erfurt einen sonnigen Tag verbringen und ein so genanntes Ostderby schauen, klang so schlecht ja auch nicht. Dass ich den Ground schon habe und das Stadion sich gerade im Umbau befindet, war bei meinen Prioritäten ein zu vernachlässigender Malus. Die Stadt ist einfach fein und es ist ja immer schön etwas rauszukommen aus der Heimat.


    Am frühen Morgen startete die Reise durch vernebelte Mittelgebirge. Dass drei Viertel der Auto-Besatzung jüngst den Kinofilm "Straight Outta Compton" gesehen hatten, merkte man dem Soundtrack deutlich an. Gute Musik zum Cruisen auf mitteldeutschen Bundesstraßen und so langsam fing auch die Sonne an zu strahlen. In Erfurt fuhren wir sogleich zum Steigerwaldstadion, wo wir das Auto zwischen den Fahrzeugen einer Einsatzhundertschaft der Polizei parkten. Die Passagiere der Fahrzeuge hielten gerade eine Besprechung ab und wir prosteten ihnen freundlich zu. Die Jungs und Mädels wirkten etwas angespannt und zwei Wasserwerfer im Stadionumfeld deuteten darauf hin, dass die Vorauslage der ZIS ernste Bedrohungen zeichnete. Beide Vereine dürften zwar ewig nicht mehr aufeinander getroffen sein, aber vielleicht pflegt man dennoch eine innige Feindschaft, die uns nicht bekannt ist. Aber eigentlich wirkte das schon übertrieben. Die Auer sind ja nicht so die Hauer und Erfurt auch weit entfernt vom Titel des Randalemeisters.


    Eine Frühkasse gab es leider nicht, dafür frühe Vögel aus der Erfurter Ultraszene, die uns natürlich anlungern mussten. Da wir akzentfrei Deutsch sprachen und einen bärtigen Hipster dabei hatten, wollte man uns mal glauben, dass wir nur ein paar Touri-Schweine sind, die vom Zauber der Erfurter Altstadt angezogen wurden. Diese Altstadt war ja jetzt auch wirklich unser Ziel. 1,90€ waren dafür zu investieren und keine 10 Minuten später war das Augustinerkloster erreicht von wo wir uns zur Krämerbrücke vorarbeiteten. Wie passend dass an diesem Wahrzeichen Erfurts, eine mit Fachwerkhäusern überbaute Brücke über die Gera, ein Augustiner-Biergarten angesiedelt war. Der durfte uns erstmal mit ein paar Krügen Edelstoff bewirten. Auch das Essen, Bachforelle und natürlich die obligatorischen Thüringer Rostbratwürste, war vorzüglich. Allerdings empfand uns der Grillmeister als unhöflich. Auf "Machste uns nochmal zwei Brat?" entgegnete er "Kennen wir uns irgendwo her oder warum duzen sie mich?". Unsere Kumpel-Mentalität kommt halt nicht bei jedem gut an.


    Essen gab es zum Glück trotzdem und gut genährt ging es eine Maß später über die Krämerbrücke weiter zum Dom. Der Domplatz ist in Erfurt ungewöhnlich großzügig dimensioniert, die 15 bis 20 Marktstände am heutigen Tag wirkten fast schon etwas verloren. Der Dom und die ebenfalls große Severikirche direkt daneben auf dem exponierten Domberg waren natürlich ein tolles Fotomotiv. Auch hier verweilten wir noch ein wenig und genossen neben dem Panorama das herrliche Wetter. Roy Ayers hatte schon recht, Everybody Loves The Sunshine.


    Die Rückkehr zum Stadion traten wir vom Hauptbahnhof aus per Taxi an, nachdem ich dort einen längeren Vortrag über den Willy Brandt DDR-Besuch 1970 und die deutsch-deutschen Beziehungen allgemein gehalten hatte. Und den nächsten Vortrag hielt nun der Taxifahrer. Ohne Stichwort oder sonstwas kam der Transportgewerbetreibende auf das Thema Ausländer. Ein Reizthema für ihn. Er war der Ansicht, dass der Osten nicht rechts sei, sondern nur seit jeher einen anderen Umgang mit Ausländern pflege. Der Westen dagegen lasse sich seit 40 Jahren von den Ausländern auf der Nase rumtanzen. Wir sahen das traditionell anders, aber für eine fruchtbare Diskussion war die Taxifahrt zu kurz und das Stadion schnell in Sicht und damit auch ein neues Reizthema auf den Lippen. Denn früher in der DDR wäre die Polizei noch richtige Polizei gewesen und nicht solche "Eierdiebe" wie heute. Da hätten sie für ein Fußballspiel keine 1.000 Polizisten wie heute gebraucht. 50 Mann von der Trapo (Transportpolizei) hätten ausgereicht. Wenn die Fans angekommen seien, hätten die Polizisten die Hunde losgemacht und nach ein paar Hundebissen und noch Schlägen mit den langen Holzknüppeln hinterher, wäre den Chaoten die Lust auf Randale sofort vergangen.


    Der Mann offenbarte insgesamt ein seltsames Weltbild, mit Ostalgie, Law & Order und Nationalismus im fröhlichen Mix. Zur Strafe gab es kein Trinkgeld. Der Typ war sicher nicht der Repräsentant eines homogenen ostdeutschen Weltbilds, aber als jemand, der selbst mal in Sachsen-Anhalt gearbeitet hat, kann ich schon sagen, dass solche Typen in den östlichen Bundesländern vielerorts anzutreffen sind und auf einem weltoffenen Bürger doch sehr befremdlich wirken.


    Nun fragte man sich, ob solche Stumpfies wie der Taxifahrer auch die Sitznachbarn im Stadion werden würden. Aber diese Frage war überflüssig, denn die Haupttribüne der Baustelle Steigerwaldstadion war bereits ausverkauft. Freie Stehplätze in der verbliebenen Kurve dagegen noch ausreichend vorhanden. Inklusive 3€ Topzuschlag wurden stolze 14€ aufgerufen (Sitzplatz hätte 20€ gekostet). Und da die Sicht in der Kurve nicht besonders gut war, war das wirklich ein fieser Preis.


    Die beiden Fanblöcke waren dafür sehr gut von unseren Plätzen zu sehen. Und beide boten was für's Auge. Die Gäste aus dem Erzgebirge spannten ein großes Banner mit der Aufschrift "Für immer Wismut Aue" vor den Block und hatten zahlreiche lila-weiße Schwenkfahnen im Gepäck. Erfurt wiederum, deren Ultras während der Umbauphase die äußeren Blöcke der Haupttribüne besiedeln, präsentierte mittig auf der Tribüne eine Blockfahne mit dem alten und dem aktuellen Vereinslogo und dem Stadtwappen drauf. Drumherum hatten sie auf jedem Platz ein Pappblume ausgelegt, wovon jede auf einer Seite rot war und auf der anderen weiß. Das Ganze sollte eigentlich eine Wendechoreo werden, aber der gemeine Erfurter Tribünenbesucher war damit überfordert ein synchrones Bild zu zaubern. Spruchband dazu war: "Du erstrahlst in Deiner rot-weißen Pracht - bist die Blüte, welche die Blumenstadt zu etwas Besonderem macht". Schöne Choreographie, aber eben mit den Abzügen in der B-Note.


    Das Spiel dagegen war sehr bescheiden. Erfurt war ein bisschen offensiver als Aue, aber ihre wenigen Torchancen vergaben sie. Auf den Rängen wurde auch nur Durchschnittskost serviert. Keine besonderen Gesänge, richtig laut wurde es selten und es gab auch keine Hassgesänge gegeneinander. Der Verhältnis der beiden Szenen scheint wirklich nicht von besonderer Rivalität geprägt zu sein. Dass die Thüringer Roster hier aus der Warmhaltebox serviert wurden, gab weitere Minuspunkte für das heutige Stadionerlebnis.


    Im 2.Durchgang wurde der Absteiger und Wiederaufstiegsaspirant aus Aue munterer, aber es blieb chancenarm. Kein Fussballfest für die knapp sechseinhalb Tausend Zuschauer im zur Zeit halben Erfurter Rund. Kapazität ist übrigens aktuell10.000 Zuschauer, aber bei 3.500 Damen und Herren mehr in der Kurve, wäre es mehr als kuschlig geworden. Anfang 2015 soll dann die erste neue Tribüne (Gegengerade) fertig sein. Dann folgen die Kurven und die Haupttribüne, die noch gut in Schuss ist, bleibt erhalten. Schick war jedenfalls, dass die Baukräne rot und weiß gestrichen waren und alle on top eine RWE-Fahne hatten. Das hatte Charme auf dieser sonst unschönen Baustelle.


