NP: Eine lässliche Sünde

  • Anstoss


    Eine lässliche Sünde


    VON UWE VON HOLT
    Schön, wenn nach einer spontanen und recht heiklen Kurvenfahrt alle heil am Ziel sind. Dieter Hecking wird also morgen in Hannover glücklich aus dem Auto steigen, als Trainer von 96, als Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
    Klubchef Martin Kind wird beim Überweisen der Ablöse für Hecking noch mal seufzen, dann darf er sich zufrieden zurücklehnen – er hat die aktuelle Idealbesetzung für den Trainerjob verpflichtet: Dynamisch, fachlich anerkannt, regional verwurzelt, ein Sympathieträger bei den Fans.
    Sollte Kind ein schlechtes Gewissen haben, können wir ihn beruhigen: Es ist eine lässliche Sünde in der Bundesliga, einen Trainer aus einem laufenden Vertrag herauszukaufen. Schließlich kann sich Aachen mit einem Haufen Geld trösten und wird schnell einen neuen Coach finden, es muss ja nicht unbedingt Bruno Labbadia sein.
    Hecking muss sich auch keine Vorwürfe machen. Er hat Aachen in die Bundesliga gebracht, und er hat mutig zugegriffen, als sich die Chance seines Lebens bot. Schon immer war es Heckings größter Traum, 96-Trainer zu werden.
    Natürlich kann nun auch ein engagierter und erfahrener Mann wie er nicht versprechen, dass im Handumdrehen alles besser wird, und 96 Ende Oktober auf Platz neun steht. Hecking hat die Mannschaft nicht zusammengestellt, muss motivieren und improvisieren. Der Trainer braucht Zeit, ein bisschen Glück und die Unterstützung des Umfeldes. Aber dann ist ihm mit 96 eine Menge zuzutrauen.