Haz: Es geht doch!

  • Es geht doch!


    Erstmals seit dem 18. März gewinnt Hannover 96 wieder ein Pflichtspiel: 3:2-Pokalerfolg bei Dynamo Dresden.


    Von Heiko Rehberg
    Dresden. Positive sportliche Nachrichten von Hannover 96 waren zuletzt ja eher selten; man könnte auch sagen: Es gab sie nicht. Wenn man einmal bei den Meteorologen klauen geht, die gerne von gefühlten Temperaturen sprechen, dann gab es den letzten Pflichtspielsieg der „Roten“ gefühlt irgendwann im Herbst 2005; tatsächlich war das am 18. März dieses Jahres, ein 1:0-Erfolg gegen den 1. FC Köln.
    Weil aber auch das verdammt lange her ist, kommt man am besten schnell auf das Erfreuliche zu sprechen. Erstens: Hannover 96 hat den ersten Sieg in der Saison 2006/2007 gelandet, leider nicht in der Fußball-Bundesliga, sondern im Pokal-Wettbewerb. Aber so ein 3:2-Erfolg beim Drittligisten Dynamo Dresden kann ja noch ausstrahlen auf die Liga, in der es darum geht, am kommenden Freitag beim VfL Wolfsburg (20.30 Uhr) den letzten Tabellenplatz zu verlassen.
    Zweitens: Die „Roten“ haben wieder einen Erfolgstrainer. Nein, nicht Dieter Hecking, der saß am Sonnabend noch zu Hause in Bad Nenndorf und wurde von Sportmanager Carsten Linke per Handy-Kurznachrichten über Tore und Spielverlauf in Dresden auf dem Laufenden gehalten. Hecking beginnt seine Trainerarbeit erst heute um 15 Uhr.
    Der Mann, der in der langen 96-Trainerliste nun seinen Platz hat, heißt Michael Schjönberg; und er musste ein bisschen schmunzeln, als er erfuhr, dass er seit Sonnabend um 16.48 Uhr Stefan Mertesacker als erfolgreichsten 96-Trainer abgelöst hat. Mertesacker, Kurzzeit-Coach vom 2. bis 6. November 1994, war bislang als Einziger ungeschlagen (ein Spiel, 1:1 gegen Zwickau), jetzt gilt das auch für Schjönberg (1. September bis 9. September 2006), der aber leicht im Vorteil ist, weil seine Ein-Spiel-Bilanz aus einem Sieg besteht.
    Dass dieser Sieg verdient war, bestritt hinterher niemand, immerhin traf 96 noch zweimal die Latte (Jiri Stajner, 62., Vinicius, 85.). Dass das Weiterkommen trotzdem alles andere als eine Selbstverständlichkeit war, hatte damit zu tun, dass die Mannschaft ihre Verunsicherung nicht einfach abstreifen kann. Eine Halbzeit lang hinterließen die Hannoveraner nach einem holprigen Start einen ordentlichen Eindruck; dass sie ihre Tore durch Arnold Bruggink (38. Minute) und Thomas Brdaric (43.) kurz vor der Pause erzielten, vermittelte etwas von erstligareifer Cleverness und Routine.
    Doch als den im Grunde fußballerisch bescheidenen Dresdenern der Anschlusstreffer durch Marco Vorbeck (49.) gelang, da war von einem Augenblick auf den anderen wieder das alte, das andere 96-Gesicht zu sehen: „Nach dem 1:2 sind wir ein bisschen auseinander gebrochen“, sagte Schjönberg treffend. Zwar gelang schnell das 3:1 durch Szabolcs Huszti (54.), aber Verunsicherung und Nervosität blieben, führten zum zweiten Gegentreffer (erneut Vorbeck, 68.) und dazu, dass alle aus der Bundesliga bekannten Schwächen der Elf wieder zu sehen waren: Die Abwehr, allen voran Vinicius, wackelte bedenklich, im Mittelfeld gelang es Bruggink (tolles Tor, aber das war es fast schon) nicht, Linie ins Spiel zu bringen. Und im Angriff gingen die Bälle viel zu schnell verloren.
    „Die 1. Halbzeit war ein Schritt in die richtige Richtung“, meinte Torwart Robert Enke. Das stimmte, aber in dieser Kurzanalyse steckte auch etwas Unausgesprochenes, nämlich: Spielt 96 so wie in der 2. Halbzeit, dann wird es im Ligaalltag weiter schwer werden. „Wir müssen wieder lernen, kompakt zu spielen“, sagte Enke. Für alle, die der Satz von der Kompaktheit irritiert oder schlimmstenfalls beunruhigt, sei angemerkt: Der neue 96-Trainer heißt nicht Ewald Lienen, sondern Dieter Hecking.