    Die maue Partie bekam ihr kleines Highlight erst am Ende. In der 89.Minute bekam Aue einen Handelfmeter zugesprochen, den Max Wegner sicher verwandelte. Ob berechtigt oder nicht war wie so vieles von unseren Plätzen nicht zu sehen und drei Minuten später war dann Schluss. Aue bleibt somit in Schlagdistanz zu Platz 2 und Erfurt nah an den Abstiegsrängen. Ob die Fanlager sich auch noch in Schlagdistanz zu begeben versuchten, entzieht sich meiner Kenntnis, denn wir reisten sofort ab. Es gab noch Termine in der Heimat.


    In Straußfurt (LK Sömmerda) an der B4 wurde nochmal bei Edeka gestoppt, so dass man sich die Rückfahrt mit diversen Thüringer Brauerzeugnissen versüßen konnte. Im wahrsten Sinne des Wortes, denn Apoldaer Spezial hatte schon eine sehr süßliche Note. Braugold Spezial schmeckte wiederum wie ein Discounter-Bier, aber Altenburger Premium war recht lecker.


    In Hannover (Ankunft 19:00 Uhr) ging es dann erstmal in die Limmerstraße feiern, um im Laufe des Abends in die Faust zu wechseln, wo viele altbekannte Größen der hiesigen Hip Hop Szene (besonders die älteren Semester) begrüßt werden konnten, die wie ich Bock auf Too Strong aus Dortmund und einige Local Acts hatten.

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  • Zu Ehren von Darmstadts erstem Heimsieg nach dem Aufstieg, hier noch der Spielbericht zum 34.Spieltag der Vorsaison (hatte ich ganz vergessen zu posten):


    24.05.2015
    SV Darmstadt 98 - FC St. Pauli 1:0
    2.Bundesliga
    Stadion am Böllenfalltor (Att: 16.150)


    Der 23.Mai war wieder mal ein guter Tag für Hannover 96. Es stand wie schon 1954 und 1992 ein Endspiel für die Roten aus Niedersachsens Landeshauptstadt an und wieder wurde es siegreich bestritten. Diesmal ging es allerdings nicht um einen großen Titel wie die Deutsche Meisterschaft oder den DFB-Pokal, sondern schlicht um den Verbleib in Deutschlands höchster Spielklasse. Das war für mich der Grund mal wieder die Arena formerly known as Niedersachsenstadion zu besuchen und live beim packenden Saisonfinale dabei zu sein. Feuerwehrmann Frontzeck und seine Mannen schlossen die Mission Klassenerhalt mit einem 2:1-Sieg erfolgreich ab, aber Lust diese Riege für das Mindeste, was ich von ihr erwartete, zu feiern hatte ich nicht und so verzog ich mich zügig nach Abpfiff Richtung Heimat.


    Schon am nächsten Morgen sollte gegen halb Acht ein ICE nach Südhessen rollen, folglich zahlte sich frühes zu Bett gehen am Folgetag aus. Ein Mitglied der Reisegruppe dagegen übertrieb das Feiern nach dem Freiburg-Spiel, so dass aus acht sieben Reisende wurden. Schade für ihn, aber wir passten nun wenigstens zu siebt in ein 6er-Abteil mit Aufteilung vier schmale links und drei kräftige Typen rechts. Ein weiterer Fettsack hätte das zunichte gemacht.


    Mit belegten Brötchen, Guinness aus Dosen und Top-Hits aus Boxen bahnten wir uns den Weg ab in den Süden. In Kassel bekamen wir dann Besuch von der Bundespolizei. Das war seltsam, da unser Verhalten gesittet war, aber die wollten uns auch nichts Böses, sondern wissen von welchem Verein wir eine Fangruppe sind und zu welchem Spiel wir fahren. Es ging darum den Kollegen in Frankfurt bzw. Darmstadt die Menge der St.Pauli Fans in diesem ICE mitzuteilen, aber wir erhöhten die Summe nicht und lösten als vorgebliche Darmstadt-Anhänger aus Niedersachsen Verwunderung bei den Beamten aus. Nichtsdestotrotz wünschten Sie uns eine angenehme Weiterfahrt und scannten bis Fulda den Rest des Zuges.


    In Frankfurt sah man dann in der Tat einiges an braun-weißem Fanvolk aus unserem ICE aussteigen. Mit dem Regionalzug ging es wenig später weiter nach Darmstadt, wo wir bereits gegen halb 11 aufschlugen. Dort zog es uns zum Luisenplatz, wo der offizielle Fanmarsch starten sollte. Allerdings erst in zwei Stunden, so dass natürlich bisher nur ein paar Kutten mit Pfungstädter Dosenbier dort lungerten. Wir ruhten kurz und verabredeten uns telefonisch mit unserem Ticket-Dealer am Marktplatz. Dort ist ja der vorzügliche Ratskeller und bei bei milden Temperaturen gelang es uns zum Glück noch einen Tisch draußen zu ergattern. Für das an alter Bausubstanz leider arme Darmstadt eine sehr schicke Location. So hat man auf der einen Seite das Schloss im Blick und auf der anderen das schöne alte Rathaus und den repräsentativen Turm der Stadtkirche im Hintergrund.


    Wir verweilten unzählige Biere trinkend für mehrere Stunden an diesem Ort mit ständig wechselnden Tischnachbarn (denn schon ab 12 Uhr wurde es brechend voll). Wir bekamen hier unsere Tickets, gaben unser überschüssiges Ticket vom Langschläfer an eine andere hannoversche Reisegruppe weiter, lauschten Alberto Coluccis Spontan-Gig (den er aus einem Fenster im 1.Stock des Ratskellers gab) und schauten uns den vorbeiziehenden Darmstädter Fanmarsch an. Der war schon recht früh, aber gut, die Jungs hatten ja auch noch eine Choreo vorzubereiten.


    Unser Mob dagegen konnte einfach nicht von dem leckeren Gerstensaft der Hausbrauerei Ratskeller lassen. Erst eine Stunde vor Anpfiff brachen wir schweren Herzens auf zum Stadion, wo die Lilienschänke wie erwartet zum Bersten gefüllt war. Unsere Darmstädter Freunde und die anderen Hannoveraner hingen dementsprechend auch nicht dort rum, sondern beim Italiener Da Leo auf der Terrasse. Das ist die Vereinsgaststätte des TEC Darmstadt (Tennisclub von Andrea Petkovic), deren Anlage Nachbar des SV Darmstadt 98 ist. Die Lage sorgte auch dafür, dass einige Fußballfans dort aufs Dach kletterten, von wo das Stadion gut einsehbar war. Wir hatten ja zum Glück diese begehrten Zugangsberechtigungen zum Stadion und nutzten jene wenige Minuten vor Anpfiff. Überraschenderweise gab es an unserem Eingang keine Schlange. Die Darmstädter Fans waren also an ihrem großen Fußballtag mehrheitlich zeitig ins Stadion gegangen.


    Wir hatten Karten für die große Stehtribüne auf der Gegengerade, deren Ränge gut gefüllt, aber nicht übervoll waren. Vernünftig stehen, sehen und zum Bierstand gehen war zum Glück problemlos möglich. Hier dröhnte nun Alberto Coluccis Lilien-Song aus den Boxen und Tausende Fan-Kehlen stimmten mit ein. Als die Mannschaften aufliefen präsentierte das Stadion ein buntes Intro aus kleinen und großen Fahnen, Konfetti, Luftballons und Folienbahnen. Chaotisch attraktiv, fast schon argentinisch sah das aus. Und St. Pauli fügte sich mit braunen und weißen Luftballons und vielen Schwenkfahnen ganz gut ins Gesamtbild ein.


    Dann begann ein Spiel, in dem St.Pauli druckvoll begann. Sie wussten, dass ein Sieg hier der sichere Klassenerhalt ist und wollten diesen anscheinend auch einfahren. Beflügelt vom jüngsten 5:1 gegen Bochum spielte man mutig nach vorne. Aber Darmstadts Defensive war wieder einmal mehr Premium und nach einer Viertelstunde bekamen sie auch insgesamt das Spiel unter Kontrolle. Denn auch für sie war Angriff die beste Verteidigung. Um nicht von den Ergebnissen auf den anderen Plätzen abhängig zu sein, wollten sie dieses Spiel unbedingt gewinnen.


