NP: Die 96-Mobilmachung

  • Die 96-Mobilmachung


    Heckings Premiere vor 700 Zuschauern. Es gibt keine Vollfriseure mehr.


    Rund 700 Fans drängten gestern zum ersten Training von Dieter Hecking – der neue 96-Coach hat bereits eine Aufbruchstimmung erzeugt.
    VON ANDREAS WILLEKE
    HANNOVER. Um 15.14 Uhr teilt sich beinahe wundersam die Menge, die auf dem Weg vom Stadion zur Mehrkampfanlage wartet. Es ist eng und voll, und gleich muss wohl das Pappamobil um die Ecke biegen. Aber es ist nur Dieter Hecking, und er kommt zu Fuß. Die 700 Fans applaudieren und stehen Spalier, als der 41-Jährige zum Platz schreitet.
    Hecking ist die neue Lichtgestalt, von den Fans offensichtlich sehnsüchtig erwartet. Sogar Pastor Volkmar Biesalski aus Bissendorf schaut erstmals beim 96-Training vorbei. Hannovers Hoffnung heißt Hecking, seit gestern auch mit unterschriebenem Vertag (bis 2010). Das gefällt dem Klubchef, bestätigt es doch seine Arbeit. Und doch bemüht sich Martin Kind, die Erwartungen zu drosseln. „Hecking ist kein Heilsbringer.“ Aber zumindest hat er im Klub für eine positive Grundstimmung gesorgt. „Die Zustimmung der Fans ist Motivation für mich“, sagt Hecking, „aber ich lasse mich nicht blenden.“
    Auch die Spieler zeigen sich beim ersten gemeinsamen Arbeitseinsatz von ihrer besten Seite. „Die Mannschaft ist willig“, erkennt Hecking.
    Fitness-Coach Eddy Kowalczuk wärmt die Profis auf. Bei Ex-Coach Peter Neururer hatte das 96-Urgestein kaum eine Rolle gespielt. Nach dem Aufwärmen folgt eine intensive Pass-Spielübung, die mit „Gammeleck“ nur unzureichend beschrieben ist.
    „Los, jag den Ball“, fordert Hecking und jagt dabei auch seine Stimme in den roten Bereich. Hecking lobt. „Jawohl, Silvio, so will ich das haben“ – und tadelt: „Scheiß-Ball, der war viel zu lange in der Luft.“ Die Spieler scheinen zu begreifen, so einsatzfreudig hat man sie lange nicht gesehen.
    Als sich Morten Jensen beim abschließenden Spiel vier gegen vier leicht verletzt, verhindert Hecking den üblichen Gang zum Physiotherapeuten: „Du kannst dich nachher behandeln lassen.“
    Da merkt man auf. Man spricht jetzt anders auf dem Platz, es gibt keine Vollfriseure mehr. Aber Eisverkäufer, auch ein übliches Neururer-Schimpfwort. Vor dem Platz verkauft einer aus seinem VW-Bulli Eis.
    Da hat einer schnell erkannt, dass bei 96 wieder was los ist.