NP: Tränen zum Abschied

  • Tränen zum Abschied


    Für 96-Trainer Hecking fängt ein neues Leben an. Auch bei der Familie.


    Dieter Hecking weinte beim Abschied in Aachen. Er wird morgen bei 96 vorgestellt und startet am Montag in sein neues Trainerleben.
    VON GUNTHER NEUHAUS
    HANNOVER. Es war ein tränenreicher Abschied gestern Vormittag in Aachen. Vor dem Training war Dieter Hecking ein letztes Mal in die Kabine marschiert, um den Spielern Lebewohl zu sagen. Jeder könne jederzeit zu ihm kommen, sagte Hecking noch mit brüchiger Stimme, dann kamen ihm die Tränen.
    „Ich habe extra auf den Boden geguckt, sonst wäre mir das auch passiert“, erinnerte sich später Rainer Plaßhenrich, der Hecking in den letzten Jahren begleitet hatte. Einige Spieler aber konnten nicht an sich halten und weinten auch. „Das war für beide Seiten sehr emotional. Wir haben zwei Jahre mit Höhen und Tiefen zusammengearbeitet“, blickte Hecking noch einmal zurück. „Wir haben uns als Einheit verstanden, das war so, wie ich mir eine Fußballmannschaft vorstelle. Und zwar nicht nur bei den Spielen.“
    Dieser Abschied fiel also verdammt schwer. „Sein letzter Satz war: ‚Ihr schafft das schon, ihr seid gut genug’“, beschrieb Plaßhenrich die gefühlsgeladene Situation. „Dann hat er fluchtartig die Kabine verlassen.“ Durch den Hinterausgang flüchtete sich Hecking in die Arme seiner Frau Kerstin, die ihn mit dem Auto heimholte. Vor dem Mittag hatte er noch einige „persönliche Gegenstände“ aus seiner möblierten Mietwohnung geholt. Dann traf sich Hecking mit „Freunden und Bekannten aus der Geschäftswelt“ zum Essen. „Das Ende einer solch schönen Zeit“, weiß er, „bedeutet auch einen Anfang.“
    Für Hecking fängt nun ein neues Leben an. Um 13.50 Uhr machte er sich mit seiner Kerstin auf den Heimweg zum Rest der Familie. An den Familienalltag muss sich der prominente Papa von fünf Kindern „erst wieder gewöhnen. Ich habe sechs Jahre gelebt wie ein Junggeselle mit Trauschein, da ist einiges zu kurz gekommen. Es ist wichtig, dass ich wieder bei der Familie sein kann und als Vater Hilfestellung geben kann, so wie es sein muss.“
    Seine Jüngste, Charlotte (4), geht in Bad Nenndorf in den Kindergarten, Theresa (18) sowie die Zwillinge Jonas und Aron (12) zur Schule. Maria-Lena (20) hat das Abi bestanden und wird „eine Musical-Schule in Osnabrück besuchen“, wie Hecking nicht ohne Stolz berichtet. „Sie hat da ein paar Talente.“
    Wie es um die Begabungen der 96-Spieler bestellt ist, davon will sich Hecking ab Montag ein Bild machen. „Ich habe im Spiel gegen Bremen und gegen uns“, das sagt er noch so und meint Aachen – „einiges gesehen, das man verbessern muss.“ Das Defensivverhalten etwa, aber der allseits geschätzte Trainer will „darüber zuerst mit den Spielern reden“. Hecking, der sich anders als Vorgänger Peter Neururer „nicht in die Vereinspolitik einmischen“ will, sieht es als „fantastische Chance und Herausforderung, 96 zu trainieren“. Die Spieler sollten Hecking auch als Chance verstehen, Neururer hat kaum einer eine Träne nachgeweint.