    Beide Teams schafften bis zur Halbzeitpause den schwierigen Spagat zwischen mutigem Offensivspiel und stabiler Defensive. In der Pause werden sie wohl die Zwischenstände von den anderen Plätzen erfahren haben. Während es für die Norddeutschen im Abstiegskampf ganz gut aussah, führten Darmstadts Mitbewerber um den Aufstieg (Karlsruhe & Kaiserslauten) beide. Die Lilien legten nochmal eine Schippe drauf und waren besonders bei Standards gefährlich. Folglich fiel das 1:0 in der 71.Minute auch durch einen sehenswerten Kempe-Freistoß aus 30 Metern. Der Jubel der bis dahin immer optimistisch gebliebenen Darmstadt-Fans war natürlich ekstatisch. Für die Schlussphase bauten die Lilien nun ganz auf ihre so schwer knackbare Defensive und die Anhänger des SV Darmstadt 98 machten nochmal lautstark klar, dass aktuell auch St. Pauli trotz Rückstand drin bleiben würde. Sowohl Aue (in Heidenheim) als auch 1860 (in Karlsruhe) lagen 2:0 zurück.


    Logischerweise wogen sich die Kicker des FC St. Pauli nicht in dieser trügerischen Sicherheit und versuchten nochmal anzugreifen. Und das war auch sinnvoll, da Aue in den letzten Minuten die zwei Tore Rückstand aufholen konnte und ihnen am Ende nur ein Tor zum Klassenerhalt fehlte. St. Pauli dagegen kam trotz ihrer Bemühungen nur noch zu ein, zwei Torschüssen, ansonsten war immer kurz vor dem Strafraum ungewolltes Ende der Paulianer Angriffsbemühungen. Einfach schwer zu knacken diese Lilien-Defensive. Kurz vor Schlusspfiff in Darmstadt drangen die Endstände von den anderen Plätzen durch und die Darmstädter versuchten mit St.Pauli-Gesängen eine Verbrüderung mit den Fans des Kiezclubs. Also irgendwann ist ja auch mal gut mit der Fairness und Gastfreundlichkeit.

  • Beim für die Fans erlösenden Schlusspfiff gab es dann kein Halten mehr auf den Rängen und in Windeseile entleerten sich die Blöcke in Richtung Spielfeld. Auch ich muss es nochmal sagen, was die Darmstädter da vollbracht haben war wirklich ein Fussballwunder. Klassenerhalt in der 3.Liga nur dank Offenbachs Lizenzentzug, dann dieser Überraschungsaufstieg mit diesen Wahnsinns-Relegationsspielen, denen ich Gott sei Dank auch live beiwohnen durfte. Und nun direkter Aufsteiger in die 1.Bundesliga mit einem Haufen Nobodys und vermeintlich Gescheiterten. Ich weiß noch wie ich nach dem guten Saisonstart mit den Darmstädtern witzelte; Einfach so machen wie letztes Jahr, mindestens bis März nur vom Klassenerhalt und einer Momentaufnahme reden, mit permanenten Hinweisen auf den Mini-Etat und die schlechte Infrastruktur, und am letzten Spieltag minimum auf Platz 3 einfahren. Hat ja wieder ganz gut geklappt. Champions League Qualifikation kann eigentlich nur der logische nächste Schritt sein, während sich alle in der Bundesliga wundern, wieso sie gegen diese Restposten-Truppe nur 0:0 spielen oder 0:1 verlieren.


    Realistischerweise war dieser Aufstieg die Garantie auch übernächste Saison noch in der 2.Bundesliga zu spielen, sozusagen der doppelte Klassenerhalt auf einmal. Aber in den letzten 30 Monaten habe ich dank der Lilien gemerkt, wie irre sogar Profifußball noch sein kann und das Dirk Schuster einer der besten Trainer ist. Gerade auch weil diese Truppe aus Wahnsinnigen besteht, die sich füreinander zerreißen und nichts zu verlieren, aber verdammt viel zu gewinnen haben, bin ich sicher in der 1.Bundesliga wird sich so mancher Gegner umgucken. Ob es reicht für's nächste Wunder wissen wir dann in einem Jahr. Aber solange die nicht abgeschlagen Letzter sind, muss man mit ihnen sicher bis zum Schluss rechnen.


    Hier und Heute war der Abstiegskampf in der 1.Bundesliga aber noch weit weg. Jetzt zählte nur das Feiern. Und während die Mannschaft erstmal in den abgerockten Katakomben des Bölle die Sau raus ließ, feierten die Fans fröhlich auf dem Rasen. Schockierenderweise gab es kein Freibier, sondern nur Bier zum Sonderpreis von 1,98€ (0,4l). Bei aller Armut dort, war das für uns doch enttäuschend. Der Andrang an den Buden war allerdings so, als wäre es doch umsonst und nach gefühlten 18,98 Minuten meldeten alle Bierstände "Sold out". Der Tenor unserer Reisegruppe war nun "No Beer, No Party" und wir verließen das Nostalgiestadion am Böllenfalltor früher als die meisten anderen.


    Gutes Bier gab es dann wieder in der Hausbrauerei Grohe, wo wir draußen noch einen Tisch bekamen. Dort beobachteten wir weitere Fraternisierungen zwischen Norddeutschen Totenkopfschwadronen und Südhessischen Lilienzüchtern. Sehr zum Ärger der Scheiss St.Pauli Fraktion in unserer Reisegruppe, die sich mehr und mehr in ihren Hass reinsteigerte und sich gar nicht mehr so recht für die Darmstädter freuen wollte. Als heimlicher Bewunderer des Zeckenclubs und größter Freund der Lilien in unserer Runde, konnte ich mich da nicht so reinsteigern, aber das (interne) Gepöbel gegen Darmstadt und Pauli war schon ganz witzig.


    Für die große Sause in Darmstadts Innenstadt fehlte letztlich die Kraft, so dass wir wie gebucht einen der letzten ICE nach Hause nahmen und nicht durchmachten. Wäre sicher ein attraktiver Suff geworden und in so einer Aufstiegseuphorie findet man doch immer mal eine junge Dame mit Mitschlafgelegenheit, aber nun ja, die letzten 48 Stunden waren bei fast allen sehr schlafarm und alkoholreich. Dafür gab es jetzt eine schöne Bordbistroparty mit zunächst dem was der Darmstädter Bahnhofsmarkt so zu bieten hatte und später mit frisch gezapften Pils. Als ich am Folgetag nachmittags aufwachte, lief gerade die offizielle Aufstiegsfeier der Lilien auf HR3. Sehr sympathisch wie zugezecht diese Mannschaft doch wirkte und der erste Satz den ich vernahm war von Trainer Dirk Schuster "Keine Ahnung, ich war voll." auf die Reporterfrage, wie lang es denn letzte Nacht noch ging.
    Dann mal viel Erfolg in der 1.Bundesliga, SV Darmstadt 98!

  • Eine Abordnung (5 Leute) aus Hannover hat sich ein paar Tage in Stockholm rumgetrieben und dabei wurden auch drei Spiele besucht.


    24.09.2015
    IF Brommapojkarna vs. Utsiktens BK 1:0
    Superettan (2.Liga)
    Grimsta IP (Att: ca. 500)


    Per T-Bana ging es in den Arbeiterstadtteil Bromma. Für Stockholmer Verhältnisse war man bei der Ankunft an der Bahnstation doch etwas enttäuscht, schon ein bisschen ranzig die Umgebung und die ersten Meter. Der erste schlechte Eindruck wurde aber schnell verworfen, als man sich dem Stadion näherte. Umgeben von einem großen Park, mit vielen kleinen Fussballfeldern und einem schönen Kunstrasenplatz, lockte das Flutlicht die Zuschauer an. Was für eine Fußballromantik!
    Vorm Stadion wurden noch ein paar Herri getrunken, bevor man am Eingang die schwierige Entscheidung treffen musste, ob man für 150 SEK einen Sitzplatz wählt oder die kostenfreien Stehplätze. Unsere Wahl dürfte sich jeder denken können. Dank ausbleibender Leibesvisitation schafften es auch ein paar Mischer ins Stadion.
    2014 spielte Brommapojkarna noch in der ersten Liga, nun sind sie Tabellenletzter der zweiten Liga. Da muss wohl einiges im Argen liegen.
    Der "Fanblock" wurde mit zwei Zaunfahnen beflaggt und zum Intro gab es ca. 10 Fahnen in Vereinsfarben und ein paar Gesänge. Die "Stimmung" wurde besser, als die Jugendteams vom Training kamen und mit anfeuerten. Schön zu sehen, dass sich die Kids auf die Spieler gefreut haben und alle schon zur Halbzeit abgeklatscht wurden.
    In der Halbzeit wurde das Catering getestet, was mit diversen Würstchen, Burgern (zum selber belegen) und Süßigkeiten zu gefallen wusste. Einziger Wehrmutstropfen: Kein Bier im Stadion.
    Das Spiel war über weite Strecken auf Landesliga-Niveau, was die Heimmannschaft aber verdient gewonnen hat. So konnte man sich die Chance wahren, noch die Abstiegsränge in den letzten Spielen zu verlassen.
    Zur Zeit steht nur noch die halbüberdachte Haupttribüne, da der Verein einen Stadionausbau plant. Wofür dort 15.000 Plätze benötigt werden, weiß wahrscheinlich keiner.
    Lokaler Stadtteilverein, Flutlicht, Vereinsliebe, was will das Fußballherz noch mehr?
    Funfact: Ein Forumsuser kam erst Mitte der zweiten Halbzeit dazu und überraschte die Reisegruppe mit neuem Körperschmuck.


    Zurück ging es dann wieder mit den Öffis und nach ein paar Bier im Pub schnell ins Hotelbett. Der Abflug um 6:30 Uhr in HH und die wenigen bis keinen Stunden schlaf nach dem Stuttgart Spiel zeigten langsam Wirkung.


    Nachdem am ersten Tag nur ein bisschen Sightseeing in der Altstadt und Innenstadt gemacht wurde, war der Freitag für mehr Touri Programm reserviert. Leider spielte uns das gute Wetter einen Streich, so dass man den Tag mit Bier trinken in der Sonne verbrachte. So soll Urlaub sein.
    Am Abend wurde dann das Nachtleben getestet. Nach dem sich alle Reiseteilnehmer gefühlt 96 mal verliebt hatten, diverse Getränke zu Premium Preisen konsumiert wurden und der Black Jack Tisch in der Disco getestet wurde, ging es gegen 6 Uhr ins Bett.


    Am Samstag stand ein bisschen Kultur auf dem Programm. Nach dem sich ein Teil aufraffen konnte, ging es zum Schloss Drottningholm. Schöne Anlage, mit barockem Garten. Kann man machen, vor allem da das Gelände kostenfrei zu besuchen ist, nur das Innere vom Schloss kostet Eintritt.
    Von dort ging es dann gleich zum nächsten Spiel, wo dann auch die Reisegruppe wieder vereint war.


    26.09.2015
    AIK Solna vs. KIF Örebro DFF 1:2
    Damallsvenskan (1.Liga - Frauen)
    Skytteholm IP IP (Att: ca. 100)


    Tja, Frauenfußball... Tabellenletzter (AIK) gegen den sechsten aus Örebro. Das Spiel begann ganz munter, nur Tore wollten nicht fallen. Nach dem Ausgleich von AIK hofften wir noch auf den Siegtreffer (wäre der erste Saisonsieg im 19. Spiel gewesen), doch ein Konter kurz vor Schluss sorgte für den verdienten Auswärtssieg. Unserer Meinungen nach ein ganz klarer Fehler vom Trainer, wenn eine Spielerin schon 20 Minuten vor Schluss nur noch am kriechen ist, könnte man die ja mal auswechseln.
    Im Stadion, mit einer überdachten Tribüne, galt Rauchverbot und das Catering konnte auch nicht überzeugen. Kalter Hot Dog geht zur Not aber auch.
    Alles in allem hat man schon etwas mehr erwartet, für ein Spiel der ersten Liga, in einem Land, wo Frauenfußball ja eigentlich recht populär ist.
    Funfact: Den Eintritt in Höhe von 50 SEK konnte man sich sparen, wenn man mit Kreditkarte zahlen wollte (die Technik streikte). Danke noch mal, dass der Tipp nicht weitergegeben wurde ;)


    Nach dem Spiel ging es dann in Altstadt, hatte man doch am Vorabend eine Bar ausgemacht, die bis 20 Uhr Bier (0,4l) für 24 SEK (also ca. 2,40 €) verkauft. Also eher die 1€ Bar Stockholms. Viel mehr muss man zu dem Schuppen auch nicht sagen. Nach dem die Happy Hour voll ausgenutzt wurde, ging es nach dem Essen noch in einen Pub (endlich richtiger Cider), der bei sehr guter Live Musik für ordentlich Stimmung sorgte. Auch hier wurde sich mehrmals verliebt.
    Zum Glück hat der Pub um 1 Uhr geschlossen und die Vernunft siegte, da am nächsten Tag das Derby auf dem Programm stand.


    Nach dem das Gepäck im Schließfach verstaut wurde, ging es recht früh zum Stadion, um sich das Treiben mal näher anzugucken. Bei ein paar Bier beobachte man die anreisenden Heimfans. Trotz Reiterstaffel und Polizeihubschrauber waren doch relativ wenige Polizisten vor Ort. Das zünden von Rauchfackeln und Bengalen hat vorm Stadion nun wirklich niemanden gestört. Das Vorprogramm steigerte die Lauen schon mal.


    27.09.2015
    Hammarby IF vs. AIK Solna 1:0
    Allsvenskan (1.Liga)
    Tele2Arena (Att: ca. 29.000)


    20 Minuten vor Anpfiff ging es dann ins Stadion. Hätte man vorab gewusst, dass es keine Kontrollen gibt, hätte man ja auch den Schnaps mitnehmen können. Wäre dann ziemlich günstig geworden, da für Cola etc. Refill gilt. Das Leichtbier kostete 50 SEK, was man aber noch verkraften konnte.
    Ich persönlich mag das Stadion schon sehr (geile Akustik), aber die älteren Stadion in Stockholm hatten einfach ein anderes Flair. Nun halt wieder eine Arena wie überall.
    Zum Intro gab es auf beiden Seiten eine Choreo, Hammarby mit viel Rauch, Strobos und ein paar "Raketen". NICE!!! Die Mannschaften haben dann den Platz wieder verlassen. Nach ca. 15 Minuten hat dann AIK mit gelben und schwarzen Rauch gegrüßt. Es wurde extra abgewartet, bis der grüne Rauch verzogen war. In der gesamten Zeit wurde die Choreo weiter hochgehalten. Starkes Bild. Nach 30 Minuten wurde dann das Spiel angepfiffen.
    Das es bei AIK noch um die Meisterschaft geht, konnte man nicht wirklich erkennen. Torchancen gab es auf beiden Seiten nicht wirklich viele.
    Immer wieder wurden in beiden Kurven Rauch und Bengalen gezündet, der ein oder andere Schal vom Gegner verbrannt und dauerhaft gesungen. Von der Stimmung haben wir AIK vorne gesehen, da alle voll mitgezogen haben.
    Nach einer roten Karte für AIK konnte Hammarby das Spiel ein bisschen besser übernehmen. Kurz vor Schluss konnten dann die "Bajen" doch noch den Siegtreffer erzielen. Bei der Aktion hat sich der Schütze schwer verletzt (Zusammenprall mit dem Torwart) und wurde 13 Minuten auf dem Spielfeld behandelt, bis ein Krankenwagen auf dem Platz kam, um ihn ins Krankenhaus zu bringen. Gute Besserung! Während der Behandlungszeit glänzte der AIK Block mit Gesängen, wie "Lasst ihn sterben". Nicht wirklich die gute Schule, aber es war immerhin Derby!
    Die letzten Minuten wurden dann noch gespielt, wo aber nicht mehr viel passiert ist.
    Was ein Erlebniss: Schöne Choreos, viel Pyrotechnik (was niemanden gestört hat), eine rote Karte, die Dramatik am Ende.
    Choreo und Pyro bei youtube und Fotos bei Facebook
    Funfact: Das Rauchverbot im Stadion hat ein Ordner damit begründet, da es ein Risikospiel ist. Ja ne, ist klar.


    Nach dem Spiel ging es dann direkt zum Flughafen, da es durch die ganzen Verzögerungen doch recht knapp wurde.


    Fazit: Schweden, insbesondere Stockholm, immer wieder gerne! Gibt ja noch weitere Derby Spiele in der Stadt.

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  • Schöner Bericht. Das Derby-Ergebnis hat mich gestern arg gewurmt. Drei Punkte wären im Meisterschaftskampf sehr wichtig gewesen (und sind im Derby sowieso Pflicht). Ich hoffe die Meisterschaft bleibt noch bis zum AIK-Heimspiel gegen IFK Göteborg offen. Aber ich hab ja auch schon ein paar AIK-Spiele gesehen und weiß ehrlich gesagt auch nicht, warum die ganz oben mitspielen. :ahnungslos:
    Beim Hinspiel in Solna fand ich Bajen eine Nuance besser im Support. Hätte jetzt auch erwartet, dass AIK, wie auch schriebst, dafür bei Hammarby den etwas besseren Support liefert. Auswärts steht man ja kompakter und kann den Rest der Kurve viel einfacher mitreißen.

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  • Dann gibt es von mir auch nochmal einen "historischen" AIK-Spielbericht, den ich noch auf der Festplatte hatte:


    20.07.2014
    Falkenbergs FF - AIK Solna 4:1
    Allsvenskan
    Falkenbergs Idrottsplats (Att: 5.457)


    Es gibt auch ein Fussballleben nach der WM. Das bewiesen bereits erste Testspiele der U23 von Hannover 96 u.a. in Wunstorf (gegen den örtlichen 1.FC) und in Herford (gegen die glorreiche S!G! Watten!scheid! Null!Neun!) und es sollte sich alsbald in einer kleinen Auslandsreise manifestieren. Da der Ligaalltag mit 96 sich in der Saison 2014/15 ausschließlich in den Grenzen Norddeutschlands abspielen würde, war generell vorgesehen analog dazu viele Auslandsreisen zu unternehmen. Am liebsten verbunden mit Aufenthalten über das bloße Spiel hinaus, um neben dem Fussball auch Kultur, Natur und Architektur zu sehen. Das stumpfe Aneinanderreihen von Fußballspielen, um in möglichst wenig Zeit möglichst viele davon zu besuchen, befriedigend einfach nicht so sehr wie wirklich was von der Welt zu sehen.


    So wurde die offerierte Tour nach Schweden auch nur attraktiv, weil ein ganzer Tag am Spielort vorgesehen war, der seines Zeichens ein beliebter Badeort an Schwedens Westküste ist. Einige Fans aus Hannover planten ihre Freunde von AIK Stockholm dort zu unterstützen und bekamen tatsächlich eine ganze Busladung zusammen für dieses Sonntagsspiel der 1. schwedischen Liga. Gestartet wurde Samstagabend im Anschluss an das am 19.07. stattfindende UH-Turnier. Jenes Turnier gewann 2013 noch eine von mir als Spielertrainer zum Triumph geführte Equipe aus Hildesheim, aber die Titelverteidigung war uns nicht groß genug als neue Herausforderung, so dass mir dieses Jahr die bequeme Zuschauerrolle blieb.


    Passend war natürlich, dass auch ein Team der Ultras Nord aus Stockholm teilnahm, die am Donnerstag zuvor noch AIK in Belfast gegen Linfield unterstützt hatten (Europa League Quali, 1:0 für die Nordiren). Auf dem Rückweg machten sie mit einem guten Dutzend Fans den Unweg über Hannover, um dann mit unserem Bus weiter nach Schweden zu reisen. Amüsante Zeitgenossen, die eben, wie zu erwarten war, hervorragend zu ihren Freunden aus Hannover passten. Sportlich rissen sie auf dem Acker des VfV Hainholz nicht so viel wie Bielefelder oder Hannoveraner, aber am Glas waren sie stark.


    Der Beginn der Fahrt wurde zunächst eine Fortsetzung der Turnierparty auf rollendem Untergrund und die Puttgarden-Rödby-Fähre war im Nu erreicht. Dort wurde sich wie auf jeder Seeland- oder Schwedentour natürlich massenhaft mit pfandfreiem Dosenbier eingedeckt und eine kleine Deckparty gefeiert. Weiter ging es durch die Nacht bis Helsingør, wo das erste Tageslicht die wenigen Schlafenden wachküssen durfte. Hier sollte nun mit der mutmaßlich ersten Fähre des Tages nach Helsingborg übergesetzt werden. Nach Kopenhagen der zweite Europapokal-Bekannte am heutigen Morgen.


    Danach ging es bei strahlendem Sonnenschein durch Schonen (die historische Provinz, wo die Südschweden so schön wohnen) gen Norden. Bescheidene 120km trennten uns noch von Falkenberg in der Provinz Halland. Das war für mich nochmal Gelegenheit für ein Stündchen die Augen zuzudrücken, um dann gegen 8 Uhr morgens in Falkenberg zu erwachen. Es zog unsere Gruppe gleich zum Skrea Strand, der wirklich sehr schön war und bereits jetzt mit deutlich über 20 Grad Celsius Lufttemperatur aufwartete. Noch war er menschenleer und wir breiteten unsere Handtücher aus. Dann eine frische kalte Dusche und ab in die Badehose. Gut eingecremt wurde jetzt gefrühstückt was die Fähre so hergab und in der Sonne gedöst. Einige schliefen auch ein, was bei den uneingecremten Jungs fatal endete.


    Am Vormittag trafen dann die Schweden aus der Hauptstadt in großer Anzahl ein. Falkenberg war jetzt eher aus Fansicht 'ne Hausnummer wie Sandhausen, aber im Gegensatz zu besagter deutscher Stadt, eben ein Sandhausen mit Sandstrand. Das verlockte viele AIK-Anhänger zu einem Strandtag an einem der heißesten (dem heißesten?) Tage des Jahres. Das Thermometer jedenfalls kletterte über 30 Grad und wirkliche Abkühlung verschaffte nur noch das Meer. Dort konnte auch das mitgebrachte Carlsberg-Sortiment besser gekühlt werden und die Beach Party nahm ihren Lauf. Ich hatte auch schon schlechtere Ideen als einen Wasserball (Strandball) auf diese Reise mitzunehmen. Und wenn ich an all die Bikini-Schönheiten zurückdenke, blutet mir richtig das Herz.


    Als uns dann irgendwann drohten Schwimmhäute zu wachsen, wurde nur noch das obligatorische Meeres-Mobfoto gemacht und dann ging zu einem Park unweit des Strands. Dort hatten die Jungs von AIK mit Bauzäunen ein Areal mit Bühne, Bierzeltgarnituren und Cateringzelt eingezäunt, wo eine Fanband rockige AIK-Hits spielte (und davon gibt es etliche, meist Coverversionen großer Hits mit AIK-Texten). Coole Aktion sowas bei einem Auswärtsspiel im Sommer auf die Beine zu stellen und der Eintritt war auch erfreulicherweise frei. Dafür hatten es die Preise für Verpflegung landestypisch in sich. Burger 8€, Bier 6€, da denkt man wehmütig an seine 0,40€-Dosen zurück und leistet sich nur der Form halber eines der hochbesteuerten Schweden-Biere.


    Etwa eine Stunde vor Abpfiff pilgerte dann die schwarz-gelbe Karawane zum Stadion, welches von der Größe auch in Hildesheim oder Hameln hätte stehen können. Durch Stahlrohrtribünen wurde die Kapazität für die Premierensaison in der höchsten schwedischen Liga immerhin auf um die 5.500 Plätze erhöht und die waren heute alle belegt. So eng wie es im Gästebereich war, würde ich sogar vermuten, es waren ein paar mehr Menschen drin, als eigentlich zulässig. Und auch die anderen drei Tribünen waren voll mit dicht gedrängten Menschen. War mit AIK auch schließlich einer der größten Clubs des Landes erstmalig in einem Pflichtspiel zu Gast, was alle fussballinteressierten Falkenberger und bestimmt 1.500 AIK-Fans mobilisierte. Der Anhang vom Allmänna Idrottsklubben sorgte auch lautstark für Event, während so etwas wie ein Heimfanblock nur schwer auszumachen war. Na ja, klatschen und schreien haben die Einheimischen nach ihren Toren ganz gut hinbekommen. Und davon gab es leider auch vier.


    Den 1:0 Pausenstand konnte Sundberg noch standesgemäß in der 53.Minute egalisieren, aber dann brannte der Aufsteiger ein regelrechtes Feuerwerk ab. Man ging prompt wieder in Führung und konterte die Gäste aus der Hauptstadt danach mehrfach eiskalt aus, was zu zwei weiteren Toren führte. 4:1 gegen einen Meisterschaftsanwärter, das war für den Aufsteiger sicher einer der größten Erfolge in der Vereinsgeschichte. Für wirkliche Partystimmung fehlte es allerdings an Koordination bei den Stadionbesuchern aus Falkenberg. Und ein bisschen zu heiß für anstrengenden Support war es ja auch. Daher Respekt an alle AIK-Fans, die 90 Minuten Gas gaben. Der Rest lag träumend im Gras, die Köpfe voller wilder Ideen (oder Schmerzen).


    Nach Abpfiff ging es dann zügig zurück zum Bus, um so früh wie möglich nach Hause zu kommen. Gab ja echt Leute die Montag Morgen arbeiten wollten. Das Thema Schlafen im Bus konnte wie auch schon auf der Hinfahrt nur unbefriedigend abgehandelt werden. Als einziges Highlight ist noch der Dosenbier-Kauf für daheim zwischen Rødby und Puttgarden in Erinnerung geblieben und das literweise Trinken von Faxe Kondi gegen die Dehydration. Als der Busfahrer uns dann in Hainholz statt am ZOB rauswerfen wollte ("ihr wurdet da abgeholt, also werdet ihr auch wieder da hingebracht)", kam erstmalig auf dieser Tour Unmut in der Reisegruppe auf. Zum Glück hatte der Herr ein Einsehen, was den Transfer ins Bett verkürzte und somit die Schlafzeit um einige Minuten erhöhte. Denn der Wecker um 6 Uhr war gnadenlos. Aber die Tour war einfach zu geil, um mit schlechter Laune aufzustehen und Faxe Kondi Energy war ja auch noch da.

  • 04.10.2015
    MTV Wolfenbüttel - TSC Vahdet Braunschweig 1:0
    Landesliga BS
    Meeschestadion (Att: 96)


    Einen Tag nach dem Tag der deutschen Einheit ging es mal wieder ins einstige Zonenrandgebiet. Diese Region hat ja bekanntlich nicht viel fürs Auge zu bieten, aber Wolfenbüttel ist schon ganz nett. Und wenn man dort zum Abendessen geladen ist, kann man vorher natürlich noch ein bisschen Fußball gucken. Aber zunächst musste ich in Hildesheim ab 13:00 Uhr noch 90 Minuten selbst gegen das runde Leder treten. Ein paar Minuten weniger wären mir eigentlich lieber gewesen, aber man kann nicht alles haben. Also setzte ich nach Abpfiff zu meinem schnellsten Sprint des Tages an und konnte wenige Minuten später frisch geduscht die zweite Sportdisziplin des Tages starten; Motorsport. Die 48km von Hildesheim nach Wolfenbüttel waren mit sportlichem Fahrstil in 30 Minuten machbar, so dass das Meeschestadion pünktlich zum Anpfiff um 15:30 Uhr erreicht wurde.


    Hier duellierten sich heute in der sechstklassigen Landesliga BS der MTV Wolfenbüttel und der TSC Vahdet Braunschweig. Während es sich bei den Hausherren um einen Männerturnverein von 1848 handelt, welche ja dereinst einen historischen Beitrag zu den Einheitsbestrebungen Deutschlands leisteten, ist der TSC Vahdet ein Türkischer Sportclub. Und passenderweise heißt Vahdet auf Deutsch Einheit. Das war ein würdiges Spiel für den Ausklang der Feierlichkeiten zum fünfundzwanzigsten jähren der Deutschen Einheit fand ich, ebenso wie 95 weitere Zuschauer.


    Die größere Sporthistorie hatte natürlich der Hausherr vorzuweisen. Turnverein seit 1848. Aufgelöst 1945 und 1948 passend zum 100jährigen Wiederneugründung dieses mittlerweile Breitensportvereins. Der Fußball allerdings, den man ab 1911 unter seinem Dach hatte, ging nun erstmal eigene Wege als Wolfenbütteler SV. Dort wurde die Fussballkompetenz aus mehreren Vorkriegsvereinen gebündelt (die MTV-Fußballer spielten da eher eine Nebenrolle) und dieser WSV wurde dementsprechend im Fußball die Nr. 1 in der Herzogstadt. 1988 erst begannen wieder junge Männer unter dem Dach des MTV zu kicken, ohne über die Lokalgrenzen hinaus in Erscheinung zu treten. Zu dieser Zeit spielte der große WSV in der drittklassigen Amateuroberliga Nord und erzielte just '88 mit dem 8.Platz die beste Platzierung der Vereinsgeschichte. Von der Gründung an war der WSV bis 2002 immer eine feste Größe im niedersächsischen Fußball gewesen, aber dann waren die über Jahre angehäuften Verbindlichkeiten nicht mehr beherrschbar. Der WSV war Geschichte und wurde Sparte des Grossvereins MTV. Mit den geballten Kräften gehört man seit 2008 zumindest wieder zur Spitze des Bezirks Braunschweig, mit Ambitionen in Richtung Niedersachsenliga.


    Die Geschichte des TSC Vahdet ist schneller zu erzählen. Von türkischen Einwanderern 1994 gegründet, nahm der Sportclub '96 den Spielbetrieb im Fußball auf. Man arbeitete sich sukzessive hoch bis die Landesliga, wo man mittlerweile eine gute Rolle spielt. Wie sich der Gast heute schlug, beobachteten mein mich begleitender Bruder und ich auf der Gegengerade des Stadions, die auf voller Länge über Stehtraversen verfügt. Dort bemerkten wir schnell, dass wir wohl nicht die einzigen Gebrüder im Stadion waren, denn der Torwart von Vahdet, der auf den anglo-italienischen Namen Kenneth Genetiempro hörte, nannte seine türkischen Mitspieler dauernd Bruder. Oft in Kombination mit "Ey".
    Wobei es gar nicht so viele Türken waren. Nur die Hälfte der eingesetzten Spieler schien türkischer Herkunft zu sein. Der Rest war mutmaßlich deutscher, italienischer und afrikanischer Abstammung. Eine multikulturelle Mannschaft, die genau wie der ethnisch etwas homogenere Gastgeber einen guten Ball spielte.


    Nach ein paar Chancen hüben wie drüben bekam der TSC Vahdet durch einen Elfmeter in der 26.Minute die große Chance in Führung zu gehen. Ob der Strafstoß berechtigt war oder nicht, war aus meiner Position nicht zu sehen. Aber der beherzte Sprung von MTV-Torhüter Nico Lauenstein in die richtige Ecke, machte alle weiteren Diskussionen überflüssig.
    Dass der Schiedsrichter allerdings 10 Minuten später ein klares Handspiel von Vahdet an der Strafgrenze übersah, ließ seine Aktien beim Publikum weiter sinken.


    Übrigens waren neben der Haupttribüne des Wolfenbütteler Meeschestadions, welches je nach Quelle zwischen 4.000 und 6.000 Zuschauer fasst, auch 10 lautstarke mit Trikots und Schals gekleidete MTV-Fans aktiv. Dass diese Supporter ihr lokales Team unterstützen anstatt heute beim Zweitligaverein in der nördlichen Nachbarstadt in der Kurve zu stehen, sprach für sie. Und in der Nachspielzeit des ersten Durchgangs durften sie spät, aber verdient das 1:0 für den MTV durch Stürmer Ron Friedrichs bejubeln. Eine Minute später wäre gegen kurzzeitig desorientierte Gäste fast noch das 2:0 gefallen und nach dieser Grosschance schickte der Schiedsrichter beide Teams zur Pause.


    Wir nutzten die Unterbrechung, um unseren Standort auf die andere Stadionseite zu verlagern. Dort war die überdachte Sitzplatztribüne, die links und rechts von Stehplatzstufen eingerahmt war. Links befand sich der bereits erwähnte MTV-Fanblock und wir platzierten uns rechts bei den Pöbel-Rentnern. War eine gute Wahl, denn der Schiedsrichter hatte weiter seine Probleme mit dem Spiel und es gab somit genug Gelegenheit für Pöbeleien. Besonders in 73.Minute wurde es unruhig. Der MTV setzte zum Konter an und ein Vahdet-Spieler riss den schnellen Außenbahnspieler der Wolfenbütteler zu Boden. Und während beide auf dem Rasen landeten, griff der Vahdet-Spieler sich schreiend mit beiden Händen ins Gesicht und markierte den sterbenden Schwan direkt vor der Tribüne. Dabei gab überhaupt keinen Kontakt am Kopf des Vahdet-Spielers, was für jeden auf der Tribüne gut sichtbar war. Diese Aktion, erst foulen und dann dem Gegenspieler auch noch versuchen eine Tätlichkeit anzuhängen, fand natürlich zurecht die Empörung des Publikums. Die Linienrichterin konnte es genauso deutlich sehen und nach Rücksprache mit ihr, entschied der Schiedsrichter auf Gelb für den TSC-Schauspieler und Freistoß für den MTV. War dem Publikum zu milde und es gab weiter ordentlich Unruhe von den Rängen.


    In dieser Partie, die vom MTV klug verwaltet wurde, war das aber der letzte große Aufreger. Die Hausherren gewannen verdient mit 1:0 und bleiben an der Tabellenspitze dran. Für den TSC Vahdet endete eine Serie von sechs ungeschlagenen Spielen und man muss sich erstmal im Mittelfeld einordnen. Wir bewegten uns nun in die wenige Meter vom Stadion entfernt beginnende Altstadt, die wirklich sehr sehenswert ist. Die Fachwerkbebauung ist weitgehend geschlossen erhalten und mit dem Schloss und der Barockkirche St. Trinitatis gibt es herausragende Bauwerke zu besichtigen. Weniger schön war dagegen, dass alle Altstadt-Kneipen von der siegestrunkenen Eintracht-Fanschar besetzt waren. Dieser ostniedersächsische Zweitligist ist natürlich in Wolfenbüttel der beliebteste Fußballverein und an Heimspieltagen dieses Vereins ist die Stadt sichtbar blau-gelb verseucht. Damit gab es nicht den Rest des Spiels aller Spiele FCB vs. BVB in irgend einer Pinte für uns zu sehen. Ein frischgezapftes Wolters im Kreise der Löwenstadtjackenträger kam natürlich nicht in Frage. Der Abend klang dann fußballfrei, aber mit viel Ouzo und Fleisch in einem örtlichen, eintrachtfreien Restaurant und auf fremde Rechnung aus.

  • Schöne Berichte. Ich hab dieses Jahr auch so einige Grounds genommen.
    Ggf. folgen ein paar Texte.


    Würzburger Kickers gegen Bremen im Pokal.


    Erfurt haben wir gegen Mainz II gemacht. Vorher noch die A-Jungend gegen Hertha geschaut.
    Am Kassenhäuschen der Profis nach Tickets gefragt: "Hier! Die wurden nicht abgeholt - gib mir nen Zehner!" Zwei Tickets für ingesamt 10,00€ bekommen.


    Ansonsten ging es dieses Jahr zur Wormatia nach Worms.


    Auch die ersten Brüsseler Grounds besucht. Stade Joseph Marien und Edmond Machtens Stadion.
    Sonntag geht´s nach Tubize.

  • Zwei schöne Stadien in Brüssel. Vor deiner Haustür musst du dir auf jeden Fall noch das Stade des Trois Tilleuls anschauen.

  • Freitag den 2.10 ging es endlich, nach
    viel zu langer Abstinenz, wieder zum Fußball nach Schottland. Da
    mein bester schottischer Freund nach anderthalb Jahren aus Kanada
    zurückgekommen war und gerade nach Dundee gezogen ist, wurde nicht
    lang gefackelt und ein Flug gebucht.


    Völlig überteuert von
    Hannover via Amsterdam nach Edinburgh, wo ein Kumpel aus Essen, der
    inzwischen in Belfast wohnt, eingesammelt wurde. Nach einem schnellen Pint ging es zum Zug nach Dundee. Angekommen wurden wir von unserem
    Gastgeber eingesammelt und das Domizil angesteuert. Der restliche
    Abend wurde mit Bier und dem Austausch aller wichtigen Neuigkeiten
    verbracht.


    Fc Dundee – Fc Motherwell
    Dens Park


    Recht früh klingelte der Wecker, da
    wir die Zeit bis zum Anpfiff mit Sightseeing und Shopping verbracht
    werden sollte.


    Zwar bin ich schon oft in Dundee
    gewesen, habe dort aber eigentlich immer nur einen Zwischenstopp
    gehabt. Die Stadt genießt keinen guten Ruf, gilt als langweilig und
    wird nicht nur von den Rivalen aus Aberdeen gerne als Scumdee
    bezeichnet. Dementsprechend waren die Erwartungen recht gering.


    Nach einem großartigen Frühstück aus
    Maccaroni Pies und Irn Bru, wurde der Dundee Law, ein Hügel der die
    ganze Stadt überblickt, erklommen und die Aussicht genossen. Zwar
    war es etwas diesig, dennoch war der Ausblick über den Firth of Tay,
    den Fjord in den der Fluss Tay mündet, großartig.



    Auch die Innenstadt entpuppte sich als
    viel ansehnlicher als gedacht. Ja, Dundee ist gewiss kein must see in
    Schottland, aber bei weitem nicht so öde wie behauptet.



    Nach einem kurzen Pint ging es per Taxi
    zum Dens Park.


    Eine der größten Besonderheiten von
    Dundee ist, dass die Stadien von Dundee United, Tannadice, und Fc
    Dundee, Dens Park, keine hundert Meter von einander entfernt stehen.
    Wirklich abgefahren. Beide Vereine spielen in der ersten Liga, mögen
    sich nicht sonderlich, sind aber nicht wirklich verfeindet. United
    ist der größere Club und Tannadice das modernere Stadion, Fc Dundee
    ist eher der Underdog.


    Die Stadien stehen, typisch für die
    Insel, in einem Wohngebiet. Vor Ort wurde ein Ticket auf der
    Haupttribüne für 22 Pfund erstanden und die Zeit bis zum Anpfiff im
    ansässigen Pub verbracht. Hier saßen vor allem jüngere Dundee
    Fans, die optisch ziemlich Casual waren, sich jedoch an Motherwell
    Fans in voller Montur scheinbar nicht störten. Auch vor dem Stadion
    gab es keine Fantrennung, wenig Polizei und eine ziemlich entspannte
    Atmosphäre. Das liegt vor allem daran, dass die Gesetze in
    Schottland extreme Strafen für vergehen beim Fußball vorsehen und
    zusätzlich eh alles Kameraüberwacht ist. Zusammen mit den hohen
    Eintrittspreisen und dem Alkoholverbot, ist die Leidenschaft und
    Fankultur fast gänzlich verschwunden. Dazu aber später noch mehr.


    Kurz vor Spielbeginn ließen wir uns
    auf unseren Plätzen nieder und waren ziemlich begeistert. Dens Park
    ist eine absolute oldschool Perle. Die Haupttribüne hat ein
    Giebeldach mit alter Metallkonstruktion, die Gegentribüne ist
    relativ klein, auf beiden Seiten befinden sich noch die Reste der
    Stehtribünen und die Hintertortribünen sind etwas moderner aber
    schick. Die Ecken sind, typisch für Schottland, frei. Dazu kommen
    noch Flutlichtmasten im Stile alter Funkmasten und eine kleine
    Anzeigentafel auf der Lediglich “Dundee – Visitor“ und der
    Punktestand zu sehen sind. Absolut Zucker! Mit 5.200 Fans war das
    Stadion zu ca 2/3 gefüllt.


    Beide Mannschaften befinden sich im
    Mittelfeld der Tabelle, Dundee noch vor Motherwell. Bei Motherwell
    spielen mit Stephen McManus und Scott McDonald zwei ehemalige Celtic
    Spieler, deren gute Tage allerdings auch schon länger in der
    Vergangenheit liegen. Bei Dundee trainiert mit Paul Hartley auch ein
    Ex Celt den Verein.


    Das Spiel lässt sich schnell
    zusammenfassen: Grauenvoll! Völlig planloses Kick and Rush von
    beiden Seiten, viele Ballverluste im Mittelfeld und kaum
    Torraumszenen. Zwischendurch gab es immer wieder Unterbrechungen, da
    es doch recht hart zur Sache ging, für schottische Verhältnisse war
    das aber alles im Rahmen.


    Nach 58 Minuten traf Loy für die
    Hausherren und in der 70ten konnte Holt auf 2-0 erhöhen. Das waren
    auch so ziemlich die einzigen Situationen, in denen das Publikum
    auftaute. Von Dundee kam nämlich ansonsten nichts. Es gab auch
    keinen klassischen Heimblock und keine Singing Area. Auch der
    klassische “englische“ Support fehlte gänzlich.



    Motherwell hatte eine kleine Gruppe mit
    Trommel dabei, die von der Haupttribüne aus zunächst im ultra Stil
    supportete. Das hieß 20 Minuten ein Dauergesang, der allerdings
    plötzlich endete und nicht mehr aufkam. Denn dann wurde das singen
    eigentlich gänzlich eingestellt. Optische Mittel oder gar ein
    Megaphon hatten sie nicht dabei, für Auswärtsfans ist Material
    allerdings auch meist verboten. Ich hatte die Anhänger von
    Motherwell in sehr schlechter Erinnerung, fielen sie doch bei einem
    Besuch von mir im heimischen Fir Park nur durch rassistisches Gepöbel
    gegen den damaligen Celtic Torwart Boruc auf. Dies blieb gegen den Fc
    Dundee allerdings aus.


    Nach 83 Minuten konnte Motherwell auf
    2-1 verkürzen, aber auch wenn dadurch etwas Feuer aufkam, konnten
    sie am Ende nichts zählbares holen.


    Das Catering ließ ich, wie immer in
    Schottland aus, denn bis auf Getränke der großen amerikanischen
    Brausemarke, Tee, Kaffeefe und für mich uninteressante Meat Pies gab
    es eh nichts im Angebot.


    Nach dem Spiel ging es schnell in die
    Innenstadt um in einem Pub das Rugby Spiel Schottland – Südafrika
    zu verfolgen. Schottland bekam ordentlich die Mütze voll, aber da im
    zweiten Spiel England von Australien filetiert wurde, war die
    Stimmung dennoch gut. Recht früh, um kurz nach 10 ging es nach Hause
    und nach einer Portion Chips&Cheese in die Falle. Der nächste
    Tag sollte früh beginnen.

  • Hamilton Academical – Celtic
    New Douglas Park


    Früh klingelte der Wecker, da der Bus
    nach Glasgow schon um 8.40 Uhr fuhr. Die 1,5 Stunden fahrt wurden
    schlafend verbracht, da die Strecke auch nicht sonderlich spektakulär
    sind. In Glasgow wurde nur schnell Frühstück eingesammelt und der
    Zug nach Hamilton genommen. Dies dauerte allerdings länger als
    erwartet, da die Stadt, dank eines Charity Runs, gerammelt voll war.


    Hamilton ist letztendlich ein Vorort
    von Glasgow, 20 Minuten per Bahn und bietet im Grunde nichts. Ein
    großes Einkaufszentrum am Bahnhof, direkt daneben das Stadion und
    ansonsten Industrie und Ödnis.


    Vor dem Stadion war eigentlich alles in
    grün und weiß gekleidet. Nur sehr wenige trugen die Farben des
    Heimteams (rot und weiß). Obwohl auch hier alles entspannt war, war
    deutlich mehr Polizei zugegen. Vor allem 6 berittene Polizistinnen
    fielen sehr negativ auf, da sie ständig Leute anbrüllten, grundlos
    durch die Masse ritten und Fans abdrängten. Später erfuhr ich, dass
    einige Banner und Fahnen ohne Begründung der Polizei konfisziert
    wurden. Leider Alltag im schottischen Fußball.


    Wir trafen uns mit Freunden der Green
    Brigade, der Ultras von Celtic, quatschten kurz, sammelten unsere
    Karten ein und gingen zu unseren Plätzen auf der Haupttribüne.


    Durch die komplizierte Ticketvergabe
    war es für die Green Brigade wieder einmal nicht möglich gemeinsam
    zu stehen, ein organisierter Support war damit von vornherein
    unmöglich.


    New Douglas Park ist recht modern und
    nicht sonderlich ansehnlich. Die Haupttribüne und Hintertortribüne
    (es gibt nur eine, eine Seite ist nicht bebaut) sind erhöhte
    unspektakuläre Stahlbauten oder viel Flair. Lediglich die
    Gegengerade, die vielleicht 20 Meter breit und 5 Meter tief ist und
    einem Zelt gleicht, war optisch immerhin amüsant. Eine Anzeigetafel
    gibt es nicht.


    Celtic musste fast auf die gesamte
    Innenverteidigung verzichten, dennoch war ein klarer Sieg zu
    erwarten.


    Doch schon
    nach 4 Minuten Gramoz Kurtaj, ausgestattet mit
    deutshcem Pass, der in Berlin, Neustrelitz und Jena gespielt hat und
    mir völlig unbekannt war erzielte das 1-0. Danach entwickelte sich
    ein Kick, der sogar noch schlechter war, als der in Dundee am Tag
    zuvor. Die neue Abwehr funktionierte nicht, Bitton für Celtic
    spielte mehr Fehlpässe als Gülselam in seinem ganzen Leben, der
    neue Rechtsverteidiger Janko wirkte in jeder Aktion panisch und auch
    Leistungsträger wie Commons oder Brown wirkten völlig von der
    Rolle. Und das lag nicht an Hamilton, die nach dem Tor nichts mehr
    taten und sich hinten reinstellten. Nach einem Freistoß ein
    Griffiths konnte Boyata in der 26ten ausgleichen. Eben jener
    Griffiths traf in der 31ten zum 2-1. Griffiths ist der seit Jahren
    (mindestens seit dem Abgang von Hooper) wohl beste und effektivste
    Stürmer von Celtic, dennoch werde ich mit ihm nicht warm. Das liegt
    vor allem an seinen Aktionen abseits vom Platz.


    Vielleicht lag es am
    Europapokalspiel vom Donnerstag oder auch dem Kunstrasen, aber das
    war nichts.


    In der Halbzeit wurde
    Jay, dem kleinen irischen Jungen mit Downsyndrom, der durch seine
    Freundschaft zu Samaras spätestens während der WM berühmt wurde,
    eine Trophäe überreicht. Er hatte in der letzten Saision bei
    Celtics Spiel in Hamilton einen Elfer schießen dürfen und das Tor
    wurde später Tor des Monats oder Jahres, das hab eich vergessen.
    Nach der Halbzeit wurde es nicht besser. Einzig die Einwechslung von
    Mackay-Stevens brachte etwas Elan, aber viel mehr passierte in der
    Partie auch nicht mehr. Gegen Ende wurde es etwas hitziger, da der
    Schiri Unruhe durch bizarre Entscheidungen. So blieb es bei dem 2-1
    für Celtic. Da Aberdeen am Tag zuvor von St Johnstone 1-5 zerlegt
    wurde, war es damit nur noch ein Punkt auf den Spitzenreiter aus dem
    Norden.



    Die Stimmung war leider
    erneut sehr dürftig. Eine Gruppe von sehr jungen Hamilton Fans
    versuchten, wie tags zuvor Motherwell, zu supporten, gaben aber auch
    nach 20 Minuten, warum auch immer, auf. Von celtic kam, bis auf ganz
    vereinzelte Versuche nichts. Es bleibt leider dabei, auch bei celtic
    herrscht nur Stimmung, wenn es um die Wurst geht.


    Nach dem Spiel ging es
    sofort zurück nach Glasgow wo in zwei Pubs im Gallowgate/East End
    mit Bier und Live Musik der Nachmittag/frühe Abend begnagen wurde.



    Um 9 ging dann der Bus
    nach Dundee zurück, dort fielen wir müde ins Bett, da montag wieder
    früh der Wecker für die ereignislose Rückreise ging.

  • 27.09.2015
    Hammarby IF vs. AIK Solna 1:0
    Allsvenskan (1.Liga)
    Tele2Arena (Att: ca. 29.000)


    20 Minuten vor Anpfiff ging es dann ins Stadion. Hätte man vorab gewusst, dass es keine Kontrollen gibt, hätte man ja auch den Schnaps mitnehmen können. Wäre dann ziemlich günstig geworden, da für Cola etc. Refill gilt.


    Da bin ich jetzt aber neidisch. Ich hab sowohl das Derby gegen Djurgarden verpasst als auch jetzt das gegen AIK.


    Die fehlenden Kontrollen wundern mich aber. Bin bisher jedes (von drei) Malen kontrolliert worden. Kommt aber vielleicht auch auf den Bereich an. Oder ich habe einfach zu grimmig geguckt.

  • greenbrigade: Danke für die lesenswerten Berichte. Schade, dass es um den schottischen Fußball so schlecht bestellt ist. Ich werde im kommenden Schottland-Urlaub wohl auch maximal ein Spiel gucken trotz diverser Ansetzungen während meines Aufenthalts. Es gibt genug Reizvolleres als Programm, gerade bei den Ticketpreisen.

  • Deine Erfahrungen decken sich leider mit meinen, hohe Preise, keine Atmosphäre, überzogen wirkende Polizeitaktiken und gelten in England mehr oder weniger genauso.


    Vergliche man Deutsche und Briten anhand der Fußballzuschauer, so ließe dies die These zu, dass die oft vermutete Weltherrschaft in puncto Duckmäusertum zwischen München und Flensburg in Gefahr sein könnte.

  • Vergliche man Deutsche und Briten anhand der Fußballzuschauer, so ließe dies die These zu, dass die oft vermutete Weltherrschaft in puncto Duckmäusertum zwischen München und Flensburg in Gefahr sein könnte.


    Ich bin da auch immer wieder erstaunt, man darf aber auch nicht vergessen, dass die Repressionen wirklich heftig sind. So wird ein Stadionverbot zB gerne nicht einfach nur ausgesprochen, nein, Freunde aus Glasgow hatten dann gleich bei der Arbeit Besuch von der Staatsmacht. Bei einem Spiel gegen Inverness habe ich es erlebt, dass ein typ neben mir aus dem Stadion flog, weil er den gegnerischen Keeper "Sheepshagger" nannte. und das ist ja nun wirklich nicht schlimm.


    Erschreckend ist es, dass viele diese Aktionen tragen. Bei dem ekligen blauen Verein aus dem Süden von Glasgow wurde ein Büchlein verteilt, in dem Gesänge stehen, die verboten sind. Hört man sowas von einem Sitznachbarn, soll man eine SMS mit der Platznummer schicken und die Person wird entfernt. Und das wird wirklich gemacht! nicht nur bei denen! Und da geht es jetzt nicht um rassistische oder politisch extreme Dinge.


    Klar, gerade beim Derby in Glasgow hat die Gewalt eine andere Ebene (fast jedesmal gibt es Fans die abgestochen werden, allerdings zu 99% weit ab vom Stadion), aber die Maßnahmen von Politik und Polizei sind schon extrem.